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v. Reinhardt genommen, bald darauf bemächtigten sich andere Kompanieen der drei übrigen Lünetten, gingen noch darüber hinaus und nahmen auch das Gehöft Jensen, den Erlenbusch und die Düppeler Mühle. Zu gleicher Zeit gingen die Reservekompanieen der sechsten Sturmkolonne nebst Kompanieen anderer Kolonnen gegen Schanze VII vor und eroberten dieselbe. Um 1012 Uhr war auch dort die preußische Fahne zu sehen. Mehrere Abteilungen wandten sich von da gegen Schanze VIII. Während dieses Kampfes um die zweite Linie griffen die Batterieen von Gammelmark kräftig ein, während auf dänischer Seite das Kriegsschiff „Rolf Krake" sein Feuer gegen die zweite Linie richtete, jedoch von jenen Batterieen so zugerichtet wurde, daß es nach einstündigem Feuern nach Alsen sich zurückzog.

Die zweite Verschanzungslinie der Dänen war vollständig im Besiz der Preußen; das nächste rückwärts liegende Terrain war gleichfalls in ihrer Gewalt. Jezt erst, nach 101/2 Uhr, erfuhr das dänische Oberkommando auf Alfen das Gefährliche der Lage. Von einem ernstlichen Widerstand war keine Rede mehr. Es galt nur, den Rückzug der Truppen zeitig anzuordnen und durch einen Vorstoß gegen die vordersten Linien der Preußen zu decken. Diese Aufgabe fiel der achten dänischen Brigade zu. Es gelang ihr zwar, das Gehöfte Jensen wieder zu nehmen, die dortigen Abteilungen nach der zweiten Linie zurückzudrängen und nördlich von der Flensburger Straße bis zum Düppelstein vorzugehen; aber die zwischen diesen beiden Punkten befindlichen Stellungen bei Erlenbusch und bei der Düppelmühle konnte sie nicht zurückerobern. Es wurde hier eine Zeitlang ein nichts entscheidendes Gewehrfeuer unterhalten. Da wurden die beiden Brigaden, welche die Hauptreserve bildeten, die Brigaden Canstein und Raven, ins Treffen geführt. Sobald General v. Manstein von der Eroberung der sechs Schanzen Nachricht erhielt, befahl er der Brigade Canstein, sich der zweiten Linie der Dänen zu bemächtigen. Die um den Besitz der Düppelmühle kämpfenden feindlichen Truppen wurden

zurückgeworfen, Jensen wieder genommen und das weiter vorliegende Gehöft Sney besezt. Der dänische General Dü Plat, welcher die zweite Armeedivision kommandierte, erhielt, während er den Rückzug zu ordnen suchte, eine tödliche Kugel in den Rücken. Als Major Rosen vom Pferde stieg, um den General aufzurichten, winkte dieser mit der Hand, er solle ihn nur liegen lassen. In diesem Augenblick wurde Rosen durch die Brust ge= schossen und stürzte zu Boden; wenige Schritte von ihm entfernt fiel Major Schau, tödlich verwundet. Der dänische Vorstoß war abgeschlagen; die Brigade floh nach dem Barackenlager und nach dem Brückenkopf.

Die Eroberung des rechten Flügels der dänischen Befestigungslinie, der Schanzen VIII, IX und X, wurde von General v. Manstein nach 11 Uhr der Brigade Raven befohlen. Diese nahm die beiden ersten Schanzen und das vorliegende Gehöft Düppelfeld, während die Brigade Schmid Schanze X eroberte. Um 12 Uhr war die lezte Schanze in der Gewalt der Preußen. Binnen zwei Stunden waren beide Verschanzungslinien eine Beute des Siegers. Die Dänen zogen sich nach dem Brückenkopf zurück; die Brigaden Canstein und Raven folgten ihnen, während 45 Feldgeschüße und die Batterieen von Gammelmark ihre Geschosse nach dem Brückenkopf, nach der südlichen Brücke, nach den Strandbatterieen auf Alsen und nach Stadt und Schloß Sonderburg warfen. General v. Raven, welcher an der Apenrader Straße seine Leute ordnete, wurde durch einen Granatsplitter in den rechten Unterschenkel getroffen, ließ sich aber dadurch nicht abhalten, seine Befehle zum weiteren Vorrücken zu erteilen. Er wurde in das Johanniterspital zu Nübel gebracht. Auf dem Transport sagte er zu einem Kameraden: „Es ist doch schön, daß auch ein General für seinen König bluten fann.“

Der größte Teil des dänischen Heeres war bereits nach Alsen übergegangen; der Brückenkopf wurde von der zweiten Brigade noch bejezt gehalten. Zwischen 1 und 2 Uhr wurde zuerst der

nördliche, dann der südliche Teil desselben, unter dem Feuer der Alsener Batterieen, genommen, während die lezten Reste der zweiten dänischen Brigade über die zwei Brücken nach Alsen sich zurückzogen, die sofort abgebrochen wurden.

Die am Großen Holz aufgestellte Brigade Göben konnte, da die Dänen auf einen Übergang über den Alsensund vorbereitet waren, bei ihren unzureichenden Mitteln an einen solchen nicht denken. Sie beschränkte sich daher darauf, Scheindemonstrationen zu machen und möglichst viele Streitkräfte von dem eigentlichen Kampfplatz abzulenken.

Nachmittags, vor 3 Uhr, ließ Prinz Friedrich Karl die Truppen, welche den Sturm mitgemacht hatten, durch einen Teil der Garde und der Brigade Schmid ablösen, welche sofort die Schanzen und abends den Brückenkopf befeßten und denselben gegen das Feuer feindlicher Schiffe und der Batterieen von Sonderburg durch Aufstellung von 35 Geschüßen deckten.

Der Erfolg dieses Tages war ein außerordentlicher. Das Festland von Schleswig war vollständig in den Händen der Verbündeten, und diese traten ebendamit unter weit günstigeren Verhältnissen in die Beratungen der Londoner Konferenz ein. Binnen 4 Stunden, von 10 bis 2 Uhr, war die ganze schwere Arbeit vollbracht. Dieses Ergebnis war nur möglich, wenn die Mannschaft auf die Umsicht und Kühnheit ihrer Führung und diese auf den Pflichteifer und die Tapferkeit der Mannschaft sich in dem Grade verlassen konnte, wie dies im preußischen Lager der Fall war. Schon damals ahnte man im Ausland die Unübertrefflichkeit der preußischen Armee, welche wesentlich dazu beitrug, daß die preußische Diplomatie eine sehr entschiedene Sprache führte. Die Verluste waren für die Preußen, welche als Angreifer wohl ausgerüsteter und verteidigter Stellungen in einer weit ungünstigeren Lage waren, nicht so bedeutend, als zu erwarten war. Sie verloren 71 Offiziere und 1130 Mann, von welchen 17 Offiziere und 246 Mann tot waren. Die Dänen

hatten einen Verlust von 108 Offizieren, 2 Ärzten und 4706 Mann, worunter unverwundete Gefangene 56 Offiziere und 3549 Mann.

Die Sieger verlangten durchaus nicht darnach, auf ihren Lorbeeren auszuruhen. Kaum war Düppel genommen, so dachten sie an die Eroberung der Festung Fredericia und an die Beseßung des nördlichen Jütland. Hatte man im März zum Sturm auf Düppel die Garde von Jütland nach dem Sundewitt gezogen, so konnte sie nach dem 18. April, da sie dort entbehrlich war, wieder nach Jütland zurückgehen und dort große Dienste leisten; denn bereits dachte man auch an eine Eroberung der Insel Fünen, welche der Festung Fredericia geradeso gegenüberlag, wie Alsen der Stellung von Düppel. Das dänische Oberkommando hatte eine Ahnung von diesen Angriffsplänen und schickte nach Fünen Mannschaft und Geschüße. Das Kommando in Alsen wurde dem General Steinmann übertragen; 5 Brigaden, 48 Geschüße und Reiterei standen unter seinem Befehl; er hatte die gemessenste Weisung, die Insel aufs äußerste zu verteidigen. Das militärische Programm für die nächsten Wochen lautete daher im preußischen Hauptquartier dahin: das I. Korps solle im Sundewitt bleiben, die feindlichen Streitkräfte auf Alfen festzuhalten suchen und den Übergang auf die Insel vorbereiten; das II. Korps solle die Belagerung von Fredericia fortseßen; das III. Korps solle nach Veile abmarschieren und teils den Östreichern vor Fredericia, teils den vom Grafen Münster befehligten Truppen, welche Nordjütland zu besehen hatten, zur Deckung dienen. Am 20. April marschierte die Gardedivision aus dem Sundewitt ab, und am 24. April kamen die vordersten Truppen in Veile an.

Kaum irgend jemand konnte sich durch die Nachricht von dem Siege bei Düppel so beglückt fühlen, wie König Wilhelm von Preußen. Die neuen Ordnungen, welche er im Heere geschaffen hatte, hatten sich trefflich bewährt; die Richtigkeit seiner Ratschläge, daß möglichst starke Sturmkolonnen gebildet und daß eine

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dritte Parallele angelegt werden solle, hatte sich glänzend bestätigt; denn nur so konnte ohne allzugroße Verluste der Widerstand der Feinde in unglaublich kurzer Zeit vernichtet und die Entscheidung rasch erzwungen werden. Der königliche Herr erhielt schon um 11 Uhr vormittags am 18. April die telegraphische Meldung, daß die Schanzen I bis VI genommen seien, als er eben auf dem Kreuzberg über einige Bataillone Musterung hielt. Er teilte ihnen selbst die Siegesnachricht mit. Ein jubelndes Hurra war die Antwort der Truppen. In kurzer Zeit war ganz Berlin voll von dem Eindruck dieser Nachricht: Düppel ist genommen." Tausende strömten vor das Palais des Königs, brachten Hoch auf ihn aus und sangen das Preußenlied. Flaggen wehten in der ganzen Stadt; abends wurde illuminiert. Einer Bürgerabordnung, welche ihm ihre Glückwünsche darbrachte, sagte er, dieser Tag entschädige sein Herz vollständig für viele frühere traurige Erfahrungen; der Sieg seiner glorreichen Armee habe die wahre Stimme des Volkes zur Geltung gebracht; in der erhebenden großartigen Weise, wie von allen Seiten durch zahllose Gaben die Begeisterung für die Armee sich täglich kund gebe, könne man den echten preußischen Geist erkennen, an dem er nie gezweifelt.

An den Prinzen Friedrich Karl richtete er sofort folgendes Telegramm: „Nächst dem Herrn der Heerscharen verdanke Ich Meiner herrlichen Armee und Deiner Führung den glorreichen Sieg des heutigen Tages. Sprich den Truppen Meine höchste Anerkennung aus und Meinen Königlichen Dank für ihre Leistungen!" Aber die Freude des Königs war zu groß, als daß er nicht seine Truppen persönlich hätte begrüßen wollen. Am Abend des 20. April reiste er von Berlin ab. Kriegsminister v. Roon, General v. Moltke, General v. Manteuffel waren in seinem Gefolge; Ministerpräsident v. Bismarck kam am folgenden Tage nach. Die Reise ging über Hamburg und Altona. In Rendsburg, wo der König am Vormittag des 21. April eintraf, erwiderte er die Ansprache des Bürgermeisters Wiggers mit folgenden Worten: „Ich freue Mich

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