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hatte in den ersten Tagen des Feldzugs 40 000 Mann mit 136 Geschüßen, das 8. Armeekorps 46 000 Mann mit 134 Geschüßen. Doch mußten die 8000 Kurhessen, welche für einen Feldzug nicht gehörig vorbereitet und ausgerüstet waren, nach Mainz geschickt werden. Die zwei Korps waren, wenn sie nicht einzeln geschlagen werden wollten, darauf angewiesen, nach einem gemeinsamen Plane zu handeln und nur mit vereinigten Kräften den Kampf aufzunehmen. Zu diesem Zwecke wurde dem bayrischen Prinzen Karl der Oberbefehl über beide Korps übertragen. Die beiden Prinzen hatten am 26. Juni in Schweinfurt eine Zusammenkunft miteinander und beschlossen, nach Norden zu ziehen und bei Hersfeld ihre Korps zu vereinigen. Das 7. (bayrische) Korps sollte über Brückenau, Fulda, Hünfeld, das 8. über Friedberg, Grünberg, Alsfeld den Vereinigungspunkt Hersfeld zu erreichen suchen. Aber dieser Plan wurde nicht ausgeführt. Auf die Nachricht, daß die Hannoveraner bei Langensalza stehen und dort den Beistand der Bayern erwarten, ordnete Prinz Karl am 28. Juni an, daß sein Korps nicht über Brückenau-Fulda, sondern über Hildburghausen Meiningen abmarschieren und gegen Gotha vorrücken solle. Auf dieser Linie stand es am 30. Juni. Dadurch machte er den Abstand zwischen seinem Korps und dem 8. weit größer, die Vereinigung also weit schwieriger. Als er aber in Meiningen von der Kapitulation der Hannoveraner Meldung erhielt, gab er den Weitermarsch gegen Gotha auf, wandte sich vom Werrathal über das Rhöngebirge gegen das Fuldathal, um seine Vereinigung mit dem 8. Korps zu bewerkstelligen, und forderte letteres, das inzwischen Friedberg, Wezlar, Gießen und Grünberg besetzt hatte, auf, über die nördlichen Abhänge des Vogelsgebirges nach Fulda zu marschieren. Die bayrische Division Zoller zog von Meiningen über das Rhöngebirge nach Kalten-Nordheim (im Thal der Felde) und stieß am 3. Juli bei Dermbach auf den Feind, der ihr durch sein Feuer einige Verluste beibrachte, daher sie nach Neidhartshausen sich zurückzog.

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General v. Falckenstein, der Oberbefehlshaber der „Mainarmee" (welches von nun an der offizielle Name der vereinigten Divisionen Göben, Beyer und Manteuffel war), hatte damals etwa 45 000 Mann mit 97 Geschüßen und hatte nach der Kapitulation der Hannoveraner seine Truppen bei Eisenach vereinigt. Die Moltkeschen Direktiven hatten, wie wir gesehen haben, Bayern als den Kern der süddeutschen Koalition und den Marsch über Fulda nach Schweinfurt als den zweckmäßigsten bezeichnet; denn die bayrische Armee werde man am sichersten in ihrem eigenen Lande treffen, und zugleich könne durch diese Marschrichtung die Vereinigung des 7. und 8. Korps am leichtesten verhindert werden. Diesen Direktiven gemäß handelte General Falckenstein. Er brach am 1. Juli von Eisenach auf und schlug die Straße nach Fulda ein. Den rechten Flügel bildete die Division Beyer, den linken die Division Göben, hinter welcher die Division Manteuffel marschierte. Göben, welcher über Marksuhl und Lengsfeld zog, beseßte am 3. Juli auf dem Weitermarsch Dermbach und stieß dort, wie wir gesehen haben, auf die Spigen der bayrischen Armee, die, was ja eben vermieden werden sollte, vor ihrer Vereinigung mit dem 8. Korps sich allein der Gefahr eines Zusammenstoßzes mit der Mainarmee ausseßte. Doch glaubte man. im preußischen Hauptquartier nur eine Division vor sich zu haben, welche die rechte Flanke der nach Fulda abmarschierenden bayrischen Armee decken sollte, daher Göben den Befehl erhielt, etwa an= rückende Kolonnen des Gegners durch einen kurzen Vorstoß zurückzuwerfen," aber den Marsch nach Fulda fortzusehen, wie dies auch den Generalen Beyer und Manteuffel aufgetragen worden war.

Am 4. Juli fanden bei Dermbach oder richtiger bei Zella und bei Wiesenthal die ersten Gefechte statt. Von den zwei Brigaden der Göbenschen Division hatte die Brigade Kummer bei Zella mit der Division Zoller, die Brigade Wrangel bei Wiesenthal mit der Division Hartmann zu kämpfen. Die Brigade Kummer erstürmte, nachdem das Geschüßfeuer eröffnet worden

war, die feste Stellung von Zella und nahm Neidhartshausen, worauf die bayrischen Truppen, von der preußischen Artillerie beschossen, sich nach Diedorf zurückzogen, wo die Masse der Division Zoller stand. Diese unternahm einen kräftigen Vorstoß, um die Preußen aus den eroberten Stellungen zu vertreiben, mußte sich aber vor dem heftigen Feuer der preußischen Artillerie und Infanterie zurückziehen. Der Verlust der Preußen betrug 4 Offiziere und 70 Mann, der der Bayern 7 Offiziere und 157 Mann. Zu gleicher Zeit drängte die Brigade Wrangel die Truppen des Generals Hartmann aus dem Dorfe Wiesenthal hinaus und nahm die vorderen Abhänge des vor dem nahen Roßdorf gelegenen steilen und waldigen Nebelbergs. Um diesen den Preußen zu entreißen, ging General Hartmann, welcher Verstärkungen erhalten hatte, zum Angriff vor, kam bis an den Waldrand, wurde aber zurückgeschlagen; auch ein neuer Angriff mißlang. Als General Wrangel sich anschickte, auch Roßdorf zu nehmen, erhielt er vom General Göben den Befehl, den Kampf nicht weiter fortzusetzen, und marschierte in westlicher Richtung nach Geisa, während Kummer Dermbach besezt hielt. Der Befehl Göbens war die Folge der Falckensteinschen Weisung, nur einen kurzen Vorstoß zu machen. Die Preußen verloren bei dem Gefecht bei Wiesenthal 10 Offiziere und 260 Mann, die Bayern 21 Offiziere und 588 Mann. Die bayrischen Divisionen Zoller und Hartmann zogen sich in die Stellung Diedorf-Kalten-Nordheim zurück.

Die Division Beyer stieß am 4. Juli auf ihrem Vormarsch gegen Hünfeld auf bayrische Reiterei. Es war dies die Vorhut der Reservereiterei, welche unter dem Kommando des Fürsten von Thurn und Taris über Neustadt und Bischofsheim am 3. Juli nach Fulda gekommen war. Da es ihm zum weiteren Vorrücken an Infanterie fehlte, so ersuchte er den Prinzen Alerander von Hessen, der mit dem 8. Korps nur drei Meilen von Fulda entfernt stand, um Zusendung einiger Abteilungen, was dieser ablehnte. Dennoch rückte er gegen Hünfeld vor und schickte zwei

Reiterregimenter und eine halbe Batterie als Vorhut voraus. Diese empfing die preußischen Truppen mit Kartätschen, erhielt aber selbst von denselben ein so heftiges Feuer, welches sowohl die Batterie als die Reiter traf, daß die ganze bayrische Vorhut sich aufs eiligste nach Hünfeld zurückzog. Als dieser ungeordnete Haufe auf die Masse der Tarisschen Reiterei stieß, kehrte dieselbe voll Bestürzung gleichfalls um, eilte nach Fulda, hielt sich auch dort nicht für sicher und schlug die Richtung nach Bischofsheim ein. Je länger der Rückzug dauerte und je mehr Dunkelheit eintrat, desto mehr artete der Rückzug in Flucht aus. Als vollends in der Nacht, während die Reiter den großen Wald zwischen Heltenhausen und Gersfeld durchritten, aus ihrer Mitte einige Karabiner durch Unvorsichtigkeit losgingen, erscholl allgemein der Ruf, die Preußen seien im Wald und wollen ihnen den Rückzug abschneiden, worauf der größte Teil der Reiter, rechts abweichend, in wildester Flucht bis Brückenau, sogar bis Hammelburg ritt, einige, wie es hieß, erst am Main Halt machten. Fürst Taris konnte nur ein Kürassierregiment und die reitende Batterie zurückhalten, erreichte mit diesen am 5. Juli den Paß von Döllbach und kam in geordnetem Zuge nach Hammelburg. Es galt lange Zeit für einen großen Schimpf, unter „die Reiter von Hünfeld" gezählt zu werden.

Prinz Karl von Bayern sah ein, daß sein Korps für den Kampf mit der Mainarmee zu schwach und die Vereinigung mit dem 8. Korps in der Linie Fulda - Hersfeld nicht mehr möglich sei; daher beschloß er, sich in die Linie Neustadt - Bischofsheim zurückzuziehen, und forderte in einem Schreiben vom 5. Juli den Prinzen Alexander auf, sich in gleicher Höhe zu halten und möglichst rasch die Verbindung über Brückenau und Kissingen herzustellen". Da dieser Prinz zugleich von den unglücklichen Gefechten am 4. Juli und von dem Marsch der Preußen gegen Hünfeld und Fulda Kunde erhielt, so beschloß er, sein Korps bei Schlüchtern zu versammeln, das sowohl für die Verteidigung als

auch für den Rückzug nach Frankfurt und für die Vereinigung mit dem 7. Korps ein sehr geeigneter Punkt war. Aber die Nachricht von der Niederlage der Östreicher bei Königgräß hatte eine lähmende Wirkung auf die Operationen der beiden süddeutschen Korps. Das Gemeinsame trat in den Hintergrund und der Partikularismus der einzelnen Staaten beherrschte die politischmilitärische Lage. Mit jener Niederlage war ja für Östreich und dessen Verbündete der Krieg soviel als entschieden, und für legtere galt es nur, möglichst wenig eigenes Gebiet vom Feinde besezt zu sehen. Prinz Alerander gab daher die Stellung bei Schlüchtern auf und trat den Rückzug nach Hanau und Frankfurt an, wodurch er sich vom 7. Korps mehr entfernte, aber den Gebieten von Hessen, Baden und Darmstadt näher kam. Dazu wurde er auch von Frankfurt aus, wo die Verteidigung der unteren Mainlinie immer noch für das Wichtigste angesehen wurde, aufgefordert. Infolge= dessen war das bayrische Korps aufs neue dem Angriff der Preußen allein ausgesetzt. Dasselbe hatte am 6. Juli den Rückmarsch von Kalten - Nordheim angetreten, um an der fränkischen Saale eine Verteidigungsstellung zu nehmen, und stand am 9. Juli bei Hammelburg und Kissingen und nördlich davon bei Hausen und Waldaschach.

General Falckenstein rückte mit seinen drei Divisionen von Fulda aus bis Schlüchtern und bis Brückenau vor und setzte sich dadurch in die Möglichkeit, die beiden feindlichen Korps auseinander zu halten und entweder auf dem Wege nach Frankfurt das 8. Korps anzugreifen oder östlich nach der Saale sich zu wenden und die Bayern von da nach dem Main zurückzuwerfen. Er wählte in erster Linie das Lettere. Nachdem er am 9. Juli seine Truppen bei Brückenau versammelt hatte, ging er gegen die Saale vor und gab den Befehl, daß die Division Beyer gegen Hammelburg, die Division Göben gegen Kissingen vorgehen, die Division Manteuffel dieser folgen sollte. In den Gefechten, welche Müller, Einigungskriege.

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