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Inter den Gegenständen, welche von Sammlern besonders hochgeschätzt werden, giebt es einige, deren Klassifizierung nicht ganz leicht ist, da sie weder mit vollem Rechte zu den ethnographischen Seltenheiten gezählt werden dürfen, noch auch zu den eigentlichen Kunstwerken gehören, wenigstens nicht in dem Sinne derjenigen Anschauung, welche den Wert der Kunstprodukte nach ihrem Verhältnis zu dem ästhetischen Ka

non schäßt, der in den klassischen Werken der verschiedenen Glanzperioden wurzelt. Solche Gegenstände repräsentieren zuweilen eine verloren gegangene schöpferische Thätigkeit, bei welcher eine besondere technische Fertigkeit mit dem Sinn für charakteristische Gestaltung verbunden war, und der Kenner hält sie nicht nur hoch, weil ihre Zahl eng begrenzt ist, sondern doch auch ihrer Eigenart in der Erscheinung wegen.

ungemein hohen Grad erreicht, und der Eifer, welcher von den Liebhabern dieser weltberühmten und seltenen Gegenstände zu deren Erwerbung aufgewendet wird, dürfte Uneingeweihten als die neueste aller kostspieligen Sammlermanien erscheinen. Doch haben wir es im Grunde nur mit

Cylinderförmige Vase; Mittelstreif mit blauem Grunde und weißen Drachen.

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dem Wiedererwachen einer sehr alten Liebhaberei zu thun, welche nicht nur auf eine Kuriosität gerichtet ist, sondern wenigstens den Vorzug des guten Geschmacks besißt. Schon in vergangenen Zeiten standen diese hochgepriesenen Kunstartikel dermaßen in Gunst, daß eine sehr große Anzahl derselben den Weg nach Europa gefunden hat, so daß viele Sammlungen, öffentliche sowohl als private, deren aufzuweisen haben. Wurde doch auch kürzlich bei Gelegenheit des Todes des Herrn v. Rothschild in Frankfurt unter den kostbarsten Stücken seiner berühmten Sammlungen einiger alter chinesischer Vasen Erwähnung gethan.

Auf die früheste direkte Einführung dieses kostbaren Porzellans in Europa kommen wir später zurück; in England

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wird es zuerst erwähnt bei Gelegenheit einer vom Jahre 1506 datierenden Mitteilung über den zufälligen Besuch PhiLipps von Österreich und seiner Gemahlin

anna, König und Königin von KastiTwobei der König dem Sir Thomas Trenchard orien= talische Porzellanichalen schenkte, von denen Marryat als noch im Besiz der Trenchardschen Nachkommen be= findlich spricht und welche laut weiteren Berichten blau und weißes Porzellan aus Nanfing sind.

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dem großen Bublikum in keinem Verhältnis zu der schlichten Einfachheit der Gefäße erscheinen, darf

man nicht außer acht lassen, daß bei den so hoch gepriesenen Gegenstän= den ganz specielle Eigenschaften vorausgesetzt werden. Die für Liebhaber begehrenswerten Stücke sollen aus der feinsten, voll= kommen weißen

und zart wie nur möglich sein; Umrisse und Oberfläche dürfen nicht die geringste Unregelmäßigkeit zeigen; die blaue Farbe muß äußerst frisch und klar sein und so tief in die Masse des Porzellans eingedrungen, wie sich die Färbung des Achat

Becher, in der Mitte bauchig geformt; auf dem Rumpf ein Großer, Huldigung empfangend, auf dem Halse Krieger.

Masse von völlig gleichartiger Mischung hergestellt sein und sich so glatt anfühlen wie der glänzendste polierte Marmor; die Form des Gegenstandes muß so anmutig

darstellt; die Glajur, welche zur Bewahrung, zum Schuß und zur Erhöhung aller dieser Vorzüge dient, soll farblos sein und die Oberfläche so blank erscheinen lassen, daß sie poliertem Stahl gleicht; kommt nun hierzu noch der in der Zeichnung der Gestalten und der Verzierungen bestehende Wert und finden wir alles dies in einem jener Schaustücke ver= eint, so wird dasselbe nicht nur den Kenner befriedigen, sondern auch der Laie wird daran eine eigenartige Schönheit gewahren, welche die Bewunderung sofort erregt. Es spricht auch noch etwas für die hohe Gunst, in welcher diese Thonwaren stehen, und dies ist der Umstand, daß es bisher noch nicht gelungen ist, dieselben wirklich nachzumachen. Die

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alten Fabrikate von Delft sind am meisten geeignet, das Auge durch ein gewisses ähnliches Aussehen auf den ersten Blick zu täuschen. Doch haben sie weder

im Material noch in der Färbung eine wirkliche Ähnlichkeit, denn die Substanz der Delfter Kopien besteht in einem leichten, lockeren und sehr zerbrechlichen Thon, welcher nicht geeignet ist, die Farbe aufzusaugen. In modernen Kopien haben. sich alle möglichen Nachahmer versucht. Den Deutschen und Franzosen sind, obwohl es ihnen nicht an Scharfsinn mangelt, die angestellten Versuche gänzlich fehlgeschlagen. Und was die Chinesen und Japaner von heute betrifft, die zwar den Vorteil genießen, daß ihre Industrie eine lokale, seit undenklichen Zeiten überlieferte ist, welche noch immer nach den uralten Gebräuchen und Vorschriften betrieben wird, so ist gerade bei ihnen die Kunst in einen solchen Verfall geraten, daß die jest gelieferten Nachbildungen, mag man auch die alten Stücke noch gewissermaßen als Vorbilder benutzen, auch nicht den Allerunwissendsten auf diesem Kunstgebiete im geringsten täuschen könnten.

Die Bewohner des Himmlischen Reiches" haben den Ton ihres Blau mit der Farbe des Firmamentes nach dem Regen verglichen. Da man weiß, daß die chinesischen Kenner die auserlesenen Stücke des edlen blau und weißen Porzellans (welches sie passenderweise als ,,himmiische Ware" betrachten) in ihren unzugänglichen Kunstkammern vor den Blicken der Welt verborgen halten, so entsteht die Frage: Wohin soll der Forscher sich wenden, um diese wunderbaren. Schöpfungen der Töpferkunst zu sehen und zu studieren? Infolge der Nachfrage, die sich in Europa herausgestellt und deren Beginn wenigstens dreihundert Jahre zurück liegt, ist ein stetiger Import entstanden, dem wir einen Vorrat von den gesuchten Kunsterzeugnissen verdanken, der sich völlig genügend erweisen dürfte, wenn es nicht den energischen amerikanischen Sammlern, welche sich augenblicklich als die begeistertsten Liebhaber dieser Seltenheiten zeigen, in ihrem von der Macht des Dollars unterstüßten Unternehmungsgeist gelingt, bald alles blaue Porzellan nach den Vereinigten Staaten zu ziehen.

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auch viele Privatsammlungen haben die Niederlande, namentlich Friesland, aufzuweisen. Die Abteilung für blau und weißes Porzellan der berühmten Dresdener Sammlung (Band V des Verzeich nisses) ist wahrscheinlich die älteste eigent liche Sammlung dieser Art in Europa, was den orientalischen Teil betrifft. Die Gegenstände wurden größtenteils von 1694 bis 1705 durch August den Starken zu

Große Zuckerbose, mit Muster von Tigerlilien bemalt.

sammengebracht. Sie dienten hauptsäch lich zur Ausschmückung des Holländischen Palastes, der später den Namen „Japanisches Palais" erhielt. Unter den Schäßen des Grünen Gewölbes befanden sich unter anderem fünfzehn schöne Vasen. Diese Sammlung ist jezt in dem Johanneum untergebracht. In London besißt das Britische Museum die in umfassender Weise zur Belehrung geeignete Sammlung des Herrn Augustus W. Franks, Fellow (lei tendes Mitglied) of the Royal Society

(Akademie der Wissenschaften) und Fellow of the Society of Arts (Gesellschaft der Künste), welche dieser Herr der englischen Nation großmütig zum Geschenk gemacht hat. Drei der unserem Artikel beigefügten Illustrationen zeigen Stücke dieser wertvollen Sammlung. Die Orrocksammlung, vielleicht die schönste in unserer Zeit, und nur ausgewählte Stücke des blau-weißen Porzellans enthaltend, wurde kürzlich von dem South Kensington-Museum erworben. Interessant ist auch die im Schloß Hampton-Court aufbewahrte Anzahl von Schaustücken, die Überbleibsel einer Sammlung, welche dem Vernehmen nach ursprünglich für Wilhelm III. von England beschafft worden ist. Die Sammlung im BlenheimPalast hat lange Zeit für eine der anziehendsten Sehenswürdigkeiten dieses Gebäudes gegolten, und wie berichtet wird, ist dieselbe von Herrn Spalding zusammengestellt worden. Diese ganze Sammlung, die zwar der Zahl nach eine reichhaltige war, indessen nur wenige auserlesen schöne Exemplare des blau-weißen Porzellans aufwies, wurde kürzlich unter den Hammer gebracht und in alle Welt zerstreut. Unter den Privatsammlungen in London ist noch diejenige des Herrn A. Andrews (dessen Exemplare mit besonders seinem Verständnis gewählt sind), sowie die des Herrn A. T. Hollingsworth, von denen wir gleichfalls Probeabbildun gen bringen, zu erwähnen.

Das Thema der Herstellung des Porzellans im Himmlischen Reiche haben wir nur beiläufig zu erörtern. Die älteste Geschichte dieser Industrie ist dunkel und unklar wegen widersprechender Traditionen, doch darf man wohl behaupten, daß sie bis vor die christliche Zeitrechnung zurückreicht. Von den Portugiesen wurden, nachdem sie das Kap der Guten Hoffnung umsegelt hatten, bei ihrer Heimkehr im Jahre 1518 morgenländisches Porzellan zuerst in beträchtlicher Anzahl in Europa eingeführt; doch schon lange vor jener Zeit war dasselbe berühmt geworden. Marco Polo, der Venetianer, war einer der ersten, ja, vielleicht der erste

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europäische Reisende, der in das Himm lische Reich eindrang. Im Jahre 1280 hat er die großartige Bedeutung der chi nesischen Porzellanfabriken geschildert und zugleich berichtet, daß in Kinjai Becher, Becken und Schalen zum Export nach der ganzen Welt gefertigt würden. Durch ihn ist wahrscheinlich die Aufmerksamkeit diesen Erzeugnissen des fernen Ostens zugelenkt worden. Verschiedene Bemerkungen über das Porzellan finden sich in den Berich ten von Reisenden aus dem vierzehnten und dem fünfzehnten Jahrhun dert, und es ist klar, daß schon in alter Zeit chinesisches Porzellan nach Persien gekommen ist, woraus sich die Ähnlichkeit der Formen zwischen jenen Thonwaren den zierlichen Mes= singgefäßen persi= schen Ursprungs erklären läßt. Das chinesische Porzellan ist wahrscheinlich durch Ägypten nach Europa überführt worden; aus

und

einem Briefe des

venturverzeichnissen aus dem fünfzehnten und späteren Jahrhunderten finden sich häufig Angaben über Porzellan. Das erste Monopol auf den indischen Handel", wie die Bezeichnung lautete, genossen die Portugiesen, und ihrem Unternehmungsgeist ist es zu danken, daß große Porzellansammlungen, besonders die in spanischen Schlös= sern gefundenen großen Vasen, direft nach der pyrenäischen Halbinsel gelangt sind. Den Portugiesen folg= ten die Holländer, welchen es geraume Zeit hindurch ge= lang, den Handelsverkehr mit Indien und Japan zu mo nopolisieren, und durch sie wurde das Porzellan in bedentenden Quantitäten für den Norden von Europa importiert. Sie errichteten die Faktorei in Bata= via 1602, als die Holländisch - Ostindische Compagnie gegründet war, und im Jahre 1624 lieBen sie sich auf For= mosa nieder, von

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wo die Chinesen sie 1662 vertrieben,

Sultans im Jahre Vase mit den acht Unsterblichen, Kriegern und Damen. worauf der Handel

1447 geht hervor,

daß es zu jener Zeit nach Frankreich gegangen und Karl VII. mehrere Gefäße davon besaß. Im Jahre 1487 über sandte der Sultan Porzellanvajen als Geschenk an Lorenzo de' Medici. In In

nach Kanton verlegt wurde. Eine Menge interessantes Porzellan ist durch die Holländisch - Ostindische Compagnie und die britischen Niederlassungen auf Malakka (die Straits Settlements) nach Europa gelangt. Laut

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