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§. 341.

Seit der Auflösung des deutschen Bundes und in Folge der Errichtung des Norddeutschen Bundes giebt es dreierlei Arten des souverainen Rechtes der deutschen Monarchen, je nachdem die Staaten derselben dem Bunde zugehören oder nicht. Diejenigen deutschen Fürsten, welche dem Norddeutschen Bunde nicht angehören, sind im Besitze eines Souverainetätsrechtes, welches der Unabhängigkeit und völligen Selbständigkeit ihrer Staaten entspricht. Die im Norddeutschen Bunde stehenden Fürsten besitzen dagegen mit Ausnahme des Königs von Preussen nur das Recht in. der durch die Verfassung des Norddeutschen Bundes beschränkten Souverainetät, während der König von Preussen als das Bundes - Präsidium ein in demselben Masse erweitertes Souverainetätsrecht besitzt. Die Modificationen des souverainen Rechtes der zum Norddeutschen Bunde gehörenden Fürsten betreffen aber zugleich den materiellen') Inhalt und die formelle Geltendmachung dieses Rechtes. Diese Fürsten besitzen eben nur dasjenige materielle und formelle Souverainetätsrecht, welches und wie die Verfassung des Norddeutschen Bundes dasselbe gestaltete.2)

III. Die Ehrenrechte des Monarchen.3)

§. 342.

Die rechtliche und sittliche Macht und Würde des Souverains ist in den deutschen Staaten nicht minder wie in allen Staaten der Civilisation in mannichfacher Weise symbolisirt. Aeussere Ehrenzeichen in Wappen, Siegeln, Insignien, Bezeugungen der allgemeinen Ehrfurcht, auserwählte Abzeichen in der Kleidung und besondere Titel heben das Oberhaupt des Staates auch sichtbar aus der Menge des Volkes empor.) Der Souverain errichtet werden. Die Bundesconsuln üben für die in ihrem Bezirke nicht vertretenen Bundesstaaten die Functionen eines Landesconsuls aus. Die sämmtlichen bestehenden Landesconsulate werden aufgehoben, sobald die Organisation der Bundesconsulate dergestalt vollendet ist, dass die Vertretung der Einzel-Interessen aller Bundesstaaten als durch die Bundesconsulate gesichert von dem Bundesrathe anerkannt wird.“

1) Hinsichtlich des Einflusses des Norddeutschen Bundes auf das materielle Recht der Staatsgewalt s. die Darstellung dieses oben §. 110 ff. Von jenem Einflusse auf die Formen und Organe des Staatslebens wird später die Rede sein.

2) Auch die fürstlichen Mitglieder des Norddeutschen Bundes heissen souverain“, indess ist dieser Ausdruck in zwiefachem Sinne zu verstehen, je nachdem vom Könige von Preussen oder von anderen Bundesfürsten gesprochen wird Ebenso ist der Begriff der Souverainetät des Königs von Preussen als des Bundesoberhauptes nicht identisch mit dem der Souverainetät der süddeutschen Monarchen.

3) Weiss, System §. 261; Bluntschli, Allgem. Staatsrecht (2. Aufl.) Th. II. S. 59 ff. 4) Seltsam ist es das von Gottes Gnaden" als ein Ehrenrecht des Souverains zu deuten, wie von Weiss a. a. O. §. 261 geschehen. Vergl. oben §. 330.

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führt den Titel „Majestät", wenn er Kaiser oder König ist, oder „Königliche Hoheit", wenn er den Rang der Grossherzöge bekleidet, oder endlich „Hoheit“, beziehungsweise „Durchlaucht", wenn er nur herzoglichen oder fürstlichen Ranges ist. Dies sind Usancen mit mehr oder minder rechtlichem Charakter, welchem sich das gesammte Ceremonienwesen am fürstlichen Hofe und die mancherlei Ehrenbezeugungen der Unterthanen, namentlich der im Dienste des Königs und des Staates stehenden, anschliessen. Beruht ein Theil derselben auf den wandelbaren Anordnungen des Souverains, so ist doch der bei Weitem grössere Theil derselben in solcher Weise traditionell und allgemein gültig, dass wohl diese symbolischen Zeichen der Ehrfurcht und Unterthänigkeit gradezu als gewohnheitsrechtliche Normen betrachtet werden können. Zunächst erscheinen dieselben zwar nur als Aeusserlichkeiten, welche zum Theil auch und besonders dem völkerrechtlichen Verkehre angehören, indess ist auch ein politischer und staatsrechtlicher Werth denselben nicht abzusprechen, da auch der menschlichen Seite des Staates und seines Volkes Rechnung zu tragen und in dieser Hinsicht der Symbole nicht zu entbehren ist. Nur über die einzelnen Formen mag eine Meinungsverschiedenheit zulässig und auch die Praxis des öffentlichen Lebens verschieden sein.

§. 343.

In dem Ehrenrechte des Monarchen liegt auch die ausschliessliche Befugniss desselben, Andere mit politischen Ehrenrechten und Auszeichnungen zu beleihen. Das öffentliche Leben kann auch in gewissen Grenzen der äusseren Kennzeichnungen der politischen Tugenden nicht entrathen. Der Missbrauch, welcher mit solchen politischen Auszeichnungen nicht selten zur Schädigung des sittlichen Bewusstseins des Volkes und des öffentlichen Lebens überhaupt getrieben, hat freilich die Nothwendigkeit, das Mass dieser Auszeichnungen herabzudrücken, bewiesen, indess ist die Zweckmässigkeit derselben in richtigem Masse und in richtiger Weise nicht zu bestreiten und ist die Anwendung dieses in gewissem Sinne activen Ehrenrechtes des Staates in allen Monarchieen üblich. Die deutschen Verfassungsgesetze bekunden ausdrücklich, dass der Monarch allein das Recht habe, Titel, Orden und sonstige politische Ehrenrechte, sowie Standeserhöhungen zu verleihen, jedoch nur als die Symbole der fürstlichen Anerkennung der persönlichen Verdienste eines Unterthanen oder der etwa auch gegen Seinesgleichen geübten Gunstbezeugung, ohne staatsrechtliche Bedeutung.')

1) Vergl. Preussisches Verfassungsgesetz Art. 50: „Dem Könige steht die Verleihung von Orden und anderen mit Vorrechten nicht verbundenen Auszeichnungen zu“; Luxemburgsches Art. 40: „Le Roi-Grand-Duc a le droit de confèrer des titres de

IV. Das Vermögensrecht des Monarchen.

1. Begriff.
§. 344.

Wie der Staat selbst so bedarf auch der persönliche Repräsentant desselben zur Wahrung seiner äusseren Stellung und der damit wesentlich verbundenen Würde materieller Werthe und Mittel,') deren Grösse sich im Allgemeinen durch die politische Bedeutung dieser persönlichen Souverainetät bestimmt d. h. je nach der politischen Bedeutung des Staates selbst verschieden sein wird. Auch der Monarch als solcher steht in vermögensrechtlichen Beziehungen und eignet ihm ein Vermögensrecht, das sich wie auf der einen Seite von dem Vermögensrechte des Monarchen als einer Privatperson so auf der anderen Seite von dem Vermögensrechte des Staates begrifflich unterscheidet. Das Recht, welches die vermögensrechtlichen Verhältnisse des Monarchen als des persönlichen Repräsentanten der Staatsgewalt beherrscht, ist öffentliches Recht und ein Theil des Staatsrechts, während die dem Monarchen als einer privatrechtlichen Person

noblesse, sans pouvoir jamais y attacher aucun privilège"; Art. 41: „Le Roi-Grand-Duc confère des ordres civils et militaires en observant à cet égard ce que la loi prescrit“ (also z. B. Art. 11: „Il n'y a dans l'Etat aucune distinction d'ordres"); Braunschweigsche Neue Landschaftsordnung §. 10: „Der Landesfürst hat allein das Recht, Titel, Rang, Würden, gesetzlich zulässige Privilegien, Standeserhöhung und Ehrenzeichen zu verleihen. Titel, Rang, Würden, Privilegien, Standeserhöhungen und Ehrenzeichen, welche Landeseinwohnern von auswärtigen Regirungen verliehen werden, dürfen nur mit Zustimmung des Landesfürsten angenommen werden"; Oldenburgsches Revidirtes Staatsgrundgesetz Art. 9: Dem Grossherzoge steht die Belohnung ausgezeichneter Verdienste zu“. Vergl. auch als die ähnlichen Bestimmungen eines republikanischen Verfassungsgesetzes das Bremensche Verfassungsgesetz §. 17: „Titel, Aemter, Würden und Auszeichnungen, die einem Bremer von Seiten eines anderen Staates oder einer Behörde desselben ertheilt sind, werden nicht anerkannt, es sei denn, dass die Annahme derselben ausdrücklich vom Senate genehmigt wäre. Auch in diesem Falle werden dadurch keinerlei Befreiungen, Vorzüge oder Ansprüche vor anderen Staatsgenossen begründet." Selbst das Reichsverfassungsgesetz von 1849 bestritt dieses aktive Ehrenrecht der Souveraine nicht, beschränkte dasselbe indess durch Aufhebung aller nicht mit einem Amte verbundenen Titel und durch das Verbot der Annahme eines Ordens von einem auswärtigen Staate. Vergl. Reichsverfassungsgesetz von 1849 §. 137.

1) Das Prinzip als solches spricht das Preussische Allgemeine Landrecht Th. II. Tit. 13. §. 14 aus: „Damit das Oberhaupt des Staates die ihm obliegenden Pflichten erfüllen und die erforderlichen Kosten bestreiten könne, sind ihm gewisse Einkünfte und nutzbare Rechte beigelegt." Vergl. auch Sächsisches Verfassungsgesetz §. 22 Abs. 2:

als wesentliches Bedürfniss zur Erhaltung der Würde der Krone." Es ist damit im Wesentlichen bezeichnet, was Tacitus de Germania c. 15 beschreibt: „Mos est civitatibus, ultro ac viritim conferre principibus vel armentorum vel frugum, quod, pro honore acceptum, etiam necessitatibus subvenit." Die mos ist eben in jus verwandelt.

eignenden Rechtsbeziehungen und Verhältnisse nur unter der Herrschaft des Privatrechts stehen und für den Staat und sein Recht nur indirect Interesse haben. Das Vermögensrecht des Staates aber unterscheidet sich durch das Subject, welches dasselbe besitzt, von dem des Monarchen, sowie auch der rechtliche Zweck beider Vermögensarten ein im Grunde verschiedener ist.')

2. Die materiellen Bedürfnisse des Monarchen.

§. 345.

Die materiellen Bedürfnisse des Souverains, für deren Befriedigung der Staat schon um seinetwillen zu sorgen hat, sind im Allgemeinen diejenigen, welche aus der Verpflichtung des Souverains seiner hohen politischen Bedeutung entsprechend zu leben hervorgehen. Im Einzelnen können die Gegenstände der politischen Bedürfnisse des Souverains verschieden sein, da sowohl die politische Bedeutung des Staates als auch die Natur und die Cultur des Landes und der Bevölkerung darauf Einfluss üben müssen. Indem im Allgemeinen die fürstliche Haus- und Hofhaltung das finanzielle Bedürfniss des Souverains bestimmt, ist aus dem öffentlichen Rechte des einzelnen Staates zu constatiren, in welchen einzelnen Richtungen und in welchem bestimmteren Umfange dieses Bedürfniss anerkannt wird, ob und in welchem Masse z. B. die Apanagen, Dotationen und Witthümer der Glieder des fürstlichen Hauses und seiner Nebenlinien, die Erbauung, Einrichtung und Unterhaltung von Schlössern und Gärten, die Unterhaltung von öffentlichen Anstalten zur Pflege der Kunst (Theater), die Bestreitung der Kosten einer Regentschaft u. dergl. in die s. g. Bedarfsumme des

1) Das gesammte Vermögensrecht des Souverains ist zweierlei Art: das privatrechtliche des Souverains als einer privatrechtlichen Person und das staatsrechtliche desselben als des persönlichen Repräsentanten der Staatsgewalt. Jenes ist ausserhalb der Willenssphäre des Staates und nicht durch die Macht seines Rechtes, sondern auf dem Gebiete und in den Formen des Privatrechts entstanden. Das staatsrechtliche Vermögen dagegen relevirt aus dem Willen und Vermögen des Staates und eignet nur dem Souverain als solchen, als dem vornehmsten Gliede in dem Organismus des Staates. Beide Arten der Vermögensrechte des Fürsten unterscheiden sich auf das Bestimmteste und Wesentlichste sowohl durch das Recht, welches die eine oder die andere Vermögensmasse beherrscht und welches entweder das Privatrecht oder das Staatsrecht ist, als auch durch das Subject, welchem das Vermögen zusteht und als welches auf dem privatlichen Gebiete die dem Menschen eignende privatrechtliche Persönlichkeit, auf dem des staatsrechtlichen Vermögens aber nur der Souverain als das staatsrechtliche Oberhaupt des Staates erscheint, und endlich nicht minder durch den Zweck, welchem die eine oder die andere Vermögensart zu dienen hat und welcher dort aus den menschlichen Bedürfnissen und Genüssen des Monarchen, hier aber aus den staatsrechtlichen Ansprüchen und Verpflichtungen desselben hervorgeht.

Souverains hineinzurechnen sind.') Jedenfalls aber gelten die gesetzlich festgestellten Bedürfnisse des Souverains als politische Angelegenheiten des Staates und geschieht auch die Verwendung der entsprechenden Mittel zu Staatszwecken.) Gleichwohl erfordert die Ordnung des Staatshaushaltes und das staatsrechtliche System, dass die politischen Bedürfnisse des Souverains auch praktisch unterschieden werden von den Ausgaben, welche die Verwaltung des Staates erfordert.") §. 346.

Die zur Sustentation des Souverains (Dotation der Krone) und seines Hauses erforderlichen Mittel, die s. g. fürstliche Bedarfsumme, sind ebenso wie die Gegenstände der Ausgaben staatsrechtlich bestimmte nach Art und Umfang. Diese Bedarfsumme der fürstlichen Haus- und Hofhaltung oder die Civilliste) ist jenen Bedürfnissen entsprechend ermittelt und gesetzlich festgestellt, so dass der Souverain deren Auskehrung fordern kann, aber auch nicht über deren Betrag hinaus begehren darf.) Dadurch

1) Baiersches Verfassungsgesetz, die Festsetzung einer permanenten Civilliste betreffend, vom 1. Juli 1834 Art. IV ff.; Sächsisches Verfassungsgesetz §. 22; Würtembergsches §. 104-106; (Hannoversches Finanzgesetz vom 24. März 1857 §. 7); Badensches Gesetz vom 3. März 1854 Art. 20; Altenburgsches Gesetz vom 18. März 1854, B. 3; Braunschweigsche Neue Landschaftsordnung §. 170; Oldenburgsches Revidirtes Staatsgrundgesetz Beilage I. §. 12; Anhalt-Bernburgsches Landesverfassungsgesetz §. 92 Abs. 2; Waldecksche Verfassungsurkunde Anlage A §. 5 und 6.

2) Deshalb bestimmt auch das Staatsrecht und zwar in der Regel das Verfassungsgesetz selbst hierüber. Vergl. unten §. 351 ff.

3) Vergl. Braunschweigsche Neue Landschaftsordnung §. 161: „Zur Beförderung einer geregelten Finanzverwaltung soll der fürstliche Haushalt von dem Staatshaushalte getrennt werden". Von besonderem Interesse und besonders lehrhaft für das gesammte Staatsleben ist die Geschichte der Civil-list in England, welche nach den verschiedensten Phasen und Versuchen (am 4. Februar 1831) mit der völligen Trennung der civil-list von dem civil-government und der Beschränkung der Verpflichtung jener, die Kosten des Hofhalts, der Gnadenbezeigungen und der Pensionen zu bestreiten, endigte. Vergl. von Treitschke im Bluntschli-Braterschen Staatswörterbuche s. v. Civilliste S. 517. 4) Der Ausdruck „Civilliste“, dem englischen Staatsrechte entlehnt, wird zur Bezeichnung der Bedarfsumme als des Inbegriffes des fürstlichen Bedürfnisses, aber auch zur Bezeichnung der zur Befriedigung desselben staatsrechtlich festgestellten Mittel gebraucht. Hier wird er in der letzteren Bedeutung verstanden.

5) Die Höhe der Bedarfsumme bestimmt sich nach dem Masse des politischen Bedürfnisses des Souverains und seines Hauses und dieses wieder nach der politischen Bedeutung des Staates. Ohne Einfluss auf die Abmessung der Bedarfsumme pflegen aber auch die Privat-Vermögensverhältnisse des Souverains nicht zu sein. Festgestellt ist die Civilliste z. B. 1) für den König von Preussen durch Verordnung vom 17. Januar 1820 zu 2,573,0982 Thlr., welche Summe durch Gesetz vom 30. April 1859 um 500,000 Thlr. und 1867 noch um 1 Million erhöht wurde; 2) für den König von Baiern durch Gesetz vom 1. Juli 1834 zu 2,350,580 Gulden; 3) für den König von Sachsen laut Verfassungsurkunde §. 22 Abs. 3 zu 500,000 Thlr.; 4) für den Grossherzog von Baden durch Gesetz vom 14. April 1858 Art. 1 zu 752,409 Gulden; 5) für den Herzog zu Sachsen-Alten

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