Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Ganze von der Kunst des Meisters, wenn's auch kein erster war. Von vollendeter Schönheit ist nur eine an der Außenseite der Kirche angebrachte Kanzel, ein Sechseck, auf Konsolen ruhend, das reich mit Mosaik geschmückt ist. Von hier aus sollte wohl der Papst der gläubigen Menge den Segen spenden oder ein Savonarola unter freiem Himmel gegen das Papsttum zum Volf sprechen. Die hohe Innenhalle der Kathedrale ruht auf hohen achteckigen Säulen, die mit weitgespannten Spitbogen verbunden sind: Säulen und Bogen stehen in eigentümlichem Verhältnis zueinander, was die einen zu hoch, sind die anderen zu flach,

gleich als wollte man den einen Fehler durch den anderen verdecken. Eine Reihe von Kapellen begrenzt die weite Mittelhalle, und fast alle sind mit wertvollen Gemälden geschmückt: hier finden sich die berühmte Kreuzabnahme Baroccios, ein so gelungenes Werk, daß man an den Geist Correggios gemahnt wird, und eine

herrscht in allen Teilen dieses Werkes der alten Schmiedekunst. Eine seltsame Legende erzählt uns, daß ein deutscher Mönch, Winterius aus Mainz, Anno 1472 den heili

[graphic]

Das Standbild Papst Julius' III. in Perugia.

herrliche Madonna mit Heiligen und Engeln, eines der schönsten Tafelbilder des gewaltigen Lucca Signorelli. Was aber die Kathedrale vor allem berühmt machte, ist ein seltenes Heiligtum, der Trauring der Madonna: il santo anello." Ein reizend ersonnenes Tabernakel des Federigo Rosetto verwahrt den Schaz. Auf vier Löwenfüßen ruht der reichgeschmückte Untersag desselben, und auf diesem erhebt sich ein vierseitiger Auffah mit vier Nischen, in denen drei Propheten und vier Sibyllen (von Danti) als Wächter des Sanktuariums ruhen; den obersten Zierat bildet eine kleine Krone, welche den kost baren Ring trägt. Das schönste Ebenmaß

gen Ring im Franziskanerkloster zu Chiusi entwendet und den Peruginern als Geschenk verehrt habe. Ob der deutsche Klosterbruder aus eigenem Antriebe das schöne Perugia so bevorzugt oder das Domkapitel ihn mit dem frommen Diebstahl beauftragt habe stahl beauftragt habe davon schweigt weislich des Chronisten Höflichkeit.

Vor dem Portal der Kirche erhebt sich das Standbild Julius' III., des päpstlichen Wohlthäters Perugias. Sansovinos tüchtiger Schüler, Vincenzo Danti, hat es als Jüngling ausgeführt. Im prächtigen weiten Mantel sigt der Papst auf dem Throne, den Sphing und Adler stüßen, ein Bild voll Kraft und Charakteristik,

Auf

[ocr errors]

das einzig und allein darunter leidet, | Raphaels „La Madonna del libro“, um daß allzusehr in seiner Nähe eine der 300000 Franken nach Petersburg gegrößten Zierden des Domplates, der wandert ist (1871), der Palazzo BalBrunnen Fonte maggiore, mächtig empor- deschi auf dem Corso mit seinen Kupferragt. Es lohnt der Mühe, bei dieser viel- stichen und einer lange Zeit dem Raphael leicht figurenreichsten Fontäne des drei- | zugeschriebenen Zeichnung Pinturicchios, zehnten Jahrhunderts längere Zeit zu ebenda der Palazzo Penna mit einer verweilen. Fra Bevignate aus Perugia | kleinen, sehenswerten Galerie, in der man und der Venetianer Boninsegna haben eine der berühmtesten Madonnen Perudas originelle Werk entworfen und Arnolfo di Cambio, Niccola und Giovanni da Pija die reichen Ornamente und die unzähligen Gestalten daran gemeißelt. Nur Künstler ersten Ranges sind die Schöpfer dieses dreischaligen Brunnens gewesen. einem kreisrunden Stufenunterbau erhebt sich das unterste und größte fünfundzwanzigeckige Becken, ringsum ist dasselbe durch kleine Säulchen in fünfzig Felder geteilt, deren jedes durch Reliefs geschmückt ist; Monatszeichen, Wappen der Städte, Künste und Handwerke, Scenen. aus dem Alten Testamente, der Geschichte Roms und den Fabeln Äjops lieferten die Stoffe zu den steinernen Bildern, die oft mit der größten Sorgfalt ausgeführt sind. Inmitten dieser Schale wächst, getragen von einer Anzahl aus dem Wasser aufsteigender kurzer Pilaster, das zweite Becken des Brunnens empor, vierund zwanzig Statuetten, teils das Alte, teils das Neue Testament verherrlichend, stehen auf Sockeln und unter Baldachinen im Kreis um dasselbe; den Abschluß bildet eine dritte Schale aus Bronze, die von zwei Gruppen (Najaden und Greifen) geziert ist. Manches an dem Fonte maggiore mußte erneuert, vieles der Reparatur unterworfen werden, vieles aber blieb bis heute unversehrt erhalten und zeugt deutlich für die hier thätigen Künstlerhände, die nimmer müde wurden, dem Stein Leben zu verleihen, indem sie ihn nach dem wirklichen Leben gestalteten.

[merged small][ocr errors]

ginos findet, ein Meisterwerk, das der Künstler auf Bestellung eines Schusters schuf; vor allem aber auf dem nahen Marktplag der weit ausgedehnte Palazzo del Capitano del Popolo, das heutige Tribunale civile e correzionale, von dem Lombarden Gasperino di Antonio und Lione di Matter im fünfzehnten Jahrhundert errichtet, und die daran stoßende alte Universität (der jezige Appellhoff). Beide Bauten mit den echt patricischen Loggien, mächtigen Portalen, den hohen Fenstern und den alten Wappenschildern ziehen sich fast längs des ganzen Plazes hin und bilden die malerische Rückwand für die hier an den Markttagen aufgeschlagenen unzähligen schlichten und oft auch recht altertümlichen Buden. Hier im Mittelpunkte des einstigen und jeßigen Geschäftsverkehrs von Perugia steht auch wie ein Zeugnis steten geistigen Lebens die schon 1582 gegründete Biblioteca comunale mit dem alten städtischen Archiv. Die Peruginer nennen diesen Marktplaz Piazza del sopramuro, weil er sich auf den Trümmern der alten etruskischen Mauern erhebt.

Die Piazza Vittorio Emmanuele mit ihren neuen Gartenanlagen, der Corso, der Domplatz und die Piazza del sopramuro bilden das Hochplateau von Perugia; von hier aus steigt man in das Innere der Stadt auf engen, oft kaum für einen kleinen Wagen zugänglichen Straßen wie auf einer Treppe herab, die einzelnen Absäße dieser Stiege bilden kleine Pläße und terrassenartige Vorsprünge, die Träger bald einzelner Gebäude, bald kleinerer Häusergrupen. Auf diesem Abstieg ge= langt man in westlicher Richtung zunächst zu einem gewaltigen Mauerreste, der so

genannten,,Maesta delle Volte". Es sind nur einige Wände, Reste des alten Palazzo del Podestà, der einstigen Bischofsresidenz. Die übriggebliebenen Stein massen künden deutlich die Großartigkeit des Baues, der im Laufe von drei Jahrhunderten (dreizehntes bis sechzehntes Jahrhundert) troh seiner Festigkeit zweimal fast vollständig niederbrannte. Von der Loggia dieses Palastes aus wurde (1327) Ludwig der Bayer vom Kardinal des Papstes Johann XXII. in den Bann gethan. Die dunkle Farbe und die Höhe der Mauern wirken doppelt in dem schmalen Gäßchen mit den sonst unbedeutenden Häusern, sie erscheinen wie ein finsteres Gegenstück zu dem prächtig heiteren städtischen Rathaus. Unweit der geistlichen Zwingburg liegt wie ein Idyll neben dem Schlachtenbilde das bescheidene das bescheidene Häuschen Peruginos, in das einst der zwölfjährige Raphael einzog, um in der Kunst der Malerei zu erlernen, was keiner vor und keiner nach ihm je wieder erlernt hat. Durch ein kleines Labyrinth von Gassen und Gäßchen führt der Weg nach dem nördlichen Hange der Hügelstadt; dort unterhalb der Rückseite der Kathedrale am Ausgang der Via vecchia ist noch ein Stück der alten Etruskermauer zu sehen. Es ist der Arco di Augusto auf der Piazza Grimana, der die alte hochgelegne Stadt von den späteren, nach unten sich ziehenden Stadtteilen. abgrenzt. Die aus cementlosen Travertinblöcken errichtete Basis des hohen Stadtthores stammt noch aus etruskischer Zeit, Reste der alten Inschrift aus etruskischen Lettern bestätigen es. Auf diesem mächtigen Unterbau erhebt sich - ein Werk des Kaisers Augustus der römische der römische Thorbogen mit einem kräftigen Fries; sechs kurze dorische Pilaster teilen ihn in Felder mit runden römischen Schilden. Ein zweiter Bogen wölbt sich über dem Friese, zu beiden Seiten des Portals stehen mächtige vortretende Türme, die man im fünfzehnten Jahrhundert mit zierlichen Loggien aufs beste geschmückt hat; diese Säulenhallen, deren Erbauer

unbekannt und die doch eigentlich der alten Porta ihren schwungvollen Abschluß geben, zeigen deutlicher als manches große Werk, wie hoch entwickelt im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert der architektonische Sinn unter den civilisierten Nationen war.

Wie im Westen der Arco di Augusto an der Piazza Grimana, so bildet im Often die graue, achteckige gotische Kirche S. Ercolano den Abschluß der alten Römerstadt; auch hier kennzeichnet eine aus dem Hügel vorspringende Abdachung die Grenze der obersten Kuppe. Wer diese auf den kleinen Fußsteigen und durch allerlei enges Gassengewirr umwandert, findet an manchen Stellen Überreste der Mauern der alten Perusia, sowohl etruskische (manche in der Höhe von acht bis neun Metern, alle nach innen geneigt) als auch römische, wie die Porta Marzia mit der Inschrift: „Colonia Vibia“, die aus dem Jahre 43 n. Chr. stammt.

Es giebt wenig Städte, die troß aller Friedensliebe ihrer Bewohner so oft vom Kriege heimgesucht wurden wie Perugia; aber auch wenig Städte erhoben sich wie diese gleich einem Phönix größer und schöner aus Kampf und Feuerbrand. Wenn die Mauern Perugias fielen, erhoben sich bald darauf an ihrer Stelle neue Ansiedelungen, und die jüngeren Mauern umgaben die Stadt in weiterem Umkreis. Da entstand aus der Perusia der Etrusker die größere Augusta Perusia der Römer und aus dieser das umfangreiche Perugia des Mittelalters, das sich bald über die römischen Thore hinaus, den Hügel entlang, hinabzog. Mancher merkwürdige Bau weist deutlich die Wege, auf denen die Peruginer jener Tage sich ausdehnten. Da ist vor allem gegen Norden hin eine der ältesten Kirchen, deren erste Anfänge wohl in das fünfte oder sechste Jahrhundert zurückweisen. Es ist S. Angelo, ein sechzehneckiges Gebäude mit hohem gotischem Portal; acht kleinere und acht größere korinthische Säulen tragen den Rundbau des Inneren, den eine der seltsamsten ältesten Fresken ziert: es

[merged small][merged small][graphic][ocr errors][merged small]

Da ist S. Agostino, dessen herrlicher Bilderschmuck in die Pinakothek Perugias (von der wir später erzählen) gewandert ist, die aber auch heute noch in einem verborgenen Kapellchen und einem vor Zeiten fast ganz verbauten Raume einige al fresco-Heilige des Perugino bewahrt. Gegen Westen liegen nahe der Piazza Grimana der von Galeazzo Alessi im sechzehnten Jahrhundert erbaute Palazzo Antinori, in dem Carlo Goldoni als Kind zum erstenmal Theater spielte und den Applaus des Publikums wachrief, das nicht ahnte, daß es dem einstigen Fürsten der italienischen Komödie zujauchzte. Da ist weiter die zierliche Chiesa Madonna della Luce" aus der Renaissancezeit und da ist endlich, nahe der Porta francesca, das Oratorio di S. Bernardino, eines

Wie ein Gegenstück zu dieser Kirche erhebt sich am anderen (östlichen) Ende der Stadt das einfache Kamaldulenjerkloster S. Servo; unscheinbar und kunstlos von außen, birgt es in seinem Inneren ein berühmtes Fresko, dessen oberer Teil von dem zweiundzwanzigjährigen Raphael, dessen unterer Teil von Perugino herrührt. Das Bild stellt die Versammlung der Kamaldulenser in Verehrung der Dreieinigkeit dar. Leider ward gerade Raphaels Werk stark beschädigt und erbärmlich restauriert, aber auch die wenigen unverlegten Überreste lassen im vollen Maße die Größe des Meisters erkennen. Die tiefe Charakteristik und die unendliche Anmut des raphaelischen Geistes spricht aus diesen Köpfen, und man begreift es, daß die Mönche des Klosters, solange

Raphael lebte, die Vollendung des Bildes | einige Rundfenster. Nur der alte vierfeinem anderen, auch seinem Lehrer Perugino nicht, übertragen wollten.

Die Stadtteile Perugias im Westen und Osten sind von geringer Ausdehnung und bald durchwandert; günstiger als sie war die Südseite des Hügels für die Entwickelung und Ausbreitung der Stadt. Der weite, terrassenartige Vorsprung, der sich von S. Ercolano am Fuße der alten römischen Mauern bis zur Porta Romana und noch über dieselbe hinaus zieht, gestattete die Anlage breiterer Straßen, wie die des Corso di Porta Romana. Inmitten derselben erhebt sich ein alter gotischer Bau, es ist S. Domenico, ein Werk des Giovanni Pisano aus dem vier zehnten Jahrhundert, das nach dem Einsturz der Decke von Carlo Maderno (um 1614) nicht gerade vorteilhaft umgebaut

eckige Chor mit seinem berühmten Fenster blieb vollständig unversehrt erhalten. Dieses ist wohl das größte Glasgemälde in ganz Italien. Hundertzweiundachtzig Quadratmeter hat Bartolomo Pietro di Perugia im Auftrage des Stifters Graziani zu Ehren des Dominikanerordens mit Engeln, Propheten, Heiligen. und Kirchenvätern in leuchtenden Farben ausgeführt und mitten unter ihnen auch den aus den Dominikanern hervorgegangenen Papst Benedikt XI. verewigt, jenen Friedensfürsten, der redlich daran. arbeitete, Frankreich wieder mit der Kirche. zu versöhnen, bis er 1304 in Perugia, wahrscheinlich an Gift, starb. Hier in S. Domenico, wo er beigesezt ward, hat ihm auch Giovanni Pisano ein würdiges Denkmal errichtet; es ist ein auf hohem Sockel

[graphic][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small]
« ZurückWeiter »