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in das Strafverfahren führte unmittelbar zu den Einrichtungen der Staatsanwaltschaften.')

c. Vollstreckung der Urtheile.

aa. Im Strafverfahren.

§. 664.

Wie das Urtheil des Gerichts der Aufrechthaltung und Wiederherstellung des öffentlichen Rechts, der absoluten Rechtsordnung, galt, so ist auch die Staatsgewalt verpflichtet, das gerichtliche Urtheil zu vollstrecken und der Gerechtigkeit die Sühne zu verschaffen, welche allein in der Vollstreckung der Strafe als der thatsächlichen Restitution der verletzten Rechtsordnung gefunden werden kann. An dem Inhalt der Urtheile hat aber die Staatsgewalt Nichts zu ändern, sie wollen vielmehr so, wie sie verkündet und rechtskräftig geworden, vollstreckt werden. Zwar gilt in manchen Staaten noch, dass wenigstens die in schweren peinlichen Fällen ergangenen, namentlich auf Todesstrafe lautenden Erkenntnisse vor deren Vollziehung der Genehmigung des Repräsentanten der Staatsgewalt bedürfen, allein diese Bestimmung berührt nicht die Rechtskraft der Erkenntnisse der Criminalgerichte, sondern eröffnet der Staatsgewalt nur eine besondere Gelegenheit, von dem Rechte der Begnadigung Gebrauch zu machen.*)

wälten, Advocaten, Notaren und Gerichtsvögten einerseits und ihren Vollmachtgebern andrerseits; 4) wenn eine der Parteien unter Vormundschaft oder Curatel steht; 5) in Sachen, welche den Personenstand betreffen; 6) wenn eine Urkunde als falsch oder verfälscht angegriffen wird; 7) bei Nichtigkeits- und Restitutionsklagen sollen die Acten der Regel nach wenigstens drei Tage vor der mündlichen Verhandlung der Sache der Staatsanwaltschaft mitgetheilt werden, um derselben Gelegenheit zu gewähren, soweit ihr solches angemessen erscheint, ihre gutachtliche Erklärung abzugeben. Die Staatsanwaltschaft ist ausserdem berechtigt, in allen übrigen Sachen die gleiche Mittheilung zu begehren und das Gericht kann selbst von Amtswegen dieselbe verordnen." Hinsichtlich der strafprozessualischen Bedeutung der Staatsanwaltschaften vergl. die Preussische Verordnung vom 3. Januar 1849.

1) Vergl. die Preussische Verordnung vom 3. Januar 1849 §. 1.

2) Sehr richtig drückten das Prinzip aus Würtembergsches Verfassungsgesetz §. 96: Die Erkenntnisse der Criminalgerichte bedürfen, um in Rechtskraft überzugehen, keiner Bestätigung des Regenten;" §. 97: „Dagegen steht dem Könige zu, Straferkenntnisse vermöge des Begnadigungsrechtes - aufzuheben oder zu mildern. Es sind daher die Criminalgerichte verbunden, in schweren Fällen die Acten sammt ihrem Erkenntnisse vor der Eröffnung desselben dem Könige zum Behuf einer etwaigen Begnadigung vorzulegen," und Braunschweigsche Neue Landschaftsordnung §. 193: „Die Strafurtheile der Gerichtshöfe bedürfen keiner Bestätigung des Landesfürsten, doch soll die Vollziehung der durch das Gesetz bezeichneten schweren peinlichen Strafen nur nach landes fürstlicher Genehmigung erfolgen." Vergl. auch Altenburgsches Grundgesetz §. 8:,,Ohne des Herzogs Bestätigung darf kein Urtheil vollzogen

bb. Im Civilprocess.

§. 665.

Die Ausführung der von den Gerichten rechtskräftig gesprochenen Urtheile ist auf dem Gebiete des Privatrechtes unmittelbar und zunächst die Sache der Gerichte. Wenn diese erkannt haben, was das Recht der einen oder der anderen Partei sei, so haben sie nun auch dafür zu sorgen, dass dieses Recht zur objectiven Thatsache werde. Wie aber die Civilgerichte nur im Interesse der Privatpersonen und nur auf deren Antrag thätig werden, so ist auch die Verwirklichung des von ihnen als subjectives Recht Erkannten von dem Antrage der dazu berechtigten Partei abhängig. Unterbleibt ein solcher Antrag, so ist es nicht die Pflicht auch nicht das Recht der Gerichte, für die Ausführung ihrer Urtheile zu sorgen, sondern es ruht ihre Thätigkeit nach der Verkündigung des Urtheils, und zwar mit um so grösserem Rechte, als dem Verzichte der berechtigten Person auf Verwirklichung des Richterspruches Nichts entgegensteht. Falls aber die Gerichte zur Vollstreckung ihrer privatrechtlichen Entscheidungen zu schreiten haben, eröffnet sich insofern Anlass zu einer Mitbethätigung der Staatsgewalt, als sie der Autorität des Rechtes schuldet, dem in rechtskräftiger Form gesprochenen Urtheile der Gerirhte die unweigerliche Folge zu sichern und dieser, wenn und so weit es erforderlich, auch seine äussere Macht zur Hülfe zu leihen, so wie überhaupt das gerichtliche Verfahren mit seiner Macht zu schützen.')

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In einigen Staaten findet sich als die höchste berathende Behörde der Krone der Staatsrath oder Geheimrath.) Derselbe besteht aus

werden" (,,Genehmigung" anstatt,,Bestätigung" würde unzweideutiger sein). Die meisten der hierher gehörigen gesetzlichen Bestimmungen sind in den Strafprozessordnungen enthalten. Vergl. Zachariä, Deutsches Staatsrecht Th. II §. 172 Note 14 bis 16.

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1) Vergl. (Kurhessisches Verfassungsgesetz §. 123: „Die Gerichte sollen in ihrem Verfahren, namentlich auch in der Vollziehung ihrer Verfügungen und Urtheile jedoch ohne Eintrag für die Verfügungen der höheren Gerichtsbehörden und unbeschadet des landesherrlichen Begnadigungsrechtes geschützt und soll ihnen hiezu von allen Civil- und Militairbehörden der gebührende Beistand geleistet werden;") Braunschweigsche Neue Landschaftsordnung §. 193 und 194; Oldenburgsches Revidirtes Staatsgrundgesetz Art. 93 §. 2: „Die Gerichte sind berechtigt, den Schutz und zur Ausführung ihrer Verfügungen den Beistand der bürgerlichen und militairischen Behörden zu verlangen;" Gesetz für Reuss j. L. vom 20. Juni 1856 §. 43; Bremensches Verfassungsgesetz von 1854 §. 69:,,Den Entscheidungen derselben (der Gerichte) innerhalb der Grenzen ihrer Competenz muss von allen Behörden Anerkennung gewährt werden.“

2) Preussische Königliche Verordnung vom 27. October 1810, vom 20. März 1817

den Staatsministerien und den durch das Vertrauen des Souverains berufenen Mitgliedern') und hat vorwiegend nur den Beruf, den Souverain in wichtigen Angelegenheiten der Gesetzgebung oder Verwaltung gutachtlich zu berathen.2) Indess fehlt ihm auch die Befugniss zu entscheiden und

und 6. Januar 1848; Würtembergsches Verfassungsgesetz §. 54; Luxemburgsches Art. 76 Abs. 2; Braunschweigsche Neue Landschaftsordnung §. 159. Das Sächsische Verfassungsgesetz §. 41 Abs. 4 sagt nur: „Es kann ein Staatsrath gebildet werden, zu welchem ausser den Vorständen der Ministerial-Departements diejenigen Personen gezogen werden, welche der König geeignet findet." Die Einrichtung des Staatsrathes bestand auch im Königreich Hannover (Landesverfassungsgesetz §. 169) und im Kurfürstenthum Hessen (Verfassungsgesetz von 1832 §. 109 ff.). Uebrigens bezeichnet der Ausdruck „Geheimrath in einigen Staaten auch wohl das Gesammt-Ministerium.

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1) Sächsisches Verfassungsgesetz 1. c.; Würtembergsches §. 55 und 57; Braunschweigsche Neue Landschaftsordnung §. 159 Abs. 2. Im Königreich Preussen besteht der Staatsrath (nach den Unterbrechungen in Folge des Jahres 1848 seit dem 4. Juli 1854 wieder in Wirksamkeit) aus den Prinzen des Königlichen Hauses, welche das 18. Lebensjahr vollendet haben, aus dem vom Könige ernannten Präsidenten, den Feldmarschällen, den Staatsministern, dem Staats-Secretair, dem Chef des Obertribunals, dem ersten Präsidenten der Ober-Rechnungskammer, dem Geheimen Cabinetsrath, dem den Vortrag in Militairsachen beim Könige habenden Officier, den commandirenden Generalen und den Ober-Präsidenten der Provinzen, und endlich aus Staatsdienern, welchen der König aus besonderem Vertrauen Sitz und Stimme im Staatsrath beilegt. Vergl. Verordnung vom 20. März 1817 §. 4.

2) Würtembergsches Verfassungsgesetz §. 58: Alle dem Könige vorzulegenden Vorschläge der Minister in wichtigen Angelegenheiten, namentlich in solchen, welche auf die Staatsverfassung, die Organisation der Behörden und die Abänderung der TerritorialEintheilung oder auf die Staatsverwaltung im Allgemeinen und die Normen derselben sich beziehen, wie auch in Gegenständen der Gesetzgebung und allgemeiner Verordnungen, so weit es sich von deren Erlassung, Abänderung, Aufhebung oder authentischer Erklärung handelt, müssen, sofern nicht bei Gegenständen des Departements der auswärtigen Angelegenheiten oder des Kriegswesens die Natur der Sache eine Ausnahme begründet, in dem Geheimenrathe zur Berathung vorgetragen und mit dessen Gutachten begleitet an den König gebracht werden;" §. 59: „Uebrigens gehören zu dem Geschäftskreise des Geheimenraths als berathender Behörde: 1) alle ständischen Angelegenheiten; 2) Anträge auf Entlassung oder Zurücksetzung eines Staatsdieners nach §. 47; 3) Competenzstreitigkeiten zwischen den Justiz- und Verwaltungsbehörden; 4) die Verhältnisse der Kirche zum Staate oder auch Streitigkeiten einzelner Kirchen unter einander, wenn die Centralstellen dieser Kirchen sich nicht vereinigen können; 5) alles, was dem Geheimenrathe von dem Könige zur Berathung besonders aufgetragen wird;" Luxemburgsches Art: 76 Abs. 2: un conseil appelé à délibérer sur les projets de loi et les amendements qui pourraient y être proposés, ainsi que sur les contestations concernant la légalité des arrêtés et règlements généraux; à régler les conflits d'attribution et les questions du contentieux administratif; et à donner son avis sur toutes autres questions qui lui seront déférées par le Roi Grand-Duc ou par les lois;" Braunschweigsche Neue Landschaftsordnung §. 159 Abs. 1: „Zur Berathung der Gesetzentwürfe und anderer wichtigen Angelegenheiten und zur Entscheidung der zwischen den Verwaltungsbehörden und Gerichten eintretenden Competenzstreitigkeiten soll eine Commission bestehen." Vergl. Gesetz über die Organisation der Ministerial-Commission Grotefend, Staatsrecht.

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zu verfügen nicht gänzlich, nur ist jenes die nächste und hauptsächlichste Bestimmung des Staatsrathes.') Des Einzelnen ist aber lediglich auf die positive Gesetzgebung der einzelnen Staaten zu verweisen. Nur in einiger Hinsicht ersetzen den Staatsrath im Königreich Preussen die Kronsyndici, deren Beruf aber nur ist, wichtige Rechtsfragen auf Veranlassung des Königs zu begutachten und rechtliche Angelegenheiten des Herrenhauses zu prüfen und zu erledigen.")

B. Hülfs-Staatsdienst.

§. 667.

Zurückgreifend auf ein echt germanisches Element der Organisation der öffentlichen Verwaltung) ist es die Tendenz der neuesten Entwicklung der Organisation des Staatsdienstwesens, an der Verrichtung der staatsdienstlichen Functionen die dabei betheiligten Unterthanen selbst einen bestimmten Antheil nehmen zu lassen. In dem Institute der Schöffen und der Geschworenen) stellt sich nicht eine Species des eigentlichen Staatsdienstes dar, sondern dasselbe ist vielmehr nur eine Pertinenz eines bestimmten Organes der Staatsregirung und nur dazu bestimmt, dieses Organ in der Erfüllung seines Berufes zu unterstützen. Der Begriff des Staatsdienstes erfüllt sich in demselben, insofern der Beruf der Schöffen und Geschworenen ein Moment der Regirungsgewalt enthält; der Mangel der selbstelligen Bethätigung begründet dagegen eine Begriffsverschiedenheit, welche in der Bezeichnung dieses Staatsdienstverkältnisses als eines Hülfs

vom 12. October 1832. Das Gesetz vom 19. Mai 1851 überwies aber die Entscheidung von Competenzconflicten einem besonderen Gerichtshofe.

1) Würtembergsches Verfassungsgesetz §. 60: „Als entscheidende und verfügende Behörde wirkt der Geheimerath: 1) bei Recursen von Verfügungen der Departementsminister, wobei jedesmal die Vorstände des Obertribunals zuzuziehen sind; 2) bei Recursen von Straferkenntnissen der Administrativstellen, wobei sechs Rechtsgelehrte zugegen sein müssen, deren Zahl erforderlichen Falls durch Mitglieder des Obertribunals vom Präsidenten abwärts zu ergänzen ist; 3) im Falle des §. 30 (der Zwangsenteignung von Vermögensrechten zu Staatszwecken).“ Vergl. auch das Luxemburgsche Verfassungsgesetz Art. 76 Abs. 2: „à régler les conflits d'attribution et les questions du contentieux administratif.“ Auch der Preussische Staatsrath ist nur die höchste berathende Behörde für die Krone, ohne jeglichen Antheil an der Staatsverwaltung. Es liegt eben in dem Ermessen des Königs, wann und über welche Angelegenheiten, namentlich auch Gesetzentwürfe er das Gutachten des Staatsrathes einholen will (Verordnung vom 20. März 1817 §. 2).

2) Preussische Verordnung wegen Bildung der Ersten Kammer vom 12. October 1854 §. 3. Die Preussischen Kronsyndici sind weder eine eigentliche Behörde noch eine gesetzliche Institution.

3) Das Oldenburgsche Revidirte Staatsgrundgesetz spricht von einer Ordnung der Verhältnisse des Staatsdienstes in volksthümlicher Umgestaltung."

4) S. oben §. 99.

Staatsdienstes sich darstellt. Das Besondere dieser Art des Staatsdienstes zeigt sich auch in der Verpflichtung der Unterthanen, diese Dienste zu übernehmen, während sonst die Uebertragung eines Staatsamtes nicht wider den Willen des damit Bedachten geschehen kann.')

IV. Der persönliche Staatsdienst.

1. Begriff.

§. 668.

Die Nothwendigkeit einer continuirlichen Versehung der Staatsämter führt unmittelbar zu dem Grundsatze, dass ein jedes Staatsamt in jedem Augenblicke so besetzt sein muss, dass der Beruf desselben auch in der That erfüllt werden kann. Rücksichten der Praxis haben zwar die provisorische oder interimistische Besetzung der Aemter als unvermeidlich erscheinen lassen, es muss indess immer die Regel und das Prinzip sein, ein jedes Staatsamt definitiv besetzt zu halten.) Die Uebertragung eines Staatsamtes auf eine bestimmte Person macht diese zum Staatsdiener oder begründet die Eigenschaft der persönlichen Staatsdienerschaft. Diese setzt demnach stets die Bekleidung eines Staatsamtes im staatsrechtlichen Sinne voraus. Die Verrichtung eines einzelnen Staatsdienstes verleiht diese Eigenschaft noch nicht, wenngleich sie vielleicht besondere Beziehungen zwischen dem Staate und diesem Individuum begründet. Ebenso eignet auch Demjenigen, welcher nur bei einem Staatsamte - etwa zur Vorbereitung zu dem Staatsdienste ohne die Verrichtungen dieses kraft der staatlichen Ermächtigung versehen zu dürfen oder zu können angestellt ist, die Qualification des Staatsdieners nicht. Ob dagegen ein Staatsamt definitiv oder nur provisorisch übertragen, relevirt für den Begriff der persönlichen Staatsdienerschaft nicht, wiewohl in anderen Hinsichten dieser Unterschied nicht gleichgültig sein mag.")

1) S. unten §. 673.

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2) Wenn auch das Verfassungsgesetz Anlass nahm, dieses selbstverständliche Prinzip auszusprechen, so mag damit auf allerlei Inconvenienzen der landesherrlichen Regirungsmaxime gedeutet sein. Es ist nicht zufällig, dass von den deutschen Verfassungsgesetzen namentlich das Kurhessische von 1831 die Aufnahme solcher Grundsätze wie §. 55: Alle erledigten Stellen sollen so bald als thunlich dem betreffenden Etat gemäss wieder besetzt werden," oder §. 107: „Keines dieser (Ministerial-) Departements darf jemals ohne verantwortlichen Vorstand sein", nicht für überflüssig hielt. Auch das Oldenburgsche Revidirte Staatsgrundgesetz Art. 104 bekannte sich wenigstens für den Zeitpunkt der Einführung einer neuen Gerichtsverfassung zu dem Grundsatze, dass ordentliche Richterstellen bei ihrer Erledigung sofort wieder definitiv besetzt werden sollen.

3) Nicht selten ist es Grundsatz, dass ein Staatsdiener während einer bestimmten

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