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macht, und schon am 2. Februar konnte er mit seinen Gegnern in Gerstungen einen vermittelnden Frieden schließen. Dieser aber war durch Schuld der Sachsen und zum Vorteil des Königs nur von kurzer Dauer; der Ingrimm, womit jene über die königlichen Burgen in ihrem Lande hergefallen waren und sich dort sogar an den heiligen Stätten vergriffen hatten, hatte ihnen die Sympathien der übrigen Stämme entfremdet und viele wieder zur Partei des Königs zurückgebracht.

Und auch der im Wormser Freibrief ausgesprochene königliche Appell an die Treue der übrigen Städte äußerte bald schon seine Wirkungen. Zunächst war es Köln, nach Mainz damals die mächtigste Stadt Deutschlands, wo sich die Bürger, dem Beispiele der Wormser folgend, für ihren König erhoben. Während aber die Erhebung in Worms von glücklichem und noch dazu unblutigem Erfolge gekrönt war, gestaltete sie sich in Köln zu einem blutigen Unglücksdrama.

Berichterstatter ist auch hier wieder Mönch Lambert von Hersfeld.

In Köln waltete als Erzbischof und Stadtherr Anno. Bei ihm weilte wäh❘| rend der Ostertage des Jahres 1074 der Bischof Friedrich von Münster. Als dieser nun nach den Feiertagen abreisen wollte, gab der Erzbischof seinen Dienst mannen Befehl, ein zur Heimreise seines Gastes geeignetes Schiff aufzusuchen. Sie finden ein solches; aber es ist das Eigen tum eines sehr reichen und angesehenen Kölner Kaufmannes, und zudem ist es schon mit Waren beladen. Doch ohne alle Rücksicht hierauf befehlen die Dienstmannen den Schiffsknechten, schnell die Waren aus dem Fahrzeug hinauszuschaffen und es für den Dienst des Bischofs bereitzustellen. Diese weigern sich; jene erneuern den Befehl und versteigen sich zu Drohungen. Da laufen die Knechte vom Schiffe in die Stadt zum Hause ihres Herrn, um diesem den Vorfall zu melden und zu fragen, was zu thun sei. Doch der ist abwesend, aber an seiner Stelle steht sein Sohn, ein kräftiger, mutvoller

junger Mann, der nicht nur wegen seiner Verwandtschaft mit den ersten Bürgerfamilien der Stadt, sondern auch bereits wegen seiner persönlichen Verdienste bei den Bürgern in allgemeiner Achtung steht. Kaum hat er die Kunde vernommen, da eilt er zornigen Mutes mit den Knechten zum Rheinufer; unterwegs schließt sich noch ein Haufe von jungen Bürgersöhnen, als sie hören, um was es sich handelt, an ihn an. Beim Fahrzeuge findet er die bischöflichen Dienstmannen; in heftigem. Tone fordern sie nun auch von ihm die Auslieferung desselben, mit gleicher Heftigkeit weist der Erzürnte sie von seines Vaters Eigentum. Da erscheint das Haupt der städtischen Polizei, der erzbischöfliche Stadtvogt; aber auch seine Forderung wird abgewiesen, und als er durch seine Mannen Gewalt anwenden will, werden diese von den erbitterten Bürgern zurückgejagt.

Jezt meldet man dem Erzbischof in seiner Pfalz den Troß der Bürger. Anno war, sagt uns ganz treuherzig Mönch Lambert, ein gar wackerer Mann, nur konnte er im Zorn seine Zunge nicht im Zaum halten; und so erging er denn auch jet sich in den maßlosesten Ausdrücken über den troßigen Kaufmannsjohn.

Dieser aber kehrte nun mit seinen Begleitern gleich wie im Triumph in die Stadt zurück. Laut schalten sie die Anmaßung des Erzbischofs, seinen kecken Eingriff in das Eigentumsrecht eines freien Bürgers.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht durch die Stadt. Die Bürgerschaft geriet in Bewegung. Ihre Häupter wahrscheinlich sind es die Mitglieder der uralten und mächtigen Gilde, die Richerzecheit genannt Richerzecheit genannt traten zu einer Beratung zusammen.

Offenbar war es nicht erst dieser Vorfall, der den Zorn der Bürger gegen ihren Erzbischof wachrief. Unverkennbar war ihre Abneigung gegen diesen und, müssen wir hinzufügen, auch die Annos gegen die Bürger schon längst eine hochgesteigerte. Das deutet auch unser Gewährsmann

Lambert an, indem er berichtet, noch in leztvergangener Osterwoche habe Anno in einer der Hauptkirchen der Stadt weidlich gegen die Kölner losgedonnert und sich in seiner Predigt sogar zu der exaltierten Behauptung verstiegen, wenn sie nicht Gottes Zorn schleunigst durch Buße abzuwenden sich bemühten, werde die Stadt nächster Tage zu Grunde gehen. Jedenfalls war ein Zwiespalt schon da, er war die naturnotwendige Folge des scharfen Gegensaßes zwischen dem herrischen und harten Gebieter und den ihrer Macht und ihres Reich tums sich bewußten lebensfrohen Bürgern.

Von lezteren liefert uns Lambert bei dieser Gelegenheit eine hochinteressante Beschreibung, die ebenso charakteristisch für den Autor wie für jene ist. Die Kölner, meint er, seien von Jugend auf mitten in den städtischen Genüssen auferzogen; im Kriegswesen hätten sie keine Erfahrung, und doch pflegten sie darüber abends nach Schluß der Geschäfte bei Wein und Bier zu disputieren; alles, was ihnen einfiele, glaubten sie, sei ebenso leicht auszuführen als zu besprechen.

Man sieht schon aus diesen Notizen des Hersfelder Mönchs: die Kölner Bür ger waren selbstbewußte, beherzte und kühne Leute. Und so wurde denn der in ihren Herzen längst glimmende Haß gegen den strengen Gebieter durch dessen versuchte Gewaltthat zur hellen Flamme entfacht. Um das Haus, in welchem die Häupter der Bürgerschaft zur Beratung zusammengetreten waren, sammelten sich die Massen des Volkes. Das Beispiel der Wormser, die noch erst vor wenigen Monden ihren Bischof samt seinen Dienst mannen aus ihrer Stadt verjagt hatten, stand lebendig vor ihren Seelen. Aber hier in Köln war die Wut größer: Nicht länger mehr dürfe man die Anmaßung Annos feigen Weibern gleich ertragen; nicht aus der Stadt treiben, nein, totschlagen müsse man den tyrannischen Erzbischof; so erscholl es aus der lärmenden und tobenden Menge.

Nachmittags brach der Sturm los. Die Massen strömten zur erzbischöflichen Pfalz,

an ihrer Spize stand der beleidigte junge Kaufmannssohn. Anno flüchtete sich mit seinen Getreuen in den Dom, dessen Pforten man von innen eiligst verrammelte. Die Volksmassen umlagerten den Dom und drohten ihn zu verbrennen, wenn Anno nicht ausgeliefert werde. Diesem aber gelang es, in das anstoßende Domstift zu entschlüpfen und dann weiter in das Haus eines Kanonikers, das an der Stadtmauer lag, von wo er in der nächsten Nacht nach Neuß entwich. Seine Pfalz aber ward im ersten Ansturm genommen. Drinnen schaltete die Volksmenge in wildem Siegesübermut. Die Thüren wurden erbrochen, die Geräte weggeschleppt oder zertrümmert, im Keller die Weinfässer zerschlagen, so daß einige Stürmer in der Menge des ausgelaufenen Weines fast ertrunken wären. In einem Versteck entdeckte man einen Menschen; wie uns Lambert mitteilt, hielt man ihn im ersten blinden Eifer für den Erzbischof; die wütende und wohl auch schon trunkene Menge erschlug ihn. Ähnliche Scenen spielten auf den Straßen der Stadt. Die Bürger aber sandten sofort an den König Boten, welche ihm die Verjagung ihres Erzbischofs melden und ihn zur Einkehr in ihre Stadt einladen sollten.

Aber noch ehe der König, der damals in Bamberg weilte, an ein Erscheinen denken konnte, ja ehe die Boten bei ihm anlangten, hatte Annos gewaltige Energie schon über das Schicksal der Stadt entschieden. Bereits am vierten Tage nach seiner Entweichung erschien er mit einem eiligst in der Umgegend aufgebotenen zahl= reichen Heere vor der Stadt. Die Bürger waren völlig überrascht, sie wagten nicht zu widerstehen. Anno zog mit seinen Scharen ein und lud die Empörer für den folgenden Morgen vor seinen Richterstuhl. Die Hauptschuldigen, darunter jener Kaufmannssohn, der Anstifter des Aufruhrs, wurden vor den Erzbischof geführt; ihnen wurden die Augen ausgestochen, ihr Vermögen konfisziert. Freilich hatte man nicht aller habhaft werden können; denn in der vorhergehenden Nacht waren an

sechshundert Kaufleute aus der Stadt ge= flohen; sie eilten zum König, um dessen Hilfe gegen den Erzbischof anzurufen.

Während aber Anno sein fürchterliches Gericht hielt, feierten seine siegesübermüti gen Scharen ihre Orgien in der Stadt. Sie drangen in die Bürgerhäuser, plünderten, schlugen und mordeten nach Herzenslust gegen Wissen und Willen des Erzbischofs, sagt Lambert; aber das ist kaum glaublich, denn jener war der Mann nicht, um sich seine Dienstmannen über den Kopf wachsen zu lassen. Alle in der Stadt verbliebenen Bürger mußten dann noch durch einen Eid sich für den Erzbischof und gegen ihre entflohenen Mitbürger verpflichten.

Die Ruhe war nun wieder in Köln eingekehrt, aber es war die Ruhe des Grabes. „So wurde die Stadt" klagt Lambert,die bis dahin so volkreich an Bürgern und nächst Mainz das Haupt und die Fürstin der Rheinstädte gewesen, plöglich fast zur Einöde; die Straßen, die vordem die Menschenschwärme kaum zu fassen vermochten, lagen jest fast menschenleer; Schweigen und Schrecken herrschte an den Orten der früheren Lust und Freude." Es sind wehmutvolle Anflänge an die ihm wohlbekannten Klage= lieder des Jeremias, welche hier dem frommen, gefühlvollen Chronisten aus der Feder kommen.

Seines blutigen, graufigen Triumphes aber sollte Anno selber nimmer froh werden. Seine Nachbarn, die niederrheini schen Fürsten, schon längst mißtrauisch gegen ihn, wandten sich nach der Blutthat noch mehr von ihm ab. Troy seiner Macht stand er isoliert da, in einer Stadt, worin ihn der stumme Haß der Bürger rings umgab, bedroht von den zahlreichen Flüchtlingen, die nur auf den nächsten günstigen Augenblick warteten, um ihre Heimkehr und eine neue Erhebung zu versuchen. Aus dieser unbehaglichen Lage befreite sich der energische Mann durch raschen Entschluß; schon am 1. Juli machte er zu Andernach Frieden mit dem Könige, der bald darauf in

Köln selbst erschien. Aber Lossprechung der Stadt von der Exkommunikation sowie Amnestierung der geflüchteten Bürger konnte dieser dem noch immer ergrimmten hartnäckigen Greise nicht abringen. Das gelang erst fast nach Jahresfrist einer höheren Macht. Der alte Mann fühlte, daß er dem Grabe nicht mehr fern sei, und da peinigte ihn das Gewissen ob seiner Blutthat. Hinzu kam noch ein Traum, der auf den mönchischen Sinn desselben mächtig wirkte. Es träumte ihm, erzählt uns Lambert, als sei er in einen Palast gekommen, in welchem er eine Menge gestorbener Bischöfe, die er zum Teil noch gekannt hatte, in feierlicher Versammlung fand. In schneeweißen Gewändern saßen sie da wie zu einem Gerichte. Auch er trug ein solches Gewand, aber ein schwarzer Flecken war darauf, den er vergebens mit der Hand zu verdecken suchte. Und als er nun zu jenen sich sehen wollte, wehrte es ihm sein eigener Freund, der Bischof von Worms, indem er ihm bedeutete, daß sein Kleid unrein sei. Bestürzt erzählte der Greis am anderen Morgen seinen Traum einem Vertrauten. Dieser deutete den Flecken als die Blutschuld an Köln. Das wirkte: am nächsten Osterfeste (1075) sprach der Erzbischof die Stadt vom Kirchenbann los, amnestierte die geflüchteten und geächteten Bürger und gab ihnen die konfiszierten Güter zurück. Acht Monate später starb er.

Inzwischen aber hatte sich das Glück wieder auf die Seite Heinrichs gewandt. Während des Jahres 1074 hatte er durch kluge Nachgiebigkeit den größten Teil der Fürsten auf seine Seite gebracht und so die Sachsen isoliert; im folgenden Jahre hatte er gegen diese den Schlag geführt und sie völlig niedergeworfen. Aber seine leidenschaftliche, durch das Unglück noch immer nicht geläuterte, im Glück wie im Unglück maßlose Natur ließ ihn seinen Sieg mißbrauchen und gab so dem Papste die willkommene Gelegenheit, in die deutschen Verhältnisse einzugreifen und seine Idee von der Oberherrlichkeit des Papsttums über das Kaisertum zu reali

sieren. Heinrich, der die geistige Macht des Papsttums über die Gemüter völlig unterschäßt hatte, war mit seinem Übermut bald zu Ende. Der Koalition des römischen Papsttums mit der wieder bald von ihm abtrünnigen Fürstengewalt unterlag er bald. Rasch folgte Schlag auf Schlag: die Versammlung von Tribur (16. bis 23. Okt. 1076), wo er von seinen Fürsten gleichsam mit Fußtritten behandelt wurde, die schmachvollen Tage von Canossa (25. bis 28. Januar 1077) und endlich der Tag der Abseßung und die Wahl seines Schwagers Rudolf zum Gegenkönig (15. März 1077).

Wieder steht der König in gleicher Verlassenheit da wie gegen Ende 1073, und wieder sind es die deutschen Städte, die als seine Retter in äußerster Not auftreten. Aber jest zeigt es sich, wie mächtig das Beispiel der Wormser in den Herzen der deutschen Bürger überall im ganzen Reiche gewirkt hatte; denn diesmal sind es nicht etwa wieder zwei Städte, die sich für ihren König erheben; nein, ein ganzer Kranz von Städten tritt für ihn ein und bildet die Schußwehr für den hochbedrängten König. Den stolzen Reigen eröffnet das goldene Mainz, damals die erste und größte Stadt Deutschlands. | Hierhin hatte sich nach Heinrichs Absehung und Rudolfs Wahl der leztere mit seinem fürstlichen Anhang begeben; hier hatte ihn Erzbischof Siegfried, der Haupturheber der Wahl, im Dom am 26. März gekrönt. Aber mit Ingrimm hatte dem allem die Heinrich treuergebene Bürgerschaft zugeschaut. Noch am Krönungstage kam es zum Aufstand. Nach der Krönung hatte Rudolf für sein Gefolge ein Fest spiel veranstaltet; unter die Festgenossen hatten sich junge Bürgersöhne gemischt, die nur eine Gelegenheit suchten, um über die Unbewaffneten herzufallen. Einer von ihnen schnitt einem königlichen Dienstmann die kostbare Halskrause ab. Das war der Anfang des Getümmels; die Bürger fielen über die unbewaffneten Festgenossen her, diese flüchteten sich in die erzbischöfliche Pfalz; um sie wogten jezt die be

wäffneten Volksmassen und drohten sie in
Brand zu stecken und den „Pfaffenkönig“
so nannten sie Rudolf
zu töten.
Diesem gelang es, mit seinem Anhange
sich durch die Menge zu schlagen und die
zu einer Verteidigung hoch und isoliert
gelegene Martinskirche zu erreichen; von
hier machte er sogar auf die nachge-
strömte Menge einen glücklichen Ausfall,
der manchem Bürger das Leben kostete.
Aber das war nur ein Augenblickserfolg.
Denn er blieb nach wie vor umlagert, und
hätte er sich durch die Massen auch durch-
schlagen können, so wären ihm doch die
wohlbewachten Stadtthore verschlossen ge-
blieben. Kurz und gut, der neue Gegen-
könig saß mit seinem Anhang in der Falle,
und Erzbischof Siegfried mußte sich seinen
eigenen Unterthanen als Unterpfand für
den Abzug Rudolfs ausliefern. Dieser
zog mit seinem Anhang ab, und Sieg-
fried wurde ihm dann von den Bür-
gern mit Schimpf und Schande nachge-
jagt. Beide haben die Stadt nimmer
wiedergesehen. Mainz stand siegreich für
Heinrich da.

Rudolf und Siegfried hatten ihren Weg nach Worms genommen; aber ehe sie anlangten, hatten die treuen Wormser sich aufs neue für ihren König erhoben und ihren erst seit einigen Monaten in die Stadt zurückgekehrten Bischof wiederum mit gewaffneter Hand verjagt. Dieser schloß sich an Rudolf an, der mit den Seinigen, um Worms ausbiegend, über Tribur, Lorsch, Eßlingen und Ulm nach Augsburg zog, wo er Ostern feierte. Aber bald merkte er, daß hier seines Bleibens nicht sei. Der Augsburger | Bischof trat ihm mit solcher Schroffheit entgegen, daß dessen Anhänglichkeit an Heinrichs Sache nicht zu verkennen war. Gleiche Gesinnung bekundete auch die Bürgerschaft, welche zudem arg erbittert wurde, als die Rudolf begleitenden päpstlichen Legaten bei Gelegenheit der Osterfeier in kurzsichtigem Eifer die alten in Regensburg üblichen kirchlichen Ceremonien abstellten und den neuen römischen Ritus an die Stelle sezten. Rudolf zog schon bald

aus der Stadt hinaus und wandte sich in sein heimatliches Herzogtum Schwaben, wo er unter seinen durch die Cluniacenser mönche eifrig bearbeiteten Landsleuten starken Anhang zu finden hoffte.

Währenddem hatte Heinrich nach seiner Abreise von Canossa mehrere Wochen unter seinen Anhängern in der Lombardei verweilt; als er hier die Nachricht von seiner Absehung und der Wahl Rudolfs erhalten hatte, brach er nach Deutschland auf, um seine Krone zu ret

ten.

Da ihm aber Rudolfs Anhänger in Schwaben und besonders der Bayernherzog Welf die schwäbischen und bayerischen Alpenpässe versperrten, sah er sich genötigt, in weitem Umwege durch Friaul und Kärnten die Heimkehr zu machen. Erst gegen Ende April langte er in Bayern an und näherte sich Regensburg, der ersten Stadt des Herzogtums. Freudig öffneten ihm die treuen Bürger die Thore. Am 1. Mai hielt er seinen Einzug, und bald sammelten sich hier um ihn die Großen des Bayerlandes, welche mit ihrem Herzog Welf, dem Parteigänger Rudolfs, verfeindet waren. In kurzer Zeit sah er sich an der Spiße eines Heeres von zwölftausend Mann. Er rückte mit diesen zuerst nordwärts, um den verheißenen Zuzug aus Böhmen in Empfang zu nehmen, dann schwenkte er unvermutet südwestwärts in seines Gegenkönigs Herzogtum Schwaben hinein. Hier bewies Ulm sofort seine Anhänglichkeit an ihn; freudig öffneten die Bürger dem König ihre Thore. Unter den ersten Fürsten, die hier um ihn sich sammelten, war der getreue Bischof von Augsburg; seinem Beispiele folgten fast ausnahmslos die Bischöfe Schwabens und des Oberrheins. Vor den zahlreich versammelten Fürsten sprach hier Heinrich die Reichsacht über Rudolf und dessen Anhänger aus.

Bürger und stellten sich in großen Scharen unter seine Fahnen. So stark war seitens der deutschen Bürger der Zuzug, daß nach der Aussage eines sächsischen Chronisten gar „der größte Teil seines Heeres aus Kaufleuten bestand."

Rudolf, der seine Sache in Süddeutschland unterliegen sah, hatte sich im Frühsommer zu den Todfeinden Heinrichs nach Sachsen begeben und hier ein mächtiges Heer gesammelt. Mit diesem rückte er Ende Juli gegen Würzburg vor. Diese Stadt war die erste gewesen, die dem Beispiel von Mainz und Worms gefolgt war. Gleich nach Rudolfs Krönung hatte sie sich für Heinrich erhoben und den Bischof Adalbero, einen Anhänger Rudolfs, hinausgetrieben. Gegenkönig und Bischof lagerten jezt mit dem Sachsenheere vier Wochen vor der Stadt, aber sie hielt sich tapfer und schlug Rudolfs Stürme mit Erfolg zurück. Der fruchtlosen Belagerung überdrüssig, zog dieser dann westwärts und vereinigte am unteren Neckar sein Sachsenheer mit den Scharen, die ihm Herzog Welf aus Bayern und Schwaben zuführte. Solcher Übermacht gegenüber stand Heinrich mit seinem Bürgerheer am anderen Neckarufer in so günstiger Stellung, daß jene ihn nicht anzugreifen wagten.

So standen die Aussichten beider Parteien im ganzen und großen im Herbst wieder gleich, während sechs Monate vorher Heinrichs Sache schon gänzlich verloren schien. Wem verdankte er diesen Umschwung? Sich selber wahrlich nicht; auch der Treue seiner fürstlichen Anhänger nur zu einem sehr geringen Teile. Im wesentlichen war es die heldenmütige Treue der Städte, der er seine zweite Rettung und bald darauf auch seinen Sieg über den Pfaffenkönig“ verdankte.

"

Die Kämpfe der nächsten zwölf Jahre können wir, da sie minder wichtig und minder kritisch sind, füglich übergehen; es genügt über sie zu sagen, daß die Treue der deutschen Bürger gegen ihren Kaiser auch während dieser Zeit uner

Von Ulm marschierte Heinrich im Juni zu seiner Pfalzstadt Nürnberg, dessen Bürger gleichfalls treu zur Sache ihres Königs standen, dann ging der Heereszug westwärts zum Rhein nach Worms und Mainz. Jubelnd empfingen ihn hier die | schüttert blieb. Wenden wir uns nun

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