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längeren Verhandlungen, über welche Bismarck schrieb: „Wir arbeiten eifrig an Erhaltung des Friedens und an der Verklebung der Risse im Bau,“ kam am 14. August 1865 die Konvention von Gastein zustande. Dieser gemäß wurde bestimmt, daß, da „das bisher bestandene Kondominium zu Unzukömmlichkeiten geführt hatte," die Verwaltung der Herzogtümer zwischen den beiden Besizern, unbeschadet der Fortdauer ihrer Rechte an der Gesamtheit beider Herzogtümer, geteilt werden solle, und zwar in der Weise, daß streich die Verwaltung Holsteins, Preußen die Verwaltung Schleswigs zu übernehmen habe. Das kleine Herzogtum Lauenburg wurde von dem Kaiser von Östreich gegen Bezahlung von 21/2 Millionen dänischer Reichsthaler an den König von Preußen abgetreten. Die preußische und östreichische Regierung wollten beim Bunde die Herstellung einer deutschen Flotte und die Erhebung Rendsburgs zur deutschen Bundesfestung beantragen; Kiel sollte Bundeshafen werden und bis zur Ausführung desselben Preußen das Kommando und die Polizei des Hafens und die Berechtigung zur Anlegung von Befestigungen und zur Einrichtung von Marineetablissements daselbst haben. Rendsburg sollte eine preußisch - östreichische Besazung mit jährlich wechselndem Kommando erhalten. Preußen wurde das Recht zugestanden, den Nordostseekanal durch Holstein zu führen, zwei Militärstraßen durch Holstein zu benußen, Eisenbahnen und Telegraphen dort anzulegen. Die Herzogtümer sollten dem Zollverein beitreten. Die Teilung des bisherigen Kondominiums sollte spätestens bis zum 15. September beendet sein. Darauf erfolgte am 19. bis 21. August in Salzburg und Ischl die Zusammenkunft des Kaisers Franz Joseph und des Königs Wilhelm mit ihren leitenden Ministern, dem Grafen Mensdorff und dem Herrn v. Bismarck. 2) Politische Lage nach Abschluß des Gasteiner Vertrags.

Zum Statthalter von Schleswig wurde vom König Wilhelm General Edwin v. Manteuffel, zum Statthalter von Holstein vom

Kaiser Franz Joseph Feldmarschallleutnant v. Gablenz ernannt. Herr v. Bismarck wurde wegen seiner glücklichen Leitung der preußischen Politik am 16. September 1865 vom König in den Grafenstand erhoben. Das Patent vom 13. September kündigte den Bewohnern des Herzogtums Lauenburg an, daß der König von Preußen dasselbe mit allen Rechten der Landeshoheit und Oberherrlichkeit in Besit nehme und den Ministerpräsidenten v. Bismarck zu seinem Minister von Lauenburg ernenne. Die feierliche Besibergreifung durch den Staatsminister Grafen v. ArnimBoyzenburg fand am 15., die Erbhuldigung am 26. September in der St. Petrikirche zu Razeburg statt. König Wilhelm begab sich mit dem Kronprinzen und dem Grafen Bismarck selbst in sein neues Besißtum und wurde an der Landesgrenze von einer Abordnung der Stände empfangen, deren Führer in seiner Anrede sagte: „Wir danken Gott und freuen uns, daß ein deutscher Fürst unser Herrscher ist. Wir danken Gott und freuen uns, daß der König von Preußen unser Herzog ist; denn Preußen ist der Hort Deutschlands; seine geregelte Macht schüßt unser deutsches Recht und deutsches Wesen bis weit über die eigenen Grenzen hinaus.“ Im Namen des Königs nahm Graf Bismarck als Minister von Lauenburg die Erbhuldigung der Ritterschaft und Landschaft entgegen und verlas die Eidesformel, worauf jene den Eid vor dem Throne abzulegen hatten.

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Der Abschluß der Konvention von Gastein erregte bei allen Gegnern der preußischen Regierung die größte Verwunderung und demonstrative Entrüstung. Die Herzogtümer zürnten, daß von einer Anerkennung ihres angestammten" Herzogs Friedrich gar keine Rede darin sei und daß von den beiden deutschen Großmächten willkürlich über sie verfügt werde; die deutschen Mittelstaaten fanden es unerklärlich, daß Östreich ohne irgendwelche Rücksprache mit ihnen und ohne bundestägliche Erlaubnis einen solchen Vertrag habe unterzeichnen können; das preußische Abgeordnetenhaus, welches am 15. Januar 1866 einberufen wurde,

fand so ziemlich alles, was in der Konvention festgestellt worden war, rechtswidrig und genehmigte am 4. Februar mit 251 gegen 44 Stimmen den Antrag des Abgeordneten Professors Virchow, wonach die Vereinigung des Herzogtums Lauenburg mit der Krone Preußen für rechtsungültig erklärt wurde, solange nicht die verfassungsmäßige Zustimmung beider Häuser des Landtags erfolgt sei. Da zu befürchten war, daß auf dem vom Abgeordnetenhause eingeschlagenen Wege Preußen ernsteren Zerwürfnissen entgegengeführt und die Ausgleichung der bestehenden auch für die Zukunft erschwert werden würde, so wurde die Session schon am 23. Februar geschlossen.

Nicht günstiger wurde in Frankreich und England über die Konvention geurteilt. Der französische Minister des Auswärtigen, Drouyn de l'Huys, warf in seinem Rundschreiben vom 29. August 1865 den deutschen Großmächten vor, daß sie weder die Stimme Deutschlands, noch die der Herzogtümer beachtet, den „populären Kandidaten" der letteren bei Seite gesezt und die Stände von Schleswig-Holstein nicht einmal einberufen hätten, und sagte am Schluß: „Wir bedauern, in der Konvention keine andere Grundlage zu finden als die Gewalt, keine andere Rechtfertigung als die gegenseitige Konvenienz der beiden Teilungsmächte. Es ist das eine Praris, der das heutige Europa entwöhnt war und für welche man nur in den traurigsten Zeiten der Geschichte Präzedenzfälle findet. Gewaltthat und Eroberung verderben den Rechtssinn und das Gewissen der Völker. An die Stelle der Grundsäße gesezt, welche das Leben der modernen Staaten regeln, sind sie ein Element der Unordnung und der Auflösung und nur geeignet, die alte Ordnung der Dinge umzustürzen, ohne eine neue Ordnung fest zu begründen."

Die scheinbare Entrüstung des Kaisers Napoleon III., welche sich in diesem Aftenstück ausspricht, hatte ihren Grund nicht in der sogenannten Gewaltthat und Eroberung", hinsichtlich deren dem Manne des 2. Dezembers (1851) fein Einspruchsrecht zu

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stand, sondern darin, daß die Gasteiner Konvention seine eigene Eroberungspolitik durchkreuzte. Der Handelsvertrag, welchen Bismarck im Namen des Zollvereins mit Frankreich geschlossen, hatte den Kaiser sehr günstig für Preußen gestimmt, so daß dieses, wie Bismarck am 21. Februar 1879 im Reichstag sagte, schon in der dänischen Frage einer freundlichen Haltung seitens Frankreichs sich erfreute. In dem weiteren Kampfe, der 1865 mit Östreich drohte und 1866 ausbrach, wäre ganz gewiß die Zurückhaltung Frankreichs nicht bis zu dem Standpunkte fortgesezt worden, bis zu welchem sie sich in der That glücklicherweise fortgesezt hat, wenn ich nicht die Beziehungen zu Frankreich in jeder mir möglichen Weise gepflegt hätte, und dadurch entstand eine wohlwollende Beziehung zu dem Kaiser Napoleon, der seinerseits lieber Verträge mit Preußen hatte als mit anderen, aber allerdings nicht darauf rechnete, daß der Krieg von 1866 den Verlauf nehmen würde, welchen er nahm. Er rechnete darauf, daß wir geschlagen würden und daß er uns dann mit Wohlwollen, aber nicht ohne Entgelt schüßen würde." Seine Eroberungspläne, welche auf das linke Rheinufer, Belgien und Luremburg gerichtet waren, konnte er mit mehr Aussicht auf Erfolg ausführen, wenn Preußen und Östreich sich mit den Waffen bekämpften und ganz Deutschland in zwei feindliche Lager gespalten war. Die Gasteiner Konvention aber, welche für den Nichteingeweihten einen sehr friedlichen Charakter hatte, schien dazu geschaffen zu sein, seine auswärtigen Pläne zu stören. Graf Bismarck, welcher im September in das Pyrenäenbad Biarriz reiste und dort den Kaiser Napoleon traf, hatte alle Gelegenheit, denselben von der wahren Sachlage zu unterrichten, ihn hinsichtlich der Wärme der preußisch-östreichischen Freundschaft zu beruhigen und für den Fall des Krieges seines Wohlwollens sich zu versichern.

Die Konvention von Gastein brachte zwar Preußen einige Vorteile und minderte die Anlässe zu Zerwürfnissen zwischen den beiden Großmächten; aber soweit wir die Entwicklung des schles

wig-holsteinischen Streites nun kennen, hatte die Konvention nicht den geringsten Einfluß auf die Lösung der Hauptfrage, bei welcher es sich darum handelte, ob die Bismarcksche oder die östreichische Politik, leytere in Verbindung mit der mittelstaatlichen, den Sieg davontragen werde, daß heißt ob Preußen seine sämtlichen Februarbedingungen in Schleswig-Holstein durchseßen oder der Augustenburger als souveräner Herzog eingesezt werde. Daß Graf Bismarck von seinen Forderungen nicht zurückging und vor einem Krieg mit streich und den Mittelstaaten nicht zurückscheute, haben wir gesehen. Wenn also in Holstein, dessen Verwaltung dem östreichischen General v. Gablenz überlassen war, die preußenfeindliche Agitation fortdauerte und in dem neuen Statthalter nicht einen Gegner, sondern einen Beschüßer und Unterstüßer fand, und wenn von diesem, im Einklang mit den Wünschen der Bevölkerung, die holsteinische Ständeversammlung einberufen und zur Fassung eines Beschlusses über die künftige Regierungsform aufgefordert wurde, so stand es dort nicht besser als zu der Zeit, wo Herr v. Halbhuber und Herr v. Zedlig einander bekämpften. An diesem Antagonismus der deutschen Großmächte mußten alle Bestrebungen zur Erhaltung des Friedens scheitern, und der Antagonismus blieb bestehen, solange jene widersinnigen Bundesverhältnisse fortdauerten, bei welchen zwei in ihren Machtverhältnissen ziemlich gleichstehende Großmächte in den meisten inneren Fragen einander als Gegner gegenüberstanden und diejenige von ihnen bei Abstimmungen den Sieg davon trug, welche von den mit Stimmen allzu reichlich ausgestatteten Mittelstaaten unterstüßt wurde. Estreich, welches bei seinen vielen außerdeutschen Besitzungen kein deutschnationales Interesse hatte und allen Reformen der Bundesverfassung, soweit sie nicht seine eigene Macht im Bunde verstärkten, abhold war, erfreute sich der Gunst der Mittelstaaten in hohem Grade. Infolgedessen wurde Preußen, welches die Schaffung eines deutschen Bundesstaates anstrebte, in welchem jedes Mitglied nur soviel galt, als es leistete, und schon seit Jahren Anträge, welche die Ver

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