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und 80 Mann. Der Kaiser hatte mit seinem Sohne dem Gefechte, das meist Artilleriekampf gewesen war, etwa eine Stunde zugesehen und kehrte um 4 Uhr abends nach Meß zurück. Die Siegesdepesche, welche er an die Kaiserin schickte, rühmte die Geistesgegenwart und Kaltblütigkeit des Prinzen, zu dessen Füßen die Kugeln niedergefallen seien. Die Presse gefiel sich in überschwenglichen Urteilen und Hoffnungen. Sie ließ das französische Heer schon vor Mainz stehen und erwartete dessen Einzug in Berlin in wenigen Tagen. Die glorreiche Waffenthat bei Saarbrücken" wurde als das „Zeichen einer neuen Geschichtsperiode" bezeichnet.

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Nur wenige Tage, und es folgte eine schreckliche Enttäuschung. Die deutsche Armee hatte sich indessen zwischen Mittelrhein und Saar aufgestellt. Der Truppentransport hatte sich aufs glänzendste vollzogen. Der erste Mobilmachungstag war der 16. Juli. Schon elf Tage nachher, am 26. Juli, war die Mobilisierung vollendet und acht Tage darauf standen die deutschen Heere zwischen Rhein und Saar. Das Kriegsministerium und die Eisenbahnverwaltungen hatten in Energie miteinander gewetteifert. Die Befehlshaber der drei Armeen verließen am 26. Juli Berlin und reisten nach den für ihre Truppen bestimmten Sammelpläßen, Steinmez nach Koblenz, Prinz Friedrich Karl nach Mainz, der Kronprinz über München, Stuttgart und Karlsruhe, wo er die bundesgenössischen Fürsten begrüßte, nach Speier. König Wilhelm, welcher das Oberkommando über sämtliche deutschen Truppen übernahm, reiste am 31. Juli, von dem Grafen Bismarck und den Generalen Moltke und Roon begleitet, von Berlin ab und kam am Morgen des 2. August in Mainz an. Dort wurde das große Hauptquartier eingerichtet und von dort eine Proklamation an das deutsche Heer erlassen, in welcher gesagt wurde: „Ganz Deutschland steht einmütig in den Waffen gegen einen Nachbarstaat, der uns überraschend und ohne Grund den Krieg erklärt hat. Es gilt die Verteidigung des bedrohten Vaterlandes, unserer Ehre, des eigenen Herdes." In dem großen Hauptquartier zu Mainz waren

die größten Männer jener Zeit versammelt. Warm schlugen die Herzen von ganz Deutschland für dieses Hauptquartier und für die der drei großen Heere; vertrauensvoll erwartete Deutschland von denselben die Entscheidung seiner Geschicke.

Die Dritte Armee, welche ihre Aufstellung zwischen Landau und Rastatt hatte, führte den ersten Stoß gegen den Feind. Sie bestand, wie wir gesehen haben, aus fünf Armeekorps; von diesen wurde das preußische 5. Korps von Generalleutnant v. Kirchbach, das preußische 11. Korps v. Generalleutnant v. Bose, die zwei preußischen Kavalleriedivisionen (2. und 4.) vom Generalleutnant Grafen zu Stolberg-Wernigerode und vom General der Kavallerie, Prinzen Albrecht von Preußen, das 1. bayrische Korps vom General der Infanterie v. d. Tann, das 2. bayrische Korps vom General der Infanterie v. Hartmann, das kombinierte württembergisch-badensche Korps, vom Generalleutnant v. Werder befehligt, unter welchem Generalleutnant v. Obernig als Befehlshaber der württembergischen Division, Generalleutnant v. Beyer als Befehlshaber der badischen Division stand. Als Generalstabschef der Dritten Armee wurde dem Kronprinzen Generalleutnant v. Blumenthal beigegeben. Das Hauptquartier war in Speier.

Diese Armee hatte beim Ausbruch des Krieges zunächst die Aufgabe, die linke Flanke der Zweiten Armee und zugleich Süddeutschland zu decken. Zur Erreichung des leßteren Zweckes hatte, bei der in einem Teile Süddeutschlands herrschenden Besorgnis vor einem feindlichen Überfall, der württembergische Kriegsminister, Generalleutnant v. Suckow, ein Infanterieregiment nebst einer Reiterschwadron und einer Batterie unter Oberst v. Seubert über den Schwarzwald nach dem Rheinthal geschickt, welche Truppen durch rasche Märsche, beziehungsweise rasche Fahrten auf Bauernwagen, und durch plötzliches Auftreten bald da, bald dort, die Meinung erregen sollten, daß große Truppenmassen zur Abwehr eines feindlichen Angriffs bereitständen. Als aber in Mainz die Nachricht von dem Rekognoszierungsgefecht bei Saarbrücken und

die falsche Meldung von dem Überschreiten der deutschen Grenze bei Saargemünd einlief, war Moltke der Ansicht, daß die Dritte Armee vermöge ihrer Stellung am meisten imstande sei, durch einen Angriff auf das untere Elsaß den Feind von einem Einfall in die Rheinpfalz abzuhalten und dieselbe dadurch für den Marsch der Zweiten Armee frei zu halten. Er sandte daher am 2. August den Generalstabsoffizier Oberstleutnant v. Verdy nach Speier und ließ dem Kronprinzen melden, daß mit Rücksicht auf ein späteres Zusammenwirken der ganzen deutschen Heeresmacht gegen die Saarlinie (von welcher die Dritte Armee am weitesten entfernt war) die linke Flügelarmee sich schon jest in Bewegung seßen müsse.“ Infolgedessen beschloß der Kronprinz am 4. August die Grenze zu überschreiten, die Linie Weißenburg-Lauterburg zu beseßen und dadurch des Schlüssels zum unteren Elsaß sich zu bemächtigen.

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Dieser Beschluß führte am 4. August zu dem Treffen bei Weißenburg, das auf beiden Seiten der Lauter liegt, Umwallung und Wassergraben, feste Thore und Türme besißt. Südlich von der Stadt erhebt sich der dieselbe beherrschende Geißberg mit dem massiven, zur Verteidigung besonders eingerichteten Schloß Gaisberg, das von massiven Gebäuden umgeben und samt diesen durch eine 15 Fuß hohe Mauer umschlossen ist, durch welche nur ein einziges Thor einen Zugang zum Schloßhof gewährt. Diese Stellung bildete in der Verteidigungslinie des Korps Mac Mahon den am weitesten vorgeschobenen Posten und war von der 2. Division, die vom General Abel Douay befehligt wurde, beseßt. Dieselbe zählte nur 11 Infanteriebataillone, darunter 3 Turkosbataillone, 3 Batterieen und 1 Mitrailleusenbatterie. Die nächsten Abteilungen dieses Korps standen bei Wörth und bei Sulz, und zwar dort die 2. Division unter General Ducrot, hier eine Reiterbrigade und 2 Bataillone unter General Septeuil. Die zwei anderen Divisionen standen bei Hagenau und bei Straßburg. Da dem General Douay am Abend des 3. August Landleute meldeten, daß von Landau her starke Truppenmassen anrücken, so berichtete er dies sofort dem

General Ducrot und bat um Verhaltungsbefehle. Diesem, welchem Marschall Mac Mahon für die Dauer seiner Abwesenheit den Befehl über die 1. und 2. Division übertragen hatte, erteilte ihm den Befehl, bei Weißenburg stehen zu bleiben und den Angriff des Feindes dort zu erwarten. Daß einem General zugemutet wird, er solle mit etwa 10000 Mann den Kampf gegen eine Armee von 130 000 Mann aufnehmen, gehört zu den französischen Unbegreiflichkeiten dieses Feldzugs. Mit 9 Bataillonen hielt General Douay den Geißberg, mit 2 die Stadt bejezt. Die Sorglosigkeit der französischen Truppen war so groß, daß sie in ihrem Zeltlager auf den Höhen von Weißenburg am 4. August morgens 9 Uhr noch mit der Zubereitung ihres Morgenkaffees beschäftigt waren, als ein Offizier herbeieilte mit der Meldung, der Feind rücke in starken Kolonnen heran und sei schon nahe bei der Stadt. Auch jezt noch glaubten die französischen Offiziere, es handle sich nur um eine Rekognoszierung, ließen die Zelte stehen und eilten mit ihren Soldaten an die Lauter; die Übergänge bei Altenstadt wurden besezt, das Schloß Geißberg zur Verteidigung eingerichtet.

Die Armee des Kronprinzen war in der Frühe aus ihren Quartieren aufgebrochen und in vier Kolonnen nach der französischen Grenze marschiert. Den rechten Flügel bildete das 2. bayrische Korps, voran die Division Bothmer; im Zentrum zog das 5. Korps gegen Altenstadt, östlich von Weißenburg, links von diesem das 11. Korps durch den von Altenstadt nach dem Rhein sich hinziehenden Bienwald gegen die Lauter; auf dem linken Flügel marschierte das Werdersche Korps von Marau nach Lauterburg, um diesen Ort zu beseßen; das 2. bayrische Korps und die Kavalleriedivision folgten diesen vier Kolonnen als Reserve. Die Division Bothmer hatte die Aufgabe, sich der Stadt Weißenburg zu bemächtigen. Die Vorhut derselben, drei Bataillone, ein Reiterregiment und eine Batterie, stellte sich auf den Höhen südlich von dem Dorfe Schweigen auf und begann die Beschießung der Stadt.

Es brach an zwei Stellen Feuer aus; doch war damit nichts erreicht. Stürmen lassen wollte General Bothmer nicht; er ließ das Artilleriefeuer unterhalten und wartete das Vorgehen der übrigen Kolonnen ab. Der Kronprinz traf zwischen 9 und 10 Uhr dort ein und nahm mit seinem Stabe auf einer östlich von Schweigen gelegenen Höhe, von wo er das ganze Schlachtfeld übersehen konnte, Stellung.

Das 5. Korps unter General Kirchbach war inzwischen mit der 9. Division bei Schweighofen, östlich von Weißenburg, angelangt; die 17. Infanteriebrigade ging bei St. Remy über die Lauter, um den Gutleuthof und das Schloß Geißberg, von wo aus die französische Artillerie ein lebhaftes Feuer unterhielt, anzugreifen, während die 18. Infanteriebrigade, darunter das Königsgrenadierregiment, gegen Altenstadt vorrückte, den Ort nahm und über die Lauter ging, um an dem Sturm gegen den Geißberg teilzunehmen. Auf die Nachricht von dem Stande des Gefechts bei Weißenburg schickte General Kirchbach zur Unterstüßung der bayrischen Truppen drei Bataillone dorthin. Gegen 12 Uhr wurde der Sturm unternommen. Die drei bayrischen Bataillone gingen gegen das nördliche Landauer Thor, die drei preußischen. gegen das südliche Hagenauer Thor vor. Die letteren nahmen den Bahnhof; beide, wohlverbarrikadierten Thore wurden von der Artillerie eingeschossen; die deutschen Truppen erzwangen den Eingang und drangen in die Stadt ein. Hier erwartete sie ein heftiger Straßen- und Häuserkampf, an welchem sich auch viele Einwohner beteiligten. Dadurch wurde die Erbitterung der Soldaten gesteigert. Der Widerstand des Feindes war umsonst; die Stadt wurde genommen; die Soldaten der zwei französischen Bataillone, soweit sie nicht getötet oder verwundet waren, wurden zu Gefangenen gemacht.

Um 12 Uhr begann der Angriff auf den Geißberg, der, wie wir gesehen haben, von neun Bataillonen verteidigt wurde. Drei Kolonnen rückten gegen denselben an: die 18. Infanteriebrigade Müller, Einigungskriege.

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