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sich an die Spiße der Bewegung, deren · Rassenhasses, des revolutionären Feuers,

Zweck und Ziel diese fortschreitende Entwickelung auf allen Kulturgebieten ist. Seine Mitglieder beweisen die eifrigste Thätigkeit, bringen kolossale materielle Opfer für das allgemeine Wohl, für die Verschönerung der Hauptstädte, die Verbesserung des Loses ihrer Bewohner, die Verbreitung der Bildung durch alle Klassen der Nation, die Errichtung gemeinnüßiger Anstalten, durch welche der Wohlstand und das Wohlbehagen der selben gesteigert wird. Aus der Reihe Aus der Reihe dieser Männer, welche das Volk mit Fug und Recht als die Schöpfer des neuen Ungarn verehrt, ragt besonders die Gestalt des Grafen Stephan Szechenyi hervor. Durch ihn wird die ungarische Akademie der Wissenschaften begründet. Es entsteht ein ungarisches Nationaltheater in Pest, die Donaudampfschiffahrt wird eingeführt. Die furchtbaren Wunden, welche die Cholera der Bevölkerung und die größte aller Donauüberschwemmungen den beiden Städten in den ersten dreißiger Jahren geschlagen hatten, werden mit der opferwilligen Anspannung aller Kräfte in verhältnismäßig kurzer Zeit wieder ausgeheilt. Im folgenden Jahrzehnt gelingt es endlich, das gewaltige Werk der festen Kettenbrücke, die zwölfhundert Fuß lange Verbindungsstraße zwischen Ofen und Pest, hoch über den Strom hinweg von Ufer zu Ufer zu spannen. Auch diese bewun dernswürdige Schöpfung, die nach den Plänen des englischen Ingenieurs Clark ausgeführt wurde, danken die Hauptstädte dem großen adligen Bürger des Landes Grafen Szechenyi.

Die stetige ruhige Weiterentwickelung Budapests und ganz Ungarns geriet erst wieder durch die, das Land und Volk im innersten erschütternden Ereignisse, | welche durch die Bewegung des Jahres 1848 hervorgerufen wurden, ins Stocken. Sie sind auch unserem heutigen Geschlecht wohl noch in frischer Erinnerung, jene blutigen, heroijchen Kämpfe und jene Kette von Thaten der entfesselten Leiden schaften, des politischen Fanatismus, des

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des tückischen Verrats, des erbarmungslosen, rachgierigen, blutdürstigen Despotismus, deren Schauplaz während jener Epoche Budapest und alle Teile des unglücklichen Landes waren. Der anscheinend so fest gegründete österreichische Kaiserthron geriet ins Wanken vor der ersten ziemlich harmlosen Demonstration der Wiener Bevölkerung am 13. März. Als der ungarische Reichstag dem KaiserKönige die am 14. beschlossene Adresse, welche die Wiederherstellung der alten ungarischen Verfassung unter einem eige= nen Ministerium und ein ganzes Register von Freiheiten forderte, zu Wien überreichte, willigte der eingeschüchterte Monarch in alles. Die alte ungarische Freiheit, die den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechend motivierte Verfassung des Königreichs, seine nationale Selbständigfeit schien im Fluge errungen und gesichert. zu sein. Aber während das neue nationale königliche Ministerium die großen Maßregeln zur Niederwerfung des an der Militärgrenze begonnenen kroatisch-slavo= nischen Aufstandes gegen die neue ungarische Regierung beschloß, förderte und schürte der königlich-kaiserliche Hof zu Wien selbst im geheimen diesen von Süden her drohenden Brand. Im September schon warf die Wiener Regierung die Maske ab. In der Wut über den Verrat ermordete ein fanatischer Volkshaufen zu Pest den königlichen Kommissarius Grafen Lamberg auf der Kettenbrücke. Die junge ungarische Armee wurde zur Unterstützung des von kaiserlichen Truppen eingeschlossenen revolutionären Wien entsendet. Geschlagen und aufgelöst kehrte sie heim. Bereits im Januar 1849 zog der siegreiche kaiserliche Bezwinger Wiens, Fürst Windischgräß, als Sieger auch in Pest und Ofen ein. Aber das nationale Heer hatte das Fechten gelernt und begabte Führer gefunden. Die revoIntionäre Regierung Ungarns war nach Debreczin verlegt. Während ihr Haupt Ludwig Kossuth die Nation zum heroischen. Widerstand entflammte, drang das neu

organisierte Honvedheer gegen die Hauptstädte vor, schlug die österreichische Occupationsarmee in mehreren Treffen und zwang Windischgräß bereits im April, Pest zu räumen. In dem festen Ofen aber ließ er eine tapfere und entschlossene Besaßung unter General Henzi zurück. Während in fortgesezten Kämpfen der Feind zum Lande hinausgeschlagen wurde, begann die regelrechte Belagerung und Beschießung der Festung durch die Truppen Görgeys und zur Erwiderung das Bombardement des unglücklichen Best durch die Belagerten. Erst nach mehrwöchentlichen Arbeiten, Kämpfen und vergeblichen blutig zurückgeschlagenen Stürmen gelang die Ersteigung der Festung auf Sturmleitern und die Überwindung des hartnäckigen, erbitterten Widerstandes. Henzi und cirka tausend Mann blieben dabei tot auf dem Plaze.

Aber dieser Sieg der nationalen Sache war auch der lezte. Schon war der Bund Österreichs mit Rußland geschlossen. Von beiden kaiserlichen Armeen umfangen und erdrückt, mußte die ungarische Macht erliegen. Während Kossuth und der nach Debreczin verlegte Reichstag die Abjezung des Hauses Habsburg dekretierten, war das Schicksal der neuen Republik bereits entschieden. Am 13. Juli schon wurde Ofen von neuem durch die Kaiserlichen besezt. Görgey kapitulierte bei Vilagos und ergab sich mit dem Kern der na tionalen Armee dem russischen General Paskiewitsch. Der Rest des Heeres unter Bem wurde bei Temesvar geschlagen und zersprengt, Komorn kapitulierte. Ungarn lag, aus tausend Wunden blutend, gekne belt und widerstandslos zu den Füßen

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Der Tunneleingang.

meister v. Haynau, ließ zu Arad und im Pester Neugebäude die Patrioten, hohe und geringe, in Scharen am Galgen und durch Pulver und Blei enden. Die alte Verfassung und jede der später errungenen Freiheiten war aufgehoben. selbständige Existenz, das nationale Leben Ungarns schien für immer vernichtet, die Hauptstadt ihrer Würde entkleidet. Aber der nationale Geist bewies auch in dieser langen Periode der Heimsuchungen und Bedrängnisse seine alte, oft erprobte zähe Lebenskraft. War ihm das politische Gebiet gewaltsam versperrt, so konnte keine feindliche Macht ihn daran verhindern, daß er sich desto energischer auf dem wissenschaftlichen, litterarischen, industriellen und wirtschaftlichen Gebiete bethätigte. Nicht zum wenigsten geschah das in der Landeshauptstadt, welche dieser still und stetig fortwirkenden inneren Regenerationsarbeit in jenen Jahren der Unterdrückung durch die österreichische Centralregierung manche wichtige und bedeutsame Unternehmungen, Verbesserun

gen und Institute verdankt. Die politische Erlösung Ungarns von dem Joch, das seit 1849 auf dem Volke lastete, begann mit dem Moment, wo die Schwäche sei ner Unterdrücker vor aller Welt offenbar wurde.

Der Krieg mit Frankreich und Italien 1859 hatte deren Macht bereits bedenklich erschüttert. Gewisse Konzessionen an Ungarn, eine teilweise Wiederherstellung seiner Verfassung, die Wiedereinberufung eines ungarischen Reichstages waren die Folge davon. Aber die vollständige Herstellung der nationalen Unabhängigkeit und alten | Freiheit des Magyarenlandes ist ihm doch erst geworden, als die preußischen Siege von 1866 die Kraft des Kaiserstaates völlig gebrochen hatten. Die Ungarn, von ebenso patriotischen als klugen Staatsmännern, von Franz Deak und Eötvös, geleitet und beraten, verstanden es vortrefflich, die Schwäche und Hilfsbedürftigkeit der Wiener Regierung zu ihrem Vorteil auszunuzen. Notgedrungen mußte leztere die Hand zum Ausgleich weit entgegenstrecken. Die so lange geknechtet Gewesenen diktierten den harten Herren die Bedingungen der Aussöhnung. Der einst zum Tode verurteilte Hochverräter“ an der österreichischen Majestät, Graf Julius Andrassy, wurde der Premiermini ster des triumphierenden Ungarn. Kaiser Franz Joseph aber wurde im Juni desselben Jahres in Pest als verfassungsmäßiger König des Landes nach altem Ritus gekrönt und leistete den Eid auf dessen neue Konstitution.

Damit war der Haß gesühnt, mit dem von dem Volk genommenen Druck auch die Erinnerung an die erlittene Unbill ausgetilgt. Die Dynastie crlangte eine kaum je zuvor besessene Popularität. Die Mitglieder der kaiserlichen Familie aber ließen es sich angelegen sein, dieje Volksbeliebtheit durch alle Mittel zu fräftigen und zu nähren. Der Schwerpunkt der Der Schwerpunkt der Dynastie" wurde in Wahrheit mehr und mehr nach Ofen verlegt. Die Kaiserin Elisabeth zumal machte aus ihrer Bevorzugung Ungarns und Budapests vor

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Deutsch Österreich und Wien gar kein Hehl. Gödöllö in der Nähe jener Hauptstadt ist ihre beliebteste Sommerresidenz. Die nationale Aristokratie bedurfte kaum dieses Beispiels ihrer Königsfamilie, um Budapest alles das zuzuwenden, was vordem die österreichische Kaiserstadt von ihr empfangen und genossen hatte. Land und Volk Ungarns und besonders auch die Hauptstadt haben seitdem, zumal in den letzten sechzehn Jahren, einen früher nie geahnten Aufschwung genommen. Von dem rapiden Anwachsen Budapests kann schon allein die Thatsache zeugen, daß die Bevölkerungsziffer, welche im Jahre 1870 270467 Seelen betrug, 1881 bereits auf 370767 gestiegen war. Der errungene Sieg hat der Magyaren Selbstgefühl in einem Maße entwickelt, daß es vom GröBenwahn oft nicht allzuweit entfernt gewesen ist. Aber sie sind bei dem unfruchtbaren Genuß dieses stolzen Bewußt seins nicht stehen geblieben. Sie haben Einkehr in sich selbst gehalten, haben ihre Schwächen und Fehler, aber auch die reichen, nie ausgiebig benußt gewesenen Quellen des Wohlstandes und Gedeihens, die Notwendigkeit des Kulturfortschrittes und die rechten Mittel dazu erkannt und leßtere zur Anwendung gebracht. Mit oft beklagenswerter einseitiger Feindlichkeit | wendet sich dabei das Volk und fast die Gesamtheit seiner Führer gegen alles Nichtmagyarische, speciell gegen das starke deutsche Element im Lande wie in der Hauptstadt, dasselbe, welches einst als der Sauerteig des magyarischen Volks, als Ansporn und Lehrer jeder Kultur in Ungarn geschäßt worden war. Das mag uns Deutschen als sehr bedauernswert erscheinen. Aber jedes wirklich kräftige Erwachen des eigensten Geistes eines Volkstums wird und muß immer einen derartigen Kampf gegen dasjenige zur natürlichen Konsequenz haben, welches demselben im eigenen Lande lange mit dem Anspruch auf Überlegenheit an geistiger, produktiver und wirtschaftlicher Kraft gegenübergestanden hat.

Wie im modernen Berlin, ergeht es

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neuen Besuch in manchen Teilen kaum wieder. Ich habe noch im vorigen Som mer die Erfahrung persönlich gemacht. Ununterbrochen vollzieht sich hier wie dort gleichzeitig die innere Umwandlung zum Besseren, Schöneren, Gesunderen,,,Menschenwürdigeren" und die äußere Erweiterung und Ausbreitung. Hand in Hand geht damit eine ebenfalls sehr merkliche Wandlung des Lebens und der Sit ten der großen Masse der Bevölkerung. Nehr und mehr schleift sich, tros jenes eifrigen Herausfehrens der nationalen Tendenzen, das ehemalige prononciert nationale Gepräge der Erscheinung der Budapester ab. Manches Halbasiatische" in den Lebensarten, das ehedem frei und ungeniert zu Tage trat, ist heute bereits

Ben ist kaum noch durch besondere Eigentümlichkeiten von dem anderer moder=

ner europäi= scher Hauptstädte unter

schieden; ebensowenig wie (abgesehen von den offenen Omnibuswägelchen mit dem gestreiften leinenen Schattendach) die Art der Pferdebahnwagen und Fiaker. Höchstens eine größere Lebhaftigkeit, ein temperamentvolleres Bewegen und ein größerer Reichtum an schönen und anziehenden Frauengesichtern und scharf charakteristischen Männerköpfen in der sich auf den Straßen, den Promenaden bewegenden und an den öffentlichen Vergnügungsorten versammelnden Menge, als wir in deutschen Städten zu finden gewohnt sind, läßt sich an der Bevölkerung der ungarischen Hauptstadt beobachten.

Am auffälligsten sind die Resultate des stetigen Umgestaltungsprozesses Budapests vorläufig noch in der Stadthälfte am

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