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Verbündeten an Dänemark, dessen Bevollmächtigte sowohl bei ihren eigenen Anträgen als auch bei Ablehnung der Anträge anderer Mächte eine allem Recht und aller Billigkeit so sehr hohnsprechende Politik trieben, daß auch seine besten Freunde es mit dem politischen Anstand nicht vereinbar fanden, für Dänemarks unberechtigten Troß noch länger einzutreten.

In der Konferenz handelte es sich zunächst um möglichst baldigen Abschluß eines Waffenstillstandes, sodann um die Beratung der zu stellenden Friedensbedingungen. In der Sizung vom 24. April machten die neutralen Mächte den Vorschlag, die Feindseligkeiten auf vier Wochen einzustellen, und die Verbündeten erklärten sich damit einverstanden. Dänemark aber fügte die Forderung hinzu, daß die Blockade der deutschen Häfen aufrecht erhalten werden solle. Die Verbündeten wiesen dieses Ansinnen aufs entschiedenste zurück, und als Frankreich dasselbe unterstüßte, ließ Bismarck in Paris die Erklärung abgeben, daß, was auch daraus hervorgehe, Preußen auf seiner Abweisung verharren werde. Endlich einigte man sich darüber, daß vom 12. Mai an die Feindseligkeiten zu Wasser und zu Land auf einen Monat eingestellt, die dänische Blockade aufgehoben werden, die kriegführenden Teile ihre militärischen Stellungen behalten und dieselben während des Waffenstillstandes nicht verstärken, Preußen und Östreich sich verpflichten sollten, die Verwaltung Jütlands den Dänen zu überlassen, keine Steuern dort zu erheben, die Lieferungen für die Truppen zu bezahlen.

Vor dem Eintreten in die Beratung der Friedensbedingungen erklärten am 12. Mai Preußen und Östreich, daß sie das Gebiet der Erörterung für völlig frei von jeder Beschränkung erachten, welche aus den vor dem Kriege bestandenen Verpflichtungen zwischen ihren Regierungen und Dänemark hergeleitet werden könnte; indem sie für sich volle Freiheit der Diskussion und das Recht in Anspruch nehmen, die Vorschläge zu machen, welche sie für die Sicherung einer festen und dauerhaften Friedensstiftung für geeignet

halten, wollen sie keine andere Kombination, welche zu demselben Ziel führen könne, ausschließen. Was darunter zu verstehen sei, erklärte Bismarck in seiner Depesche vom 15. Mai an den preußischen Gesandten Grafen Bernstorff in London. Er sagte darin, die Verbündeten hätten in ihrer Depesche vom 31. Januar Dänemark erklärt, daß sie nicht beabsichtigten, das Prinzip der Integrität der dänischen Monarchie anzufechten, daß aber ein ferneres Beharren Dänemarks auf dem eingeschlagenen Wege sie zu Opfern nötigen würde, welche es ihnen zur Pflicht machen könnten, die Kombinationen von 1852 aufzugeben und über eine anderweite Ordnung eine Verständigung mit den Unterzeichnern des Londoner Vertrags zu suchen. Dieser Fall sei vollständig eingetreten. Die dänische Regierung habe ihr Beharren auf der Weigerung bis aufs äußerste getrieben und den bewaffneten Widerstand bis zuleßt fortgesezt. Nach diesen Vorgängen könne sich die preußische Regierung, sowohl Dänemark, als den Mitunterzeichnern gegenüber, in keiner Weise an die Verpflichtungen gebunden erachten, welche sie am 8. Mai 1852 unter anderen Vorausseßungen eingegangen sei. Sie erkläre sich also hiemit für vollkommen frei von allen Verpflichtungen, welche aus dem Londoner Vertrag gefolgert werden könnten.

In Übereinstimmung mit dieser Depesche schlugen die deutschen Bevollmächtigten am 17. Mai vor, es solle zwischen den Herzogtümern und Dänemark eine Personalunion unter Christian IX. bestehen, verlangten aber einen Friedensvertrag, welcher den Herzogtümern absolute Bürgschaften gegen die Wiederkehr fremder Unterdrückung gewähre, und welcher durch die Beseitigung jedes Anlaffes zum Streite, zur Revolution und zum Krieg Deutschland die Sicherheit im Norden wiedergebe, deren es bedürfe, um nicht immer wieder in ähnliche Krisen, wie die jeßige, zu verfallen; diese Bürgschaften seien nur zu finden in der vollständigen Unabhängigkeit der durch gemeinsame Institutionen eng vereinigten Herzogtümer. So sehr auch dieser Vorschlag sowohl den alten

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Rechten der Herzogtümer als auch den Bestimmungen des Londoner Vertrags entsprach, so wurde er doch von den dänischen Bevollmächtigten als absolut unannehmbar bezeichnet und sogar die Berichterstattung an die dänische Regierung abgelehnt. Die deutschen Bevollmächtigten gingen nun einen Schritt weiter und verlangten am 28. Mai die vollständige Trennung der Herzogtümer Schleswig und Holstein von Dänemark und ihre Vereinigung zu einem Staate unter der Souveränität des Erbprinzen von Schleswig-HolsteinSonderburg-Augustenburg, welcher nicht bloß in den Augen Deutschlands die größten Erbfolgerechte geltend zu machen hat und dessen Anerkennung seitens des Deutschen Bundes gesichert ist, sondern welcher auch unzweifelhaft die Stimme der ungeheuren Mehrheit der Bevölkerung auf sich vereinigt". Dieser Vorschlag wurde von Dänemark und den neutralen Mächten abgelehnt und von England der Antrag gestellt, es solle Schleswig geteilt und der südliche Teil desselben nebst Holstein an Deutschland abgetreten werden. Bei diesem Vorschlag kam alles darauf an, wo man sich die Grenzlinie dachte. Es war begreiflich, daß die Dänen eine möglichst südliche, die Verbündeten eine möglichst nördliche Grenzlinie verlangten. England, stets bemüht, für Dänemark das Außerste zu leisten, bezeichnete die Schlei als die richtige Grenze, während die deutschen Bevollmächtigten, welche den englischen Vermittlungsvorschlag im Prinzip annahmen, die beantragte Grenzlinie nicht für annehmbar erklärten, da bei derselben die Gründe der Erregung und Agitation nicht dauernd beseitigt würden. Dänemark nahm den Vorschlag Englands in der Sigung vom 2. Juni als äußerstes Zugeständnis an, lehnte aber jede Grenzlinie ab, welche nicht alle militärischen und Handelsinteressen Dänemarks sichere. Was das heißen solle, ließ sich leicht einsehen. Es war klar, daß der Teilungsvorschlag zu keiner Verständigung führte; denn jede der streitenden Parteien lehnte die von der Gegenpartei vorgeschlagene Grenzlinie ab. Die Verbündeten wollten den nördlichsten, großenteils dänischen Teil von Schleswig an Dänemark

zurückgeben, aber die dänischen Gesandten gingen nicht darauf ein. Man kam keinen Schritt weiter und sah sich am 6. Juni genötigt, den Waffenstillstand um 14 Tage zu verlängern, wobei die deutschen Bevollmächtigten erklärten, daß sie, wenn bis zum Ablauf dieser verlängerten Frist der Friede nicht gesichert sei, eine weitere Verlängerung nicht zugestehen würden. Zugleich beschwerte sich der preußische Gesandte darüber, daß die dänischen Behörden den deutschen Truppen Schwierigkeiten bereiten und in ihrer Mißachtung der Waffenstillstandsbestimmungen sogar soweit gehen, daß sie den Versuch machten, in Jütland eine Rekrutenaushebung vorzunehmen. Da vorauszusehen war, daß hinsichtlich der Feststellung der Grenzlinie keine Einigung in der Konferenz zustande komme, so schlug England am 18. Juni vor, die Entscheidung hierüber einem Schiedsrichter zu übertragen. Die verbündeten Mächte nahmen diesen Vorschlag mit einigen Veränderungen an, Dänemark aber, welches sich von einer Hinausziehung des Konflikts große Vorteile versprach, lehnte den Vorschlag unbedingt ab. Man war zu Ende. Die Konferenz hatte nichts weiter zu thun. Dänemark hatte alle Vorschläge, von wem sie auch ausgehen mochten, abgelehnt; es mußte seinem Schicksal überlassen werden. Am 25. Juni ging die Konferenz ohne irgend welches Ergebnis auseinander; der für die Waffenruhe festgesezte Termin war abgelaufen; die Kanonen hatten wieder das Wort.

Wenige Tage vor dem Schluß der Konferenz fanden in Karlsbad Verhandlungen statt. König Wilhelm traf am 18. Juni, Kaiser Franz Joseph am 22. dort ein; ihre Minister v. Bismarck und Graf Rechberg waren anwesend. Es handelte sich um feste Bestimmungen über die weitere Kriegführung, um Vereinbarung der nächsten Ziele für das weitere militärische und diplomatische Vorgehen. Durch gegenseitiges Entgegenkommen gelangte man am 24. Juni zu den „Karlsbader Abmachungen", in welchen der Übergang nach Alsen und die Beseßung ganz Jütlands als unumgängliche Ziele der militärischen Operationen bezeichnet, die Be

sehung der Insel Fünen jedoch von denselben ausgeschlossen wurde. ,,Die Lostrennung der Herzogtümer von Dänemark sollte in der günstigsten, den Umständen nach erreichbaren Ausdehnung angestrebt, die hinsichtlich der Teilung Schleswigs gemachten Zugeständnisse sollten als nicht mehr bindend angesehen, und den Mächten hierüber eine Mitteilung gemacht werden, mit der ausdrücklichen Erklärung, daß die Verbündeten jenseits der Königsau und des Kleinen Belts keine Eroberungen beabsichtigen.“

6) Übergang nach Alsen.

Zur raschen und kräftigen Führung der leßten Schläge, durch welche der Dänentroß gebrochen werden sollte, fand eine Änderung im Oberkommando statt. Am 18. Mai wurde der achtzigjährige Feldmarschall v. Wrangel seiner Stelle entbunden und zugleich in den Grafenstand erhoben, das Oberkommando, zuerst provisorisch, am 24. Juni definitiv dem Prinzen Friedrich Karl, der Befehl über das I. Korps dem General Herwarth v. Bittenfeld, kommandierenden General des siebenten preußischen Armeekorps, übertragen; der Führer der Gardedivision, General v. d. Mülbe, wurde beurlaubt und General v. Pronski zu seinem Nachfolger ernannt. Im östreichischen Lager wurden die Brigadeführer General Dormus und Graf Gondrecourt durch die Generale Kalik und v. Piret erseht.

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Die Losung des Oberkommandos lautete Alsen". General v. Moltke sprach sich in seiner an das neue Oberkommando gerichteten Denkschrift vom 23. Mai für den gleichzeitigen Übergang nach Alsen und nach Fünen aus. Für diese Unternehmung würde man von der Mitwirkung der Flotte und des östreichischen Korps absehen und dieselbe nur durch die preußischen Streitkräfte ausführen lassen, während das östreichische Korps zum Schuß gegen eine feindliche Offensive bereit stände. Die Hauptmacht der Dänen wird bei Ablauf der Waffenruhe voraussichtlich auf Alsen und Fünen konzentriert stehen,

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