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Auf den Antrag Preußens und Östreichs beschloß der Deutsche Bund am 7. Dezember 1863 die Durchführung der einfachen Exekution und die sofortige Vollziehung der erforderlichen, den beiden deutschen Großmächten und Sachsen und Hannover aufgetragenen Maßregeln. Hiervon wurde die dänische Regierung benachrichtigt und dieselbe aufgefordert, ihre Truppen binnen sieben Tagen aus Holstein und Lauenburg zurückzuziehen. Dies veranlaßte die dänische Regierung, den Versuch zu machen, ob sie nicht durch Aufhebung des Erlasses vom 30. März 1863 die Erekution abwenden könnte. Aber dieser Erlaß hatte nach der Bestätigung des Grundgesezes gar keine Bedeutung mehr, daher die auswärtigen. Mächte, welchen an der Erhaltung des Friedens lag, auf Betreiben Rußlands in Kopenhagen die Zurücknahme dieses Grundgesetzes verlangten. Dieser Aufforderung wurde so wenig Folge geleistet, daß an die Stelle des bisherigen Ministers Hall geradezu der noch kriegslustigere Bischof Monrad berufen wurde.

Die preußische Regierung legte dem Landtag einen Geseßentwurf vor, worin zur Bestreitung der außerordentlichen militärischen Maßregeln die Bewilligung einer Anleihe von 12 Millionen Thalern gefordert wurde. Das Abgeordnetenhaus nahm den von der Kommission gemachten Vorschlag, zunächst eine Adresse an den König zu richten, an und genehmigte am 18. Dezember 1863 den ihr vorgelegten Entwurf, worin es hieß: „Nach dem System des Ministeriums müssen wir fürchten, daß in seinen Händen die begehrten Mittel nicht im Interesse der Herzogtümer und Deutschlands, nicht zum Nußen der Krone und des Landes verwendet werden dürften. Darum bitten wir Eure Majestät ehrfurchtsvoll und dringend, von dem Londoner Vertrag zurückzutreten, den Erbprinzen von Schleswig-Holstein-Augustenburg als Herzog von Schleswig-Holstein anerkennen und dahin wirken zu wollen, daß der Deutsche Bund ihm in der Besizergreifung und Befreiung seiner Erblande wirksamen Beistand leiste." Ministerpräsident v. Bismarck wies nach, daß die Kammer dem Ministerium eine

ganz andere Politik unterschiebe, als die von demselben befolgte, und schloß mit den Worten: „Wollen Sie es dahin bringen, daß wir bei ausbrechendem Kriege dem kleinen Dänemark gegenüber in der Rolle des Minderstarken erscheinen, und der dänischen Landarmee eine numerische Übermacht verschaffen, indem Sie uns die Mittel verweigern, unsere Armee rechtzeitig zu stärken, dann laden Sie eine schwere Verantwortung vor dem Lande, wie auch vor Ihren eigenen Wählern auf sich.“

Die Antwort des Königs (27. Dezember 1863) auf die Adresse des Abgeordnetenhauses verhehlte nicht die Verwunderung darüber, daß dieses ihm die zu befolgende Politik vorschreiben wolle. „Das Haus kann überzeugt sein, daß die Richtung, in welcher Meine Regierung die Auswärtige Politik bisher geführt hat, das Ergebnis Meiner reiflich erwogenen Entschließungen ist. Ich habe die letteren gefaßt mit Rücksicht auf die von Preußen geschlossenen Verträge, auf die Gesamtlage Europas und auf unsere Stellung in derselben, aber zugleich mit dem festen Willen, das deutsche Recht in den Herzogtümern zu wahren und für die berechtigten Ziele, welche Preußen zu erstreben hat, erforderlichen Falls mit den Waffen in der Hand einzustehen. In welcher Form und zu welchem Zeitpunkte jedes einzelne zur Erreichung dieser Ziele führende Mittel zur Anwendung zu bringen sein wird, darüber kann die Mir verfassungsmäßig zustehende Entscheidung nur von Mir selbst getroffen werden. Bei derselben werde Jch Mich von dem unwandelbaren Entschlusse leiten lassen, die Sache der Herzog= tümer so zu führen, wie es Preußens und Deutschlands würdig ist, gleichzeitig aber den Verträgen die Achtung zu bewahren, welche das Völkerrecht fordert. Das Haus der Abgeordneten kann nicht von Mir erwarten, daß Ich willkürlich und ohne Beachtung der internationalen Beziehungen Preußens von den 1852 geschlossenen europäischen Verträgen zurücktrete. Die Successionsfolge wird durch den Deutschen Bund unter Meiner Mitwirkung geprüft werden, und dem Ergebnis dieser Prüfung kann Ich nicht Müller, Einigungskriege.

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vorgreifen. Bevor dasselbe feststeht, handelt es sich um die Beschaffung der Mittel für die vom Deutschen Bunde beschlossenen Exekutionsmaßregeln und für die im Gefolge derselben etwa nötig werdenden Verteidigungsanstalten.“ Darauf wurde das Haus, im Hinblick auf die unaufhaltsame Entwicklung der Thatsachen, zu beschleunigter Bewilligung der für die Erfüllung der Bundespflichten und für die Sicherstellung der Landesverteidigung unabweislich notwendigen Anleihe aufgefordert.

In der Kommission, welche die Anleihefrage vorzuberaten hatte, erklärte Bismarck, daß die Vereinbarungen von 1851/52 Preußen allein das Recht geben, sich um Schleswig zu bekümmern, und daß der Schuß für die Deutschen Schleswigs davon abhänge, daß Preußen diese Vereinbarungen aufrecht erhalte. Er bestritt in dieser Frage die Kompetenz des Deutschen Bundes; politische Fragen seien Machtfragen; Preußen könne sich nicht majorisieren lassen, etwa durch eine Majorität, die ein paar Millionen repräsentiere; die deutschen Großmächte seien das Glashaus, das den Deutschen Bund vor europäischem Zugwind schüße. Die völlige Lossagung Preußens vom Londoner Protokoll sei eine Frage der Opportunität; der Bund habe keine Kompetenz, über die Successionsfrage zu entscheiden. „Wir haben zu Ihnen nach wie vor das Vertrauen, daß Sie uns diejenigen Mittel, welcher wir so notwendig bedürfen, auf verfassungsmäßigem Wege zugänglich machen werden; sonst müssen wir sie nehmen, wo wir sie bekommen."

Die Kommission beschloß die Ablehnung der Anleihe. Das Abgeordnetenhaus beriet über diesen Antrag in den Sizungen vom 21. und 22. Januar 1864. Die Führer der Fortschrittspartei traten dem Ministerpräsidenten mit aller Schroffheit entgegen. Wenn der eine sagte: Die preußische Politik wird jezt durch die persönlichen Antipathieen und die Parteiinteressen des Herrn v. Bismarck bestimmt, denen nur der Name der preußischen. Interessen als deckender und verhüllender Mantel umgehängt wird,

denen Vertragstreue nur als ein für diesen einzelnen Fall usurpiertes Argument vorgeschoben wird," so fügte ein anderer hinzu: „Ich meine, Sie könnten uns mit der Großmachtangelegenheit zu Hause bleiben. Wenn Preußen einmal gegen Großmächte gezeigt haben wird, daß es eine Großmacht ist, dann sprechen Sie wieder davon; solange Preußen aber nur gegen kleine und Mittelstaaten als Großmacht spricht, solange, denke ich, wollen wir diese Angelegenheit bei uns schweigen lassen.“

Bismarck erwiderte, er könne den ersten Vorwurf mit vollem Recht zurückgeben und sagen: „Sie wollen von Preußen nichts wissen, weil es Ihrem Parteistandpunkte, Ihrem Parteiinteresse nicht konveniert, weil es Ihnen konveniert, Preußen entweder nicht oder als Domäne des Nationalvereins bestehen zu lassen. Fühlte das preußische Volk wie Sie, so müßte man einfach sagen, der preußische Staat habe sich überlebt und die Zeit sei gekommen, wo er anderen historischen Gebilden Plaß zu machen habe. So= weit sind wir aber noch nicht. Ich erinnere Sie an das Wort des Königs Friedrich Wilhelm I.: Ich etabliere die souveraineté comme un rocher de bronze"". Der rocher de bronze steht noch heute fest; er bildet das Fundament der preußischen Geschichte, des preußischen Ruhmes, der preußischen Großmacht und des verfassungsmäßigen Königtums. Diesen ehernen Felsen werden Sie nicht zu erschüttern vermögen durch Ihren Nationalverein, durch Ihre Resolution und durch Ihr liberum Veto."

Gegenüber dem Streben der Fortschrittspartei nach Einführung des Parlamentarismus sagte Bismarck: „Wenn man Ihr Vertrauen erwerben soll, so muß man sich Ihnen in einer Weise hingeben, wie es für die Minister des Königs von Preußen nicht möglich ist. Wir würden dann nicht königliche Minister, wir würden Parlamentsminister sein, und dazu, das hoffe ich zu Gott, werden wir nicht kommen. Sie widersprechen durch Ihr Verhalten dem Volksgeist Preußens. Dieser ist durch und durch monarchisch, Gott sei Dank! und dabei wird es auch troß Ihrer Aufklärung,

die ich Verwirrung der Begriffe nenne, bleiben. Sie widersprechen den ruhmvollen Traditionen unserer Vergangenheit, indem Sie die Großmachtstellung Preußens, welche durch schwere Opfer an Gut und Blut des Volkes erkämpft wurde, desavouieren, und damit der glorreichen Vergangenheit des Landes, indem Sie in einer Machtfrage zwischen der Demokratie und den kleinen Staaten auf der einen und dem preußischen Throne auf der anderen Seite für die erstgenannte Seite Partei nehmen. Indem Sie auf diese Weise dahin streben, Preußen unter eine Bundesmajorität zu mediatisieren, thun Sie, was Sie uns beständig vorwerfen. Sie seßen den Parteistandpunkt über die Interessen des Landes; Sie sagen: „„Preußen mag bestehen, wie wir es wollen, oder wenn nicht, so mag es zu Grunde gehen.““ Mit 275 gegen 51 Stimmen wurde am 22. Januar die Anleihe vom Abgeordnetenhause abgelehnt und die Erklärung abgegeben, daß dasselbe mit allen ihm zu Gebote stehenden gefeßlichen Mitteln der Politik entgegentreten werde, die gemeinsam mit Östreich am Bunde erklärt habe, daß Preußen die schleswig - holsteinische Sache in die eigene Hand nehmen und als europäische Großmacht die Beseßung Schleswigs ausführen würde; denn diese preußisch-östreichische Politik könne kein anderes Ergebnis haben, als die Herzogtümer abermals an Dänemark auszuliefern, und würde den wohlberechtigten Widerstand der übrigen deutschen Staaten und damit den Bürgerkrieg in Deutschland herausfordern.

Während dieser parlamentarischen Episode ging die Exekution vor sich. Am 17. November 1863 hatte König Wilhelm von Preußen eine Besprechung mit dem General v. Moltke, welcher am 18. September 1858 definitiv zum Chef des preußischen Generalstabes ernannt worden war. An der Unterredung nahmen auch der Kriegsminister v. Roon und der Generaladjutant v. Manteuffel teil. Es handelte sich um die Stärke der preußischen Erekutionstruppen, um die Auswahl derselben, um ihre Aufstellung, um den Oberbefehl. Moltke erhielt vom König mündliche

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