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Auch die durch die Eider gebildete erste Verteidigungslinie gewährte wegen ihrer Ausdehnung keinen Halt, wohl aber die hinter ihr liegende Linie der Dannewerkstellung, welche sich östlich an die Schlei, westlich an die Eider und deren Nebenflüsse anlehnt und durch Anstauung der in die Eider fließenden Gewässer auf einen Verteidigungsraum von kaum zwei Meilen eingeengt werden kann. Aber auch diese Stellung, welche weitere Befestigungen bedurfte, gestattete nicht eine Verteidigung bis aufs äußerste gegen bedeutende Übermacht, da dieselbe in ihrer linken Flanke umgangen werden kann und dann der Verteidigungsarmee die Vernichtung droht. Lettere hat daher vor einer feindlichen Übermacht in eine feste Flankenstellung sich zurückzuziehen, welche ihm Düppel mit der Insel Alsen und Fredericia mit der Insel Fünen gewähren, von wo aus es dem Hauptheer möglich ist, einen plößlichen Vorstoß gegen den Feind zu unternehmen. Bei einem Winterfeldzug sind diese Flankenstellungen gleich im Beginn zu beziehen, da die Eider und Dannewerkstellung beim Gefrieren der Gewässer keinen Schuß mehr darbieten.

Diesem Entwurf, dessen Vorschläge zur Anlegung weiterer Befestigungen wenig Beachtung fanden, fügte das Kriegsministerium am 13. Januar 1864 noch die besondere Weisung hinzu, daß der Angriff auf die Dannewerkstellung angenommen, dabei jedoch mehr auf die Erhaltung der Armee als auf die Behauptung jener Stellung gesehen werden müsse. Ersteres war freilich, wenn einmal der Kampf um die Dannewerkstellung sich entsponnen hatte, nicht in allen Fällen möglich, jedenfalls nicht, wenn es dem Angreifer gelang, mit einem Teile seiner Truppen über die Schlei zu gehen. Dann war die Armee verloren, ehe sie ihre Flankenstellungen erreichte.

Dem nicht sehr präzis gefaßten dänischen Feldzugsplan gegenüber stand das vom preußischen Generalstabschef v. Moltke im Dezember 1862 abgegebene Gutachten über die Durchführung eines Krieges gegen Dänemark und die von demselben am 13. Januar

1864 verfaßte Denkschrift, in welcher die in jenem Gutachten niedergelegten Gesichtspunkte weiter ausgeführt waren. Die Denkschrift geht, wie dies bei dem großen Strategen nicht anders zu erwarten ist, gleich auf den Mittelpunkt los: „Die Hauptschwierigkeit bei einem Kriege gegen Dänemark besteht darin, daß die Eroberung des ganzen dänischen Festlandes zu einem definitiven Abschluß noch nicht führt. Die JInseln und vor allem der Siz der Regierung sind unzugänglich, solange unsere Flotte den Kampf mit der dänischen nicht aufzunehmen vermag. Die Okkupation der Jütischen Halbinsel müßte eine dauernde sein, wenn sie das Kopenhagener Kabinet zum Nachgeben zwingen soll; dann aber ruft sie die diplomatische Intervention, beziehungsweise das thatsächliche Einschreiten dritter Mächte hervor. Das eigentliche Operationsobjekt in diesem Kriege ist daher das dänische Heer. Nicht ein erster Sieg, sondern die rastlose Ausnußung desselben, eine Verfolgung, welche das Heer vernichtet, bevor es seine gesicherten Einschiffungspunkte erreicht, ist das anzustrebende Ziel. Es liegt also im Interesse einer entscheidenden Kriegführung, daß die dänische Armee ihre vorgeschobene Stellung am Dannewerk wirklich einnehme. Der frontale Angriff auf diese Stellung kann nicht ohne sehr große Opfer gelingen, die bloß frontale Verfolgung zu bedeutenden Resultaten nicht führen. Es kommt darauf an, der dänischen Armee den Rückzug von Schleswig nach der nur drei Märsche entfernten Aufnahmestellung von Düppel zu verlegen, das heißt ihr schon bei Flensburg zuvorzukommen. Mit dem Angriff auf die Front ist deshalb die gleichzeitig wirkende Umgehung durch ein selbständiges Korps aller drei Waffen zu verbinden; die Bedingungen hiefür liegen in einer hinreichenden Überlegenheit und im Überschreiten der Treene - Überschwemmung oder der Schlei."

„Man kann,“ fährt die Denkschrift fort, „in beiden Richtungen demonstrieren, die lettere, das heißt die gegen den feindlichen linken Flügel, aber ist bei weitem die entscheidendere. Ein

Korps oder eine Division, welcher es gelingt, bei Missunde durchzubrechen oder weiter abwärts eine Brücke zu schlagen oder endlich sonst auf irgend eine Art überzuseßen, wird entweder hinter dem Lang-See gerade in den Rücken des Feindes gehen oder wenigstens mit ihm gleichzeitig bei Flensburg eintreffen. Die umfassenden Kräfte können, falls sich die ganze dänische Armee auf dieselben werfen sollte, ohne allzugroße Gefahr nach Angeln ausweichen; denn der Gegner vermag denselben nicht zu folgen, wenn die Haupt= armee die Fühlung am Feinde behält. Gelingt es dagegen der dänischen Armee, nach Düppel zu entkommen, so findet sie dort eine noch stärkere, weit konzentriertere Stellung. Einen zweiten Brückenkopf, um auf das Festland zurückzukehren, besißen die Dänen in der Festung Fredericia. Die Beherrschung zur See sichert ihnen die Verbindung zwischen Alsen und Fünen. Beide Ausgangspunkte so zu zernieren, daß der Feind aus denselben nicht wieder hervortreten kann, würde zu zwei Belagerungen und zur Teilung der Kräfte und dabei zu einem positiven Resultat nicht führen. Es erscheint angemessener, Düppel und Fredericia nur zu beobachten, die Armee aber derart versammelt zu erhalten, daß man dem wieder vorgehenden Feinde mit Überlegenheit eine zweite Schlacht im freien Felde liefern kann, selbst wenn dies mit verwandter Front geschehen müßte.“

Darauf entwarf Moltke für die auf die Überschreitung der Eider folgenden drei ersten Operationstage, welche, da es sich um die Bestürmung der Dannewerkstellung und zugleich um die Umgehung derselben handelte, von besonderer Wichtigkeit waren, einen besonderen, den Vormarsch aufs genaueste bezeichnenden Operationsplan. Er berechnete die Stärke der dänischen Armee in Schleswig auf 36 500 Mann, die der deutschen Truppen auf 63 400 Mann. Von lezteren sollte die aus östreichischen, preußischen, sächsischen und hannoverschen Truppen bestehende Hauptarmee, 41 750 Mann, in zwei Kolonnen gegen die Dannewerkstellung vorgehen und am dritten Tage den Sturm beginnen, während die nur aus Preußen

bestehende Flankenarmee von 21 650 Mann in zwei Kolonnen bei Missunde und bei Arnis die Schlei passieren und entweder die Hauptstellung des Feindes im Rücken bedrohen oder im Fall seines Rückzugs rasch nach Flensburg marschieren sollte, um dort gleichzeitig mit dem Feinde anzukommen. Beide Teile der Armee sollten einander von ihrem Vorgehen beständig Nachricht geben.

Diese Denkschrift erhielt die Zustimmung des Königs Wilhelm und wurde dem Feldmarschall v. Wrangel mitgeteilt. Ihr nächstes Ziel war, dem Feinde durch den Frontangriff der Hauptarmee und durch den nach Überschreitung der Schlei vollzogenen Rückenangriff der Flankenarmee eine Niederlage beizubringen, bevor jener die feste Flankenstellung bei Düppel erreicht hatte, während die dänische Heeresleitung die Entscheidung nicht bei den Dannewerken suchte, sondern dieselben einer feindlichen Übermacht überlassen und durch Beseßung und Verteidigung der Düppelstellung die Entscheidung aus politischen Gründen hinausschieben wollte. Den beiden Großmächten gegenüber, welche freilich von ihrer Kriegsmacht einen sehr bescheidenen Gebrauch machten, war Dänemark auf die äußerste Ausnußung der für dasselbe günstigen Terrainverhältnisse angewiesen; denn sein Heeresstand war dem bevorstehenden Kampfe nicht gewachsen. Bei einem Friedensstand von nur 7500 Mann fehlte es der dänischen Kriegsmacht, welche am 1. Februar 1864 eine Stärke von 54 000 Mann hatte, vor allem an ausgebildeten Offizieren und Unteroffizieren. Aber auch der Mannschaft fehlte viel zur Ausbildung in ihrer Waffe und zum Sicheingewöhnen in die Mannszucht. Denn die Dienstpflicht im stehenden Heere war hiefür zu kurz. Sie betrug zwar acht Jahre, aber der Dienst unter der Fahne dauerte bei der Garde nur 2 Jahre, bei den übrigen Truppen nur 1 Jahr und 4 Monate, ja seit 1862 für einige Bataillone nur zehn Monate. In der Kriegsreserve, in welche die Mannschaften nun übertraten, wurden sie 3 bis 4 Jahre lang zu den Herbstübungen auf 20 Tage jährlich einberufen. Solch kurze Dienstzeit konnte keine in allen Beziehungen durchgebildeten

Soldaten schaffen. Wenn das dänische Heer tros dieser Mängel, an deren Bestehen hauptsächlich die Kargheit der Volksvertretung schuld war, mehr leistete, als zu erwarten war, so war dies hauptsächlich auf das stark ausgeprägte nationale Bewußtsein des Einzelnen, auf seine Ausdauer und seinen Sinn für soldatischen Gehorsam zurückzuführen. Von den 22 Linienbataillonen rekrutierten sich 9 aus den drei Herzogtümern. Diese blieben der dänischen Fahne nur solange treu, als sie keine Gelegenheit hatten, dieselbe mit der deutschen zu vertauschen. Der größte Teil der Offiziere und ein Teil der Unteroffiziere waren bei diesen 9 Bataillonen Dänen. Die Terrainverhältnisse waren den Dänen günstig. Die vielen tiefen Buchten im Osten der Halbinsel erschwerten den Angriff und erleichterten die Verteidigung. Bei der Überlegenheit Dänemarks zur See fah der Angreifer seine Verbindungslinien durch die Nähe der Ostsee stets bedroht. Dadurch erhielt der deutschdänische Krieg sein besonderes Gepräge gegenüber einem Kriege, der in den Grenzen des Festlandes sich bewegte.

Diesen Mängeln des dänischen Heeres gegenüber traten die Vorzüge der verbündeten Truppen um so mehr hervor. Dieselben bestanden in der tüchtigen Ausbildung der Truppen, in der Festigfeit der Disziplin, in der ausreichenden Zahl von Offizieren und Unteroffizieren. Die preußische Infanterie hatte an dem seit 1858 eingeführten Zündnadelgewehr eine treffliche Waffe, die Artillerie war bereits mit einer ziemlichen Anzahl von gezogenen Kanonen versehen, welche hinsichtlich der Trefffähigkeit und Schußweite den glatten Geschüßen überlegen waren. Die östreichische Infanterie hatte ein minder sicheres Gewehr und suchte durch „kühnes Draufgehen dichter Schüßenschwärme, denen die Angriffskolonnen auf nahe Entfernung folgten", Erfolge zu erringen, wie sie es im italienischen Feldzug von 1859 bei den französischen Truppen gesehen hatte.

Der Aufmarsch der verbündeten Truppen erfolgte im Januar 1864. Den preußischen war Plön in Holstein, den östreichischen

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