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richtete Bismarck ein Rundschreiben an die fremden Höfe, worin unter anderem gesagt war, daß „Auslassungen einflußreicher östreichischer Staatsmänner und Ratgeber des Kaisers dem König aus einer authentischen Quelle mitgeteilt worden seien, welche keinen Zweifel lassen, daß die kaiserlichen Minister Krieg um jeden Preis wünschen, teils in der Hoffnung auf Erfolg im Felde, teils um über innere Schwierigkeiten hinwegzukommen, ja selbst mit der ausgesprochenen Absicht, den östreichischen Finanzen durch preußische Kontributionen oder durch einen ehrenvollen Bankrott Hilfe zu verschaffen." Auf Bayerns Antrag, wozu Preußen den Anstoß gegeben hatte, wurde, um blutigen Konflikten vorzubeugen, am 2. Juni von der Bundesversammlung beschlossen, daß die preußischen und öftreichischen Truppen aus Mainz, Rastatt und Frankfurt zurückgezogen und durch andere Bundestruppen erseyt werden sollten.

General v. Gablenz erließ am 5. Juni eine Bekanntmachung, worin er auf Befehl des Kaisers von Östreich die Ständeversammlung von Holstein auf den 11. Juni nach Jßehoe berief. Infolgedessen erhielt er am 6. Juni ein Schreiben von General v. Manteuffel, mit der Erklärung, daß diese Bekanntmachung einen Bruch der Gasteiner Konvention bedeute und daß nun wieder, wie vor Gastein, eine gemeinschaftliche Regierung für beide Herzogtümer einzutreten habe, und mit der Aufforderung, die einseitige Berufung der holsteinischen Ständeversammlung zurückzunehmen. Zugleich kündigte Manteuffel dem östreichischen General an, daß er am folgenden Tage mit seinen Truppen in Holstein einmarschieren werde. General v. Gablenz lehnte beide Forderungen, die Einsehung einer gemeinsamen Regierung und die Zurücknahme der Berufung der Stände, ab und that, was ihm durch die Umstände zu thun geboten war. Da er nur die 4800 Mann starke Brigade Kalik zu seiner Verfügung hatte, während die Preußen mit 12 000 Mann einmarschierten, und da er aus Östreich keine Unterstützung zu erwarten hatte, so blieb ihm nichts anderes übrig,

als den Siz der Statthalterschaft und der Landesregierung von Kiel nach Altona zu verlegen. Am 7. Juni verließ er Kiel, nachdem wenige Stunden vorher der Prinz von Augustenburg aus demselben sich entfernt hatte. Der östreichischen Besaßung von Rendsburg, welche schon am frühen Morgen aus der Festung abmarschierte, gaben die preußischen Offiziere das Geleite. Die Brigade Kalik sammelte sich in und um Altona. General v. Manteuffel überschritt am 7. Juni, unmittelbar nach dem Abmarsch der Östreicher, die Eider und besezte in den folgenden Tagen Kiel, Jzehoe und andere Orte. In seiner Bekanntmachung vom 10. Juni wurde die von dem Statthalter v. Gablenz 1865 eingesezte holsteinische Landesregierung in Kiel für aufgelöst erklärt und die Mitteilung gemacht, daß auf Befehl des Königs von Preußen der Baron Karl v. Scheel-Plessen als Oberpräsident für beide Herzogtümer die Leitung sämtlicher Geschäfte der Zivilverwaltung unter der Autorität der höchsten Militärgewalt übernehme und in Kiel seinen Wohnsiz habe, und daß der König seinerzeit eine Gesamtvertretung der beiden Herzogtümer ins Leben rufen werde. Die Eröffnung der holsteinischen Ständeversammlung wurde dadurch verhindert, daß der hierfür ernannte kaiserliche Kommissär zur sofortigen Abreise nach Rendsburg veranlaßt wurde, worauf die Abgeordneten, welche aus den militärischen Vorkehrungen den Ernst der Lage erkannten, am 11. Juni Jßehoe verließen. Da General v. Manteuffel gegen Altona vorrückte, jo beschloß General v. Gablenz, um im Fall der Kriegserklärung nicht genötigt zu sein, entweder mit einer dreifachen Übermacht sich zu schlagen oder sich zu ergeben, auch Altona zu räumen. In der Nacht auf den 12. Juni verließ er mit seinen Truppen Altona, ging nach Hamburg und von da über die Elbe in die hannoversche Stadt Harburg, um über Kassel und Frankfurt sich nach Böhmen, dem Hauptschauplaß des bevorstehenden Krieges, zu begeben. Am 12. Juni zog General v. Manteuffel in Altona ein. Die Herzogtümer waren nun thatsächlich in dem Besiz Preußens.

Ohne Blutvergießen hatte sich diese neue Wendung vollzogen.

Es fragte sich, wie Östreich diesen neuen Akt der Bismarckschen Politik aufnehme. Zunächst erklärte Preußen am 9. Juni am Bundestag, daß es bereit sei, die schleswig-Holsteinische Angelegenheit in Verbindung mit der Bundesreform zu behandeln und zu diesem Zwecke ein deutsches Parlament zu berufen, und ließ am 10. Juni den deutschen Regierungen, mit Ausnahme Östreichs, die „Grundzüge einer neuen Bundesverfassung“ übergeben und zugleich die Frage an sie richten, ob sie, falls bei der drohenden Kriegsgefahr die bisherigen Bundesverhältnissse sich lösen sollten, geneigt sein würden, einem auf der Basis dieser Modifikationen des alten Bundesvertrags neu zu errichtenden Bunde, von dem die östreichischen und niederländischen Teile ausgeschlossen sein sollten, beizutreten. Nach diesen Grundzügen sollte die deutsche Armee in zwei Bundesheere eingeteilt werden, in eine Nordarmee unter dem Oberbefehl des Königs von Preußen, und eine Südarmee unter dem Oberbefehl des Königs von Bayern, die Kriegsmarine der Nord- und Ostsee unter preußischem Oberbefehl stehen, die gefeßgebende Gewalt des Landes vom Bundesrat und der Nationalvertretung ausgeübt werden. Diese und andere Bestimmungen muteten den deutschen Fürsten und Regierungen nur solche Opfer zu, welche im Interesse der Gesamtheit notwendig waren, fanden aber bei den Mittelstaaten, welche das Einzelinteresse über das Gesamtinteresse seßten, wenig Beifall.

Wenige Tage darauf that Östreich den entscheidenden Schritt. Es bezeichnete in der Bundestagssigung vom 11. Juni das Einrücken der preußischen Truppen in Holstein als einen Akt der Selbsthilfe und beantragte die schleunige Mobilmachung sämtlicher nicht zur preußischen Armee gehörigen Armeekorps des Bundesheeres. Dieser Antrag stand im Widerspruch mit dem Bundesrecht, das, falls irgendwo (wie hier in Holstein) die bundesmäßige Ordnung hergestellt werden sollte, nur den Weg der Bundes

exekution zuließ, für welche ganz bestimmte Formen und Vorbedingungen festgesezt waren, und das eine Mobilmachung des Bundesheeres nur zum Zweck eines Bundeskrieges gegen auswärtige Staaten anordnen ließ, einen Bundeskrieg gegen Mitglieder des Bundes aber ausdrücklich untersagte. Die Mittelstaaten kümmerten sich nicht um diese formellen Bestimmungen und rannten in ihrer Siegeszuversicht und ihrer Beutelust blindlings ins Dunkle hinein. Die Abstimmung über Östreichs Antrag war auf den 14. Juni festgesezt. Zunächst protestierte der preußische Gesandte, von Savigny, gegen jede geschäftliche Behandlung des Antrags, als nach Form und Inhalt bundeswidrig. Darauf wurde der östreichische Antrag, nach der nicht korrekten Angabe des Bundespräsidenten, mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen und ebendamit die Kriegserklärung gegen Preußen erlassen. Für den Antrag stimmten: Östreich, Bayern, Sachsen, Württemberg, Hannover, Hessen - Darmstadt, Kurhessen, Nassau und die 16. Kurie (Liechtenstein, Reuß u. s. w.), gegen den Antrag: Sachsen-Weimar und die thüringischen Herzogtümer (außer Meiningen), Oldenburg Anhalt Schwarzburg, Mecklenburg, die freien Städte (außer Frankfurt), Luremburg und Baden. Preußen, das die ganze Verhandlung für bundeswidrig erklärt hatte, gab keine Stimme ab, die Stimme für HolsteinLauenburg fiel aus.

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Auf diese Abstimmung hin erklärte der preußische Bundestagsgesandte im Namen und auf Befehl seines Königs, daß Preußen den bisherigen Bundesvertrag für gebrochen und deshalb nicht mehr verbindlich ansehe, denselben vielmehr als erloschen betrachten und behandeln werde. Da aber die preußische Regierung mit dem Erlöschen des bisherigen Bundes nicht zugleich die nationalen Grundlagen, auf denen der Bund auferbaut gewesen war, als zerstört betrachte, vielmehr an diesen Grundlagen und an der über die vorübergehenden Formen erhabenen Einheit der deutschen Nation festhalte und es als eine unabweisliche Pflicht der deutschen Staaten ansehe, für die letteren den angemessenen Ausdruck zu finden,

so lege sie hiermit die Grundzüge einer neuen, den Zeitverhältnissen entsprechenden Einigung vor und erkläre sich bereit, auf den alten, durch eine solche Reform modifizierten Grundlagen einen neuen Bund mit denjenigen deutschen Regierungen zu schließen, welche ihr dazu die Hand reichen wollen." Nach dieser Erklärung verließ der preußische Gesandte die Versammlung. Diejenigen Staaten, welche gegen den östreichischen Antrag gestimmt hatten, riefen in den nächsten Wochen ihre Gesandten von Frankfurt ab. Die anderen Staaten erklärten den Austritt Preußens für ungeseßlich, und ihre Vertreter betrachteten sich als die geseßmäßige deutsche Bundesversammlung, welche das Recht habe, die abtrünnigen Glieder, sei es mit Güte, sei es mit Gewalt, zu ihrer Pflicht zurückzuführen. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Östreich und Preußen waren schon am 12. Juni infolge der Besebung Holsteins durch preußische Truppen abgebrochen worden. Von diesen Vorgängen am Bundestag unterrichtete Graf Bismarck in einem Rundschreiben vom 15. Juni diejenigen Staaten, welche die Wiener Kongreßakte vom 8. Juni 1815 unterzeichnet hatten.

Preußen konnte, wenn es gegen Östreich vorgehen und in Böhmen einrücken wollte, nicht ein feindseliges, militärisch gerüstetes Sachsen in seinem Rücken lassen. Die Strategie Friedrichs des Großen hat seinen Enkeln den Kriegspfad deutlich vorgezeich net. Ebenso konnte Preußen bei der geographischen Lage Hannovers und Kurhessens diese beiden Staaten, welche zwischen den östlichen und westlichen Provinzen Preußens eingekeilt waren, in einem Kriege mit Östreich nicht als offene Feinde dulden; vielmehr blieb ihm nichts übrig, als dieselben entweder zur Neutralität zu zwingen oder kampfunfähig zu machen. Bismarck schickte daher an die Regierungen dieser drei Staaten, welche am 14. Juni für die östreichische Angriffspolitik gestimmt hatten, am 15. Juni eine „Sommation", worin sie um eine Erklärung darüber ersucht wurden, ob sie ein Bündnis mit Preußen schließen wollten unter der Bedingung, daß sie ihre Truppen auf den Friedensstand vom

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