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Rechtes nicht näher bezeichnen und nur das behaupten, dass die Mitregentschaft nicht eine Theilung der souverainen Gewalt, welche in ihrer ganzen Fülle in der Person des Souverains vereinigt bleibt, ist, sowie auch, dass dieselbe als durchaus öffentlichen Rechtes nicht von dem Begriffe eines condominium pro indiviso ') gedeckt wird. Vielmehr ist die Annahme eines Mitregenten nur die Zuhülfenahme seiner Kraft zur Geltendmachung der Souverainetätsrechte und falls der Mitregent etwa der Thronfolger sein sollte, eine in so beschränktem Sinne vorgenommene Anticipation der Thronfolge.) Dennoch gehört aber die Bestellung einer Mitregentschaft nicht zu den Gründen, welche den Besitz der Souverainetätsrechte aufheben könnten.3)

2. Regentschaft.')

A. Begriff und Wesen.
§. 423.

Das Prinzip der untrennbaren Vereinigung aller Souverainetätsrechte zu dem ausschliesslichen Besitze des Monarchen ist von den deutschen Staaten niemals anders verstanden, als dass nur das materielle Recht des Staates in dieser einen Person sich verkörpert, und ist es ein ebenso allgemeines Prinzip, dass die thatsächliche Ausübung jenes Rechts unbeschadet des monarchischen Prinzipes durch eine andere, den Souverain vertretende Person geschehen kann. Die Zulässigkeit einer stellvertretenden Regirung ist in allen deutschen Staaten Rechtens, sowie die Verfassungsgesetze eine bestimmtere gesetzliche Gestaltung des staatsrechtlichen Instituts der stellvertretenden Regirung oder der Regentschaft (Reichs- oder Regirungsverwesung) sich haben angelegen sein lassen. Dabei sind dieselben zum Theil von der Verbindung dieses Rechtsinstitutes mit dem rein- privatrechtlichen der Vormundschaft ausgegangen und haben so die privat- und familienrechtliche Bevormundung des Souverains mit der im Prinzipe und Wesen so grundverschiedenen Verwesung der Regirung verschmolzen. Es ist daher eine wesentliche Aufgabe der staatsrechtlichen Wissenschaft wieder zu scheiden und der Regentschaft als der stellvertretenden Regirung des Staates die gebührende Selbständigkeit zu sichern.")

1) Wie Weiss, System § 266 Note c denkt.

2) Weiss a. a. O. §. 266.

) Wie Weiss a. a. O. die Sache darstellt.

1) Klüber, Oeffentliches Recht §. 247, II-IV, Weiss, System §. 249; Maurenbrecher, Grundsätze §. 248 ff.; Zöpfl, Grundsätze §. 238 ff.; Held, System Th. II. S. 276 ff.; Zachariä, Deutsches Staatsrecht §. 80 ff.

5) So ist es in dem Altenburgischen Grundgesetze §. 17 und in der Braunschweigischen Neuen Landschaftsordnung §. 16, welche von der Regentschaft unter

B. Gründe ihres Eintretens.

§. 424.

Eine Vertretung des Souverains in der Regirung kann aus dem freiwilligen Entschlusse des Monarchen angeordnet werden, oder aber aus objectiven Gründen nothwendig sein und bestellt werden müssen. Es unterscheidet sich demnach die freiwillige Regentschaftsanordnung von der nothwendigen: ein Unterschied, welcher nicht ohne praktische Bedeutung ist und namentlich bei der Bestimmung des persönlichen Regenten (in diesem technischen Sinne) von besonderem Einfluss ist. Die nothwendige Regentschaft tritt in den Fällen der Verhinderung des Souverains an der Selbstregirung ein und kann also so mannichfache Gründe haben, wie diese. Im Allgemeinen sondern sich diese, je nachdem sie in persönlichen Eigenschaften des Souverains oder in seiner Person selbst liegen, oder durch äussere Zuständlichkeiten, in denen sich der Monarch befindet, begründet sind. Zu jener Gruppe gehören die Minderjährigkeit und die persönliche Unfähigkeit zur Regirungsführung, zu dieser die Gründe einer sonstigen Verhinderung des Souverains, und es stellen sich als die Gründe einer nothwendigen Regentschaft die Regirungsunmündigkeit des Souverains neben dessen Regirungsunfähigkeit und die Verhinderungen desselben zur Selbstregirung aus anderen Gründen.

a. Freiwilliger Entschluss.

§. 425.

Die Ausübung der Regirungsrechte ist das Recht und die Pflicht des Monarchen, aber es ist wohl als eine allgemeine Praxis aller deutschen Staaten zu betrachten, dass es dem Souverain auch freistehe, sich zeitweilig in der Ausübung seiner souverainen Rechte aus freiestem Entschluss vertreten zu lassen. Die Befugniss zur Anordnung einer solchen freiwilligen Stellvertretung, in der thatsächlichen Führung der Regirung, wird dem Souverain nur in wenigen deutschen Staaten ausdrücklich eingeräumt.')

dem Rubrum „Vormundschaft" handeln, obwohl auch in diesem Falle dieses familienrechtliche Institut von jenem rein politischen wohl zu unterscheiden sein würde. Verkehrt ist es aber, wenn auch die wissenschaftliche Darstellung des Rechtes der stellvertretenden Regirung nur unter dem Titel „Vormundschaft" erwähnt, wie z. B. Zöpfl's Grundsätze §. 238.

') Wenn die Luxemburgsche Constitution Art. 42: Le Roi Grand-Duc peut se faire représenter par Prince du sang, qui aura le titre de Lieutenant du Roi et résidera dans le Grand-Duché", die Befugniss des König-Grossherzogs im weitesten Umfange anerkennt, so erklärt sich dieses aus der völkerrechtlichen Stellung Luxemburgs zu dem Königreich der Niederlande. Diejenigen Verfassungsgesetze, welche eine Stellvertretung

und es lässt sich aus dem Buchstaben der Verfassungsgesetze nicht nachweisen, ob dasselbe ein selbstverständliches Recht jedes Souverains sei. Ist es auch ein allgemein rechtlicher Cardinalsatz, dass der Monarch sich mit der Souverainetät des Staates ebenso eng verbunden erachten muss, wie die fürstliche Würde im innigsten Zusammenhange mit dem ganzen Staatswesen steht, und dass darum der Monarch, so lange er dieses ist, den Posten nicht verlassen darf, so ist doch andererseits demselben auch die Freiheit nicht wohl zu beschränken, welche ein jeder Beamter nach Recht und Billigkeit beansprucht, auch einmal, vielleicht aus höchst persönlichen Gründen, die Last des Regimentes auf einige Zeit von sich fern zu halten und sich eine Zeit politischer Musse zu verschaffen. Jedenfalls aber dürfte ein solches Otium nur als Ausnahme und nicht ohne dringenden Grund gesucht werden.

§. 426.

Die stellvertretende Regirung, welche der Souverain für sich selbst aus freiem Entschlusse bestellt, ist im Wesen von der rechtlich nothwendigen Anordnung einer Regentschaft verschieden, und wird darum auch wohl von der Gesetzgebung nicht mit diesem Ausdrucke bezeichnet.') Jene ist ein wirklicher Auftrag des Souverains, und können auch die Befugnisse des stellvertretenden Regenten nur aus dem Inhalt dieses Auftrages bemessen werden. Während bei der nothwendigen Regentschaft die gesammten Souverainetätsrechte an Stelle des Souverains durch den Regenten aus objectiven Gründen geübt werden, um das Leben des Staates und seine rechtliche Ordnung nicht zu unterbrechen, findet in diesem Falle nur eine freiwillige Uebertragung der nach wie vor bei der Person des Souverains verbleibenden Regirungsgewalt und aus höchst persönlichen Gründen Statt und hängt es lediglich von dem Souverain ab, in welchem Umfange er seine Regirungsgewalt zeitweilig intermittiren will. Selbstverständlich darf aber die Bevollmächtigung der stellvertretenden Regirung nur innerhalb der eigenen Rechte des Souverains sich halten, da wie Niemand so auch der Souverain nicht mehr Rechte übertragen kann, als er selbst besitzt.")

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in der Regirung nur für den Fall der Verhinderung des Souverains" gestatten, wie z. B. das Sächsische §. 9, begründen dagegen eine solche Freiheit des Souverains nicht. ') Vergl. z. B. (Hannoversches Landesverfassungsgesetz §. 16 Abs 4: „Der König kann dem „Stellvertreter" keine ausgedehnteren Rechte übertragen, als einem „Regenten* in Gemässheit der nachfolgenden Vorschriften"). Auch das Coburg-Gothasche Staatsgrundgesetz gebraucht für einen solchen Vertreter des Landesherrn nicht den Ausdruck Regent", sondern „Statthalter"; vergl. daselbst §. 8 und 20. Andere Verfassungsgesetze machen indess einen solchen Unterschied nicht. Vergl z. B. Baiersches Verfassungsgesetz Tit. II. §. 11.

2) Vergl. (Hannoversches Landesverfassungsgetz §. 16 Abs. 1: „Bei längerer Abwesenheit des Königs aus dem Königreiche hat derselbe das Recht, eine Stellvertretung

§. 427.

Das freiere Wesen der freiwilligen Stellvertretung in der Regirung zeigt sich in dem Rechte einiger deutschen Staaten auch darin, dass es dem Entschlusse des Souverains überlassen bleibt, wem er die Regirung übertragen will. Indess harmoniren die deutschen Verfassungsgesetze in diesem Punkte nicht. Am Weitesten ging das hannoversche Staatsrecht, welches dem Könige sogar überliess, ob er die Stellvertretung einem Ministerrathe oder einer Person anvertrauen wolle, und im letzteren Falle nur die Erfüllung der persönlichen Erfordernisse, welche sich in der Person eines Regenten erfüllen müssen, erforderte.') Auf entgegengesetztem Standpunkte befindet sich dagegen das Recht anderer Staaten, welches auch in diesem Falle die für den Fall der Minderjährigkeit des Souverains bestimmte gesetzliche Regentschaft eintreten lässt, 2) und ist dieses auch wohl als der Standpunkt derjenigen Verfassungsgesetze zu betrachten, welche das Substitutionsrecht des Souverains anerkennen, ohne für dasselbe besondere Vorschriften aufgenommen zu haben.

b. Regirungsunmündigkeit und Regirungsunfähigkeit des Souverains.

§. 428.

Die Regirungsunmündigkeit und die persönliche Regirungsunfähigkeit sind als die Gründe der Anordnung einer Regentschaft insofern von gleicher Bedeutung, als der Eintritt dieser die rechtlich nothwendige Folge jener Gründe ist und durch Niemandes Wollen abgewandt werden kann. Dennoch aber unterscheiden sich beide Gründe auch wieder in mancherlei Hinsicht. So ist zunächst die Minderjährigkeit ein unzweifelhafter, die Regirungsunfähigkeit aber ein erst zu beweisender oder doch formell zu constatirender persönlicher Zustand.") Alsdann ist die Regentschaft im Augenblicke der Volljährigkeit des Monarchen eo ipso erloschen, während die Endigung derselben in jenem anderen Falle ein formelles Verfahren, eben wie die Begründung, erfordert. Ferner ist es ein auch rechtlich nicht

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anzuordnen und deren Befugnisse zu bestimmen") und dazu den in vorhergehender Note abgedruckten Absatz 4; Oldenburgsches Revidirtes Staatsgrundgesetz Art. 16 §. 1: so führt der von ihm (dem Grossherzoge) zu ernennende Stellvertreter die Regirung nach den Bestimmungen des Staatsgrundgesetzes und den damit übereinstimmenden Vorschriften, die der Grossherzog ihm aus eigener freier Entschliessung ertheilen möchte. Es können jedoch dem Stellvertreter keine ausgedehnteren Rechte übertragen werden, als nach den Bestimmungen dieses Staatsgrundgesetzes einen Regenten zustehen (Art. 25)."

') (Hannoversches Landesverfassungsgesetz §. 16 Abs. 2 und 3).

2) Preussisches Verfassungsgestz Art. 56; Baiersches Tit. II. §. 11; Sächsisches §. 9 Abs. 1 und 2.

2) Oldenburgsches Revidirtes Staatsgrundgesetz Art 23 §. 1.

gleichgültiger Unterschied, dass die Dauer der Behinderung wegen Minderjährigkeit im Voraus zu übersehen ist, während die Dauer der übrigen Behinderungsgründe mehr oder weniger unberechenbar ist. Auch finden sich endlich höchst praktische Unterschiede zwischen jenen beiden Arten der Gründe einer persönlichen Regirungsbehinderung, indem in einigen Staaten je eine verschiedene Person zur Regentschaftsführung berufen wird.

c. Andere Gründe.
§. 429.

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Die,,anderen Gründe" der Verhinderung des Souverains zur Selbstregirung charakterisiren und praecisiren die deutschen Verfassungsgesetze grössten Theils gar nicht,') einige nur sehr allgemein. So ist der Eintritt der Regentschaft nach bairischem Rechte nur nothwendig, wenn der Monarch durch eine Ursache, die in ihrer Wirkung länger als ein Jahr dauert, an der Ausübung der Regirung gehindert werden sollte.) Mehre deutsche Staaten kennzeichnen dagegen den Verhinderungsgrund in mehr materieller Weise, wenn sie denselben nur im Falle der längeren Abwesenheit des Monarchen" anerkennen.) Unter diesen qualificirten Fällen der zeitweiligen oder auch dauernden Verhinderung des Souverains an der Ausübung seiner Souverainetätsrechte treten dann wieder diejenigen hervor, in welchen diese Anordnung noch durch ein besonderes politisches Interesse charakterisirt wird, wie durch die Absicht, die Gefahren zu vermeiden, welche durch den Uebergang der Regirung an einen auswärtigen (grösseren) Monarchen oder an einen fremden Fürsten für den Staat herbeigeführt werden könnten.")

1) Sächsisches Verfassungsgesetz §. 9; (Kurhessisches §. 7); Oldenburgsches Revidirtes Staatsgrundgesetz Art. 16 §. 1. Uebrigens ist es keineswegs ein positivrechtliches Dogma, dass die Nichtbeachtung der oben §. 410 ff. erwähnten Voraussetzungen der Selbstführung der Regirung nothwendig die Anordnung einer stellvertretenden Regirung zur Folge hat, da die Gesetze mit wenig Ausnahmen solche Bedingungen setzen, ohne die rechtliche Folge ihrer Nichterfüllung zu bestimmen, und die Frage offen lassen, ob nicht jene Bedingung die weitere Deferirung der Souverainetätsrechte selbst zur Folge haben soll. Zu Viel behauptet darum Zöpfl, Grundsätze §. 240. Für Coburg-Gotha ist z. B. der Verlust der Souverainetät selbst als die Folge anzusehen, wenn der Herzog seinen wesentlichen Aufenthalt im Herzogthum nicht nimmt, arg. Staatsgrundgesetz §. 8.

2) Baiersches Verfassungsgesetz Tit. II §. 11.

3) Vergl. die oben §. 416 Note 1 citirten Gesetzesstellen. Ein besonderes war es mit der Bestimmung im Hannoverschen Landesverfassungsgesetz §. 16, dass der König bei längerer Abwesenheit das Recht habe, einen Stellvertreter zu bestimmen. Hier ist also die längere Abwesenheit" nicht unter die Gründe einer nothwendigen Stellvertretung aufgenommen, sondern nur als möglicher Anlass zu einer freiwilligen Stellvertretung betrachtet

4) Baiersches Verfassungsgesetz Tit. II. §. 6 Abs. 2: „Kömmt aber die Krone an

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