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als die bisherige Diensteinnahme ermässigt, auch weder als Gehalt noch als Pension, sondern unter dem besonderen Namen „Wartegeld" bezeichnet ist.') Es ist dann auch wohl diese Enthebung des Staatsdienstes von einem bestimmten Staatsamte auf eine bestimmte Reihe von Jahren beschränkt, nach deren Ablauf dann entweder eine förmliche Pensionirung oder eine Wiederanstellung des auf Wartegeld Stehenden eintreten muss. Uebrigens gilt der Staatsdiener während dieser Wartezeit in einem allgemeinen Sinne als wirklicher Staatsdiener, und kann verpflichtet sein, die ihm etwa werdenden dienstlichen Aufträge, sofern sie der bisherigen Thätigkeit homogen sind, zu verrichten.")

c. Wegen Ablaufs der bestimmten Dienstzeit.

§. 719.

Das persönliche Staatsdienerverhältniss kann auf bestimmte Zeit oder widerruflich (provisorisch)) oder mit der Kündigungsklausel begründet sein. In jenem Falle cessirt dasselbe mit dem Ablauf der im Voraus bestimmten Frist, in diesem, wenn der Staat von der ihm zustehenden Wiederrufs- oder Kündigungsbefugniss Gebrauch macht. Die Anstellung des Staatsdieners unter dem Vorbehalt der Kündigung ist indess als dem Wesen des eigentlichen Staatsdienstes nicht entsprechend in der Regel auf die Anstellung der unteren Staatsdiener, bei welchen eine nicht genügende Verschung ihrer Dienstpflichten eher zu befürchten ist, beschränkt und dadurch für den übrigen Staatsdienst prinzipiell ausgeschlossen.') Das Kündigungs

') (Hannoversches Landesverfassungsgesetz § 174: „Werden Dienstentlassungen wegen Veränderung der Landesbehörden nothwendig, so hat der ausser Thätigkeit gesetzte Staatsdiener Anspruch auf ein seinen bisherigen Verhältnissen angemessenes Wartegeld.")

2) Preussisches Gesetz vom 21. Juli 1852 §. 87. Es kann hier nur auf die partikularrechtlichen Bestimmungen verwiesen werden.

3) Badensches Gesetz vom 30. Januar 1819 §. 3. Ein ganz besonderer Fall provisorischer Anstellung" der Staatsdiener tritt nach dem Baierschen Verfassungsgesetz Tit. II §. 18 während der Reichsverwesung ein, während welcher alle Aemter mit Ausnahme der Justizstellen nur provisorisch besetzt werden dürfen. Etwas Aehnliches trat hinsichtlich der Beamten der neuen Provinzen des Königreichs Preussen ein, als deren Gehälter nur in der Form eines Bausch-Quantums bewilligt, und die bis dahin etatmässigen Beamten als nicht-etatmässige übernommen wurden. Die solcher Gestalt provisorisch angestellten Beamten sind dies aber gewiss nicht in dem Sinne, dass der Staatsregirung freistünde, sie ad libitum aus dem Dienste zu entlassen, zumal da die Gehalts-Ansprüche auch dieser Beamten durchaus privatrechtlich begründet sein müssen.

4) (Hannoversches Landesverfassungsgesetz §. 179: „Die Dienstkündigung soll nur bei der untern Staatsdienerschaft vorbehalten, dieselbe jedoch nur von dem zuständigen Staats- und Departementsminister zur Ausübung gebracht werden"); Oldenburgsches Revidirtes Staatsgrundgesetz Art. 111 §. 3 Abs. 2: „Das Gesetz hat diejenigen

recht ist aber immer ein einseitiges, insofern dasselbe nur dem Staate, nicht auch dem Staatsdiener zusteht. Will dieser aus eigenem Entschlusse von dem Staatsdienst zurücktreten, so geschieht dieses zwar in der Form der Kündigung, in Wirklichkeit aber unter den allgemeinen Voraussetzungen des freiwilligen Ausscheidens aus dem Staatsdienste, und auf Grund der staatsseitigen Entlassung.')

C. Wirkung der Endigung des staatsdienstlichen Verhältnisses.

§. 720.

Der aus seinem staatsdienstlichen Verhältnisse entlassene Beamte scheidet aus der Zahl der wirklichen Staatsdiener aus, verbleibt indess immer noch in einer besonderen Stellung dem Staate gegenüber, gegen welchen derselbe auch noch ferner Pflichten hat, welche nicht schon in dem allgemeinen Unterthanenverhältnisse begriffen sind. Zu diesen gehört vor Allem die auch über die Dienstentlassung hinaus dauernde Verpflichtung zur Verschwiegenheit über die während und durch den Dienst erfahrenen Amtsgeheimnisse. Diese Verpflichtung bleibt auf allen Staatsdienern haften, mögen dieselben freiwillig oder unfreiwillig, in Gnaden oder zur Strafe aus dem Staatsdienste geschieden sein. Es ist dieselbe eben eine durch den Eintritt in den Staatsdienst einmal begründete staatsrechtliche Pflicht, welche nur mit dem Tode des Staatsdieners enden kann. 2) Positiv-rechtlich sind auch wohl noch andere staatsrechtliche Verhältnisse für die Staatsdiener ausser Dienst begründet, indess liegt diesen ein allgemein anerkanntes Prinzip nicht zum Grunde und erscheinen dieselben vielmehr nur als partikularrechtliche Besonderheiten.")

untern Staatsämter zu bezeichnen, wozu die Anstellung auf Kündigung erfolgt, welche jedoch möglichst zu beschränken ist." Im Königreich Preussen sollen diejenigen Unterbeamten, deren Dienst keine Ausbildung erfordert, sondern grösstentheils nur mechanisch ist, soviel als möglich auf einmonatliche Kündigung angestellt werden. Vergl. dic Regirungs-Instruction vom 13. October 1817 §. 12,

1) S. oben §. 718.

2) Zachariä, Deutsches Staatsrecht T. II S. 39.

3) Vergl. z. B. oben §. 590 hinsichtlich des Erfordernisses einer Erlaubniss Seitens der Regirung zum Eintritt in die Ständeversammlung; auch das Preussische Gesetz vom 13. Februar 1854, betr. die Conflicte bei gerichtlichen Verfolgungen wegen Amtsund Dienstverhandlungen, (s. oben §. 700) §. 4, welcher die Bestimmungen dieses Gesetzes auch den Fall einer gerichtlichen Verfolgung wegen Amtshandlungen gegen einen aus dem Dienste bereits ausgeschiedenen Beamten oder gegen die Erben eines Beamten ausdehnt.

Grotefend, Staatsrecht.

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V. Verpflichtung des Staates aus den Handlungen der Staatsdiener.') 1. Das Prinzip.

§. 721.

Die Wirkungen der dienstlichen Verrichtungen des Staatsdieners sind entweder staatsrechtlicher oder privatrechtlicher Natur, je nachdem es sich um Verrichtungen für den souverainen Staat oder um solche für den Staat als Vermögenssubject (juristische Person, Fiscus) handelte. Alle Diensthandlungen des Staatsdieners gelten als Verrichtungen der Staatsgewalt. Diese hat sie anzuerkennen und zu vertreten und das Publikum oder das besondere Individuum hat denselben Achtung zu erweisen und den Verfügungen der Behörden Folge zu leisten, bezw. ist durch die Handlungen des Staatsdieners ein privatrechtliches Verhältniss zwischen dem Staat als juristischer Person und einer anderen privatrechtlichen Person begründet, das jedem der beiden Theile Recht und Pflicht in bestimmter Weise zumisst. Dieses Prinzip resultirt unmittelbar aus dem Wesen des Staates wie aus der politischen Bedeutung des Staatsdienstes und gilt unbestritten. Eine andere Frage ist aber, in wiefern auch die aus pflichtwidrigen Handlungen der Staatsdiener hervorgegangenen Nachtheile Einzelner und Verletzungen der subjectiven Berechtigungen den Staat angehen bezw. auch diesen dem Verletzten gegenüber verpflichten. Es können nun diese Verletzungen zweierlei Art sein: staatsrechtlicher und privatrechtlicher, die politische Rechtssphäre des Individuum als des „Unterthanen" oder dessen privatrechtlichen Beziehungen widerrechtlich verletzen. So hat die Frage nach der Verpflichtung des Staates aus den rechtswidrigen Handlungen des Staatsdieners auf jenem Gebiete das Staatsrecht, auf diesem das Privatrecht zu entscheiden, dort die Regirungsgewalt durch ihre Organe, hier die bürgerlichen Gerichte in dem civilrechtlichen Verfahren; dort müssen die Regeln des öffentlichen Rechtes, hier die des Civilrechtes das Urtheil fällen.*)

1) Ausser der älteren nur privatrechtliche Anschauungen vertretenden Literatur (Zachariä, Deutsches Staatsrecht Bd. II §. 140) s. Sundheim von der Haftungsverbindlichkeit des Staats für Schadensstiftung seiner Beamten (1827); Heffter, Beiträge zum deutschen Staats- und Fürstenrechte S. 160 ff. und Archiv des Criminalrechts, Jahrgang 1851 S. 445 ff.; Pfeiffer, Praktische Ausführungen Bd. II S. 361 ff. Bd. III S. 380 ff. 519 ff.; Reuscher in der Zeitschrift für deutsches Recht Bd. II S. 168 ff.; Perthes, der Staatsdienst in Preussen S. 129 ff.; Zachariä, in der Zeitschrift für die gesammten Staatswissenschaften Bd. XIX S. 582; Zöpfl, Grundsätze Bd. II §. 520; Zachariä a. a. O.

2) Während die persönliche Haftverbindlichkeit des Beamten für alle aus seinem dienst- oder gesetzwidrigen Handlungen hervorgehenden Beschädigungen direct oder indirect, ausdrücklich oder stillschweigend, in den deutschen Verfassungsgesetzen anerkannt worden, fehlt in den deutschen Verfassungsurkunden wie überhaupt im gemeinen Rechte ein allgemeines Prinzip, dass der Staat eo ipso d. h. ohne Intervention civilrechtlicher

2. Anwendung des Prinzips.

A. Auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes.

§. 722.

Handlungen oder Unterlassungen der Staatsdiener, welche die politische Rechtssphäre eines Unterthanen verletzen, also in dessen staatsrechtliche

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Gründe aus den Handlungen seiner Beamten zur Schadloshaltung der von diesen Verletzten verpflichtet sei. Das richtige Prinzip, dass civilrechtliche Ansprüche an den Beamten, mögen sie durch dessen ordnungswidrige Dienstführung oder sonst begründet sein, lediglich Sache des gerichtlichen Verfahrens sind, ist unbestritten. Es handelt sich nur darum, unter welchen Bedingungen und inwieweit auch der Staat diesen, nicht gegen ihn direct begründeten Ansprüchen verhaftet sei. Das Coburg-Gothasche Staatsgrundgesetz bestimmt allerdings §. 68: „Für die Schäden, welche einem Staatsangehörigen durch die Arglist oder grobe Verschuldung der Staatsbeamten als solcher verursacht werden, hat der Staat insofern nicht besondere Gesetze in gewissen Fällen eine unmittelbare Vertretungsverbindlichkeit desselben festsetzen dann zu haften, wenn der Beschädigte den Schadenersatz vom schuldigen Beamten nicht zn erlangen vermag. Die desfallsigen Entchädigungsansprüche an den Staat sind jedoch schon nach Ablauf von fünf Jahren nach Eintritt des beschädigenden Ereignisses als erloschen zu betrachten.“ Wenn aber das positive Staatsrecht nicht ein Anderes ausdrücklich bestimmt, so kann von einer Haftverbindlichkeit des Staates aus den Handlungen seiner Beamten nur im civilrechtlichen Sinne die Rede sein und hat darüber nur das Privatrecht vor den ordentlichen Gerichten zu entscheiden. So verweist die Braunschweigsche Neue Landschaftsordnung §. 197 die Frage, welche Entschädigung vom Staate demjenigen gebühre, welcher durch Handlungen der Regirungs- und Verwaltungsbehörden in seinen wohlerworbenen Rechten verletzt ist, lediglich an die Entscheidung der Gerichte ohne Zulassung eines Competenzconflictes," und zwar mit dem Hinzufügen, dass die verfassungsmässige Erlassung gesetzlicher Vorschriften zu keiner anderen als der im Gesetze bestimmten Entschädigung berechtigen könne (sehr unverständlich). Hiernach würde also der Staat nur aus den der civilrechtlichen Cognition der Gerichte unterstellten Gründen haftbar sein können. Vergl. auch Sächsisches Verfassungsgesetz §. 49: „Jedem, der sich durch einen Act der Staatsverwaltung in seinen Rechten verletzt glaubt, steht der Rechtsweg offen," in Verbindung mit §. 50: „Der Fiscus nimmt in allen ihn betreffenden Rechtsstreitigkeiten Recht vor den ordentlichen Landesgerichten." Was in jenem §. 49 von „Acten der Staatsverwaltung“ gilt, muss selbstverständlich noch mehr gelten, wenn es sich um Verpflichtungen des Staates aus Privatrechte verletzenden Handlungen seiner Staatsdiener handelt, Das Hannoversche Landesverfassungsgesetz von 1840 §. 40 sprach das Prinzip dahin aus: „Sind durch unrichtige oder unbefugte Anwendung oder Auslegung der Staatsverträge oder Gesetze oder auf sonstige Weise von einer Verwaltungsbehörde widerrechtlich Privatrechte verletzt und zugleich die Erfordernisse einer Entschädigungs-Verbindlichkeit nach privatrechtlichen Grundsätzen vorhanden, so kann die Verwaltungsbehörde auf Schadensersatz belangt werden." Das Gesetz vom 5. September 1848 §. 10 substituirte dieser Bestimmung das allgemeinere Prinzip, dass gegen Verwaltungsbehörden, welche ausserhalb ihrer Competenz gehandelt, geeigneten Falles" auf Schadensersatz erkannt werden könne. Von einer absoluten oder staatsrechtlichen Haftverbindlichkeit des Staates war keine Rede.

Befugnisse widerrechtlich hineingreifen, ') können nicht als Act der Staatsgewalt gelten und kann diese nicht verpflichtet sein, dieselben in der Weise anzuerkennen, dass der Verletzte gegen sie als ein selbst, wenn auch nur unmittelbar oder eventuell verschuldetes Subject einen rechtsbegründeten Anspruch besitze. Dem politisch Verletzten steht ein anderes Recht dem Staat gegenüber nicht zu, als die Gewährung der ihm nach den Grundsätzen des öffentlichen Rechtes dieses Staates zustehenden politischen Rechte, und die Vorenthaltung oder Kränkung dieser Rechte - z. B. durch unbefugte Heranziehung zur Militairpflicht oder zur Steuerzahlung, oder durch widerrechtliche Versagung der staatsbürgerlichen Rechte, welche sich einzelne Beamte zu Schulden kommen lassen, sind nur Handlungen dieser Beamten und machen nur diese verantwortlich. Diese Verantwortlichkeit kann auch eine zwiefache sein: eine staatsrechtliche, welche der Regirungsgewalt gegenüber sich geltend macht und welche den Schuldigen vor dieser zur Verantwortung zieht, und eine privatrechtliche, welche der Verletzte durch die civilrechtliche Klage auf Entschädigung vor den Gerichten verfolgt. Jene politische Verantwortlichkeit des Staatsdieners wird von dem Staate sei es im strafgerichtlichen oder in einem administrativen Verfahren geltend gemacht; das Recht des Verletzten kann nur in der Beschwerde wider den schuldigen Beamten und nur in dem Anspruch auf Restitution des verletzten politischen Rechtes bestehen. Zu einem Anderen kann der Staat nicht verpflichtet sein, dieses aber ist seine selbstverständliche Pflicht.")

B. Auf dem Gebiete des Privatrechts.

§. 723.

Verletzungen der privatrechtlichen Sphäre, deren ein Staatsdiener sich schuldig gemacht, begründen allemal das Recht des Verletzten, den dadurch begründeten civilrechtlichen Anspruch vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen und im civilprozessualischen Wege Restitution der verletzten privatrechtlichen Verhältnisse nachzusuchen.") Wenn nun, wie der

1) Bei der Behandlung dieser Frage wird sonst nur unterschieden zwischen den Handlungen des Beamten bei der Verrichtung privatrechtlicher Geschäfte für den Staat (Fiscus) und den Handlungen, welche der Beamte in seiner staatsrechtlichen Stellung den Unterthanen gegenüber vorgenommen. Im Texte wird aber zwischen den Verletzungen der politischen und denen der privatrechtlichen Rechtssphäre des Individuum unterschieden. in der Hoffnung, dass dadurch diese höchst streitige Frage richtiger gefasst wird.

2) z. B. würde eine widerrechtliche Einstellung in die Armee eine Beschwerde über das Verfahren des Beamten begründen und dessen Verantwortlichkeit gegen den Staat geltend machen, aber zugleich den seinem Erwerbe Entzogenen zu einer Klage auf Ersatz des dadurch erlittenen Vermögensnachtheils vor dem Gerichte berechtigen. Ebenso würde es bei einer widerrechtlichen Entziehung der Freiheit oder ungerechtfertigten Ausdehnung der Haft sich stellen.

3) S. oben §. 700.

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