Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

besserung des Kriegswesens, die Gründung einer deutschen Flotte u. s. w. bezweckten, gestellt hatte, von Östreich und den Mittelstaaten überstimmt, seine Anträge abgelehnt. Die Mittelstaaten gaben den Ausschlag; vor den Stimmen, welche diese in die deutsche Wagschale legten, sollte das stolze Preußen zurücktreten.

Diese Zustände gerieten mit dem Regierungswechsel, der sich in Preußen in den Jahren 1858, 1861 und 1862 vollzog, ins Wanken. Die Männer, welche damals an die Spiße Preußens traten, waren entschlossen, ein Verfahren, wie es in Östreich Preußen gegenüber seit dem Ministerium des Fürsten v. Schwarzenberg üblich geworden war, nicht mehr ruhig hinzunehmen, und Bismarck jeste, schon zwei Monate nachdem er die Ministerpräsidentschaft übernommen hatte, dem östreichischen Gesandten, Grafen Karolyi, in zwei berühmten Unterredungen in unzweideutiger Weise auseinander, daß Östreich entweder auf Preußen als eine ebenbürtige Macht Rücksicht zu nehmen oder Preußen in den Reihen seiner Gegner zu suchen habe. Als aber der von Östreich 1863 in Szene gesezte Frankfurter Fürstenkongreß zeigte, was der habsburgische Staat unter einer Bundesreform verstehe, und als aus der Behandlung der dänischen Frage die Absicht Östreichs hervortrat, Preußen um die Früchte seiner kriegerischen Anstrengungen zu bringen und dem mittelstaatlichen Partikularismus zum Siege zu verhelfen, da handelte es sich für Bismarck nicht mehr bloß um die schleswig-holsteinische Frage, sondern um die deutsche. Ohne Krieg konnte diese nicht gelöst werden. Der Deusche Bund mußte aufgelöst, ein neues Deutsches Reich unter Ausschluß streichs und unter der Führerschaft Preußens gegründet, die nationalen Ideen und die realen Machtverhältnisse der einzelnen Staaten bei der Einrichtung dieses Bundesstaates in erster Linie berücksichtigt werden. Dann erst hatte man ein einiges Deutschland, dann erst ein mächtiges Reich, dann erst waren die gerechten Ansprüche des Staates Friedrichs des Großen befriedigt. War die deutsche Frage gelöst, so ergab sich die Lösung der schleswig holsteinischen Frage von selbst.

Es waren noch viele Schwierigkeiten zu überwinden. Schleswig-holsteinische Ständemitglieder protestierten in einer Eingabe an die Bundesversammlung vom 6. September 1865 gegen den Gasteiner Vertrag, gegen die darin beschlossene Trennung der Herzogtümer, gegen die Nichtbefragung der Landesvertretung, und erklärten „noch einmal laut und feierlich," daß sie nur in dem Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein den berechtigten Landesherrn erkennen. Der am 1. Oktober 1865 in Frankfurt a. M. gehaltene Abgeordnetentag erklärte den Gasteiner Vertrag für einen von der Nation verworfenen Rechtsbruch, der für die Herzogtümer in keiner Weise rechtsverbindlich und gültig sei, forderte das ganze deutsche Volk zur Unterstüßung der Schleswig-Holsteiner auf und bezeichnete es als Pflicht der deutschen Volksvertretungen, Anlehen oder Steuern, welche die bisherige Politik der Vergewaltigung fördern könnten, keiner Regierung zu bewilligen. Auf dies hin richtete Preußen, im Einvernehmen mit Östreich, eine Note an den Senat von Frankfurt, worin die Nachsicht desselben gegen die Kundgebung solcher Umsturzbestrebungen getadelt wurde. „Wir können nicht dulden, daß vorzugsweise am Siz des Bundestages auf die Untergrabung bestehender Autoritäten in den ersten Bundesstaaten hingearbeitet wird, daß von dort aus Preßerzeugnisse in die Welt geschickt werden, welche sich durch Roheit vor allen übrigen auszeichnen.“ Das vom engeren Ausschuß der schleswig-Holsteinischen Vereine erlassene Rundschreiben vom 31. Dezember 1865 griff Preußen aufs heftigste an und sprach die Hoffnung aus, daß ganz Deutschland die Notwendigkeit erkennen werde, die Herzogtümer nach Kräften zu unterstüßen in dem Kampfe gegen eine Gewalt, deren freiheitsfeindlicher Charakter bereits jezt so offen zu Tage trete." Diesen feindseligen Kundgebungen gegenüber äußerten sich 19 Mitglieder der schleswig - holsteinischen Ritterschaft in einer an König Wilhelm gerichteten Adresse vom 23. Januar 1866 dahin, daß sie das Wohl der Herzogtümer nur in der Vereinigung mit der preußischen Monarchie erblicken

"

könnten, worauf ihnen Graf Bismarck im Namen des Königs antwortete, daß unter den verschiedenen Formen, in welchen die Rechte Preußens und die Interessen Deutschlands in den Herzogtümern gewahrt werden könnten, die Vereinigung mit der preußischen Monarchie die für Schleswig selbst vorteilhafteste sei, daher er seine Bemühungen, die Zustimmung Östreichs zu dieser Lösung der schwebenden Frage zu gewinnen, fortseßen werde.

General v. Manteuffel erfüllte seine Pflichten als Statthalter von Schleswig mit großer Umsicht. Er duldete keine Kundgebung Augustenburgischer Agitation, und als am 16. Oktober 1865 der Prinz diese selbst betreiben wollte, einen Besuch in der schleswigschen Hafenstadt Eckernförde machte, sich als Landesherr empfangen ließ, Abordnungen und Huldigungsadressen entgegennahm, teilte ihm General Manteuffel in seinem Schreiben vom 18. Oktober mit, daß es ihm schmerzlich sein würde, wenn Seiner Durchlaucht Person in Verwicklung mit der Polizei des Herzogtums Schleswig geriete, und daß er unterthänigst bitte, ihn rechtzeitig zu benachrichtigen, falls Seine Durchlaucht Besuche in Schleswig beabsichtige, damit er die nötigen Anordnungen treffen könne, den Prinzen vor allen persönlichen Unannehmlichkeiten möglichst zu wahren.

Der Statthalter von Holstein, General v. Gablenz, hielt sich weniger streng in dem Rahmen des Gasteiner Vertrags, welcher, wie wir gesehen haben, troß der Trennung der Verwaltung doch jeder der beiden Mächte ihr Recht an der Gesamtheit der beiden. Herzogtümer vorbehielt. Auf den 23. Januar 1866 war von den schleswig - holsteinischen Vereinen eine Massenversammlung nach Altona ausgeschrieben. Die Polizei verbot zuerst diese Versammlung, mußte aber auf Befehl der Landesregierung das Verbot wieder zurücknehmen. Die Versammlung, welche aus etwa 4000 Männern bestand und in welcher süddeutsche Demokraten gegen das „preußische Junkertum" und das „gebismarckte Preußen“ donnerten und zur Verweigerung der Steuern aufforderten, sprach fich für Einberufung der schleswig-Holsteinischen Ständeversamm

"

lung aus und brachte dem rechtmäßigen, geliebten Fürsten, Herzog Friedrich", ein Hoch aus.

"

Graf Bismarck, welcher schon in einer Note vom 20. Januar 1866 die Lage in Holstein beleuchtet hatte, nahm jene Altonaer Versammlung zum Anlaß, um in einer Note vom 26. Januar die östreichische Politik in den Herzogtümern aufs schärfste anzuflagen. Er bezeichnete dieselbe als eine aggressive“ und warf der kaiserlichen Regierung vor, daß sie genau dieselben Mittel der Agitation gegen Preußen ins Feld führe, welche sie mit demselben gemeinsam in Frankfurt habe bekämpfen wollen. „Worin unterscheidet sich jene, durch den Zuzug von Führern der Demokratie aus Hessen, Frankfurt, Bayern illustrierte Massenversammlung von denjenigen Versammlungen, über deren Zulassung Östreich selbst mit uns in Frankfurt Beschwerde geführt hat? Wir haben das Recht zu fordern, daß bis zu dem Eintritt einer vollen Verständigung Holstein als ein der Treue und Gewissenhaftigkeit Östreichs anvertrautes Pfand unverleßt erhalten werde. Es bedarf keiner besonderen Auseinanderseßung, welchen Eindruck ein solches Verfahren seines Bundesgenossen im Kriege, jezt im Frieden auf den König machen, wie schmerzlich es ihn berühren muß, revolutionäre und jedem Thron feindliche Bestrebungen unter dem Schuße des östreichischen Doppeladlers entfaltet zu sehen, und wie solche Eindrücke dahin führen müssen, das von Seiner Majestät lange und liebevoll gehegte Gefühl der Zusammengehörigkeit der beiden deutschen Mächte zu erschüttern und zu schwächen." Eine verneinende oder ausweichende Antwort würde der preußischen Regierung die Überzeugung geben, daß Östreich nicht den Willen habe, auf die Dauer gemeinsame Wege mit jener zu gehen. „Aber es ist ein unabweisbares Bedürfnis für uns, Klarheit in unsere Verhältnisse zu bringen. Wir müssen, wenn die von uns aufrichtig angestrebte intime Gemeinsamkeit der Gesamtpolitik beider Mächte sich nicht verwirklichen läßt, für unsere ganze Politik volle Freiheit gewinnen und von derselben den Gebrauch machen, welchen wir den Interessen Preußens entsprechend halten."

Die Antwort des Grafen Mensdorff vom 7. Februar hob hervor, daß in der einstweiligen Verwaltung Holsteins Östreich nach der Vereinbarung von Gastein keiner Kontrolle unterworfen sei und daß ihr dortiges Verfahren von ihren eigenen Eingebungen abhänge.

Eine in diesem Sinne gehaltene Korrespondenz zwischen zwei Großmächten steht einer Kriegserklärung nicht mehr fern. Der unter Vorsiz des Königs am 28. Februar 1866 in Berlin gehaltene Ministerrat, welchem auch der General v. Manteuffel, General v. Moltke und der preußische Gesandte in Paris, Graf v. d. Golz, beiwohnten, beschäftigte sich mit der Frage der Möglichkeit eines Bruches und besprach die militärischen Folgen. Das Generalstabswerk von 1866 schreibt hierüber: „Es soll hier vollständige Übereinstimmung der Ansichten darüber geherrscht haben, daß ein Zurückweichen in der Elbherzogtümerfrage nicht ohne Verlegung der Gefühle des ganzen Volkes und nicht ohne Kränkung der Ehre des Landes möglich sei, daß man daher auf dem bisher verfolgten Wege, selbst auf die Gefahr eines Krieges hin, vorschreiten müsse. — Irgendwelche kriegerische Vorbereitung wurde indes nicht ange= ordnet; denn die im wesentlichen bereits durchgeführte Heeresorganisation sicherte zu jeder Zeit die rechtzeitige Entfaltung der Waffenmacht, wenn sie zur Verteidigung des Vaterlandes gefordert wurde, und ein Angriffskrieg lag der Gesinnung des Königs fern." Nach einem Privatschreiben, welches der französische Gesandte in Berlin, Graf Benedetti, infolge einer Unterredung mit dem Grafen Bismarck, am 1. März an den französischen Minister des Auswärtigen richtete, „versicherte General v. Manteuffel, früher die feste Stüße des unbedingten Bündnisses zwischen den beiden großen deutschen Höfen und der einzige, welcher imstande gewesen wäre, den Einfluß des Ministerpräsidenten auf den König aufzuwiegen, dem Ministerrat laut, daß die Ehre, wie das entschiedenste Interesse Preußens gebieterisch fordere, Östreich zur Abtretung der Herzogtümer zu drängen. Kriegsminister v. Roon und die übrigen Generale waren derselben Meinung und führten dieselbe Sprache."

« ZurückWeiter »