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Weisungen und reiste nach Frankfurt a. M., wo eine Konferenz der militärischen Bevollmächtigten der vier Erekutionsmächte stattfinden sollte, um die näheren Bestimmungen über die Besezung von Holstein und Lauenburg festzustellen. Preußen war durch General v. Moltke, Östreich durch General v. Rzikowsky, Sachsen durch Major v. Brandenstein, Hannover durch General Schultz vertreten. Die Bevollmächtigten hielten am 23. November 1863 ihre erste Besprechung bei General v. Moltke. In der Sizung vom 1. Dezember wurde beschlossen, daß Sachsen und Hannover je 6000 Mann, Preußen und Östreich je 5000 Mann aufstellen sollten; daß die 6000 Mann Sachsen in die Herzogtümer einrücken sollten, sobald die übrigen 16 000 Mann, welche die ersten Reserven bildeten, an der Grenze versammelt seien; daß der Befehlshaber der sächsischen Truppen einem Kampfe mit den Dänen, falls er sich diesem gewachsen fühle, nicht ausweichen solle; daß er die in Holstein stehenden dänischen Truppen zum Rückzug auffordern und allenfalls durch Anwendung von Gewalt dazu zwingen solle, daß er aber, wenn die Dänen über die Eider zum Angriff vorgehen würden, sich zu den Reserven zurückziehen solle, worauf die von Preußen und Östreich bereit gehaltenen überlegenen" Streitkräfte, zusammen etwa 40 000 Mann, zur Unterstüßung der 22 000 Mann Erekutionstruppen vorrücken sollten. Dieser Beschluß erhielt die Bestätigung der vier Exekutionsmächte, von welchen jede eine Brigade, Sachsen unter General v. Schimpff, Hannover unter General Gebser, Preußen unter General v. Canstein, Östreich unter General Graf Gondrecourt, zum ersten Einrücken in Holstein und Lauenburg und zur Aufstellung der ersten Reserve mobil machte. Die Ernennung des Oberbefehlshabers der Erefutionstruppen wurde Sachsen, dessen Mannschaft zuerst in die Herzogtümer einmarschirte, überlassen, worauf König Johann von Sachsen den Generalleutnant v. Hake zum Oberbefehlshaber, den Oberst v. Fabrice zum Chef des Generalstabs ernannte. Am 22. Dezember standen sämtliche Erekutionstruppen in den für sie

bestimmten Standorten: die sächsische Brigade bei Boizenburg, wo General v. Hake sein Quartier genommen hatte, die hannoversche Brigade bei Harburg und Lüneburg, die preußische bei Hagenow und Wittenburg, die östreichische in Hamburg.

Inzwischen hatten Preußen und Östreich auch den Befehl zur Mobilmachung der weiteren Streitkräfte gegeben. Preußen bestimmte hierfür die 6. und 13. Division und die vier neuen Gardeinfanterieregimenter und ernannte zum kommandierenden General dieses kombinierten Corps, wozu auch die 5000 Reservetruppen gehörten, den Prinzen Friedrich Karl und zu dessen Stabschef den Oberst v. Blumenthal; Östreich vereinigte die bereits genannte Reservebrigade Gondrecourt mit drei weiteren Infanteriebrigaden, einer Kavalleriebrigade und der erforderlichen Artillerie u. s. w. zu einem besonderen Korps unter dem Befehl des Feldmarschallleutnants v. Gablenz, welchem der Oberstleutnant v. Vlasits als Stabschef beigegeben war. Die Ernennung des Oberbefehlshabers über sämtliche im Krieg gegen Dänemark zu verwendenden Truppen wurde Preußen, das mehr Mannschaft als die drei anderen Mächte zusammen aufgestellt hatte, übertragen. König Wilhelm ernannte am 19. Dezember den Generalfeldmarschall v. Wrangel, der schon im Jahre 1848 das Oberkommando über die Bundestruppen in Schleswig-Holstein geführt hatte und siegreich bis Jütland vorgedrungen war, zum Oberbefehlshaber und den Generalleutnant Vogel v. Falckenstein, den jener sich selbst ausgewählt hatte, zum Generalstabschef. Man zweifelte allgemein an der Befähigung des damals nahezu 80jährigen Feldmarschalls für die Führung des Kommandos, und der König selbst hatte Bedenken. Er deutete diese an, als Wrangel vor seiner Abreise zur Armee mit seinem Stabe sich beim Könige meldete. Dieser sagte ihm, so daß alle es hören konnten: „Ich habe Sie gefragt, ob Sie sich noch rüstig genug fühlten, das Kommando zu übernehmen; auf Ihre eigene Versicherung hin habe ich es Ihnen übertragen." Die Erwägung, daß Preußen mit Rücksicht auf die östreichischen Generale nur

einen General vom höchsten Rang zum Oberkommandanten ernennen durfte und Wrangel damals der einzige Feldmarschall des preußischen Heeres war, ließ den König, der es vermied, seine alten Generale zu verlezen, über jene Bedenken hinwegsehen. An starken Sonderbarkeiten und fehlerhaften Anordnungen, die durch das Eingreifen anderer Personen wieder ins rechte Geleise gebracht werden mußten, fehlte es denn auch nicht.

In Holstein standen etwa 12 000 Mann dänischer Truppen unter General Steinmann. Der Einmarsch der fächsischen Truppen wurde von General Hake auf den 23. Dezember festgeseßt. Aber schon am 21. brachte demselben ein aus Kiel abgesandter Offizier ein Schreiben des Generals Steinmann, worin dieser ihm ankündigte, er habe von seiner Regierung den Befehl erhalten, sich vor den einrückenden Bundestruppen zurückzuziehen. Die sächsischen Truppen rückten daher am 23. Dezember in Lauenburg, am 24. in Altona ein, und General Hake verlegte sein Hauptquartier nach Hamburg. Dort fanden Verhandlungen zwischen Oberst v. Fabrice und einem dänischen Offizier statt, welche das Ergebnis hatten, daß der südlich des nördlichen Eiderarmes gelegene Teil von Rendsburg geräumt, das Eisenbahnmaterial in Holstein gelassen, die Pferdeaushebung eingestellt, die in Lauenburg stehende Kompanie aufgelöst werden sollte. Beim weiteren Vorrücken der sächsischen Brigade wurde Neumünster und Kiel beseßt, am 31. Dezember der Einzug in Rendsburg gehalten, am 4. Januar 1864 der von den abziehenden Dänen zum Teil gesprengte Brückenkopf bei Friedrichstadt beseßt, während Abteilungen der hannoverschen Brigade Elmshorn, Glückstadt und Altona besetzten, wozu die sächsischen Kräfte nicht mehr ausreichten, und zur Errichtung von Schanzen und Batterieen in dem nach Norden ganz offenen Rendsburg die hannoversche Pionierabteilung und ein Teil der östreichischen Geniekompanie herangezogen wurden. Die Verwaltung der Herzogtümer Holstein und Lauenburg übernahmen die beiden Bundeskommissäre, der sächsische Geheimrat v. Könneriß

und der hannoversche Geheime Regierungsrat Nieper. Diese Herzogtümer waren nun frei von der dänischen Herrschaft und als deutsche Herzogtümer zunächst im Besiße des Bundes, dessen Mitglieder sie waren. Die dänischen Truppen hatten sich über die Eider zurückgezogen und in ihrer ersten Verteidigungsstellung, dem Danewerk, sich festgesezt. Gleich nach ihrem Abzug wurde in allen holsteinischen Gemeinden der Erbprinz Friedrich als der „rechtmäßige Herzog Friedrich VIII." proklamiert, und obgleich die Zivilkommissäre des Bundes öffentliche Kundgebungen für denselben zu verhindern suchten, so lange er nicht vom Bunde als Herzog anerkannt war, traten doch am 27. Dezember gegen 20 000 Holsteiner in Elmshorn unter freiem Himmel zu einer Landsgemeinde zusammen, erklärten Friedrich für ihren rechtmäßigen Herzog und luden ihn durch eine Abordnung ein, sich in ihre Mitte zu begeben. Derselbe verließ Gotha und traf am 30. Dezember unter dem Jubel der Bevölkerung in Kiel ein. Doch ließ er den Bundeskommissären die Erklärung zugehen, daß er nur als Privatmann gekommen sei und den Beschlüssen des Deutschen Bundes nicht vorgreifen wolle. Am folgenden Tage erließ er eine Proklamation an die Schleswig-Holsteiner, worin er seine Überzeugung aussprach, daß mit seiner Ankunft die Bundesexekution gegenstandslos geworden sei und der gegenwärtige Zwischenzustand nur von kurzer Dauer sein werde. Die Mehrzahl der deutschen Mittel- und Kleinstaaten sprach sich am Bundestag für das Erbrecht des Prinzen Friedrich aus, und eine Versammlung von etwa 500 Mitgliedern aller deutschen Ständeversammlungen in Frankfurt a. M. entschied sich einstimmig für die Anerkennung des Augustenburgers und sezte zur Leitung der Bewegung einen Ausschuß von 36 Mitgliedern ein. Daß der Prinz in einem Schreiben vom 2. Dezember sich an den hohen Gerechtigkeitssinn" des Kaisers Napoleon, der ,,niemals gleichgiltig war gegen die Stimmen unterdrückter Völker", wandte, zeugte weder von Takt noch von nationaler Gesinnung. Napoleon antwortete ihm am 10. Dezember: Ich kenne nichts

Ehrenvolleres, als der Vertreter einer Sache zu sein, die sich auf die Unabhängigkeit und Nationalität eines Volkes stüßt, und Sie können deshalb auf meine Sympathie rechnen. Wenn ich für die Unabhängigkeit Italiens gekämpft, wenn ich meine Stimme für die polnische Nationalität erhoben habe, so kann ich für Deutschland nicht andere Gesinnungen hegen. Aber die Großmächte sind durch den Londoner Vertrag gebunden, und ihre Vereinigung allein könnte die Schwierigkeit lösen. Ich muß daher wünschen, daß Ihre Rechte von dem Deutschen Bunde geprüft und die Entscheidung sodann den Unterzeichnern des Londoner Protokolls vorgelegt werde."

Der erste Akt des schleswig-holsteinischen Dramas war beendigt. Es folgte der zweite Akt, und in diesem handelte es sich um Schleswig, das, wie wir gesehen haben, nicht zum Deutschen Bunde gehörte, aber das Recht der Untrennbarkeit von Holstein hatte und durch das Londoner Protokoll vor einer Einverleibung in Dänemark geschüßt sein sollte. Bismarck hielt fest an diesen staatsrechtlichen Gesichtspunkten und glaubte dadurch am sichersten sein Ziel erreichen zu können. Was dieser großartig angelegte Charakter in die Hand nahm, das wurde gründlich gelöst. Entweder mußte Dänemark das Grundgesetz vom 18. November 1863, soweit es Schleswig betraf, zurücknehmen und den Herzogtümern ihre vertragsmäßigen Einrichtungen lassen, oder es wurde Waffengewalt angewandt, und die Bedingungen schrieben dann Preußen und Östreich vor. Es gelang Bismarck, Östreich ganz für seine Pläne zu gewinnen und zu seinem Bundesgenossen sowohl am Bundestag als beim Appell an die Waffen sich zu sichern. Ihm lag alles daran, daß die Sache rasch in Angriff genommen und rasch durchgeführt und daß nicht durch vorzeitige Bundesbeschlüsse die Einmischung der auswärtigen Großmächte herbeigeführt werde. Er schrieb daher schon vor der Bundesexekution, am 29. November, an den preußischen Bundestagsgefandten: „Sind die deutschen Truppen erst einmal im Lande, so wird sich alles Weitere finden,

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