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antworten Stimmen von oben:

Bald,

bald, bald.

Tänzer, Sänger und Zuseher blicken erstaunt gegen Himmel. Der Vorhang der kleinen Bühne fällt. Alle rufen durcheinander: „Was ist das? welche Töne!"

Nun folgt das Finale, eine ebenfalls sehr belebte, breit ausgeführte Scene, an welchem der „Singchor“, die Stimmen vom Himmel, die drei Genien, Duschmanta, Kanna und die Bramen, Madhawia und der allgemeine Chor abwechselnd sich betheiligen. Die Genien übergeben dem König zu dem Werk, das er vollbringen soll, um Sakontala wieder zu gewinnen, ein Schwert und einen Schild, und sichern ihm ihren Schutz zu.

Wolken senken sich auf die Erde herab. An der tiefsten derselben hängt ein Wagen mit einem Wagenlenker. Duschmanta besteigt ihn; Kanna und die Bramanen rufen dem König nach:

Leb' wohl Freund, den wir lieben,

Dir folget unser heiß Gebet.

Madhawia und die Uebrigen vereinigen sich in dem Abschiedsgruß:

Leb' wohl, o Vater, den wir lieben,
Für den dein Volk zum Herren fleht.

Ihnen antwortet der König:

Dank, liebe Freunde, Dank euch Kinder,

Bald wird mein Aug' euch wieder jeh'n!

und nach diesen Worten fährt er den Wolken zu. Der allgemeine Chor:

Dann Heil und Sieg dem Ucberwinder,
Nun mag dich Muth und Kraft umweh'n!

schließt den zweiten Act und mit diesem die musikalische Skizze 1).

Außer den eben aufgeführten größeren Werken schrieb unser Tondichter in diesem Jahr noch ein Streichquartett 2) (in C-moll) und die Antifonen 3) zur Palmenweihe, diese letzteren für seinen Bruder Ferdinand, der eben in der Charwoche als neuernannter Regenschori den Dienst in der AltLerchenfelder Kirche angetreten hatte. Da bei der Kirchenmusik aus Kastengeist kein Lerchenfelder mitwirken wollte, sah fich Ferdinand auf die Schulgehülfen und seine Lichtenthaler Freunde angewiesen, und da ihm noch überdies die Musik zu den kirchlichen Ceremonien fehlte, schrieb ihm Franz in einer halben Stunde mit schwarzer Kreide die Antifonen auf, componirte in aller Eile noch ein Paar andere eben benöthigte kleine Kirchenstücke und dirigirte am Ostersonntag die D-Dur- (Nelson-) Messe von Haydn *).

In dieser sind die Singstimmen sammt Text vollständig ausgeschrieben; der Baß ist zum großen Theil angegeben, in den Biolinen und Flöten erscheinen hie und da einzelne Tacte und Figuren bezeich net; der Schlußchor des ersten Actes (Stimmen vom Himmel) ist das einzige vollständig componirte Musikstück. Der dritte Act hätte einen Wechselchor der Dämonen und der Genien des Lichtes, einen Chor der letzteren, ein Duett zwischen Duschmanta und Sakontala und als Schluß den Freudengesang des versammelten Volkes über die endliche glückliche Vereinigung beider zu enthalten. Das Autograf der Skizze besitt Dr. Schneider.

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2) Von diesem Quartett ist nur Ein (sehr schöner) Saß erhalten. 3) Sie sind mit schwarzer Kreide auf Löschpapier geschrieben; das Autograf besitzt Herr Spina.

Nach einer Mittheilung Ferd. Schubert's.

Der 23. Psalm: „Gott ist mein Hirt" für die vier Schwestern Fröhlich (welchen Schubert wohlbefreundet war) componirt 1) — und der erhabene Chor: „Gefang der Geister über den Wassern“ (von Goethe) fällt ebenfalls in diese Zeit. Von Liedern sind die bedeutendsten bekannt und veröffentlicht; zu den unbekannten zählen: Nachthymne von Novalis und vier italienische Canzonen von Monti, für Fräulein von Ronner (nachmals verehlichte Spaun) in Musik gesezt. Auch die bekannte große Fantasie für Clavier in C (op. 15), welche Schubert dem Clavierspieler Liebenberg von Zittin widmete und auch für ihn componirte, gehört diesem Jahre an. Schubert brachte dasselbe größtentheils in Wien zu; nur den Spätherbst verlebte er mit Schober auf dem Schloß Ochsenburg bei St. Pölten, wo sie zusammen die Oper „Alfonso und Estrella“ in Angriff nahmen, deren noch ausführlich erwähnt werden wird.

1) Der Psalm, dessen Original Frl. Anna Fröhlich besißt, trägt das Datum December 1820. In dem alten Musikvereinssaal pflegten damals an jedem Donnerstag Concerte gegeben zu werden, deren Arrangement die Musikförderer Lannoy, Holz, Bogner, Fischer, Kaufmann, Kirchlehner, Dr. Beck, Pirringer, Schmidt, Dr. L. Sonnleithner (später auch Randhartinger) abwechselnd übernahmen. Frl. Anna Fröhlich besorgte den gesanglichen Theil und es kamen da der 23. Psalm: „Gott in der Natur“ (August 1822), „Ständchen“ und „Mirjam“ zur Aufführung.

IX.

(1821.)

Das Jahr 1821 ist in Schubert's kurzem Lebenslauf insoferne eines der bedeutungsvolleren, als seine Leistungen im Liederfach damals zuerst dem großen Publikum bekannt, die Herausgabe mehrerer seiner Compositionen auf eine für ihn vortheilhafte Weise eingeleitet und ihm von hochgestellten und einflußreichen Männern so warme Anerkennungen seines großen Talentes und seiner Verdienste um die musikalische Kunst zu Theil wurden, daß es den Anschein gewinnt, als habe es nur von ihm abgehangen, von dieser günstigen Constellation Nugen für sich zu ziehen und sein Loos für längere Zeit, vielleicht für immer zu verbessern.

Gleichwie der bis auf die neueste Zeit fortgepflanzte Glaube, daß an Mozart's kümmerlicher Lage hauptsächlich die Gleichgültigkeit des Wiener Publikums Schuld gewesen sei, derzeit gründlich ') widerlegt ist, so wird auch die Behauptung, daß Schubert zumeist von schlimmen Freunden umgeben gewesen und daß diese für die gedrückte Lage, in der er sich nicht selten befunden, verantwortlich zu machen

1) Otto Jahn: „Mozart“ III. Band, S. 210.

seien, auf das rechte Maß zurückgeführt werden müssen. Allerdings hatte er, wie dies auch bei anderen Meistern in seiner Kunst der Fall war, gegen den Unverstand und Eigennuß der Verleger zu kämpfen, auch das große Publikum war nicht immer geneigt, seine Compositionen nach Gebühr zu würdigen, und selbst dem Wiener Musikverein, der doch berufen war, die Tonkunst in jeder Weise zu fördern und namentlich einheimische Talente zu unterstüßen, konnte er nur zu geringem Dank verpflichtet sein; denn dieser hat, wie die Concertprogramme unwiderleglich darthun, verhältnißmäßig wenig Notiz von ihm genommen und an der großen C-Sinfonie zwiefaches Unrecht begangen. Damit ist aber noch nicht dargethan, daß Schubert von aller Welt verlassen und verrathen im Leben dagestanden habe und daß er genöthigt gewesen sei, sein Talent nur zum Vortheil Anderer ausnüßen zu lassen. Es hat ihm zu feiner Zeit an theilnehmenden Menschen gefehlt, welche sein Genie erkannten und ihn mit Rath und That zu unterstützen bereit waren. Daß er sich zu diesen nicht in gleichem Maße hingezogen fühlte, sondern, seiner Neigung folgend, mit Personen verkehrte, die sich wohl seiner Lieder freuten, aber in ihm mehr den gemüthlichen Gesellschafter als den schaffenden Künstler hochschäßten, und die, zum Theil selbst mit ihrer Existenz ringend, nicht in der Lage waren, ihm thatkräftig unter die Arme zu greifen, kann weder diesen noch jenen zum Vorwurf gemacht werden. Schubert selbst wußte übrigens recht wohl, was er von seinen Genossen zu halten hatte, und seine Gutmüthigkeit hinderte ihn nicht, sich über ihre Schwächen in harmlosen Scherzen zu ergehen und von der Dienstbeslissenheit des Einen oder Andern willig Gebrauch zu machen.

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