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nicht in der Weise einer formellen Trennung in dieser Darstellung berücksichtigt, so dass diese nur ein äusserlich verbundener Zusammenhang der einzelnen partikularen Staatsrechtsmassen, wie sie einst von J. Moser gegeben, sein würde, sondern eine wissenschaftliche Verarbeitung der staatsrechtlichen Prinzipien, deren partikulare Gestaltung als solche nur dann hervortritt, wenn sie auch eine besondere ist. Es ist darum wohl eine solche Darstellung des deutschen Staatsrechts als eine „Einleitung" in das Studium des partikularen Staatsrechts der einzelnen deutschen Staaten betrachtet. Sie ist das in der That, aber doch auch noch mehr. Der Unterschied zwischen gemeinem und nicht-gemeinem Staatsrechte wird in dieser Darstellung nicht äusserlich hervortreten, sondern es wird nur bei jedem einzelnen Institute erwähnt werden, ob und wie gemeines Recht dasselbe gestaltet hat. Das Staatsrecht aller deutschen Staaten) wird dargestellt werden mit alleiniger Ausnahme des der beiden Mecklenburgischen Staaten. Diese Ausnahme zu machen gebot die Sondernatur dieser noch ganz unter den politischen Anschauungen früherer Jahrhunderte lebenden Staaten.")

X. Methode der wissenschaftlichen Behandlung.

§. 36.

Wenn es um eine wissenschaftliche Darstellung des geltenden deutschen Staatsrechts zu thun ist, so ergeben sich für die Methode derselben als bestimmende und leitende Prinzipien völlige Objectivität der Forschung und strenge Wissenschaftlichkeit der Darstellung. Das erstere Prinzip fordert die grösste Gewissenhaftigkeit wie in der Constatirung der zu berücksichtigenden Rechtsmassen so auch in der Darstellung der in denselben sich bekundenden Rechtssätze, das andere dagegen wird nicht nur durch eine wissenschaftliche Form der Darstellung, sondern mehr noch durch die Behandlung des Stoffes aus streng wissenschaftlichen Gesichtspunkten bewahrheitet. .Wissenschaftlich aber ist die Form der Darstellung, welche dem Ernste und der Würde des Gegenstandes gerecht wird, während die materielle Wissenschaftlichkeit darin sich zeigen muss,

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Eine systematische Darstellung des Rechtes des Norddeutschen Bundes wird hier nicht versucht werden, wohl aber wird sich je an der geeigneten Stelle bemerkt finden, welchen Einfluss dieses Recht auf das eigentliche Staatsrecht der deutschen Staaten geübt hat.

2) S. oben §. 17.

1) Es würde sonst nothwendig gewesen sein, namentlich bei der Darstellung des Verfassungsrechtes, fast bei jedem Institute die Sonderbildung in Mecklenburg zu erwähnen. Dass dennoch gelegentlich auch einmal auf einzelne Bestimmungen Mecklenburgscher Gesetze hingewiesen werde, sollte darum nicht ausgeschlossen sein.

dass die inneren Prinzipien der einzelnen Rechtssätze, die darin sich aussprechenden juristischen Gedanken, je für sich und alle wieder in ihrem logischen Zusammenhange verstanden und dargestellt werden. So ist die Methode eine historische, insofern es sich um die Constatirung des zu bearbeitenden Materials handelt, und zugleich eine philosophische, weil dieser objectiv gegebene und ganz bestimmte Stoff ohne Berücksichtigung seiner geschichtlichen Entstehung als ein logisches Product der concreten oder geschichtlichen politischen Rechtsschöpfung in seiner Einheit und logischen Gliederung dargestellt wird. Insofern kehrt die Methode dieser Darstellung zu der „Empirie" des Aristoteles und zu der „Anschauung" Platons zurück, ohne den Gewinn der geschichtlichen Juristenschule zu opfern.

XI. Allgemeines System der Darstellung.

§. 37.

Das Staatsrecht umfasst drei Gruppen des Rechtes. Die ethische Nothwendigkeit der Verwirklichung des Staatszweckes gestaltet den Inhalt desselben zu dem subjectiven Rechte des persönlichen Staates oder der Staatsgewalt. Der Staat und Niemand sonst darf und muss verrichten, was des Staates ist, und es sind diese Verrichtungen sein Recht und seine Pflicht. Sodann begreift das Staatsrecht dasjenige Recht, welches sich an den Elementen seines Bestandes, an der realen Substanz des Staates entwickelt hat und welches theils das subjective Recht dieser Elemente, sofern sie den Charakter persönlicher Wesen besitzen (der Fürst, die Unterthanen), theils das Recht an dem objectiven Organismus des Staates ist. Schliesslich ist das Recht, welches die Formen und Organe des Staatslebens bestimmt, ohne diese in ihrer Bewegung und Thätigkeit zu verfolgen, zu der Masse des Staatsrechtes zu rechnen. Diese drei Rechtsgruppen bestimmen dann auch das wissenschaftliche System des Staatsrechtes, das auf der Zertheilung dieses Rechtes in das Recht der Staatsgewalt, in das Recht der Elemente des Staates und in das Recht der Formen und Organe des Staatslebens beruhen muss. Da aber die Elemente des Staates und die Formen und Organe seines Lebens den Staat als den äusseren Organismus darstellen und den Begriff der Verfassung bilden, so vereinfacht sich das Grundsystem der wissenschaftlichen Darstellung des Staatsrechts wieder, indem dasselbe von der Unterscheidung des (subjectiven) Rechtes der Staatsgewalt und des Verfassungsrechtes ausgeht.')

') Es wird nicht zu verkennen sein, dass die Systematik der bisherigen wissenschaftlichen Bearbeitungen des deutschen Staatsrechtes die schwächste Seite derselben war. Sie begnügten sich mit einer äusserlichen Zusammenstellung der einzelnen staatsrechtlichen

Institute unter hergebrachte Schulbegriffe, ohne das wahre Wesen des Staates zum Ausgange des Systems zu nehmen und den gesammten Rechtsstoff nach der ihm selbst innewohnenden Logik zu gliedern und darzustellen. So konnte es kommen, dass die im Wesen heterogensten staatsrechtlichen Begriffe und Institute neben einander unter einem bei wissenschaftlicher Prüfung auch nicht stichhaltigen Rubrum zusammengestellt wurden, wie z. B. unter der Ueberschrift Polizeigewalt" das Vagabonden- und das Universitätswesen. Auch nahm man keinen Anstand, bei in Folge solcher Ungenauigkeit der systematischen Ordnung entstehenden Verlegenheiten einzelne Institute als „Anhang“ am Schlusse eines für noch am Nächsten verwandt gehaltenen Kapitels einzuschieben. Erst von Gerber hat mit der auf dem Gebiete des deutschen Privatrechtes bereits bewährten Meisterschaft in seinen Grundzügen eines Systems des deutschen Staatsrechtes der Systematik der Behandlung des Staatsrechtes Gerechtigkeit widerfahren lassen und diesen Rechtsstoff unter wissenschaftliche Gesichtspunkte gestellt, die zwar für die objectiv richtigsten wohl noch nicht zu halten sind, aber den Werth echter Wissenschaftlichkeit besitzen und deren Klarstellung die reformirenden Versuche Anderer, gerade wenn sie eine andere Richtung verfolgen, bestärken und unterstützen müssen. Dass die von jedem seiner Schüler gerühmten Verdienste eines W. E. Albrecht um die Selbständigkeit und Systematik der Wissenschaft des Staatsrechtes nur von der Tradition bewahrt werden, hat diese Wissenschaft selbst zu beklagen.

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Das subjective Recht des Staates ist die Bethätigung seines souverainen Wesens oder die Verwirklichung seiner Idee.') Damit ist im Prinzipe Inhalt und Begrenzung dieses Rechtes bezeichnet. Denn soweit die Idee oder der Zweck des Staates reicht, soweit dehnen sich auch die Grenzen seiner Macht, und, was die Verwirklichung dieser Idee erfordert, eben das ist auch der Inhalt und Gegenstand seines Berufes. Die so dem Staate eignenden Befugnisse erscheinen aber als das „Recht" desselben, da sie ihren bestimmten Inhalt und Umfang haben und über die Grenzen ihrer Zuständigkeit hinaus wie sittlich so auch rechtlich begründeten Widerspruch erfahren. Mit der Frage: wie weit darf die Staatsgewalt sich bethätigen oder was muss sie zum Gegenstande ihrer Handlungen nehmen? wird auf eine rechtliche Natur der Staatsbefugnisse gedeutet und wird darauf hingewiesen, dass die Zuständigkeit der Staatsgewalt ein definitiv bestimmbares Gebiet hat. Der Staat ist eben ein bestimmtes persönliches Wesen und hat durch die in ihm lebende Idee seine ganz bestimmte, nur ihm eigene Lebens- und Freiheitssphäre, welche umgrenzt wird von den Lebensund Freiheitskreisen der neben ihm dastehenden Wesen der Schöpfung. Die Staatsgewalt hat also in dem zwiefachen Sinne Recht: zuerst nämlich, weil sie auf dem Gebiete ihrer Lebensbestimmung Handlungen vorzunehmen hat, und sodann, weil dieses Gebiet der staatsrechtlichen Handlungsfähigkeit nach allen Richtungen hin Grenzen findet, an denen sich berech

1) Vergl. Grotefend System, §. 36-56; §. 89-99.

tigter Widerspruch gegen die Bethätigung der Rechtsgewalt erhebt und über welche hinaus auch die Handlungen des Staates zum Unrecht werden.')

II. Subject desselben.

§. 39.

Das Recht des Staates eignet diesem als dem aus den verschiedenen politischen Elementen sich einheitlich organisirenden Ganzen. Sein subjectiver Träger ist die Person, welche dieser Gesammtbegriff des Staates in der Idee darstellt. Es ist also nicht das Recht eines einzelnen Organes des Staates, sei es auch des allerhöchsten und wesentlichsten, sondern nur das Recht, welches dem Ganzen des Staates d. h. der Staatsgewalt eignet.) Dieses Subject ist allerdings nur ein Begriff, weil die Persönlichkeit des Staates nur eine fingirte ist, wie indess diese Persönlichkeit von allen physischen Personen im Staate wohl zu unterscheiden ist, so ist auch das Recht derselben wohl zu unterscheiden von allem Rechte, welches zwar an dem Staate und für denselben besteht, aber doch nicht dem Staate als dieser souverainen Person zusteht. Nur dasjenige Recht, welches dem Staate als solchem eignet, ist das subjective Recht der Staatsgewalt, während das

1) In den Lehrbüchern des deutschen Staatsrechtes pflegt die Darstellung der Rechte der Staatsgewalt von allen denjenigen Rechten zu sprechen, welche dem persönlichen Souverain des Staates, dem Fürsten, eignen. Wie indess der Staat und sein Fürst nicht identische Personen sind, so ist auch das Recht des einen Subjects nicht eo ipso und a priori dasjenige des anderen. Der persönliche Souverain hat ein Recht an dem Rechte der Staatsgewalt und nur durch den Besitz dieser kommt er zu dem Besitze des der Staatsgewalt eignenden Rechtes. Wie unrichtig die Vermischung beider Rechte ist, ergiebt sich schon aus der Thatsache, dass in den Republiken kein persönlicher Inhaber der Staatsgewalt existirt und der physische Träger der Staatsgewalt ganz andere Rechte als der Monarch hat, obwohl die Rechte der Staatsgewalt im Allgemeinen völlig dieselben sind. Eine nachtheilsvolle Trübung des wesentlichsten Theiles des Staatsrechtes ist die Folge jener Nichtunterscheidung gewesen, denn ohne die richtige Trennung beider Rechtsbegriffe musste ein jeder dunkel bleiben. So konnte namentlich weder die Natur des Rechtes des persönlichen Staatssouverains noch die des ständischen Organs im Staate verstanden werden. Zur grösseren Sicherung der Darstellung werden die zur Bezeichnung der Rechte der Staatsgewalt üblichen Ausdrücke, „Souverainetäts-, Regierungs-, Hoheits-, Herrscherrechte, Regalien, Prärogative der Krone" (s. Zacharia, Deutsches Staatsrecht, Thl. I. §. 20 S. 70) in diesem Abschnitte der Darstellung ganz vermieden. Sie erinnern eben stets an den persönlichen Inhaber der Staatsgewalt und ziehen dessen Rechte und Befugnisse in den selbständigen Begriff des Rechtes der Staatsgewalt unzulässig und nachtheilig hinein.

*) Die ganze folgende Darstellung wird von der Auffassung des Staates als eines organisch-persönlichen und souverainen Wesens getragen und nimmt auf die Definition des Staatsbegriffes in Grote fend, System des deutschen Staatsrechtes §. 73 ff. Bezug.

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