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nothwendigen Gleichmässigkeit der Handhabung des Münzrechtes sind die deutschen Staaten gleichzeitig mit der Errichtung der Zollvereinigungen zu einer Münzconvention zusammengetreten, welche dann später durch einen anderweiten Vertrag erneuert worden ist.') Die Auflösung des deutschen Bundes hat diesen Vertrag für Oestreich entwerthet und ist die Aufhebung desselben vorgesehen.")

§. 192.

Die Ueberwachung des Geldverkehrs ist die andere Anforderung, welche der allgemeine Verkehr an den Staat zu stellen befugt ist. Das positive Ziel der Staatsgewalt muss hier die Sicherung des wesentlichen Zweckes des Geldverkehrs im Allgemeinen und des besonderen dieses Staates sein. Die Gefahr der Fälschung der echten Münze, ihrer Verschlechterung und Verdrängung durch schlechtere fremde Münze bedroht den gesammten Verkehr und bietet der Staatsgewalt genügenden Anlass, durch. Zwangs- und Strafdrohungen dieselbe abzuwehren zu suchen. Die Verletzung des Münzrechts des Staates ruft die Strafgewalt des Staates wach, mag die Münzfälschung aus der unbefugten Anmassung des Münzrechts hervorgegangen oder ohne dieselbe geschehen sein.") Aber der Staat

1) Nachdem bereits die süddeutschen Staaten, welche dem „Allgemeinen Deutschen Zoll- und Handelsvereine" angehören, zu München am 25. August 1837 einen Münzvertrag unter Annahme des 24% Guldenfusses geschlossen, traten die sämmtlichen Zollvereinsstaaten am 30. Juli 1838 zu einem Münzvereine zusammen, der dann dem zu Wien am 24. Januar 1857 abgeschlossenen Münzvertrag der Zollvereinsstaaten und Oestreichs mit Liechtenstein Platz machte. Die allgemeinen Prinzipien dieses Vertrages enthalten Art. 1: „Das Pfund, in der Schwere von 500 Grammen, wie solches bereits bei der Erhebung der Zölle zur Anwendung kommt, soll in den vertragenden Staaten der Ausmünzung zur Grundlage dienen und auf deren Münzstätten als ausschliessliches Münzrecht eingeführt werden, auch z zu diesem Zwecke eine selbständige Eintheilung in Tausendtheile mit weiterer dreimaler Abstufung erhalten;" Art. 6: „Sämmtliche vertragende Regirungen verpflichten sich, bei der Ausmünzung von grober Silbermünze, folglich von Hauptmünzen sowohl als deren Theilstücken Courantmünzen ihren Landesmünzfuss (nach Art. 3 für Oestreich und Liechtenstein der 45 Guldenfuss, für Baiern, Würtemberg, Baden, Hessen Darmstadt, Meiningen, Coburg (nicht auch Gotha), die Hohenzollernschen Lande Preussens, Nassau, die Oberherrschaft des Fürstenthums SchwarzburgRudolstadt, Hessen-Homburg und Frankfurt der 52% Guldenfuss und für die übrigen Vertragsstaaten der 30 Thalerfuss) genau innehalten, und die möglichste Sorgfalt darauf verwenden zu lassen, dass auch die einzelnen Stücke durchaus vollhaltig und vollwichtig ausgemünzt werden. Sie vereinigen sich besonders zu dem Grundsatze, dass unter dem Vorwande eines sogenannten Remediums an dem Gehalte oder Gewichte der Münzen Nichts gekürzt, vielmehr eine Abweichung von dem den letzteren zukommenden Gehalte oder Gewichte nur insoweit nachgesehen werden dürfe, als eine absolute Genauigkeit nicht innegehalten werden kann." Im Uebrigen ist die reine Silberwährung festgehalten (Art. 2.) 2) Prager Friede vom 23. August 1866 Art. 13.

3) Feuerbach, Lehrbuch des peinlichen Rechts §. 178 unterscheidet 1) Münzfälschung als Anmassung des Münzrechts durch Verfertigung von (guten oder schlechten)

hat auch durch andere Massnahmen das allgemeine Vertrauen zu der rechten Handhabung seines Münzrechts zu unterstützen, wie z. B. durch Verbot fremdländischen (schlechteren) Geldes oder durch Einziehung seiner eigenen in Misscredit gerathenen Münzen. Im einzelnen Falle hat die Politik des Handels und des Geldverkehrs die geeignete Massregel dem Staate an die Hand zu geben.')

§. 193.

Zur Ausführung der Vereinbarungen über die gleichmässige Behandlung des Münzwesens in den Staaten des Deutsch-Oestreichischen Zollvereins haben diese Staaten auch zu einem Münzcartel sich vereinigt.") Dadurch ist ein Jeder derselben verpflichtet, seine Angehörigen wegen eines in Bezug auf die von dem andern Theile geprägten Münzen, auf das von demselben ausgegebene Papiergeld oder auf diejenigen öffentlichen Creditpapiere, welche er seinen Münzen als Zahlungsmittel gesetzlich gleichgestellt hat,') unternommenen oder begangenen Verbrechens- oder Vergehens') eben so zur Untersuchung zu ziehen, und mit gleicher Strafe zu belegen, als wenn das Verbrechen oder Vergehen in Bezug auf die eigenen Münzen oder das eigene Papiergeld Statt gefunden hätte. Zugleich haben sich diese Staaten gegenseitig verpflichtet, die in ihrem Gebiete sich aufhaltenden Fremden, von welchen ein solches Verbrechen oder Vergehen gegen das Münzrecht eines anderen Vereinsstaates unternommen oder begangen worden, auf Re

Münzen, 2) Münzfälschung ohne Anmassung des Münzrechts und 3) Münzfälschung durch andere Handlungen, welche unter den Begriff von Münzhandlungen nicht gehören, namentlich Verschlechterungen der Münzen, täuschende Umwandlung geringerer Münzsorten in scheinbar höhere, absichtliche Verbreitung falscher oder verfälschter Münzen. 1) Vergl. Klüber, Oeffentliches Recht §. 430.

2) Schon in Folge der Münzconvention vom 30. Juli 1838 hatten die betheiligten Staaten ein Münzcartel unter dem 21. October 1845 geschlossen. Dasselbe wurde durch das als Beilage IV. dem Zoll- und Handelsvertrage vom 19. Februar 1853 angereihte Münzcartel ersetzt und im Artikel 25 des Münzvertrages vom 24. Januar 1857 adoptirt. 3) Im §. 4 des Münzcartels wurden die Verabredungen desselben auch auf Verbrechen und Vergehen ausgedehnt, welche die betrügliche Nachahmung oder die Verfälschung der von einem von ihnen ausgestellten Staatsschuldscheine und zum Umlauf bestimmten Papiere, sowie der von anderen juristischen Personen unter Genehmigung des Staates auf jeden Inhaber ausgefertigten Creditpapiere zum Gegenstande haben, oder die aus gewinnsüchtiger Absicht oder doch wissentlich unternommene Verbreitung solcher unechten Papiere betreffen.“

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die Unterscheidung zwischen

4) Münzcartel §. 5: „Wenn in einem Staate Verbrechen und Vergehen in der Strafgesetzgebung nicht besteht, oder die strafbare Nachahmung oder Verfälschung der in diesem Cartel genannten Münzen oder Creditpapiere mit einem anderen Namen als mit „Verbrechen und Vergehen" von dem Gesetze bezeichnet sind, so bleibt es diesem Staate anheimgestellt, bei der Bekanntmachung des Cartels, im ersteren Falle die auf jene Unterscheidung bezüglichen Worte „oder Vergehen“ wegzulassen, im zweiten Falle an Stelle des Ausdrucks „Verbrechen oder Vergehen" diejenige Bezeichnung zu setzen, welche seiner Gesetzgebung entspricht."

quisition des Letzteren auszuliefern, falls nicht der Staat, in dessen Gebiet ein solcher Fremder sich befindet, oder derjenige Vereinsstaat, welchem der Delinquent angehört, die Untersuchung und Bestrafung selbst verhängen zu lassen vorziehen.')

Im Bereiche des Norddeutschen Bundes ist das Münzwesen der Competenz der Gesetzgebung und Beaufsichtigung des Bundes überwiesen.")

gg. Mass und Gewicht.

§. 194.

Eine der wesentlichsten Voraussetzungen und ein besonderes Interesse beanspruchende Angelegenheit des Verkehrs ist das Vorhandensein allgemein bekannter und anzuerkennender Masse und Gewichte. Diese für den industriellen Verkehr vorzuschreiben und zu bestimmen ist die Sache der öffentlichen Gewalt und von jeher haben auch die deutschen Staaten dieses Rechtes wahrgenommen. Sie haben nicht nur das im Verkehr anzuwendende Mass- oder Gewichtsverhältniss bestimmt, sondern auch durch die Einrichtung s. g. Aichungsämter dafür Sorge getragen, dass die im Verkehre befindlichen und gebrauchten Mass- und Gewichtstücke auch in der That dem festgestellten Verhältniss der Ausdehnung oder der Schwere entsprechen. Das Bestreben der deutschen Staaten, ein gleiches Mass- und Gewichtssystem für ganz Deutschland einzuführen, hat noch das erwünschte Ergebniss nicht gefördert, obwohl die allgemeinen Verkehrsverhältnisse desselben so dringend wie des einheitlichen Münzsystems bedürfen.3) Es ist darum auch das Mass- und Gewichtssystem zu einer Angelegenheit des Norddeutschen Bundes erhoben.")

') Die Auslieferungspflicht cessirt auch, wenn der betreffende Staat in Gemässheit eines vor der Verkündigung dieses Cartels abgeschlossenen allgemeinen Vertrages über die gegenseitige Auslieferung der Verbrecher verpflichtet ist, den Münz-Verbrecher einem anderem Staate auszuliefern. S. Münzcartel §. 3 a.

2) Verfassung des Norddeutschen Bundes Art. 4, 3.

3) Ueber die Preussische Mass- und Gewichts-Gesetzgebung vergl. von Rönne, Preussisches Staatsrecht Bd. II. Abtheil. 2 §. 432. Nur für den Zollvereinsverkehr ist in den Verträgen das „Zollpfund" vereinbart.

4) Verfassung des Norddeutschen Bundes Art. 4, 3. Vergl. auch Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde, Baiern, Würtemberg, Baden und Hessen, die Fortdauer des Zoll- und Handelsvereins betreffend, vom 8. Juli 1867, Art. 27: „Die vertragenden Theile werden gemeinschaftlich dahin wirken, für das Masssystem und, so weit nöthig, für das Gewichtssystem ihrer Gebiete die zur Förderung des gegenseitigen Verkehrs wünschenswerthe Uebereinstimmung herbeizuführen."

Dritter Titel.

Das Polizeirecht.

I. Begriff.

§. 195.

Der Staat theilt mit jedem selbständigen Wesen das Recht und die Pflicht der Selbsterhaltung und des Selbstschutzes. Dieses Recht richtet sich nach Aussen, insofern der Staat die thatsächliche Anerkennung der Integrität seines äusseren Bestandes und seines staatlichen Charakters beansprucht, aber es richtet sich auch auf das Innere des Staates selbst, indem der Staat sich als dieser geordnete Organismus bestimmter Zustände und Verhältnisse zu erhalten hat. In jener ersteren Richtung tritt der Staat gegen andere Staaten als seine äusseren Feinde mit der gesammten Macht seiner physischen Kräfte auf und vertheidigt seinen Gesammtbestand als kriegführende völkerrechtliche Macht. In der letzteren Richtung ist die Staatsgewalt aber nur gegen diejenigen Elemente gerichtet, welche die innere Ordnung im Staate zu stören und die inneren Voraussetzungen seines Fortbestandes zu verletzen drohen. Sie hat daher nur mit einem diesen Gefahren entsprechenden Masse von äusserer Macht einzutreten und kann es die verschiedenartigsten Anlässe und Zwecke der Betheiligung dieser geben. Dieser auf die Erhaltung der inneren Staatsordnung gerichtete Selbstschutz des Staates heisst die Polizei und diese Seite der Staatsgewalt die Polizeigewalt. Die materielle Nothwendigkeit und formelle Bestimmtheit dieses Berufes des Staates, verleiht auch diesem einen rechtlichen Charakter und begründet das Polizeirecht des Staates.') §. 196.

Die Polizeigewalt des Staates hat es nur mit den äusseren thatsächlichen Zuständen im Staate, mit der äusseren Ordnung der in ihm begriffenen Interessen zu thun. Sie schützt diese realen Zustände und diese äussere Ordnung gegen Alles, was sie verletzen und stören könnte. Darin begründet sich die wesentliche Unterscheidung dieses Rechtes der Staatsgewalt von ihrem Berufe auf dem Gebiete des Rechtes. Handelt es sich hier nur um die Aufrechthaltung der absoluten Rechtsordnung und die Anerkennung der subjectiven Berechtigung, so beachtet die Polizeigewalt nur die äussere Seite der Verhältnisse ohne Rücksichtnahme auf deren rechtlichen Werth. Ebenso bestimmt sondert sich dann ferner das Polizeirecht

Ueber den Begriff der Polizeigewalt vergl. oben §. 75.

des Staates auch von seinem Berufe an der Pflege und Förderung des Gemeinwohles. Die Polizei schützt und erhält äussere Zustände ohne an die positive Förderung der materiellen Interessen zu gehen. Der Charakter der Polizeigewalt ist vorwiegend negativer Art, während der Beruf des Staates auf dem Gebiete des Gemeinwohles sich vor Allem auf die Herstellung positiver Anstalten und Zustände, welche die Förderung des Gemeinwohles bezwecken, richtet. Die Polizei des Staates ist aber die Ermöglichung dieser positiven Pflege des Gemeinwohles und also nicht ohne Beziehungen zu diesem.')

II. Wesen.

§. 197.

Das Wesen der Polizeigewalt des Staates bestimmt sich durch den Zweck derselben, welcher die Sicherung und Wiederherstellung der äusseren Ordnung im Staate ist. Dieser Zweck wird aber theils durch eine dauernde und ununterbrochene Thätigkeit der öffentlichen Gewalt, theils aber auch durch nur in Folge bestimmter Anlässe erforderliche Handlungen erfüllt. Die polizeiliche Wachsamkeit ist der nächste und allgemeinste Ausdruck der Polizeigewalt, am Wirksamsten zeigt sich dieselbe aber in den Fällen, wo bestimmt drohende Gefahren abzuwehren oder gegen bestimmte Verletzungen der äusseren Ordnung im Staate thatkräftig einzuschreiten ist. Jene Art der Polizeiverwaltung zeigt sich besonders in den Erlassen bestimmter allgemeiner polizeilichen Gebote oder Verbote, deren Befolgung bei Vermeidung der zugleich damit angedrohten Strafen gefordert wird, und in der Ueberwachung ihrer Befolgung und Erfüllung. Die andere Art der Polizeigewalt besteht in der Anwendung derjenigen positiven Massnahmen, welche in dem einzelnen Falle zur Sicherung oder zur Wiederherstellung der gefährdeten oder verletzten äusseren Ordnung im Staate die geeigneten sind. Ueberall aber zeigt sich als das Charakteristische der Polizeigewalt die Anwendung von Zwang. 2) Der Staat kann auf diesem Gebiete seines Berufes Widerstand nicht dulden, auch dem Einzelnen nicht eine Bestimmung, ob das, was der Staat als die im öffentlichen Interesse nothwendigen Zustände betrachtet und deren Erhaltung er als seine Aufgabe erkannt und

1) Diese Beziehung war es, welche die Bezeichnung auch des Rechtes der Staatsgewalt an dem Gemeinwohl mit dem Namen „Polizei" veranlasste.

2) Man hat wohl den „Zwang“ als das Wesen der Polizei genannt, aber nicht mit Recht: denn das Wesen derselben bestimmt sich aus dem Zwecke, nicht aber aus dem Mittel, dessen sich die Polizei zur Erfüllung ihres Zweckes bedienen muss. Jenes ist nur die Folge aus dem Zwecke (Wesen) der Polizeigewalt und nur eine Eigenschaft derselben.

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