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telbaren Nachbarschaft der großen Hauptstadt resultierenden Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten verbindet. Während des Mittelalters zeigte sie eine von der heuti| gen grundverschiedene Physiognomie. Im Verhältnis zu ihrem Umfang trug sie einst eine überreiche Fülle von heiliger Bestimmung gewidmeten Gebäuden. Ursprünglich nur als großes Wildgehege bemust, empfing sie ihre Weihe und ihren Namen durch die heilig gesprochene Tochter König Belas IV., Margareta, für welche ihr frommer Vater inmitten dieses Jnjelwaldes das Kloster der heiligen Jungfrau errichtete, das sein Kind als Nonne aufnahm. Damals sind dann auf der Insel noch ein Palast dieses Königs, ein Schloß des Erzbischofs von Gran, ein Prämonstratenser Kloster zum Erzengel Michael, neben dem Kloster auch eine Kirche zur heiligen Jungfrau errichtet gewesen.

Von allen diesen Gebäuden zeugen heute nur noch ziemlich spärliche Mauerund Pfeilerreste. Manche derselben sind außerordentlich malerisch reizvoll im verwachsenen Dickicht der waldartigen Parkpartien halb verborgen; andere direkt im Zusammenhange mit dem Landhause, welches sich Erzherzog Palatin Joseph im südlicheren Teil der Insel erbaut hat. Dieser überkam die Insel als Eigentum im Jahre 1797. Nach ihm gelangte sie 1847 in den Besiß des Palatins Erzher zog Stephan. Heute gehört sie dem Erzherzog Joseph. Durch ihn erst ist mit enormen Geldopfern das wildwuchernde Gehölz, welches die Insel überzog und die Ruinen und neueren Gebäude umschattete, in den wohlgepflegten, mit hoher landschaftlicher Kunst, Geschmack und Schönheitssinn angelegten Park verwandelt. Auf seine Anregung ist 1867 der artesische Brunnen gebohrt, welcher die mächtigen heißen Quellen zu Tage för derte, mit deren reichströmenden Wassermassen heute die Bäder des großartigen Badepalastes im nördlichen Teil der Insel versorgt werden. Das sogenannte ,,untere Gasthaus“ im südlichen Teil der

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Insel, auf der Stelle eines gewaltigen alten Klostergebäudes, die Pferdebahn, welche diese Partie der Insel mit der Dampferanlegestelle in ihrer nördlichen Hälfte an ihrem Westufer verbindet, das große Kurhaus nahe dem Ostufer, jener von Ybl aus rotem Sandstein aufgeführte Bäderpalast mit seinem von achtseitiger Kuppel bedeckten Mittelbau, seinen drei dreischiffigen Flügeln und seiner von einer Attika gekrönten Vorhalle; das Restaurantgebäude nördlich dahinter, die anmutigen Gartenpartien mit ihrer reichen, hierher verpflanzten edlen Vegeta= tion, die Wasserleitungen, durch welche die Erhaltung der lezteren erst ermöglicht wird das alles ist unter dem Regiment des gegenwärtigen erzherzoglichen Herrn . der Insel ins Leben gerufen. Er ist der wahre Schöpfer dieses unvergleichlichen Inselparadieses. Die heißen Schwefelquellen liefern in vierundzwanzig Stunden 25000 Eimer von einer Temperatur von 35 Grad Reaumur. Die Anlage des Badepalastes ist in wahrhaft großartigem und vornehmem Stil im ganzen wie in allen Detaileinrichtungen gehalten. Der sommerliche Aufenthalt in dieser von dem Arom des Walddickichts und der Gärten zugleich durchhauchten, niemals von einer Staubwolke erreichten Insel ist von einem beglückenden Reiz. Die Wirkungen dieser Bäder im Verein mit der Luft und der ganzen Art des dortigen Daseins werden als außerordentlich günstig gepriesen. Aber zum Glück hat der wohl= verdiente gute Ruf dieses Inselbades noch nicht hingereicht, um den großen Strom der Bäderbesucher hierher zu locken, mit dessen Invasion ein gutes Teil gerade des eigensten Zaubers dieses wundersamen wipfelumrauschten Eilandes unwiederbringlich verloren gehen würde.

Von jener Anlegestelle der Margareteninsel trägt uns der mehrfach an der Ofener Seite anlegende Dampfer unter den gewaltigen Bogen der Margaretenbrücke hindurch, hinüber nach dem Rudolfsquai der Pester Seite nördlich der großen Kettenbrücke. Zwischen beiden Brücken.

und weiter stromabwärts bis dahin, wo den Mühlen und Fabriken emporragt: der

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vom Ufer ansteigen, zieht sich die lange, prächtige Quaipromenade. Der nörd lichste Teil derselben zunächst unterhalb der Mündung der Margaretenbrücke sieht für jetzt noch etwas wüst und wenig präch tig oder elegant aus. Holzpläße, große Dampfmühlen und andere Fabriken, abwechselnd mit unansehnlichen, kleinstädtischen Häusern, drängen sich dort noch bis ziemlich dicht an das Ufer heran. Aber zwischen der oberen Donauzeile und dem Rudolfsquai, das heißt zwischen Margareten- und Kettenbrücke, in der Mitte wird bereits der kolossale Bauplay freigelegt, auf dem sich künftig das von Prof. Emmerich Steindl leider ganz im gotischen Stil projektierte ungarische Parlamentsgebäude, einer der großartigsten Reichstagspaläste dieser Erde, erheben wird. Hoffentlich wird dann auch der plumpe Bau vom Angesicht Pests verschwinden, der eine kurze Strecke in südöstlicher Richtung da von aus einem Gewirr von Gassen zwischen

erbaute Kaserne, deren Name ,,das Neugebäude" mit so vielen düsteren blutigen Erinnerungen aus den Zeiten der triumphierenden österreichischen Reaktion nach der Niederwerfung der ungarischen Revolution verknüpft ist.

Wo die Kettenbrücke auf das Pester Ufer mündet, breitet sich einer der schönsten und stattlichsten Schmuckplätze der Stadt aus der Franz-Josephsplay. Auf ihm sah ich noch im Jahre 1873 den nun abgetragenen Königshügel, welchen König Franz Joseph bei seiner Krönung im Jahre 1867 zu Roß hinansprengte, um nach alter Sitte den Säbel nach allen Himmelsrichtungen zu schwingen. Nun aber erhebt sich hier inmitten schöner, anmutiger Gartenanlagen das Erzbild des großen Grafen Stephan Szechenyi, nach dem Modell von Joseph Engel gegossen, der darin freilich nicht eben ein besonderes Meisterwerk der Monumentalbildnerei geschaffen hat. Dieser Plaß erwartet noch

zwei andere, hoffentlich besser geratende plastische Zierden: die Bronzedenkmäler des regierenden Königs Franz Joseph und das des Urhebers des ungarischen Ausgleichs und damit der neuen Periode der Freiheit und Selbständigkeit des Landes, Franz Deak. Auf der Nordseite schließt den Plaz als Hintergrund des Szechenyi-Denkmals die Südfassade des Akademiepalastes, der nach den Plänen des Berliner Leibarchitekten König Fried rich Wilhelms IV., Stüler, dort vor drei undzwanzig Jahren aufgeführt wurde. Ein höherer Mittelbau mit prächtiger Doppelsäulenstellung zwischen den rundbogigen Fenstern des Hauptgeschosses und fünf diesen Fenstern entsprechenden rundbogigen Thüren im Erdgeschoß, springt kräftig gegen die zurückliegenden niedrigen, weit schmaleren Seitenflügel vor. Außer den Räumen für die ungarische Akademie enthält dieser Palast die meist gut beleuchteten Säle, in welchen die zur ungarischen Nationalgalerie gemachte, ehemals Esterhazysche Gemäldesammlung ihre definitive Aufstellung erhalten hat. Sie ist nicht arm

an guten, ja ganz ausgezeichneten Bildern, besonders der holländischen Schule; aber noch weniger arm an recht zweifelhaften Schöpfungen, die sich sehr unberechtigt mit großen Künstlernamen schmücken. An der Ostseite wird dieser Platz durch die Gebäude des Hotel l'Europe und das Nakossche Palais, das heutige Amtsgebäude des Handels- und Ackerbauministeriums, abgeschlossen; an der Südseite durch das Haus des Pester Lloyd, in welchem außer den Bureaus und Sizungszimmern der Gesellschaft dieses Namens auch die Redaktion und Expedition des größten deutsch-sprachigen Blattes in Ungarn, des Pester Lloyd", ihren Sit haben. Was dem Plaze aber erst seine wahrhaft einzige Schönheit verleiht, ist die prachtvolle Aussicht nach Westen über die gewaltige Kettenbrücke und den reißenden Strom, der um den Fuß ihrer kolossa= len Granitpfeiler brodelt und schäumt, auf den Schloßberg mit der Königsburg gerade jenseits und die höher und höher ansteigenden kahlen und bewaldeten Ofener Höhen weiter im Süden hin. (Schluß folgt.)

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In diesen Tagen, da das Andenken unseres großen Schriftstellers und Freiheitskämpfers wiederum so recht lebendig vor die Seele seiner Freunde getreten, seiner Freunde, wie sie sich nicht nur bei äußeren Kundgebungen zusammenfinden, sondern wie sie, vereinzelt und zerstreut, eine stille Gemeinde, nicht minder innig ihre Andacht begehen; in diesen Tagen, da uns Börnes Wesen, seine Lebensschicksale wiederum so recht nahe gerückt worden, geziemt es sich wohl und können wir vielleicht nicht besser in seinem Geiste handeln, als wenn wir Worte des Gedenkens auch der edlen Frau widmen, deren teilnahmvolles Herz der großen Seele Börnes mit allem, was sie bewegte, ein geistiges Heim geboten, auf welcher der lezte Blick des Sterbenden geruht und der seine lezten Worte: „Sie haben mir viel Freude gemacht" gegolten haben.

Wohl eine süße Genugthuung gewährt es den Nachlebenden, die Kämpfer vergangener Zeiten zu preisen, ihren Verfolgern zu grollen; gern wiegen wir alle uns in dem Glauben ein, daß wir die Hand der Duldenden gedrückt und ihnen zugelächelt hätten. Aber ach, es lehrt der Blick auf jede ringende Gegenwart, daß klein allezeit die Zahl der Glauben |

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| den und der Apostel, groß diejenige der Zweifelnden und der Verleugnenden ist. Wohl dem, der ein Herz sein eigen nennen kann, das an ihm nie irre wird inmitten von Abfall, Gleichgültigkeit und übel angebrachter Verteidigung und ein solches Herz widmete Jeanette Wohl unjerem Börne.

Wer war Jeanette Wohl?

Fünfundzwanzig Jahre sind es, seitdem man sie begraben auf dem Kirchhofe Montmartre, in dem fremden Lande, in das sie dem verbannten Freunde gefolgt war, und doch, wie wenigen ist näheres über sie bekannt geworden! Aber kaum mit einer Verschuldung der Biographen, vielmehr mit einem Verdienst der wenig Bekannten selber, welches in dem Ruhmeskranze, der ihr gebührt, eines der schönsten Blätter bildet, haben wir es zu thun. Denn während die Sorge um den lebenden Börne ihr Dasein ausfüllte, während sie das geistige Fortwirken des Toten in thatkräftigster Weise ebenso förderte, wie sie das Schaffen des Lebenden unterstüßte, hat sie ohne Absicht, aber um so gleichmäßiger alles vermieden, was Börnes Ruhm, sei es auch nur durch die zu enge Beigesellung eines anderen Namens, um ein Jota hätte verkürzen können. Nicht leicht fällt es darum, ihr Bild, über das

* Als Gedenkrede vorgetragen bei der Börnefeier im Saalban zu Frankfurt am Main am 6. Mai 1886. (Mit Benuzung inedierten handschriftlichen Materials.)

sie selber einen Schleier geworfen, wiederum in die ihm gebührende Beleuchtung zu ziehen, und auch ich, obgleich in nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihr stehend, empfinde voll diese Schwierigkeit. Ich selbst, der ich noch fast in den Knabenjahren stand, als sie in Paris starb, habe sie persönlich nicht kennen gelernt, und wenige überhaupt unter den jezt noch Lebenden sind mit ihr, während sie noch in geistiger Frische und Vollkraft stand, in Berührung gekommen. Aber eine wesent liche Quelle zur Erkenntnis ihres Charak terbildes und zur Ergänzung der immer hin vorhandenen mündlichen Tradition bot sich mir in jener zu einem großen Teile inedierten Korrespondenz, welche sich durch all die Jahre hindurchzieht, in denen sie von ihrem Freunde getrennt lebte, sowie in einer Reihe mir über kommener Briefe, die sie mit ihrem spä teren Gatten, Salomon Straus, gewech jelt hat.

Börne hat Jeanette Wohl im Jahre 1816* kennen gelernt, um eine Zeit also, da er in seinem einunddreißigsten, und sie (geb. am 16. Oktober 1783 zu Frankfurt am Main) in ihrem vierunddreißigsten Lebensjahre stand. Jeanette war die

Nach Guzkow, dessen (vielfach durch Frau Wohl selbst veranlaßte) Angaben allergrößtenteils sehr zuverlässig sind, fand die erste Begegnung im Winter von 1816 auf 1817 bei den „Schwiegereltern des Dr. Stiebel" (also im Hause der Familie Ochs) statt; nach einer Äußerung Börnes dürfte dieser indes die Freundin zum erstenmal bei einem Spaziergang auf der Friedberger Chaussee gesehen haben. Jedenfalls ist das von Guzkow angegebene Datum das möglichst späte, zumal das in den Nachgelassenen Schriften" veröffentlichte „Tagebuch" (Bd. II, S. 236), sowie die Vertrau lichen Briefe" (ib. Bd. IV, S. 241) bereits an die Adresse der Frau Wohl gerichtet waren und von ihr bei der Herausgabe mit der Jahreszahl 1817 versehen worden sind. Aus jenen ersten Jahren datiert auch eine Reliquie, die sich in dem Nachlasse der Frau Straus-Wohl befunden hat: ein richtiges Gesindebüchlein der freien Stadt Frankfurt, dessen Titelblatt und erste Seite Börne mit eigenhändigen Einträgen ausgefüllt hat, so daß auf dem Titelblatte zu lesen ist (das von Börnes Hand Geschriebene ist hier mit gesperrter Schrist gedruckt):

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Dem Ludwig Börne von Frankfurt gebürtig, in Frankfurt, Standes Dr. der Phil., Religion 6hrist, Jahre alt 32, mittler Sta

dritte von vier Schwestern; ihren Vater hatte sie bereits in ihrem zehnten Lebensjahre verloren. Zweiundzwanzig Jahre alt, war sie mit Leopold Otten in die Ehe getreten. Was über die Motive, die näheren Umstände der Lösung dieser Ehe verlautet hat, ist für Jeanette nicht anders als ehrenvoll. Sie hatte als zartfühlende Frau bald erkannt, so erzählt man, daß sie an der Seite jenes Mannes

troy dessen bedeutenden Reichtums niemals glücklich werden könne. Nichtsdestoweniger habe sie ihn während einer langwierigen Krankheit sorgsam gepflegt, um nachmals, als der Gatte genesen war, den schon lange erwogenen Plan der Scheidung, aller glänzenden Versprechungen ungeachtet, durchzuführen. Sie nahm keinerlei finanzielle Vergünstigungen an, be= schränkte sich auf ihr persönliches Vermögen und legte sich ihren Familiennamen wieder bei.*

Zwanzig Jahre, bis zu Börnes Tode, währte also jener Verkehr, dem weder der Fluß der Zeit, noch häufige räumliche Trennung an Innigkeit etwas zu rauben vermochte, der nie eine Unterbrechung, nie eine Trübung erfahren hat. Nahezu während seiner ganzen litterari

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Nichts Rührenderes als dieje wenigen Worte, die buchstäblich in Erfüllung gegangen sind.

* Eine der wenigen schriftlichen Stellen, welche dies Verhältnis betreffen, lautet: „Ich habe auch die Delphine gelesen. Sie haben recht, man kann viel daraus lernen... Bei ihren Ansichten über Ehescheidung dachte ich mir, hätte ich das Buchh früher gekannt, wäre ich früher frei und erlöft worden und hätte weniger Qualen und Zweifel erlitten. Es ist schlimm wenn man die Bücher versteht, braucht man sie nicht mehr und einem die Lehren daraus nügen könnten, versteht und begreift man sie noch nicht." (1822.)

wenn

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