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welchem Zusammenhange mit den Briganten und ihren Thaten gestanden hätten, wenigstens aus früherer Zeit her oder doch durch Abstammung, Verwandtschaft und Verschwägerung, das ließ sich freilich nicht wohl leugnen. Denn wo das Räuberhandwerk betrieben wird, da schändet es den, der es ausübt, in der Meinung seiner Mitbürger nicht, sondern alle, auch die Redlichsten und Rechtschaffensten, leisten ihm Vorschub, wo und wie sie können, halten es für Ehrensache, ihn vor den Häschern der Regierung zu schüßen, und würden sich eher in Stücke reißen lassen, als ihn an dieselben verraten. Und so fällt denn allerdings die That einzelner und das Gewerbe einer verschwindenden Minderzahl auf die Gesamt heit der Bewohnerschaft zurück und verleiht ihr ihren besonderen Ruf. Es ist auch nichts Seltenes, daß fleißige und ehrliche Leute auf ihre Blutsverwandtschaft mit berüchtigten Briganten stolz sind, das Andenken an deren Thaten wie ein heiliges Vermächtnis bewahren und ihre zurückgelassenen Waffen oder sonstiges Geräte wie Reliquien von Heiligen aufbewahren und verehren. Oft genug hört man selbst die Frauen an der altertümlichen Spindel und die Kinder, die Blumen pflückend in den Felsthälern umherschweifen, in den eigenartigen, langgezogenen, melancholischen Weisen die Kämpfe und den Heldentod hervorragender Briganten besingen; ja, daß unmittelbar neben dem Bilde des Schußpatrons dasjenige eines Bandenführers an der nämlichen Zimmerwand eines rechtlichen Bürgerhauses hängt, erregt nirgends Anstoß.

Wenn es in dem Städtchen Racalmuto aber einen gab, der von den Briganten und ihren Heldenthaten nichts wissen wollte, ja, einen wahren und gerechten Abscheu vor ihnen hegte, so war es Tito Nostrella, bei jung und alt bekannt unter dem Namen ,,der faule Tito".

Er war ein junger, gut gewachsener und schlankgliederiger Bursche, dessen Vater ein kleines Anwesen besaß, auf welchem er sich schlecht und recht durch

die Welt brachte; man hätte ihn sogar für einen auffallend hübschen Gesellen gehalten, dem das braune Haar sich keck über dem scharf und fein geschnittenen Kopf krauste, wenn er nicht so seltsam verglaste, trübe und schlaftrunkene Augen gehabt hätte, über deren dunkelbraune Sterne die Lider in jeder Minute schwer herabfielen, als sei es dem Burschen schier unmöglich, sie offen zu halten. Nun sind zwar die Südländer und ganz insbesondere die Sicilianer wegen ihrer Faulheit überhaupt berühmt, an welchem sehr ungerechten Ruf nur so viel Wahres ist, daß sie gewöhnlich allein dann arbeiten, wenn es zur Erwerbung des notdürftigsten Lebensunterhalts unbedingt erforderlich ist und daß solche Notwendigkeit bei ihrer staunenswerten Genügsamkeit und bei dem Fruchtreichtum der sie umgebenden Natur allerdings nicht allzu häufig an sie herantritt; aber die Faulheit des „faulen Tito" ging denn doch so weit, daß sie den eigenen Landsleuten auffallen mußte und ihm seinen Übernamen verschaffte, den er übrigens gerade so geduldig und gemütsruhig hinnahm wie das meiste andere, das sich in dieser wunderlichen Welt für ihn ereignete.

Der faule Tito that buchstäblich und wirklich nichts. Wenn er des Morgens aufstand, so räsonnierte er darüber vor sich hin, daß er nun die unbequeme Mühe habe, sich anziehen zu müssen, obgleich diese Mühe in Anbetracht seiner leichten Kleidung, die selten über Hemd und Hose hinausging, doch nicht allzu hoch anzuschlagen war. Und dann legte er sich irgendwo hin in die Sonne, dehnte und streckte sich, blinzelte in den Himmel hinauf, sah den Arbeitern in den Weinbergen, in den Oliveten und auf den Sumachfeldern zu, ohne sie je zu beneiden, eher mit einer stillen Verwunderung darüber, daß sie sich so im Schweiße ihres Angesichts abquälten, und wartete ganz ge= duldig darauf, daß sich der Tag neigen und die Zeit zum Schlafengehen herankommen werde. Dabei zerkaute er hin und wieder ein Stück Brot zwischen den

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die Berge gehen“ hieß aber so viel, als zu den Briganten laufen, und wenn die sich auch wahrscheinlich für solchen Zuwachs bestens bedankt hätten, so wirkte die Drohung auf den alten Sandro dennoch, da Tito jedenfalls verzweifelter Entschlüsse fähig war, um nur nicht arbeiten

blanken Zähnen, zerschnitt sich eine Tomate als Zuspeise daneben, schälte sich mit geduldiger Langsamkeit ein paar indische Feigen, die Früchte des bizarren Opuntienfaktus, der überall verstaubt an den Wegrändern stand, trank, wenn es hoch kam, mit ein paar anderen Burschen | in der Osteria degli Amici ein Gläschen | zu müssen; und da Sandro Nostrella diesen Nostraners, war aber auch mit frischem Quellwasser einverstanden, falls ihn Durst anwandelte, und fühlte sich mit solchem forglos-genügsamen Dasein recht von Herzen zufrieden. Und wenn die anderen ihn hänselten, so lachte er, und wenn sie sich darüber ärgerten, daß er Gott und den Heiligen so den Tag fortstahl, indessen sie selber sich plagten, so lachte er erst recht. Und weil er ein grundgutmütiger Bursche war, der nie jemandem zu nahe trat, sondern jedem gern gefällig war, wenn es ihn nur keinerlei Mühe kostete, so ließen ihn am leßten Ende alle gewähren, hatten ihren Spaß mit ihm und zuckten die Achseln über seine unbesiegbare Faulheit, auf die er pochte wie auf sein gutes Recht.

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einen Sohn und Erben leider nur hatte, so ergab er sich darein, lieber einen erklärten Nichtsnuß und Tagedieb zum Sohn zu haben als gar keinen, und die Todsünde auf sich zu laden, daß er den faulen Burschen ins Elend oder gar in den Tod getrieben habe. So kam es denn, daß Tito eben blieb, was er seit jeher gewesen war: der faule Tito, und mit aller Kunstfertigkeit seinen Tag totschlug, und daß sich die Bewohnerschaft von Stadt und Umgegend an die Thatsache, daß der faule Tito nicht arbeitete, derart wie an etwas Unumstößliches gewöhnt hatte, daß sie es gar nicht mehr begriffen hätte, wenn es anders geworden wäre. Dazu war übrigens auch durchaus keine Aussicht.

Ob der faule Tito seinerzeit die Drohung, unter die Briganten zu gehen, falls man ihn nicht gewähren lasse, ernstlich gemeint und zu solchem Äußersten wirklich entschlossen gewesen war, ließ sich nicht wohl feststellen. Nur so viel ist sicher, daß er ein paar Jahre später eine ähnliche Drohung nicht ausgestoßen oder doch nicht wahrgemacht hätte, denn Tito Nostrella haßte die Briganten und alles, was in irgendwelchem Zusammenhang mit den Briganten stand, so wie er nur überhaupt, ohne daß es ihm zuviel Anstrengung machte, hassen konnte; er verabscheute sie und ihr gesamtes Treiben, er wünschte ihnen alles Böse und er hätte es am liebsten gesehen, wenn sie von den Karabinieri mit Stumpf und Stiel ausgerottet worden wären; ja, er hätte gern das Seinige dazu beigetragen, wenn sich das nur ohne Gefährdung von Leib und Leben hätte bewerkstelligen lassen. Und dieser glühende Haß in der Seele des faulen Tito war entstanden, ohne daß die Briganten ihm je zu nahe gekommen wären

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oder er persönlich einen Konflikt mit ihnen | geres Menschenbild nie mit seinen leibgehabt hätte. Er erklärte sich vielmehr lichen Augen gewahrt habe oder gewahren ganz einfach daraus, daß der faule Tito könne. Sie trug ein rotes Kopftuch über verliebt war. dem rabenschwarzen Haar, und ihr Mieder spannte sich straff über dem zartge= formten Busen; die kurzen Röcke ließen die schmalen, nackten Füße gewahren. Das dunkle Auge sprühte von Feuer und Jugendmut, und die schlanken Glieder verrieten ebensoviel Stärke als Ebenmaß; in dem sonngebräunten, ovalen Antlig lag Troß und Selbstbewußtsein neben verhaltener Glut und schlummernder Leidenschaft ausgeprägt, die ganze Erscheinung atmete strogende Kraft und wilden Mut.

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Wie das hatte geschehen können, hätte sich schwer erläutern lassen. Tito war aber trotz seiner unerhörten Faulheit, durch die er selber in Racalmuto Aufjehen erregt hatte, doch auch nur ein junger Bursch wie die anderen, und sein Herz mußte wohl von der Trägheit, die seine geistigen Funktionen sonst, gleich einem schweren Alp, bedrückte und im Bann hielt, nicht angesteckt worden sein. Denn er war keineswegs zu faul, um sich zu verlieben, schlug vielmehr recht vollkräftig und jugendfeurig für den Gegen stand seiner Wahl und hatte noch überdies zu diesem lezteren sich die schmuckste und reizendste Dirne ausersehen, die nur je in den schmalen Gäßchen zwischen den himmelhohen, wetterschwarzen Häusern von Racalmuto gewandert war. Wie das so eigentlich gekommen wer hätte es jagen können? Der faule Tito hatte unter den dunklen, breitästigen Karruben am Rande des Maisfeldes im Halbschat- | ten gelegen und den Mädchen zugeschaut, welche die gelben Fruchtkolben aus den welken Blatthüllen lösten und in den ausgespreiteten Leinentüchern sammelten, um dann die trockenen Stauden selber mit der Sichel über der Wurzel abzuschneiden und sie in Bündeln für Streu und Viehfutter zusammenzuschnüren. Es hatte ihm recht gut gefallen, zu beobachten, wie flink und sorgfältig die Arbeit von statten ging, und wenn ihm eine von den Arbeiterinnen, die seinem Ruheplage zunächst stand, ein spöttisches Wort herüberries, so schmunzelte er ganz behaglich dazu und fand die Welt und das Leben äußerst amüsant und wünschte sich auf der ganzen Erde nichts Besseres. Allmählich kam er sogar dahin- | ter, daß eine von den pflückenden und schneidenden Dirnen, die bei der Arbeit die ganze Grazie und Geschmeidigkeit ihrer Glieder entfalteten, die hübscheste von allen sei, und er sah ihr zuleht ganz ausschließ- | versprechenden Annäherung zwischen den lich zu und sagte sich, daß er ein anmuti

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Gioconda Delverde war sich ihrer Schönheit nicht unbewußt, aber sie entnahm für sich keine andere Berechtigung daraus als die eines unnahbaren Stolzes. Wenn sie jedem jungen Burschen gegenüber denselben an den Tag legte, so verwandelte er sich angesichts des faulen Tito vollends in kalten Hohn. Sie hatte ihm von jeher eine unverhohlene Verachtung gezeigt. Als er nun aber gar an jenem Tage auf dem Maisfelde anfing, ihr verliebte Augen zu machen und ihr schmeichlerische Worte herüberzurufen, wäh rend er sich behaglich im Schatten dehnte und sie ihre kurzstielige Sichel mitten im heißen Sonnenbrand des freien Feldes blizen ließ, da sagte sie ihm, daß jedes anerkennende und gar rühmende Wort aus solchem Munde für sie eine Beleidigung sei, schnitt ihre Maisstauden und drehte ihm den Rücken zu. Der faule Tito ließ sich das aber nicht im geringsten anfechten, lachte vielmehr über sein ganzes Gesicht vor innerlicher Befriedigung und rief nach einem herzlichen Gähnen, das er keineswegs zu verbergen bemüht war, zurück, wahr müsse immerhin wahr bleiben und Gioconda sei unbedingt das reizendste weibliche Wesen, das ihm nur je vor Augen gekommen. Da das Mädchen hierauf nichts mehr entgegnete, sondern rüstig weiter arbeitete, hatte es an jenem Tage mit dieser ersten, wenig

beiden sein Bewenden.

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Tito war jedoch nicht nur faul, son | sich zur Erreichung solches lockenden Ziels dern, wie die meisten Faulpelze, auch noch eigensinnig und ebenso beharrlich, wie in seiner Faulheit, auch in allen anderen, einmal gefaßten Entschlüssen. Und er hatte sich vorgenommen, Gioconda gegenüber den Verliebten zu spielen und das Mädchen in sich verliebt zu machen. Je schwieriger dies lettere erschien, desto mehr reizte es ihn in seiner Halsstarrigkeit. Von jener Zeit an war der faule Tito immer dort zu finden, wo Gioconda sich aufhielt. Sie mochte arbeiten, wo sie wollte, Tito war in der Nähe, flegelte sich am Feldrain oder auf der Weinbergsmauer herum, sah ihr zu, lachte sie an und gab ihr durch hundert ganz untrügliche Zeichen zu verstehen, daß er in sie verliebt sei, daß er sich nichts Holde-, res denken konnte als sie, und nichts Angenehmeres für sich wußte, als sie anzublicken. Und solch im Grunde unschuldiges Vergnügen konnte Gioconda bei all ihrem Stolz ihm nicht verbieten. Natürlich währte es auch nicht lange, bis der ganze Ort wußte, der faule Tito sei in die schöne Gioconda verliebt, und jeder fand den Spaß äußerst gelungen und trug das Seine dazu bei, die ganze Angelegenheit ins Lächerliche zu ziehen und dem faulen Tito mit allerlei Späßen und Stachelreden zuzusehen, sich die schöne Gioconda zur Frau zu holen, während man der lezteren einzureden versuchte, Tito Nostrella sei im Grunde genommen der begehrenswerteste Bursche in ganz Racalmuto und werde sicherlich seine Frau niemals prügeln, weil er viel zu träge dazu sei.

auch weiter keine Mühe geben wollte, als

daß er die Dirne ansah und anlächelte und ihr zurief, sie und keine andere könne ihm wohlgefallen. Übrigens war der alte Sandro Nostrella, dem gute Freunde beim Glase die komischen Bestrebungen seines mißratenen Sohnes mitgeteilt hatten, keineswegs erbost darüber, troßdem die Dirne mittellos war und im Dienste eines der wohlhabenderen Schwefelminenbesizer stand; er meinte vielmehr, es sei ihm gerade recht, wenn der Bursche heirate, und es komme nur darauf an, daß seine Frau es dann verstehe, einen vernünftigen Menschen aus ihm zu machen und ihn | zur Arbeit anzuhalten, und das traue er der schönen Gioconda am allerersten zu und sie werde ihm willkommen sein.

Giocondas spöttischer Hochmut, der keinem Spaßmacher etwas schuldig blieb, brachte die Sache, soweit sie selber davon betroffen wurde, bald zu Ende. Der faule Tito aber ließ sich mit lächelnder Ruhe jedwede Stichelei und Bosheit gefallen, trieb es nach wie vor und bildete sich fest und heilig ein, eines schönen Tages werde ihm wirklich gelingen, Gioconda zu seiner Frau zu machen. Denn danach stand allen Ernstes sein Verlangen, wenn er

Obgleich der faule Tito sich nun an einen Widerspruch von seiten seines Vaters auch nicht viel gekehrt hätte, so war ihm dessen ausdrückliche Einwilligung doch ein erneuter Stachel in seinen Wünschen und Plänen, und eines schönen Tages, als Gioconda vom Felde heimging, ihr gewichtiges Bündel mit reisem Kürbis auf dem Kopfe, gesellte er sich wieder zu ihr und sagte ihr nach kurzem Schweigen, das sie ihrerseits niemals unterbrach, in trocke= nen Worten, er sei bereit, sie zu heiraten, und wenn es ihr recht sei, solle sie nur die Zeit zur Hochzeit bestimmen, denn sein Vater sei's zufrieden, und daß er eine Familie ernähren könne, wisse sie ja wohl.

O ja, entgegnete Gioconda nach kurzem Besinnen auf die lehte Versicherung, wer so viel arbeite wie er, der sei gewiß dazu im stande und biete alle Gewähr auf noch ferneren Reichtum.

Und dabei schritt sie rüstig fürbaß. Tito aber sah sie von der Seite an und sagte gedehnten Tones: Wenn's weiter nichts ist, Gioconda dir macht ja das Arbeiten offenbar Vergnügen und so kannst du's auch als meine Frau an meiner Statt weiter betreiben. Wenn du's aber durchaus verlangst und es anders um keinen Preis thun willst, so kann ich nachher ja

auch arbeiten. Darauf soll es mir gar greifst du, ist zwischen uns nicht die Rede nicht ankommen.“ und wird nie die Rede sein

Sieh, sieh, wie entschlossen du bist!" höhnte Gioconda. „Also um diesen Preis thätest du selbst das ?“

„Das und alles andere, Gioconda," versicherte er mit der treuherzigsten Miene von der Welt,,,darauf hast du mein Wort." In seinem Ton lag zum erstenmal etwas, das Gioconda zwang, ihren Begleiter anzusehen. Und in seinem Gesicht war so viel Gutmütigkeit und ehrliches Wollen ausgeprägt, es blißte darin von so viel echter Zuneigung und redlichem Verlangen, daß das Mädchen eine Weile nachdenklich dreinblickte und der spöttische Zug um ihre Mundwinkel zu verschwinden begann. Dann sagte sie: „Ich glaube, du bist wirklich ein guter Junge, Tito, und man könnte von dir etwas Großes fordern du thätest es." „Natürlich," erwiderte er und schaute halb pfiffig, halb zufrieden vor sich hin, als thue ihm die Empfindung eines ersten Triumphes, den er davongetragen, wohl. „Nun, da will ich dir etwas verspre chen, Tito," fuhr das Mädchen fort und blieb einen Augenblick stehen, um in die scheidende Sonne zu blicken, wenn ich einmal eines Schußes und einer Hilfe bedarf — du weißt, ich stehe mutterseelenallein in der Welt da dann will ich mich an keinen anderen Menschen wenden als allein an dich, und du wirst mir bei stehen und alles für mich thun, was ich von dir fordere. Nicht wahr?"

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"

„Oho," fiel er ein, das wird sich schon finden. Mit dem Anfang unserer Freundschaft bin ich einstweilen zufrieden."

,,Und wirst's immer bleiben, hoff ich," ergänzte fie mit halbem Lachen, denn anderenfalls wären wir eben bald ge= schiedene Leute. Aufdringlichkeit leide ich nicht. Aber gute Kameraden, die einander etwas zu Gefallen thun, können wir sein."

,,Bis aus deiner Freundschaft Liebe wird und wir uns heiraten, Gioconda,“ sagte der faule Tito ganz phlegmatisch.

Nun musste sie wider Willen denn doch laut auflachen. laut auflachen. Die Lust mußt du dir wirklich vergehen lassen, Freund Tito," rief sie, „heiraten heiraten kann ich nur einen Briganten."

Tito schlug unwillkürlich ein Kreuz. „Gott sei uns gnädig," murmelte er, versündige dich nicht!"

,,Nein, nein, es ist mein voller, heiliger Ernst, Tito. Gar keinen oder einen Briganten; ein Drittes giebt es nicht."

„Du willst einen Briganten heiraten ?“ fiel er, immer noch fassungslos, ein, einen wirklichen Briganten? Aber ich glaube, dich hat der Skorpion gestochen, Gioconda."

Sie lachte wieder hell auf. Dann nahm sie mit beiden Armen ihr schweres Bündel vom Kopfe und legte es neben sich am Straßenrand nieder, um sich selber

,,Das werde ich, Gioconda, und mit auf einem moosumwachsenen Steinblock tausend Freuden."

„Aber," jezte sie hinzu, als sie sein strahlendes Gesicht gewahrte, „wenn du mich auch lieben darfst, Tito, Hoffnung geb ich dir keine. Wohlverstanden: ich bin dir nicht feindlich gesinnt, sondern glaube vielmehr, daß ich dich mit der Zeit immer lieber gewinnen und gut Freund mit dir sein werde, weil du wirklich ein wackerer Bursch zu sein scheinst, gefällig und gutmütig bei all deiner Träg-| heit, was man den anderen gerade nicht nachrühmen kann: aber von Liebe, be

Plaß zu suchen, über dem die weiter oben wachsenden Opuntien Blüten und Früchte niederhängen ließen. Ihm aber zeigte. sie einen Siz weiter unten auf der verstaubten Rasennarbe des Wegsaums, wo ein verwittertes Muttergottesbild auf mannshohem Steinsockel stand, und sagte: Damit du weißt, wie es steht, und damit volle Klarheit zwischen uns herrscht, ist's gut, daß wir gleich heute und hier alles zu Ende sprechen, Tito. Seße dich also` und höre mir zu!" Und als er das, mürrisch genug, gethan hatte, fuhr sie

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