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oder gar nichts." In Dresden war Beust der allmächtige Minister. Er riß den König Johann, welcher eine friedliche Lösung des Konflikts befürwortete, die anderen Minister, welche von einem Siege Östreichs schlimme Folgen für Deutschland befürchteten, übrigens an einen solchen Sieg gar nicht glaubten, und die beiden Kammern mit sich fort auf den unheilvollen Weg. Wenn Sachsen das Los Kurhessens und Hannovers erspart wurde, war dies jeden= falls Beusts Verdienst nicht. Die Vorbereitungen zum Abmarsch des sächsischen Armeekorps wurden am 15. Juni, als in der Frühe die preußische Sommation übergeben wurde, sofort getroffen. Denn es blieb der sächsischen Armee, wenn nicht die Östreicher Preußen zuvorkommen und selbst das sächsische Gebiet beseßen wollten, nichts anderes übrig, als ihr Land zu verlassen und an die östreichische Armee sich anzuschließen. Östreich aber war, obgleich es die Bestimmung des Termins für den Ausbruch des Krieges durch die Feststellung der in den Bundesratssizungen zu beratenden Gegenstände selbst in der Hand hatte, mit Aufstellung seiner Armeekorps noch nicht so weit vorgeschritten, daß es schon am 15. Juni zum Einmarsch in Sachsen bereit gewesen wäre. Das sächsische Heer, über welches Kronprinz Albert das Kommando führte, zog daher, nach einem schon vorher mit Östreich verabredeten Plane, am 15. und 16. Juni aus der Heimat ab, rückte in Böhmen ein und vereinigte sich mit dem ersten östreichischen Armeekorps, das von dem Grafen Clam Gallas befehligt wurde. Der König und der Minister Beust folgten; die Schäße des Landes und des Hofes wurden fortgeschafft; nur auf der kleinen Felsenfestung Königstein blieb die Besaßung. Um das Vorrücken des Feindes aufzuhalten, zerstörten die Sachsen in der Nacht auf den 16. Juni die Elbebrücken bei Riesa und bei Meißen und machten die nach Berlin und nach Görlig führenden Bahnen durch Wegnahme der Schienen und durch andere Zerstörungen unfahrbar. Diese Maßregeln erfüllten ihren Zweck sehr wenig, da den preußischen Armeekorps FeldEisenbahnabteilungen zugeteilt waren, die in der kürzesten Frist

die Benuzung der beschädigten Bahnen wieder möglich machten. Am 16. Juni rief Sachsen zu seiner und zu Kurhessens und Hannovers Unterstüßung gegen Preußen die Hilfe des Bundes an und stellte den Antrag, daß Östreich und Bayern mit dieser Hilfeleistung beauftragt werden sollten, welcher Antrag mit 10 gegen 5 Stimmen angenommen wurde. Der östreichische Präsidialgesandte erklärte ausdrücklich, daß die kaiserliche Regierung allen bundestreuen Regierungen ihren Besißstand garantiere. Diese Beschlüsse machten eine förmliche Kriegserklärung Preußens an Östreich unnötig; denn der Krieg war durch dieselben von Östreich bereits erklärt.

Mit Bayern schloß Östreich am 14. Juni den Vertrag von Dimüs, worin bestimmt war, daß die bayrische Armee in einer Stärke von 40--50 000 Mann ein selbständiges Armeekorps unter dem Feldmarschall Prinzen Karl von Bayern bilden, daß dieser auch den Oberbefehl über die Kontingente von Württemberg, Baden, Hessen und Nassau führen und seine Operationen nach den vom östreichischen Oberkommando ihm mitgeteilten Direktiven ausführen solle. Durch möglichste Vereinigung der beiden Armeekorps sollte ebenso auf Deckung der eigenen Gebiete der Kriegsherren, als auf Erreichung der Hauptzwecke des Krieges Rücksicht genommen werden. Bayern verpflichtete sich, bis zum 15. Juni seine Armee in Franken und in der Nähe von Eisenbahnen aufzustellen, wodurch es ihr möglich würde, je nach den Verhältnissen ihre Bewegungen dem verabredeten Kriegsplane entsprechend einzurichten, während Östreich das Versprechen abgab, nur unter Teilnahme und im Einverständnis mit Bayern Friedensverhandlungen mit Preußen führen zu wollen und im Fall der Notwendigkeit von Territorialveränderungen aus allen Kräften dahin zu wirken, daß Bayern vor Verlusten bewahrt, jedenfalls aber für etwaige Abtretungen entschädigt werde. Wir werden sehen, daß von all diesen Vereinbarungen und Versprechungen keine einzige fich erfüllte, daß Bayern hinsichtlich seiner Operationen that, was es wollte, und daß Östreich

seinen Bundesgenossen von Olmüß seinem Schicksal überließ. Offenbar wollte man in Östreich die bayrische Armee näher an Sachsen und an Böhmen heranziehen und ihre Vereinigung mit der sächsischen bewirken, um dadurch den rechten Flügel der preußischen Armeen auf dieses Seitenkorps abzulenken. Aber in Bayern hielt man es für weit zweckmäßiger, den Einfall der Mainarmee abzuwehren, als den Einmarsch des rechten Flügels der preußischen Hauptarmee zu veranlassen.

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Die östreichische Armee bestand aus 10 Armeekorps, wovon 7 die Nordarmee, 3 die Südarmee bildeten. Die lettere, etwa 85 000 Mann stark, stand unter dem Oberbefehl des Erzherzogs Albrecht und hatte die Truppen des Königs Viktor Emanuel von Italien, des Bundesgenossen Preußens, zu bekämpfen. Die 7 zur Nordarmee gehörigen Armeekorps waren das 1. unter dem General der Kavallerie Grafen Clam Gallas, das 2. unter dem Feld marschallleutnant Graf Thun-Hohenstädt, das 3. unter dem Feldmarschallleutnant Erzherzog Ernst, das 4. unter dem Feldmarschallleutnant Festetitc, das 6. unter Feldmarschallleutnant Baron Ramming, das 8. unter Erzherzog Leopold, das 10. unter Feldmarschallleutnant v. Gablenz. Auch war bei dieser Armee eine unverhältnismäßig große Anzahl von Kavallerie; die Zahl der Geschüße betrug 750. Die Stärke der Nordarmee belief sich auf 247 000 Mann; dazu kam die aus 24 000 Mann bestehende sächsische Armee, was eine Gesamtsumme von 271 000 Mann ergibt. Der Oberbefehl wurde dem Feldzeugmeister Ritter v. Benedek übertragen, welcher in der Schlacht bei Solferino auf dem rechten. Flügel der östreichischen Armee den Feind zum Weichen gebracht hatte. Armee und Volk verlangten die Wahl eines Mannes, der nicht, wie der Feldherr von 1859, der Hofgunst, sondern seinen Leistungen die Übertragung der höchsten Stelle in der Armee zu verdanken habe. Ob aber Benedek nicht bloß ein tüchtiger Korpsführer, sondern auch ein weitsehender und scharfsichtiger Feldherr sei, das mußte sich erst erweisen. Jedenfalls hätte ihm ein als Generalstabschef her

vorragender Mann an die Seite gestellt werden sollen. Der Feldmarschallleutnant v. Henikstein leistete als Generalstabschef, der Generalmajor Ritter v. Krismanic als Generalquartiermeister gar zu wenig. Das kaiserliche Haus und die hohe Aristokratie waren in den Kommandostellen stärker vertreten, als es für sie selbst und für Benedek, geschweige für den Staat und für die Armee gut war. Benedek hatte von der Übernahme des Oberbefehls an, als er die großen Schwierigkeiten, die ihm die Armee selbst bereitete, bemerkte, kein großes Vertrauen auf dieselbe und keins auf sich selbst.

Während man in Berlin erwartete, Benedek werde mit dem größten Teile der Nordarmee gleich im Beginn des Feldzugs den nächsten Weg, über Prag und Dresden, nach Berlin einschlagen, stand jener am 10. Juni mit 6 Armeekorps in Mähren, und nur eines befand sich in Böhmen. Dies deutete nicht auf einen Einfall in Brandenburg, sondern auf einen Vorstoß gegen Schlesien. Das Hauptquartier Benedeks war in Olmüß; dort und bei Brünn war das Zentrum seiner Aufstellung; sein linker Flügel war bis Prag und bis zur sächsischen Grenze vorgeschoben, der rechte dehnte sich bis Krakau aus. Am 17. Juni änderte Benedek seinen Plan, wandte sich von Mähren nach Böhmen und bestimmte die Gegend von Josephstadt und Königinhof, am rechten Ufer der oberen Elbe, zum Zentrum seiner neuen Aufstellung. Die Ausführung des Marsches von Olmüß nach Josephstadt erforderte zehn Tage. Erst etwa am 27. Juni war die neue Aufstellung der Nordarmee vollendet. Aber an diesem Tage standen die Preußen bereits in Böhmen oder waren in vollem Marsch dorthin.

Am 17. Juni erließ Kaiser Franz Joseph ein Kriegsmanifest an seine „Völker", das zuerst einen Überblick über die Ereignisse der zwei lezten Jahre gab, dann fortfuhr mit den Worten: „So ist der unheilvollste Krieg, ein Krieg Deutscher gegen Deutsche, unvermeidlich geworden. Zur Verantwortung all des Unglücks, das er über Einzelne, Familien, Gegenden und Länder bringen wird, rufe Ich diejenigen, die ihn herbeigeführt, vor den Richterstuhl der

Geschichte und des ewigen, allmächtigen Gottes. Wir werden in diesem Kampfe nicht allein stehen. Deutschlands Fürsten und Völker kennen die Gefahr, die ihrer Freiheit und Unabhängigkeit von einer Macht droht, deren Handlungsweise durch selbstsüchtige Pläne einer rücksichtslosen Vergrößerungslust allein geleitet wird; sie wissen, welchen Hort für diese ihre höchsten Güter, welche Stüße für die Macht und Integrität des gesamten deutschen Vaterlandes sie an Östreich finden."

Da Preußen in den ersten Stadien der Truppenaufstellung ungewiß war, ob es einen Einfall der Östreicher in Brandenburg oder in Schlesien zu befürchten habe, so entstand die Frage, ob es eine einzige Armee oder mehrere Armeen bilden solle und wo sowohl jene als diese am geeignetsten aufzustellen seien. Das Generalstabswerk sagt darüber folgendes: Nichts wäre erwünschter gewesen, als für die gesamte Streitmacht eine Aufstellung zu finden, welche gleichzeitig Berlin und Breslau gedeckt hätte, wenn sie auch vorerst das Land links der Elbe und an der oberen Oder nicht schüßen konnte. Der geeignetste Punkt hiefür wäre Görlig gewesen. Die Schwierigkeiten, welche bei Anhäufung einer Viertelmillion Menschen für die Verpflegung entstehen, hätten besiegt werden können, wenn ein baldiges Vorgehen in Aussicht stand; sie wurden aber unübersteiglich, wenn man auf ganz unbestinımbare Zeit in solcher Versammlung abwarten sollte, ob es überhaupt zum Handeln kam. Die Konzentrierung der ganzen Armee an einem Punkt, sei es bei Görlig oder vollends in Oberschlesien, erforderte einen bedeutenderen Aufwand an Zeit. Denn, mußte auf wenigen und schließlich nur auf einer Eisenbahn transportiert werden, so verzögerte sich der Aufmarsch des Ganzen um mehrere Wochen. Die Marken und Schlesien bedurften aber eines sofortigen Schußes, und so blieb nur die Aufstellung von zwei getrennten Armeen übrig. Daß dabei ein konzentriertes östreichisches Heer sich mit ganzer Kraft auf die eine Hälfte des preußischen werfen konnte, lag klar zu Tage; aber welche Anordnung man auch traf,

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