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Friedensvertrag unterzeichnet; der Austausch der Friedensurkunden folgte am 16. November; drei Wochen darauf sollte, woran der dänischen Regierung sehr viel lag, Jütland geräumt sein. Die Abtretung der drei Herzogtümer wurde nach dem Wortlaut des Präliminarvertrags in den Friedensvertrag aufgenommen, die in schleswigschem Gebiet gelegenen jütländischen Gebietsteile, sowie die Insel Amrum und die jütländischen Teile der Inseln Föhr, Sylt und Romö wurden gleichfalls abgetreten und als Ersaß hiefür die Insel Arrö und einige nordschleswigsche Gebietsteile Dänemark überlassen. Von der gemeinsamen dänischen Staatsschuld hatten die Herzogtümer 29 Millionen dänischer Thaler zu übernehmen. Dänemark hatte keine Kriegskosten an die Verbündeten zu bezahlen; vielmehr hatten die Herzogtümer dieselben ihnen zurückzuerstatten.

Am 16. November begann der Abmarsch der preußischen und östreichischen Truppen aus Jütland. Sämtliche preußischen Truppen, welche den deutsch-dänischen Krieg mitgemacht hatten, kehrten nach Hause zurück. Neue Truppenteile wurden zur Besetzung der Herzogtümer dahin geschickt; streich ließ dort die Brigade Kalik, während die Brigaden Nostiz und Tomas am 30. November in Wien einzogen. Der Einzug der preußischen Truppen in Berlin fand am 7. und 17. Dezember statt. Bei dem ersten Einzug gab der Oberbürgermeister Seydel dem Gedanken der Einverleibung der Herzogtümer in die preußische Monarchie unverhüllten Ausdruck: Wiederum ist es Preußens gutes Schwert, durch das die Grenzen des deutschen Vaterlandes weit hinausgerückt sind. Es ist ein Wort, das einst König Friedrich Wilhelm III. gesprochen: Was Preußen erobert hat, es ist Deutschland gewonnen."" Auch jener Boden, der in diesen Tagen mit unserem Blut getränkt ist, jenes hoch nach Norden sich erstreckende, von zwei mächtig hinauslockenden Meeren umspülte Land mit dem spröden Erz seiner Bevölkerung, es wird dauernd und sicher und zu rechtem Gewinn nur dann Deutschland erworben und sich selbst wiedergegeben sein, wenn und soweit

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Preußens Macht und Wehr es schirmend umfängt, Preußens strenge Zucht und Ordnung und staatsbildende Kraft es erfaßt und durchdringt. Wir freuen uns des glorreich errungenen Friedens und sind stolz darauf." Es war für den König Wilhelm ein hochbeglückendes Gefühl, in seinem Armeebefehl vom 7. Dezember sagen zu können: „Die neue Organisation, welche Ich der Armee gegeben habe, hat sich glänzend bewährt. In Stolz und Freude blicke Jch auf Meine ruhmreiche gesamte Kriegsmacht." Zum Ausdruck seiner Anerkennung verlieh der König an diesem Tage dem Kronprinzen das 5. westfälische, dem Prinzen Friedrich Karl das 8. brandenburgische Infanterieregiment. Bei dem Einzug der zweiten Abteilung des siegreichen Heeres am 17. Dezember führte der Kronprinz die Garde-Infanteriebrigade an seinem königlichen Vater vorüber.

Der Feldzug hatte ein kleines Nachspiel, wobei es sich um das Kommandorecht in dem von den Bundestruppen teilweise beseßten Herzogtum Holstein handelte. Schon vor Abschluß der Waffenruhe kam es in Rendsburg zu einem Konflikt. Der hannoversche Kommandant versäumte es, bei Streitigkeiten, welche am 17. Juli zwischen hannoverschen und preußischen Soldaten ausgebrochen waren, mit Nachdruck einzuschreiten, und als bei einer Feierlichkeit die preußischen und östreichischen Fahnen gehißt wurden, ließ er dieselben abnehmen. Auf die Nachricht hievon erhielt General v. Göben vom König von Preußen den Befehl, die Stadt Rendsburg in seine Gewalt zu bringen. Jener kündigte am 21. Juli dem hannoverschen General v. d. Knesebeck an, daß er um die Mittagstunde mit 6000 Mann einrücken und von sämtlichen Wachposten Besit nehmen werde, jedoch die Forderung des Abmarsches der Bundestruppen nicht stelle. Dieselben zogen aber vor dem Einmarsch der Preußen ab, lettere besetzten die Stadt, die preußischen und östreichischen Fahnen wurden unter den Klängen der Militärmusik wieder aufgehißt. Der Konflikt wurde dadurch gelöst, daß nach dem Beschlusse einer hiefür eingesezten militärischen Kom

mission am 27. November Hannoveraner und Sachsen, von den Preußen ehrenvoll empfangen, in Rendsburg einzogen, daß zwei Bataillone preußischer Garde daselbst einrückten und daß der Kommandeur derselben, Oberstleutnant v. Prißelwiß, die Stelle eines Kommandanten von Rendsburg übernahm.

Schwieriger war der zweite Fall, welcher nach Abschluß des Wiener Friedens sich ereignete. Durch diesen hatten ganz unzweifelhaft Preußen und Östreich allein das Recht der Verwaltung und militärischen Besetzung der Herzogtümer, und die Bundeserefution in Holstein, welche nur gegen den dänischen König Christian IX. gerichtet war, war nach der Abtretung des Herzogtums an die deutschen Großmächte gegenstandslos geworden. Der sächsische Ministerpräsident v. Beust, welcher die preußenfeindliche Politik der deutschen Mittel- und Kleinstaaten leitete, war anderer Ansicht und ließ durch die Presse amtlich verkündigen, daß die Besetzung Holsteins durch die Erekutionstruppen fortzudauern habe, bis dieses Herzogtum dem rechtmäßigen Besizer, dem Erbprinzen Friedrich von Augustenburg, übergeben worden sei. Darauf ließ die preußische Regierung ihre auf dem Rückmarsch befindlichen Truppen in Holstein Halt machen, die bei Minden und an der brandenburgischen Grenze schon angekommenen Truppen eine Hannover und Sachsen bedrohende Stellung einnehmen, und Bismarck richtete am 29. November an die Regierungen dieser beiden Staaten die Aufforderung, ihre Truppen aus Holstein zurückzuziehen und ihre Kommissäre abzuberufen. Östreich, wo seit dem 27. Oktober Graf Mensdorff an der Spiße des Ministeriums stand, beteiligte sich aus Rücksicht für die beiden ihm sehr befreundeten Bundesstaaten zunächst nicht an dem Vorgehen Preußens. Während Hannover der Aufforderung keinen Widerstand entgegenseßte, glaubte v. Beust Preußen gegenüber eine sehr kriegerische Haltung annehmen zu müssen. Davon ausgehend, daß nur der Bundestag, welcher die Erekutionstruppen nach Holstein geschickt habe, dieselben auch zurückberufen könne, bedachte er nicht die durch den Wiener

Friedensvertrag ganz veränderte Sachlage und ließ sich von seiner Eitelkeit zu einem sehr lächerlichen Schritte hinreißen. Auf seinen Rat gab König Johann den Befehl, das sächsische Heer auf den Kriegsfuß zu seßen. Die Beurlaubten wurden eingezogen, Pferde aufgekauft, die öffentlichen Gelder nach Dresden gebracht und die Abführung der Kronschäße nach der Festung Königstein vorbereitet. Ganz Sachsen befand sich im Verteidigungszustand und erwartete den Einmarsch der Preußen. Zwei Jahre später sprach sich v. Bismarck auf die Frage, was seine Meinung über v. Beust sei, in folgender Weise aus: „Wenn ich ein Urteil über die Gefährlichfeit eines Gegners mir bilden will, so subtrahiere ich zunächst von dessen Fähigkeiten seine Eitelkeit; wende ich dieses Verfahren auf Beust an, so bleibt als Rest wenig oder gar nichts.“

Statt auf den Schlachtfeldern von Sachsen wurde dieser Streit in der Bundesversammlung entschieden. Preußen und Östreich legten am 29. November derselben den Wiener Friedensvertrag vor und stellten am 1. Dezember den Antrag, die Bundesversammlung solle die Erekution für erledigt erklären und Sachsen und Hannover zur schleunigen Abberufung der Erefutionstruppen und der Bundeskommisjäre auffordern. Dieser Antrag wurde am 5. Dezember mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen, worauf Sachsen seine Truppen aus Holstein zurückrief. Dabei sorgte v. Beust sehr ängstlich dafür, daß die sächsischen Truppen das preußische Gebiet nicht betraten, sondern troß der Winterkälte den weiten Umweg über Hannover, Kassel, Eisenach, Lichtenfels und Hof machten, um in die Heimat zu kommen. Die Eitelkeit des Herrn v. Beust jah hierin eine Genugthuung für seine Niederlage vom 5. Dezember.

Nach dem Abmarsch der sächsischen und hannoverschen Truppen. stand dem Rückmarsch der preußischen Truppen nichts mehr im Wege. Die neuen preußischen Heeresteile, welche die Herzogtümer zu beseßen hatten und unter den Befehl des Generals Herwarth v. Bittenfeld gestellt wurden, waren am 15. Dezember dort ver

sammelt und nahmen im Osten derselben Stellung, während die östreichische Brigade Kalik den Westen besetzt hielt. Die Verwaltung der Herzogtümer wurde von den Verbündeten gemeinschaftlich geführt, und zwar durch zwei Kommissäre, den preußischen Freiherrn v. Zedlig und den östreichischen Freiherrn v. Lederer, der später durch v. Halbhuber erseßt wurde.

Was in den letzten Monaten des Jahres 1864 zwischen Preußen und Östreich und zwischen Preußen und einigen Mittelstaaten vorgegangen war, wies darauf hin, daß die Frage über die definitive Entscheidung der staatsrechtlichen Verhältnisse der Herzogtümer nicht ohne gewaltige Konflikte werde gelöst werden; denn die preußischen Pläne, welche auf eine möglichst enge Verbindung der Herzogtümer mit Preußen, wenn nicht gar auf eine Einverleibung derselben, hinausliefen, wurden weder von Östreich noch von den Mittelstaaten gutgeheißen; das neue Preußen aber, das von dem nationalgesinnten König Wilhelm regiert wurde, an Bismarck und Moltke so hervorragende Führer und an seiner Armee ein so treffliches Werkzeug hatte, ging feine Linie von den geplanten Forderungen ab und griff lieber zum Schwert, als daß es sich ein zweites Olmüß aufdrängen ließ. Es waren andere Zeiten, andere Männer. Mit dieser Thatsache mußte jedermann, auch Östreich und die deutschen Mittelstaaten, rechnen, wenn sie nicht sich selbst ein Olmüß bereiten wollten. Der deutsche Nationalstaat war schon in Sicht.

Das treffliche Generalstabswerk schließt seine Darstellung des deutsch-dänischen Krieges von 1864 mit folgenden Worten: „Will man zu einer unbefangenen Würdigung der Kriegführung der Verbündeten gelangen, so wird man sich jederzeit die zahlreichen Hemmnisse und Schwierigkeiten zu vergegenwärtigen haben, welche fast in jedem einzelnen Falle beseitigt werden mußten, bevor eine Waffenentscheidung herbeigeführt werden konnte, die dann troß der Ungunst der örtlichen Verhältnisse jedesmal von glänzendem Erfolge begleitet war. Doch auch dem Gegner wird man die An

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