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fie aber als Ganzes ab, da „ein unter diesen Bedingungen eingesetter Fürst nicht ein gleichberechtigtes und stimmfähiges Mitglied des Deutschen Bundes sei“. Dadurch wurde der Prinz von Augustenburg in seiner spröden Haltung gegen Preußen bestärkt, daher er sich über die Februarbedingungen, besonders soweit sie die Gestaltung des Heerwesens betrafen, nicht unbedingt zustimmend aussprach. Dagegen stellten Sachsen und Bayern, infolge einer Aufforderung Östreichs, in Verbindung mit Hessen-Darmstadt am 27. März 1865 den Antrag beim Bund, es möchte den Regierungen von Estreich und Preußen gefallen, dem Prinzen von Augustenburg das Herzogtum Holstein in eigene Verwaltung zu übergeben. Dieser Antrag wurde am 6. April mit 9 gegen 6 Stimmen zum Beschluß erhoben, hatte aber bei dem Widerstand Preußens keine weiteren Folgen.

Wie bei dem Mitbesizer Östreich und am Bundestag, so fand die preußische Regierung auch beim preußischen Abgeordnetenhaus einen heftigen Widerstand gegen ihre schleswig-holsteinische Politik. Die Fortschrittspartei, welche das ganze Haus beherrschte und ja mit dem Ministerpräsidenten in mehrjährigem Konflikt lebte, schwärmte für das legitime" Recht des Augustenburgers und für das „Selbstbestimmungsrecht“ der Herzogtümer, donnerte gegen die „Vergewaltigung“ derselben, lehnte die Forderung von Geldmitteln zur Befestigung des Kieler Kriegshafens ab und bezeichnete die für die Führung des dänischen Krieges gemachten Ausgaben als „verfassungswidrig“. Doch ließ sich v. Bismarck durch diesen parlamentarischen Widerstand nicht bewegen, in Durchführung seiner nationalen Politik auch nur einen Schritt zurückzuweichen. Ebensowenig ließ er sich durch die Opposition, welche er bei dem östreichischen Zivilkommissär v. Halbhuber und bei dem größten Teile der Bevölkerung der Herzogtümer fand, in seinen Plänen stören. Lettere hielt mit nordischer Zähigkeit an dem Erbfolgerecht des Augustenburgers fest und verlangte, daß zunächst dieser als Herzog einzuseßen sei und daß er dann im Verein mit der

Landesvertretung zu bestimmen habe, welche Zugeständnisse an Preußen gemacht werden könnten. Dies war, wie wir wissen, der Weg, welchen zu betreten v. Bismarck aufs entschiedenste ablehnte. Die beiden Kommissäre, Herr v. Zedliß und Herr v. Halbhuber, welche nach entgegengesetzten Instruktionen handelten, hatten fortwährend Konflikte miteinander. Den Vorbereitungen Preußens, Kiel zu einer preußischen Flottenstation zu machen, widersezte sich Herr v. Halbhuber; er konnte aber nicht hindern, daß der Plan im Jahre 1865 ausgeführt wurde. Der von Bismarck angeregte Plan, die schleswig-Holsteinischen Stände einzuberufen, fand zuerst die Billigung Östreichs; als es sich aber um das Wahlgeseß und um die Befugnisse dieser Stände handelte, kam es zu keiner Einigung und deshalb auch zu keiner Einberufung. Die meisten Schwierigkeiten machte der preußischen Regierung die „Augustenburgische Nebenregierung" in Kiel. Der Prinz lebte dort nur als Privatmann, aber er war der Mittelpunkt der preußenfeindlichen Agitation, die in der Presse und in den schleswig-Holsteinischen Vereinen so schwunghaft betrieben wurde, daß man zuleßt das häßliche Wort hören konnte: „Lieber dänisch als preußisch!" Herr v. Halbhuber stand dieser Agitation wohlwollend gegenüber; er war taktlos genug, an der Feier des Tages von Düppel sich gar nicht zu beteiligen und den Geburtstag des Prinzen in den von östreichischen Truppen besetzten Städten wie den eines regierenden Herzogs und unter preußenfeindlichen Reden begehen zu lassen. Es war begreiflich, daß Preußen dieser Nebenregierung durch Entfernung des Prinzen ein Ende machen wollte und bei Östreich den Antrag stellte, demselben den Aufenthalt in Schleswig-Holstein zu verbieten. Aber Östreich, dessen Ziele durch die Anwesenheit des Prinzen und durch die damit in Verbindung stehende Agitation von Tag zu Tag mehr erreichbar erschienen, lehnte den Antrag ab. Das konnte sich Preußen nicht bieten lassen, daß es durch die bloße Einsprache Östreichs und seines Kommisjärs verhindert sein sollte, einer Agitation entgegenzutreten, welche geeignet war,

ihm seine Rechte auf Schleswig-Holstein zu entreißen und in seinem Rücken eine ihm feindliche Regierung zu errichten. Herr v. Zedlig erhielt den Befehl, gegen die Leiter der Augustenburgischen Agitation rücksichtslos vorzugehen, ohne die Einsprache seines Kollegen irgendwie zu beachten. Jener ließ daher, ohne dem östreichischen Kommissär vorher eine Mitteilung zu machen, am 26. Juli von zwei preußischen Unterthanen, welche in der Presse und in Versammlungen an dieser Agitation teilnahmen, den einen, den Redakteur May in Altona, verhaften und auf die Festung Rendsburg bringen, den anderen, den preußischen Abgeordneten Dr. Frese, aus Holstein ausweisen. Herr v. Halbhuber protestierte dagegen, und er hatte ein Recht dazu; aber er hatte die Augustenburgische Agitation auf jede Weise gefördert, und dazu hatte er kein Recht. Dieses Vorgehen Preußens stand im Einklang mit einer an Östreich gerichteten Depesche Bismarcks vom 11. Juli, worin er sich über die schleswig holsteinische Agitation beklagte und erklärte, daß bei Verweigerung östreichischer Mithilfe zur Beseitigung solcher Zustände ein einseitiges Vorgehen Preußens sich nicht werde umgehen lassen.

Der preußisch östreichische Konflikt hatte bereits eine solche Schärfe angenommen, daß er keine Verstärkung mehr ertragen konnte, wenn er nicht geradezu zum Krieg führen sollte. Bismarc sprach sich offen dahin aus, daß er lieber den sofortigen Krieg als die längere Fortdauer solcher Zustände wolle. Er hatte sich am 11. Juni 1865 mit dem König nach Karlsbad begeben. Von dort schrieb er: „Mit dem Frieden sieht es faul aus; in Gastein muß es sich entscheiden." In einer Unterredung mit dem französischen Botschafter in Wien, Herzog von Gramont, sagte er am 15. Juli: „Er fürchte den Krieg mit Östreich so wenig, daß er ihn vielmehr wünsche; Preußen werde die Herzogtümer und die Vorherrschaft in Deutschland mit Güte oder Gewalt erlangen." Von Karlsbad reiste der König nach Gastein. In Regensburg wurde Halt gemacht und am 21. Juli ein Kabinettsrat ge

halten, zu welchem sämtliche preußischen Minister und die Gesandten in Wien und Paris berufen waren. Unter dem Vorsit des Königs wurde die Frage beraten, ob Preußen, falls Östreich auf seinem Widerstand beharre, zum Krieg schreiten solle und ob es dazu gerüstet sei. Die Antwort lautete, Preußen solle an den Februarbedingungen festhalten und bei längerem Widerstande seitens Östreichs zum Krieg vorgehen. Auf der Weiterreise hatte Bismarck am 23. Juli mit dem bayrischen Ministerpräsidenten von der Pfordten eine Unterredung in Salzburg, die er mit der Erklärung eröffnete, daß seiner festen Überzeugung nach der Krieg zwischen Preußen und Östreich sehr wahrscheinlich und unmittelbar bevorstehend sei, daher es für die Mittelstaaten das dringendste Interesse sei, jest schon für eine solche Eventualität ihrerseits Stellung zu nehmen. Es handle sich, nach seiner Auffassung, um ein Duell zwischen Preußen und Östreich, und es werde eine verhältnismäßig geringe Interessensumme in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn das übrige Deutschland den passiven Zuschauer dieses Duells abgebe. Das könne es mit voller Beruhigung: Preußen habe niemals daran gedacht und denke auch jezt nicht daran, sein Machtgebiet über die Mainlinie hinaus zu erstrecken. Lange werde übrigens die Entscheidung nicht auf sich warten lassen. Östreich sei weder gerüstet, noch habe es die Mittel, sich zu rüsten. Ein einziger Stoß, eine Hauptschlacht, und Preußen werde in der Lage sein, die Bedingungen zu diktieren. Darauf machte der bayrische Minister den Einwand, daß ihm die Achtung der Neutralität nicht unter allen Umständen gesichert erscheine, und daß Preußen sich leicht veranlaßt finden könnte, jene eine Hauptschlacht auf sächsischem Boden zu schlagen. Bismarc erwiderte, eine Lokalisierung des Krieges, und zwar durch einen Stoß von Schlesien her, sei nicht bloß beschlossen, sondern auch möglich, nicht bloß nach seinem Urteil, dem Urteil eines bloßen Laien, sondern nach dem bereits eingezogenen und auf reiflichster Erwägung beruhenden Gutachten der kompetentesten militärischen

Autoritäten. Den Mittelstaaten sei zudem in der Proklamierung ihrer bewaffneten Neutralität noch ein Mittel mehr zur Sicherung jener Lokalisierung gegeben. Bayern aber speziell werde wohl zu erwägen haben, daß es der natürliche Erbe der Stellung Öftreichs in Süddeutschland sei. Auf diese Mitteilungen gab v. d. Pfordten weder eine amtliche, noch eine private Antwort. Er war ganz im Fahrwasser des Herrn v. Beust, der damals alles aufbot, Östreich zur Bundestagspolitik zurückzubringen und zur Einseßung des Augustenburgers zu bewegen, und mit den leitenden Ministern von Bayern und von Württemberg verkehrte. Wenige Tage vor der Salzburger Zusammenkunft, am 27. Juli, hatte Bayern nebst Sachsen und Hessen-Darmstadt beim Bunde den Antrag auf Einberufung der Vertreter von Holstein und auf Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund gestellt. Dieser Antrag wurde an den Holsteinischen Ausschuß verwiesen und war eben damit beseitigt.

Östreich war damals nicht in der Lage, einen Krieg mit Preußen zu beginnen, und eröffnete daher neue Unterhandlungen. Der östreichische Gesandte in München, Graf Blome, traf, wenige Tage nachdem König Wilhelm und sein Ministerpräsident in Gastein angekommen waren, am 28. Juli dort ein, um mit Bismarck über die preußischen Februarbedingungen zu unterhandeln. Da letterer dieselben als den niedersten Preis für die Anerkennung des Augustenburgers ansah und Blome nur auf einige, nicht auf alle Forderungen einging, so mußte dieser am 2. August unverrichteter Sache Gastein verlassen. Nachdem er dem Kaiser Franz Joseph in Wien Bericht erstattet und Bismarck in einer Note vom 6. August dringende Anträge zur Entscheidung über die schleswig holsteinische Angelegenheit gestellt hatte, wurde in Wien Ministerrat gehalten und beschlossen, von einer endgültigen Lösung der Herzogtümerfrage vorerst abzusehen und hauptsächlich die Art und Weise der Verwaltung ins Auge zu fassen. Mit neuen Vorschlägen reiste Graf Blome wieder nach Gastein. Nach

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Müller, Einigungskriege.

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