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unter Generalmajor v. Voigts-Rhet griff in der Front, von Altenstadt her, an; die 17. Infanteriebrigade unter Oberst v. Bothmer richtete ihren Marsch gegen den Gutleuthof (beide Brigaden gehörten zum 5. Korps); die 41. Infanteriebrigade unter Oberst v. Kobylinsky, welche die Vorhut des 11. Korps bildete, rückte als äußerster linker Flügel vom Schleithal her, welches südöstlich von Weißenburg liegt, gegen das Gehöfte Schafburg vor, die rechte Flanke und den Rücken des Feindes bedrohend. Die drei Kolonnen hatten zusammen eine Stärke von 16 Bataillonen. Die numerische Ungleichheit, 16 gegen 9 Bataillone, glich sich dadurch aus, daß die letteren sehr starke Stellungen inne hatten.

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Während die preußische Artillerie in einer Entfernung von 2000 Schritt die gegenüberliegenden Höhen beschoß, rückte das Königsgrenadierregiment gegen das Schloß Geißberg vor, das 1. Bataillon rechts, das 2. links, das Füsilierbataillon in der Mitte. Mehrere tausend Schritte weit marschierten die Bataillone mit schlagenden Tambours, fast ohne einen Schuß zu thun, im stärksten Feuer der Chassepots und Geschüße unaufhaltsam vor. Solche Soldaten sind unüberwindlich," sagte ein Augenzeuge. Die Füsiliere erlitten ungeheure Verluste; aus allen Fenstern und Dachluken wurde von den massiven Gebäuden aus auf dieselben geschossen; sie suchten in einem Hohlweg Deckung und warteten die Erfolge der anderen Bataillone ab. Der Feind konnte der Tapferkeit der Stürmenden nicht lange standhalten. Um 122 Uhr wurde die Schafburg von der 41. Infanteriebrigade, um 1 Uhr das Schloß Geißberg genommen und gegen 300 Mann zu Gefangenen gemacht. Auf dem äußersten rechten Flügel eroberte Feldwebel Meyer aus Görlig die erste französische Kanone, wofür er den ausgeseßten Ehrenpreis erhielt. Um 1, Uhr machten die Franzosen, um den Rückzug der Bataillone zu decken, mit einigen Abteilungen einen Vorstoß, wurden aber zurückgeworfen. Gepäck und Waffen von sich werfend, zogen sich die geschlagenen Franzosen nach Sulz zurück, von der Artillerie des 5. Korps, die auf den

Geißberger Höhen aufgefahren war, beschossen und von der Reiterei dieses Korps verfolgt. Der Kronprinz ritt vor 2 Uhr den Geißberg hinan und wurde mit großer Begeisterung empfangen. Als ihm die zerschossene Fahne des Füsilierbataillons gezeigt wurde, ergriff und küßte er sie, und die Fahnenreste hoch emporhaltend rief er seiner Umgebung zu: „Meine Herren, wahrlich ein schöner Anblick!" Der Sieg von Weißenburg, von 22 Bataillonen gegen 11 erfochten, hatte eine große moralische Bedeutung. Süddeutsche und Norddeutsche, Bayern und Preußen, welche vier Jahre vorher im Maingebiet einander als Feinde gegenübergestanden waren, hatten, in Tapferkeit miteinander wetteifernd, dazu beigetragen. Der kameradschaftliche Geist erstarkte; das Vertrauen in die überlegene Heeresleitung wurde erhöht. Der Verlust der deutschen Armee betrug 91 Offiziere und 1460 Mann. Das Königsgrenadierregiment hatte die stärksten Verluste: 10 Offiziere und 80 Mann tot, 13 Offiziere und 249 Mann verwundet. Generalleutnant v. Kirchbach hatte eine leichte Wunde erhalten. Die Verluste der Franzosen sind nicht genau anzugeben; sie werden auf 1200 Tote und Verwundete geschäßt, wozu noch etwa 1000 unverwundete Gefangene, darunter 30 Offiziere, hinzukamen. Unter den Toten befand sich der Divisionskommandeur General Abel Douay. Außer einem Geschüß wurden von den Siegern das Zeltlager und eine Proviantkolonne erbeutet. Das Korps Werder hatte an diesem Tage Lauterburg ohne Kampf besetzt. Das Hauptquartier war in der Nacht auf den 5. August in dem Dorfe Schweighofen; der Kronprinz übernachtete im dortigen Pfarrhause.

Marschall Mac Mahon erhielt die Nachricht von der Niederlage bei Weißenburg noch in der folgenden Nacht. Er beschloß sofort, dem weiteren Vorrücken der Dritten Armee Halt zu ge= bieten, und glaubte dies am leichtesten ausführen zu können, wenn er vor den Vogesenpässen Stellung nahm. Das Terrain von Wörth war für eine Defensivschlacht sehr günstig. Das Städtchen liegt in der Nähe der Eisenbahn, welche von Straßburg über

Hagenau nach Bitsch und von da über Saargemünd nach Mez führt. Westlich von der Stadt fließt der Sauerbach, welcher vom Regen ziemlich angeschwollen war und steile Ufer hat. Wörth liegt südwestlich von Weißenburg, von wo eine Straße über Sulz, Wörth, Fröschweiler, Reichshofen nach Niederbronn führt, um hier rechts nach Bitsch, links nach Zabern abzuzweigen. Der Sauerbach durchschneidet diese Straße und das anstoßende hügelige und waldige Terrain in der Richtung von Norden nach Süden. Nördlich von Wörth liegen die Dörfer Langensulzbach und Lembach, von welch letterem Orte eine Straße nach Weißenburg führt, nördlich von der Straße Wörth-Sulz das Dorf Preuschdorf, südlich von derselben und östlich vom Sauerbach die Orte Spachbach und Gunstett, Hölschloch, Hohweiler, Aschbach; westlich vom Sauerbach liegen, wie schon erwähnt, an der großen Straße die Orte Fröschweiler und Reichshofen, nördlich von da Neuweiler, südlich von der Straße Elsaßhausen, Albrechtshausen, Lansburg, Eberbach, Morsbrunn.

Wollte Mac Mahon den Kampf gegen die deutsche Armee aufnehmen, so mußte er sich nach Verstärkungen umsehen. Bei Wörth stand die 1. Division seines Korps unter General Ducrot; die 2. Division, welche nach dem Tode des Generals Douay von General Pellé befehligt wurde, wurde von Hagenau, wohin sie sich zurückgezogen hatte, nach Wörth berufen. Dort versammelte Mac Mahon auch die übrigen Teile seines Korps: die 3. Division unter General Raoul, die 4. unter General Lartigue, die Kavalleriedivision unter General Duhesme, die Reservekavalleriedivision unter General Bonnemain. Da das bei Belfort stehende, von General Felir Douay befehligte 7. Korps unter das Oberkommando des Marschalls gestellt war, so forderte dieser den General auf, ihm seine 1. Division unter General Conseil Dumesnil zu schicken. Mac Mahon hatte somit am 5. August fünf Infanterie- und zwei Kavalleriedivisionen. Am Abend dieses Tages traf in Fröschweiler, wo der Marschall sein Hauptquartier im kaiserlichen Schlosse ein

gerichtet hatte, ein Telegramm von Meg ein, das ihm meldete, daß auch das 5., von General Failly befehligte Korps, das bei Bitsch stand, zu seiner Verfügung gestellt sei. Er richtete daher die Aufforderung an Failly, mit seinem ganzen Korps (eine bei Saargemünd zurückzulassende Infanteriebrigade ausgenommen) so bald als möglich zu ihm zu stoßen. Dieser, welcher sehr ungern auf die Selbständigkeit seines Kommandos verzichtete, schickte dem Marschall, unter dem Vorwand, daß er selbst von einem Angriff bedroht sei, nur die Division Guyot de Lespart, und zwar so spät, daß dieselbe erst am Abend des 6. August in der Nähe des Schlachtfeldes ankam, als Mac Mahons Niederlage schon ent= schieden war und jene Division nur noch die Deckung des Rückzugs übernehmen konnte. Diesem Ungehorsam des Generals Failly wurde von den Franzosen hauptsächlich die Schuld an der Niederlage Mac Mahons zugeschrieben.

Die westlich vom Sauerbach steil ansteigenden Höhen mit den Dörfern Fröschweiler und Elsaßzhausen bildeten eine sehr günstige Verteidigungsstellung und wurden am 5. August auf Befehl Mac Mahons durch Befestigungsmittel jeder Art und durch zweckmäßige Aufstellung der Batterieen gegen einen Angriff geschüßt. Über die Stärke und die Stellung der Dritten Armee wußte der Marschall nichts, wie überhaupt in diesem ganzen Kriege das Rekognoszierungswesen die schwache Seite der französischen Armee war; er glaubte, vor dem 7. August keine Schlacht erwarten zu dürfen. Am Morgen des 6. August hatte seine Armee folgende Aufstellung: die 1. Division (Ducrot) stand zwischen Neuweiler und Fröschweiler, um einen von Nordosten, von Langensulzbach her, anrückenden Feind zu bekämpfen, und bildete den linken Flügel; im Zentrum, zwischen Wörth und Fröschweiler, stand die 3. Division (Raoul) und hielt die Brücke bei Wörth und das Städtchen selbst besezt; hinter ihr stand die 2., bei Weißenburg geschlagene Division (Pellé); auf dem rechten Flügel bei Elsaßhausen stand die 4. Division (Lartigue), südlich bis gegen Albrechtshäuserhof sich

ausdehnend; hinter ihr als Reserve standen bei Eberbach die 1. Division des 7. Korps (Conseil-Dumesnil), die Kavalleriebrigade Michel und die Reservekavalleriedivision Bonnemain; vor Reichshofen stand die Kavalleriebrigade Septeuil, zwischen Fröschweiler und Elsaßhausen die Reserveartillerie. Die französische Verteidigungsstellung, deren Schlüsselpunkt Fröschweiler bildete, war sehr stark; es gehörte viel moralische Kraft und Ausdauer dazu, unter dem Kartätschenhagel der französischen Artillerie vom Sauerthal aus die Höhen von Elsaßhausen und Fröschweiler zu erklimmen und diese stark beseßten und befestigten Orte zu nehmen. Die Zuversicht Mac Mahons war daher auch keine geringe, wie aus dem Ausruf zu ersehen ist, der ihm in den Mund gelegt wird: „Messieurs les Prussiens, je vous tiens."

Gegen diese Stellung rückten am 5. August die fünf Korps der Dritten Armee an. Sie hatten von Weißenburg aus eine südwestliche Richtung einzuschlagen. Auf dem rechten Flügel marschierte das 2. bayrische Korps (Hartmann) nach Lembach, das 1. bayrische Korps (v. d. Tann) folgte ihm; im Zentrum rückte das 5. (Kirchbach) und 11. Korps (Bose) vor, jenes nach Preuschdorf, dieses nach Sulz und noch etwas westlich von da; den linken Flügel bildete das Werdersche Korps, welches, eine Abteilung in Selz am Rhein zurücklassend, von Lauterburg nach Aschbach, östlich von Sulz, vorrückte; die 4. Kavalleriedivision (Prinz Albrecht von Preußen) stand in Reserve bei Schönenburg, nordöstlich von Sulz. Diese Orte waren am Abend des 5. August von den deutschen Truppen erreicht und Biwaks bezogen. Der Kronprinz hatte sein Hauptquartier in Sulz. Vorposten wurden bis an die Sauer vorgeschoben; die Preußen hielten Gunstett, die Franzosen Wörth besezt. Der Kronprinz beabsichtigte für den 6. August keinen Angriff, sondern wollte an diesem Tage sämtliche fünf Korps näher an die Sauer heranziehen, um am 7. mit vereinigten Streitkräften einen umfassenden Angriff machen zu können. Die Meinungen und Wünsche der beiden Heerführer begegneten sich somit ̧

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