Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

eine den Verdiensten des Jubilars entsprechende Weise zu erhöhen, war sein Monarch selbst bedacht 1).

Am frühen Morgen des 16. Juni, desselben Tages, an welchem Kaiser Franz von seiner Reise nach Italien (zunächst von dem Schloß Bösenbeug) nach Schönbrunn zurückkehrte, begab sich Salieri, eingedenk des ersten Ganges, welchen er am 16. Juni 1766 mit seinem (mittlerweile verstorbenen) Meister Gaßmann durch die Straßen der Residenz gemacht hatte, begleitet von seinen vier Töchtern, zu einem Dankgebet in die italienische Kirche. Um 10 Uhr Vormittags fand sich vor seinem Haus (in der Spiegelgasse Nr. 1154) ein Hofwagen ein, der ihn in das Hôtel des Obersthofmeisters Fürsten zu Trauttmannsdorf-Weinsberg führte. Dieser erschien mit dem Hofmusikgrafen von Kuefftein im Vorsaal und führte Salieri in ein zur Feierlichkeit bestimmtes Gemach, wo ihm nach kurzer Ansprache in Gegenwart des im Kreise aufgestellten Hofmusik - Personales die große goldene CivilEhren-Medaille mit Kette umgehängt wurde. Salieri dankte für die ihm zu Theil gewordene Auszeichnung und den versammelten Künstlern für ihren Eifer, und nachdem er huldvoll entlassen worden, fuhr er, da eben Sonntag war, in die Hofcapelle, um dort seinen gewöhnlichen Dienst zu versehen und die Musik des Hochamtes (diesmal eine seiner Messen) zu leiten.

Die Mittagsstunden füllte ein fröhliches Mahl im Kreise seiner Kinder und einiger vertrauten Freunde aus. Gegen 6 Uhr Abends versammelten sich, einer vorläufig an sie ergangenen Einladung zufolge, seine sämmtlichen ehemaligen

') s. J. Mosel: „Salieri's Leben.“ — Wiener Zeitung 19. Juni 1816.

und wirklichen Schüler und Schülerinnen in seiner Wohnung. Graf Kuefstein beehrte die Gesellschaft mit seiner Gegenwart. Sobald Alles versammelt war, begann die musikalische Feier. Salieri, von seinen vier gleichgekleideten Töchtern umgeben, nahm am Clavier Plaß. Zur Rechten in einem Halbkreise saßen vierzehn theils ehemalige theils noch wirkliche Schülerinnen, nämlich die Damen: Rosenbaum und Fur (beide geborne G a ßmann), Correga, Flamm, Klüber, Schüß, Milani, Hähnel, Canzi, Franchetti, Tehber, Fery, Weiß und Mathes; zur Linken zwölf ebenfalls theils schon absolvirte theils noch wirkliche Schüler, und zwar Schüler in der Composition): Carl Freiherr von Doblhoff, Josef Weigl, Stunz, Aßmahr und Franz Schubert. Hummel und Moscheles, eben auf Kunstreisen abwesend, beschränkten sich darauf, ihre Compositionen einzusenden. Als Schüler im Gesang erschienen: Mozatti, Fröhlich, Plazer und Salzmann. Dem Jubelgreise gegenüber waren zwei ausgezeichnete Pläge für die beiden oben erwähnten Vorgesetzten bereitet, in Mitte derselben aber die Büste Kaiser Josef II., seines ersten Gebieters und Wohlthäters", aufgestellt. Als Jedermann seinen Platz eingenommen, sprach Salieri den Anwesenden seinen Dank aus, worauf ein die Gefühle gegen Gott, Kaiser, Vaterland, Familie und Freunde ausdrückender Chor (Text und Musik von Salieri) gesungen wurde. Sofort begannen seine Schüler in der Composition, von dem Jüngsten angefangen, einer nach dem andern, die von ihnen für diese Gelegenheit componirten Gesangsstücke vorzutragen, nach welchen die Compositionen von Hummel und Moscheles an die Reihe kamen.

1) Auch ein Lißt findet sich unter den Schülern aufgeführt. Franz Lißt stand damals im sechsten Lebensjahr.

r. Kreisle, Franz Schubert.

6

Schubert fand sich zu dieser Feier, wie bereits erwähnt, mit einer von ihm gedichteten und in Musik gesetzten Cantate ein, die er als „Beiträge zur fünfzigjährigen Jubelfeier des k. k. ersten Hofkapellmeisters Anton Salieri von seinem Schüler Franz Schubert" - bezeichnete.

Die Composition besteht aus einem Vocalquartett für vier Männerstimmen (Adagio B-dur 4) auf die Worte: Gütigster, Bester!

Weisester, Größter!

So lange ich Thränen habe

und an der Kunst mich labe,

Sei beides Dir gebracht, (geweiht ?)

Der beides mir verleiht.

An dieses schließt sich eine Arie mit Clavierbegleitung (Andantino G-dur ):

So Gut als Weisheit ströme mild

Von Dir, o Gottes Ebenbild.

Engel bist Du mir auf Erden,

Gern' möcht' ich Dir dankbar werden,

worauf ein dreistimmiger Canon (Moderato G-dur )

Unser aller Großpapa

Bleibe noch recht lange da!

die Cantate1) abschließt, welche mehr durch die Gelegenheit, der sie ihre Entstehung verdankte, als durch ihren musikalischen Werth Interesse zu erregen geeignet ist.

') Die Composition findet sich in Abschrift bei Jos. von Spaun, bei dem Musikalienhändler Hrn. Wizendorf und bei Frau Dr. Lumpe in Wien. Letztere besitzt auch ein Terzett mit Clavierbegleitung auf dieselben Worte, und ebenfalls componirt im Juni 1816, das von dem obigen Quartett zwar nicht wesentlich, aber doch in Einigem abweicht.

Ungleich bedeutender als diese war eine kurz darauf entstandene, bei Schubert bestellte Composition, welche von den noch lebenden Zeugen ihrer Aufführung einstimmig als ein schönes Werk gepriesen wird, und auch dem bescheidenen Tondichter, der ihr den Empfang des ersten Honorars zu danken hatte '), solche Befriedigung gewährte, daß er sie, mehrere Jahre später, zu öffentlicher Aufführung bringen wollte.

[ocr errors]

Es ist dies die Eingangs erwähnte Cantate: Prometheus" für Solostimmen, Chor und Orchester. Mehrere Hörer der Rechte, unter diesen Graf Constantin Wickenburg (österr. Handelsminister a. D.) und als Hauptveranstalter Herr v. Managetta 2) beschlossen, den Professor der politischen Wissenschaften, Heinrich Watteroth 3), an seinem Namenstag (12. Juli) mit einer musikalischen Feier zu überraschen, welche in dem zu seinem Wohnhaus in der Vorstadt Erdberg gehörigen Garten stattfinden sollte. Der Studirende Filipp Drärler von Carin (derzeit Hofrath und KanzleiDirector des t. t. Obersthofmeisteramtes) dichtete auf Ersuchen mehrerer Collegen während eines Spazierganges durch die Gebirgsthäler von Baden die Cantate „Prometheus", welche sofort dem ihm persönlich ganz unbekannten Schubert zur Composition übergeben wurde. Die Proben für die Aufführung fanden in dem Consistorial-Saal der Universität statt

') Franz erhielt dafür 40 fl. C. M. (S. Tagebuch.)

2) Vermuthlich der vor Kurzem verstorbene Hofrath Filipp v. Managetta.

3) Watteroth war der Schwiegervater des bekannten Schubertfreundes v. Witteczek.

und wurden daselbst eifrig betrieben. Die Aufführung, des ungünstigen Wetters wegen zu wiederholten Malen verschoben, konnte endlich am 24. Juli vor sich gehen.

[ocr errors]

Frl., Maria Lagusius (später verehelichte Griesinger, gest. 1861) und Josef Goetz hatten die Solopartien der „Gea" und des Prometheus" übernommen; Studirende wirkten im Chor und Orchester mit. Die Anrede an den Gefeierten hielt Graf Wickenburg; auf diese folgte die Cantate und noch andere Musikstücke. Die Aufführung scheint eine gelungene gewesen zu sein, und der Eindruck, welchen das originelle, schön instrumentirte Werk zurückließ, war ein entschieden günstiger1). Der bedeutenden Musik wegen schlug es Dr.

) In der Theaterzeitung erschien wenige Tage darauf folgendes Gedicht von Herrn F. v. Schlechta (derzeit jubil. Sectionschef des k. k. Finanz-Ministeriums):

An Franz Schubert, als seine Cantate „Prometheus" gegeben wurde. In der Töne tiefem Leben,

Wie die Saiten jubelnd klangen,

Ist ein unbekanntes Leben

In der Brust mir aufgegangen.

In dem Sturmeston der Lieder
Klagt die Menschheit jammernd Ach,
Kämpfend steigt Prometheus nieder,
Und das schwere Dunkel brach.

Mich hat's wunderbar erhoben,

Und der Wehmuth neue Lust

Wie ein schimmernd Licht von oben

Kam in die bewegte Brust.

Und in Thränen und Entzücken
Fühlte ich mein Herz zerstücken,
Jauchzend hätte ich mein Leben
Wie Prometheus hingegeben.

« ZurückWeiter »