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sischen Soldaten und nicht mit den Bürgern Frankreichs. Diese werden demnach fortfahren, einer vollkommenen Sicherheit ihrer Personen und ihres Eigentums zu genießen, und zwar solange, als sie mich nicht selbst durch feindliche Unternehmungen gegen die deutschen Truppen des Rechts berauben werden, ihnen meinen Schuß angedeihen zu lassen.“

In Paris und in Met herrschte die größte Bestürzung. Man sprach am 9. August im Gesetzgebenden Körper offen von der Untüchtigkeit des kaiserlichen Feldherrn, von der Notwendigkeit seines Rücktritts als Oberbefehlshaber, ja bereits von seiner Abdankung als Kaiser. Das gegen die Minister wegen ihrer mangelhaften Kriegsrüstungen beantragte Tadelsvotum wurde genehmigt. Das Ministerium Gramont-Olivier nahm seine Entlassung, worauf am 10. August Graf Palikao (General Montauban) ein rein bonapartistisches Ministerium, das man das Ministerium der „Mamelucken" nannte, bildete. Neue Altersklassen wurden zu den Waffen gerufen, die Verproviantierung der Stadt Paris mit allem Eifer betrieben. Die französischen Truppen im Kirchenstaat wurden zurückberufen, die für die deutsche Nord- und Ostseeküste bestimmten Landungstruppen wurden nicht eingeschifft. Infolgedessen konnte die deutsche Heeresleitung die zur Küstenverteidigung zurückgelassenen Truppen nach Frankreich berufen und den Küstenschuß ausschließlich den Landwehrmännern überlassen. Unter solchen Umständen hatte das Auslaufen der französischen Flotte unter den Vizeadmiralen BouetVillaumez, Fourichon und Gueydon, das im Juli, August und Oktober stattfand, keinen Erfolg. Die Seegefechte bei Hiddensee und bei Danzig am 17. und 21. August waren von keiner Bedeutung. Die Schiffsabteilungen kehrten bald wieder nach Cherbourg zurück. Die in Frankreich wohnenden Deutschen, zu Anfang des Krieges an der Abreise gehindert, wurden von der französischen Regierung sämtlich ausgewiesen und diese Maßregel mit gewohnter Gewaltthätigkeit ausgeführt.

Im kaiserlichen Hauptquartier zu Meß war allgemeine Ver

wirrung. Der dortige Kriegsrat faßte schon am 7. August den Entschluß, mit der ganzen Armee sich nach Chalons zurückzuziehen, und bereits wurden Vorbereitungen hiezu getroffen; der Kaiser sollte nach Paris zurückkehren. Auf eine Anfrage bei der KaiserinRegentin lief die telegraphische Antwort ein, der Kaiser solle nicht nach der Hauptstadt zurückkehren, da dies die Revolution heraufbeschwören hieße. Auch erklärte General Coffinières, Kommandant von Mez, er könne, wenn er mit der Besaßung allein gelassen würde, die Festung nicht vierzehn Tage halten. Das ganze Gebiet zwischen Rhein und Mosel acht Tage nach Beginn des Feldzugs dem Feinde zu überlassen, schien sehr bedenklich. Diese Erwägungen, welche hauptsächlich politischer Natur waren, veranlaßten Napoleon zu dem Entschluß, die Armee in Meß zu lassen und zwischen der Mosel und der Nied (welche zwischen St. Avold und Meg nördlich nach der Saar fließt) Stellung zu nehmen. Diese Stellung wurde am 10. August bezogen, zeigte sich aber bald als sehr ungünstig, daher am 12. August der neue Beschluß gefaßt wurde, die ganze Rheinarmee dicht unter die schüßenden Batterieen der Außenforts von Metz heranzuziehen. Am nämlichen Tage legte, der allgemeinen Unzufriedenheit weichend, Napoleon das Oberkommando nieder und ernannte den Marschall Bazaine zum Oberbefehlshaber der Rheinarmee. Das Kommando über das 3. Armeekorps, welches Bazaine geführt hatte, wurde dem General Decaen übertragen, und als dieser am 14. August schwer verwundet wurde, erhielt General Leboeuf, welcher von der Leitung des Generalstabs zurückgetreten war, dieses Kommando. General Jarras wurde zum Generalstabschef der Rheinarmee ernannt und das Korps Canrobert von Chalons nach Mez gezogen. Die Rheinarmee bestand nun aus fünf Korps (das 2. unter Frossard, das 3. unter Tecaen, nachher unter Leboeuf, das 4. unter Ladmirault, das 6. unter Canrobert, die Garde unter Bourbaki) und zwei Reservekavalleriedivisionen. Zugleich wurde die Armee von Chalons neu formiert und auf vier Korps und zwei Reservekavalleriedivisionen

gebracht. Oberbefehlshaber derselben war Marschall Mac Mahon, Generalstabschef General Faure. Das 1. Korps wurde von General Ducrot, das 5. von General Failly, das 7. von General Felir Douay, das 12. (neuformiert und teilweise aus Marinetruppen bestehend) von General Lebrun kommandiert.

Der neue Oberbefehlshaber der Rheinarmee, Marschall Bazaine, nahm, wie es scheint auf des Kaisers Aufforderung, den Beschluß vom 7. August wieder auf und erließ am 13. den Befehl, daß die Rheinarmee am 14. in der Richtung nach Verdun an der Maas abmarschieren solle. Sollte dieser Beschluß, welcher die Rheinarmee nicht bloß nach Verdun, sondern nach Chalons, zur Vereinigung mit der Mac Mahonschen Armee führen sollte, ausgeführt werden, so mußte Bazaine sich damit beeilen. Denn eine solche Maßregel, wie die Vereinigung der beiden feindlichen Armeen bei Chalons, lag ja durchaus nicht im Interesse der Strategie des Generals Moltke, der vielmehr in seiner Denkschrift von 1869 die Absicht erkennen ließ, die feindliche Hauptmacht in nördlicher Richtung von ihrer Verbindung mit Paris abzudrängen“. Wenn aber bei Chalons etwa 300 000 Mann vereinigt waren, so lag für den Marsch der deutschen Truppen nach Paris die Entscheidung nicht mehr bei Mez, sondern bei Chalons, und nach Zurücklassung genügender Streitkräfte vor den Festungen Meß und Diedenhofen blieben der deutschen Heeresleitung damals nicht so viele Truppen übrig, um mit sicherer Aussicht auf Erfolg den bei Chalons wohl verschanzten Feind angreifen zu können. Es mußte also alles aufgeboten werden, um den Abmarsch der Rheinarmee und die Vereinigung derselben mit der Armee von Chalons zu verhindern. Je langsamer Bazaine in der Ausführung seines Planes vorging, desto rascher und kraftvoller zeigte sich Moltke in der Störung desselben. Um dem Marschall Bazaine volle Freiheit in seinen Operationen zu lassen, zugleich aber auch alle Verantwortung ihm aufzubürden, entschloß sich Napoleon, den Abzug der Armee nicht abzuwarten, sondern schon früher mit seinem

Sohne über Verdun nach Chalons abzureisen. Doch verließ er erst am Morgen des 16. August das Bazainesche Hauptquartier in Gravelotte und kam am 17. in Chalons an.

Als Moltke durch die Rekognoszierung vom 12. August erfuhr, daß die Franzosen die verschanzten Stellungen westlich der Nied wieder aufgegeben hatten, aber noch in bedeutender Stärke östlich von Meg standen und daß das Land oberhalb Meß bis zur Mosel und die dortigen Hauptübergänge über den Fluß unbesezt waren, traf er die zur Umgehung der rechten Flanke der französischen Armee nötigen Anordnungen. Die Erste Armee sollte, da die Hauptmacht des Feindes im Rückzug durch Meß über die Mosel begriffen war, zunächst auf dem rechten Moselufer stehen bleiben, den Übergang der französischen Korps vom rechten auf das linke Ufer stören und aufhalten und dadurch die rechte Flanke der Zweiten Armee decken, während lettere links gegen ChateauSalins vorgehen, die Moselübergänge bei Pont-à-Mousson, Dieulouard, Marbache u. s. w. beseßen und dem abziehenden Feinde auf der von Mez nach Verdun führenden Straße sich entgegenwerfen und denselben solange festhalten sollte, bis sämtliche Korps der Ersten und Zweiten Armee auf dem linken Moselufer ständen und der Rheinarmee die Entscheidungsschlacht liefern könnten. Der Plan war ebenso kühn als schwierig und glich dem am 2. Juli 1866 in Gitschin entworfenen Plane darin, daß der Erfolg sicherlich ein großer war, jedoch nur unter der Vorausseßung, daß die zur Ausführung desselben nötigen Truppen zur rechten Zeit am rechten Orte aufgestellt waren. Die Korps der Zweiten Armee waren auf ihrem Marsche von St. Avold noch soweit von der Mosel entfernt, daß es zweifelhaft war, ob sie auch bei den größten Anstrengungen noch rechtzeitig die Straße Mez - Verdun erreichen konnten. Die Langsamkeit der französischen Heeresleitung leistete ihnen hiebei einige Unterstügung. Marschall Bazaine hatte schon am 12. August den Abmarsch seiner Armee von Met beschlossen, gab aber erst am Morgen des 14. den Befehl, daß die auf

dem rechten Moselufer stehenden Korps auf das linke übergehen sollten.

Von den fünf französischen Korps standen am 14. August das 4. (Ladmirault) und das 3. (Decaen) noch auf dem rechten Moselufer, und zwar in der Linie Nouilly-Colombey-Peltre, während die anderen Korps ihren Übergang auf das linke Moselufer vollzogen. Ihnen gegenüber stand die Erste Armee, zu welcher das 7. und das 8. Korps gehörten und in den lezten Tagen das 1. Korps (Manteuffel) und die 1. Kavalleriedivision gestoßen Das 1. Korps hatte im Norden der deutschen Aufstellung gegen Nouilly-Montoy, das 7. gegen Colombey vorzugehen, das 8. eine Reservestellung einzunehmen. Das Terrain war hügelig und waldig, von vielen Bächen durchschnitten und durch tiefe Schüßengräben zur Verteidigung eingerichtet. General v. d. Golz, welcher die Vorhut des 7. Korps befehligte, bemerkte gegen 3 Uhr nachmittags bei dem gegenüberstehenden Feinde Bewegungen, welche auf einen Abzug schließen ließen; er erkannte sofort, wie wichtig es sei, störend in denselben einzugreifen, machte einen Angriff gegen das Korps Decaen und benachrichtigte hievon die kommandierenden Generale Manteuffel und Zastrow. Aus diesem Vorhutgefecht entspann sich das Treffen bei Colombey Nouilly, das erst gegen 9 Uhr abends beendigt wurde. Das 7. Korps zwang nach vierstündigem Kampfe das Korps Decaen, Colombey und den dortigen Wald zu räumen und sich nach Borny unter das schüßende Feuer der Außenforts zurückzuziehen, während Abteilungen des 9. Korps (Manstein) gegen die rechte Flanke des Feindes vorgingen und die Orte Jury, Mercy-le-Haut und Peltre nahmen. Auf dem rechten Flügel trieb General Manteuffel das Korps Ladmirault von Noisseville gegen Vantour zurück, wobei General v. Bentheim, welcher die 1. Division befehligte, durch sein kaltblütiges Vorgehen und General Manteuffel, der beim leßten französischen Vorstoß seinen Truppen zum Sturm voranritt, sich auszeichneten. Die Franzosen waren nach 8 Uhr auf allen Punkten geschlagen und zwischen die Außen

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