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Grafen Karolyi, am 16. Januar 1864 abgeschlossenen Übereinfunft war nur von Schleswig als einem in Besiß zu nehmenden Pfande die Rede, nicht von Jütland. Da Östreich fürchtete, daß der Einmarsch in Jütland neue diplomatische Schwierigkeiten hervorrufen würde, so ließ es am 15. Februar durch den Grafen Karolyi dem Ministerpräsidenten v. Bismarck erklären, daß eine Überschreitung der jütischen Grenze durch die verbündeten Truppen eine neue Verständigung zwischen Östreich und Preußen erfordere und daß daher das Oberkommando anzuweisen sei, ohne solche Verständigung nicht in Jütland einzurücken." Am nämlichen Tage telegraphierte der preußische Kriegsminister dem Feldmarschall v. Wrangel, daß nach einem Befehle des Königs „die verbündete Armee die Grenze von Jütland nicht überschreiten solle, bis weitere Befehle eingehen.“ „Wrangel, höchst ärgerlich über diesen Befehl, nahm sich vor, denselben gar nicht zu respektieren. Er ließ den General Flies kommen, um ihn persönlich, ohne Beisein eines Generalstabsoffiziers, zu instruieren. Falckenstein und die andern ahnten sofort, was er wollte, kamen, wie sie dies auch sonst thaten, zum Kronprinzen und riefen ihn zu Hilfe. Dieser begab sich in die Nähe des Wrangelschen Quartiers und stellte sich in einer Quergasse auf, die Flies auf dem Rückweg passieren mußte, Wrangel aber von seinem Fenster nicht übersehen konnte. Hier fing der Kronprinz Flies ab und fragte ihn, was ihm der Feldmarschall befohlen habe. Flies war ganz ein Mann der alten strammen Schule und verweigerte die Antwort. Darauf fuhr der Kronprinz fort: Dann will ich es Ihnen sagen: er hat Ihnen befohlen, morgen die jütische Grenze zu überschreiten."" Etwas erschrocken, gab Flies dies zu: Ja, wenn Eure Königliche Hoheit es bereits wissen, so brauche ich es ja nicht mehr zu verhehlen."" ,,,, Allerdings,"" fuhr der Kronprinz fort, weiß ich es und gebe Ihnen hiermit den Befehl, es nicht zu thun."" Entschlossen erwiderte Flies: Ich bin nicht in der Lage, einen solchen Befehl anzunehmen."" Der Kronprinz entgegnete: Ich befehle es Ihnen

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im Namen des Königs und nehme die volle Verantwortlichkeit dafür."" Damit glaubte Flies sich genügend entlastet und ver sprach, sich zu fügen." (Nach Delbrücks persönlichen Erinnerungen an Kaiser Friedrich und sein Haus.)

Aber bevor der Befehl des Königs bei der Vorhut des III. Korps eintraf, hatte diese die jütische Grenze bereits überschritten und die Stadt Kolding besezt. Das Oberkommando machte dem König Meldung hiervon und bat um weitere Befehle. Am anderen Tage (19. Februar) wurde dasselbe von einer gewissen Zaghaftigkeit befallen und wollte den Befehl zur Räumung Koldings abgehen lassen; aber der Kronprinz hielt es davon ab, mit der Erklärung, daß ein Rückzug der siegreichen Truppen einen schlechten Eindruck auf die Armee machen würde und daß daher die Entscheidung hierüber dem König überlassen werden müsse, dessen Antwort noch an diesem Tage eintreffen werde. Dieselbe enthielt nichts von einer Räumung Koldings, sondern nur den Befehl, daß die Verfolgung des Feindes über diese Stadt hinaus vorläufig einzustellen sei. Damit war die Frage der Beseßung Jütlands nicht entschieden. Je mehr es sich zeigte, daß die Eroberung der Düppeler Schanzen und der Insel Alsen weit schwieriger sei und weit mehr Zeit koste, als man sich gedacht hatte, desto nachdrücklicher drang Preußen darauf, daß während der Einschließung der Düppeler Stellung und der Festung Fredericia die ganze Halbinsel Jütland bejezt und dadurch ein Druck auf die dänische Regierung hinsichtlich der Räumung jener Punkte ausgeübt werden solle. Östreich dagegen, welches in diesem Kriege ganz andere Ziele hatte als Preußen, lag alles daran, daß die Einmischung Englands und Frankreichs, um welche diese zwei Staaten durch das dänische Hilfegesuch vom 11. Februar bereits gebeten worden waren, verhindert werde. Daß jene Mächte die Nachricht von der Beseßung Koldings ruhiger aufnahmen, als man in Wien und in Berlin erwartet hatte, war für die Unterhandlungen Preußens mit Östreich günstig.

Bismarck schickte dem preußischen Gesandten in Wien, zur Mitteilung an die dortige Regierung, am 16. Februar zwei Schreiben zu, worin die Gründe für die Notwendigkeit einer Besehung Jütlands auseinandergesetzt wurden. In dem ersten Schreiben hob Bismarck hervor, daß nicht einmal die Eroberung von Düppel, wohl aber die Beseßung Jütlands die dänische Regierung zwingen würde, einen für die deutschen Großmächte annehmbaren Frieden zu schließen; in dem anderen Schreiben beleuchtete er die Stellung der auswärtigen Mächte zur dänischen Frage: Schweden sei noch nicht gerüstet; England werde ohne Frankreich sich nicht einmischen; lezteres wolle auf die Absichten des ersteren nicht eingehen; man solle rasch handeln und dem Ausland vollendete Thatsachen entgegenstellen. Da diese Schreiben nicht den gewünschten Erfolg hatten, so wurde General von Manteuffel nach Wien geschickt, um mit dem dortigen Kabinett mündlich zu verhandeln. Es wurden ihm politische und militärische Bedenken entgegengehalten, und eine Denkschrift mitgeteilt, welche General Graf Huyn am 19. Februar über die Fortführung der Operationen dem Wiener Kabinett vorgelegt hatte. Lesterer bekämpfte in derselben den Plan einer Beseßung Jütlands, da eine solche die Streitkräfte der Verbündeten zu sehr zersplittern und die Absendung fremder Hilfe geradezu herausfordern würde, und verlangte den Angriff auf die Stellung bei Düppel und auf die Insel Alsen, wodurch im Falle des Sieges ein großer Teil der dänischen Streitmacht ganz aufgerieben und die Beseßung des ganzen Herzogtums Schleswig ermöglicht würde. „Daß dieser Weg voraussichtlich harte Kämpfe kosten wird, ist kaum zu bezweifeln, aber sicher führt er am entscheidendsten und wahrscheinlich auch am schnellsten zum Ziele."

General v. Moltke hatte sich über diese Frage schon in einer Denkschrift vom 22. Februar dahin ausgesprochen, daß die Besetzung Jütlands militärisch gewiß die richtigste Maßregel sei. Die Einnahme der verschanzten Stellung von Düppel kann, wenn

nicht eine gänzliche Demoralisation der dänischen Armee eingetreten sein sollte, nur auf dem Wege einer mehrwöchentlichen Belagerung erreicht werden, während wir unter bloßer Beobachtung von Fredericia imstande sind, Jütland in wenigen Tagen zu erobern. Es wäre dabei offen auszusprechen, daß man jeden Augenblick bereit ist, dieses Land gegen Alsen wieder herauszugeben. In Schleswig sind wir als Freunde und Beschüßer eingerückt; für den Schaden, welchen Dänemark unserem Handel und unserer Schiffahrt zufügen wird, können wir uns nicht an Schleswig, sondern nur an Jütland halten. Nicht bloß aus der Beseßung Jütlands, sondern schon aus dem bisherigen Vorgehen gegen Dänemark können sich, wenn dies im Interesse des Kaisers Napoleon liegt, kriegerische Eventualitäten entwickeln, denen nur im Bunde mit Östreich erfolgreich zu begegnen sein wird. Die weitere Besetzung Jütlands ist daher abhängig von der Beistimmung des Wiener Kabinetts. Sollte diese nicht zu erreichen sein, so würde allerdings ein ernsthafter Angriff auf Düppel notwendig werden, da ein gänzlicher Stillstand der Operationen zu keinem Ziel führt und die Gefahr der Lage verlängert und steigert. Alle nötigen Mittel zu einem solchen Angriff, also namentlich die Ausrüstung eines Belagerungstrains, dürften daher schon jezt vorzubereiten sein."

Auf die Denkschrift des Generals Grafen v. Huyn, welche dem General v. Moltke vom Kriegsminister zur Begutachtung vorgelegt wurde, erwiderte jener in einem Gutachten vom 28. Februar. Er beharrte auf seiner Ansicht und wies durch Angabe der Stärkeverhältnisse sowohl der dänischen als der verbündeten Armee, welche in und vor Düppel und Fredericia standen, genau nach, daß die Verbündeten einem feindlichen Vorstoß von jenen Stellungen aus vollständig gewachsen und dabei doch in der Lage seien, das offen daliegende Jütland durch einzelne Truppenabteilungen zu beseßen. Auf vereinzelte Landungen der Tänen in den östlichen Häfen Schleswigs sei ein ernstlicher Wert nicht zu legen, da solche

nur zur Gefangennehmung der Gelandeten führen könnten. Wenn Östreich für den Einmarsch in Jütland nicht zu gewinnen sei, so bleibe allerdings nur der kräftige Angriff auf Düppel und Alsen übrig, und die Mobilmachung und Absendung des Belagerungstrains müsse gleich jezt erfolgen. Aber auch dann werde es nötig sein, mindestens eine Division in und bei Kolding zu belassen, um die weitläufigen Kantonnements der Armee in Schleswig gegen einen Angriff von Fredericia her zu sichern und den Feind zu verhindern, alle seine Kräfte auf der Insel Alsen zu vereinigen. Die Bedrohung von Jütland dürfe nicht ganz aufgehoben werden.

In Wien sah man endlich ein, daß bei der Abneigung Napoleons, auf die Vorschläge Englands einzugehen, politische Verwicklungen nicht zu befürchten seien und daß ein längeres Zögern nur Dänemark Nußen bringen würde. Die preußischöstreichischen Verhandlungen fanden daher den von der preußischen Kriegsleitung gewünschten Abschluß. Am 6. März 1864 wurde von dem Ministerpräsidenten v. Bismarck und dem Grafen Karolyi in Berlin eine „Punktation" unterzeichnet, durch welche dem Feldmarschall v. Wrangel die Ermächtigung erteilt wurde, seine Truppen in Jütland soweit vorzuschieben, als er dies für erforderlich halten werde, um sich gegen Unternehmungen des Feindes, welchem die Festung Fredericia zum Stüßpunkte dienen könnte, zu sichern. Begründet wurde dieser Entschluß teils durch die Erklärung, daß es den Operationen der Verbündeten gegen Düppel und Alsen, welche das Hauptobjekt der Angriffe der verbündeten Armee bleiben, zum Nachteil gereichen müßte, wenn die verbündete Armee an der Grenze Jütlands Halt machen würde, während der Gegner die Wahl behielte, entweder seine ganze Kraft bei Düppel vereinigt zu behalten oder die verbündete Armee von der Festung Fredericia aus in der Flanke zu beunruhigen, teils durch den Hinweis darauf, daß die von Dänemark begonnenen Feindseligfeiten zur See nicht nur die Anwendung von Repressalien, sondern Müller, Einigungskriege.

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