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I.
Deutschland.

Gemeinsame Angelegenheiten. – Mittel- und Kleinstaaten bis zum Ausbruche des Krieges.

2. Jan. (Württemberg). Eine aus mehr als 100 evangel. Geistlichen und Laien aus allen Theilen des Landes bestehende Verjammlung in Stuttgart erklärt: „daß 1) eine im Wesentlichen auf Wahlen der Kirchengemeinden beruhende Vertretung der evangelischen Landeskirche Bedürfniß sei; 2) daß einer solchen Landessynode vor Allem zukomme, selbständig und geleitet durch ihren erwählten Vorsitzenden zu berathen und zu beschließen, insbesondere die Wünsche der Kirche dem Kirchenregimente vorzutragen und jeder neuen Einrichtung oder allgemeinen Anordnung der Kirche die nothwendige Zustimmung zu geben; das Bekenntniß ist von den Beschlüssen der Vorsynode und der künftigen Landessynode ausgenommen; 3) daß die Zusammensetzung einer solchen dauernden Kirchenrepräsentation und die Bestimmung ihrer Befugniffe nicht ausschließlich den Oberkirchenbehörden überlassen werden könne, sondern daß eine aus Wahlen hervorgehende Versammlung, in gleicher Anzahl aus Geistlichen und Nichtgeistlichen bestehend, dabei die ä zu geben habe; der Vorsynode soll von der Regierung ein Verfassungsentwurf vorgelegt, dieser aber zur allgemeinen Diskussion vorher der Oeffentlichkeit übergeben werden. 4) Die Wahlen zu dieser Vorsynode wären von den bestehenden DiöceanSynoden, jedoch ohne Beschränkung der Wählbarkeit auf ihre Mitglieder oder bisher gewählte Kirchen-Aelteste, vorzunehmen. 5) Die Vorsynode ist mit einer Revision der Institute der Pfarrgemeinderäthe und der Diözesansynoden zu beauftragen.“

5. „ (Zollverein). Preußen ladet die übrigen Zollvereinsregierungen ein, den am 31. Dez. v. J. mit Italien abgeschloffenen Handelsvertrag zu ratificiren.

6. „ (Württemberg). Versammlung von 130 angesehenen Männern der sog. Volkspartei aus allen Theilen des Landes. Dieselben beschließen bezüglich der deutschen Frage: - ch „Es ist geboten, daß sich diejenigen in einer großen."

welche gegen die Einheit auf dem Wege der Unterordnung übrigen Deutschlands unter die preußische oder österreichische Großmacht, gleichviel in welcher Form sie stattfinde, und für einen Gesammtdeutschland umfaffenden Bundesstaat auf föderativer und demokratischer Grundlage mit einer über den Einzelnregierungen stehenden deutschen Centralgewalt find und dieses Ziel auf dem Wege des demokratischen Fortschritts in den Einzeln staaten verfolgen.“ 10. Jan. (Oesterreich). Der österr. Gesandte in Berlin, Graf Karolyi, kehrt nach längerer Abwesenheit mit sehr bestimmten Instructionen gegen die Wünsche Preußens bezüglich Schleswig-Holsteins nach Berlin zurück. „ (Preußen). Die offiz. Priv.-Corr. erklärt, daß das preußische Marine-Etablissement definitiv nach Kiel verlegt werde.

11. „ (Holstein). Ein Rescript des österr. Statthalters v. Gablenz an die Landesregierung eröffnet derselben, „daß er Petitionen, wie sie öffentlichen Mittheilungen zufolge wegen beschleunigter Einberufung der Landesvertretung an verschiedenen Orten im Herzogthume vorbereitet würden, als gegenwärtig voraussichtlich erfolglos entgegen zu nehmen behindert sein würde und solchen Bestrebungen im Lande nun eine wirksame Unterstützung zu gewähren überhaupt außer Stand sei“. * 13. „ (Holstein). In Kiel findet gelegentlich des Umschlags eine Versammlung der einflußreichsten Männer des Landes statt, um zu berathen, was bezüglich einer Einberufung der Ständeversammlung - zu thun sei. Es wird kein Beschluß gefaßt; die anwesenden Ständemitglieder übernehmen die Förderung der Sache. „', (Schleswig). In einem Circular der Postdirektion in Schles “ , wig befindet sich zum ersten Mal der Ausdruck „allerhöchste Ver. . . . ordnung“; dieselbe ist unterzeichnet vom König und gegengezeichnet

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von Bismarck. – „ (Holstein). Im ganzen Lande wird eine Massenversammlung „. . . auf den 23. d. M. nach Altona vorbereitet, behufs einer Adresse an die Regierung, welche " „nachdem

en, die Sitten Einzelner bisher vergebens, durch einmütigen Willensausdruck der möglichst ganzen Bevölkerung unsers Herzogthums auf dem Boden des Rechts verlangen sollte, daß uns wie jedem andern Staate eine rechtmäßige Vertretung werde in den Ständen unseres Landes, um den Wünschen und dem Willen der Bevölkerung einen gesetzlichen Ausdruck zu jeder Zeit geben zu können“. 15, „ (Preußen). Eröffnung des Landtags. Thronrede des Königs (Stelle über Schleswig-Holstein) (f. unter Preußen). 16. „ (Zollverein). Hannover unterzeichnet widerstrebend den Han"belsvertrag mit Italien und verpflichtet sich damit zur Anerkennung des Königs von Italien. 21. „ (Holstein). Ein Erlaß der Landesregierung spricht, „indem er sich an den patriotischen Sinn der Bevölkerung endet, die bestimmte Erwartung aus, daß die in der Presse, in Vereinen und Volksversammlungen auftretende Agitation für eine Maßregel (die Einberufung der Stände) aufgegeben werde, welche im gegenwärtigen

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in Augenblicke, von ihrer Erfolglosigkeit abgesehen, nur neue Gefahren
heraufzubeschwören geeignet ist“. - , ...
22. Jan. (Holstein). Die Polizei von Altona verbietet, die auf den
folgenden Tag dahin angesagte Massenversammlung. - - - - -
23. „ (Holstein). Die Polizei von Altona nimmt gegen die Zusage,
daß die Massenversammlung keine förmlichen Resolutionen faffen
werde, ihr Verbot zurück. Die Versammlung findet demnach statt
- und es nehmen an derselben 3–4000 Männer aus sämmtlichen
Bezirken beider Herzogthümer Theil. Resolutionen werden keine
gefaßt, aber von allen Rednern wird die Einberufung einer schles-

. . wig-holsteinischen Ständeversammlung energisch gefordert und von der

ganzen Versammlung wird die Forderung laut unterstützt. Dem
„rechtmäßigen, geliebten Fürsten Herzog Friedrich“ wird ein dreima-
liges Hoch ausgebracht. Auch mehrere süddeutsche politische Notabi-
litäten nehmen an der Versammlung Theil, namentlich Metz, Mit-
glied des 36er Ausschusses und des Nationalvereins-Ausschusses, der
- der Versammlung den Gruß Süddeutschlands überbringt. Der Ver-
lauf der ganzen Versammlung ist übrigens ein durchaus ruhiger.
24“, (Preußen), Graf Bismarck spricht zum ersten Mal auf eine
- , Bemerkung des franz. Gesandten, was er im Falle einer österr.
Berufung der holsteinischen Stände thun würde, aus: „Ich würde
ein deutsches Parlament berufen“.
" ...", ' effen). Wiederzusammentritt der Ständeversammlung. Der
bl bende landständische Ausschuß konstatiert neuerdings den andauern-
den Stillstand des Staatslebens durch Schuld der kurfürstl. Re-
, gierung. Dieselbe hat dem Landtage auch jetzt wieder keine Vor-
- - - - - lage zu machen. - - - - - - - " ... - - - - - - - - - - - - - - - -

26. „ (Preußen). Graf Bismarck richtet eine Depesche an das österr.
Cabinet, in der er das ganze politische Regierungssystem Oesterreichs
- in Holstein einer einschneidenden Kritik von seinem Standpunkte un-
terzieht, dasselbe für eine Schädigung der „conservativen“ Intereffen
und für eine Verletzung der bisherigen gemeinsamen „anti-revolutio-
nären“ Politik beider Regierungen erklärt und, wofern Oesterreich
- darauf beharre, einen Bruch der bisherigen Allianz in Aussicht stellt:
- Siehe die vollständige Depesche Ergänzungsheft S. 5 u. fgg.
27., (Oesterreich zu, Preußen) verständigen sich mit Dänemark

über eine Aversalsumme behufs Entschädigung der aus den Herzog

- thümern vertriebenen dänischen Beamteten.
Die Katar. ma..... .................. en, T. sen
„ (Schleswig). Die Herren Römer, Hancken, Etzen, Thom
„ und Graf Roderich Baudiffin (Mitglieder der früheren schleswigschen
Ständeversammlung) richten an den Gouverneur Gen. Manteuffel

eine gleichlautende Petition um Einberufung der schleswigschen

“ Stände. Ablehnende Antwort Manteuffels. “ „.
“äge zu

s

27. Jan. (Bayern). Der Magistrat von Augsburg beschließt einstim-
mig, eine dringende Vorstellung an den König bezüglich endlicher
Bestätigung des neugewählten (liberalen) Bürgermeisters Fischer.
29. „ (Preußen). Der preuß. Gesandte in Florenz überreicht dem
Könige Victor Emanuel den schwarzen Adlerorden.
„ „ (Preußen). Die erste Abtheilung des Criminalsenates des
Berliner Kammergerichts beschließt, den auf diesen Tag angesetzten
Termin in dem Staatsproceffe gegen den Redacteur May in Altona
aufzuheben und den Angeklagten zu dem neu anzuberaumenden Ter-
mine verhaften und nach Berlin transportieren zu laffen.
30. „ (Holstein). XIX Mitglieder der Ritterschaft, an ihrer Spitze
Hr. v. Scheel-Pleffen, richten eine Adresse an den Grafen Bismarck
für Personalunion der Herzogthümer mit Preußen und gegen die
österr. Verwaltung Holsteins.
Siehe Ergänzungsheft S. 3 u. fg.
(Bayern). Die Deputation von Vertrauensmännern aus Schwaz
ben und Franken (vergl, Jahrgang 1865 XII 17, 20 u. 27)
wird vom Könige nicht zur Audienz zugelaffen:
„Ich beauftrage Sie, der Deputation bei ihrem Erscheinen kund zu geben,
daß ich die verfassungsmäßige Volksvertretung als das Organ betrachte, durch
welches das Land zu mir spricht, und daß ich deshalb ihr Vorbringen anzu-
hören nicht in der Lage sei.“ -
Bürgermeister Fischer von Augsburg wird dagegen gleichzeitig
endlich bestätigt.
31. „ (Holstein). 31 Mitglieder der holstein'schen Ständeversamm-
lung richten eine Petition um Einberufung der Stände an den
österr. Statthalter v. Gablenz. Dieselbe wird mit Rücksicht auf das
Rescript des Statthalters v. 11. d. M. nicht ihm, sondern der Lan-
desregierung übergeben, von dieser jedoch nicht angenommen.
Das Aktenstück findet sich im Ergänzungsheft S. 9 u. fg.
„ (Baden). Die Regierung verständigt sich mit einem Vertreter
der erzbischöflichen Curie über den neuen Schulgesetzentwurf. Die
Curie desavouiert jedoch schließlich ihren Vertreter.

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– Febr. (Holstein). Der österr. Statthalter v. Gablenz lehnt das Begehren des Berliner Kammergerichts um Auslieferung des Redacteurs May ab und weist dasselbe an das Altonaer Magistratsgericht 5. „ (Kurheffen). Die Ständeversammlung wird bis zum 1. März vertagt. Der Präs. Nebelthau schließt die Sitzung mit der Erklärung: „Von allen den Hoffnungen, womit wir ein volles Jahr hingehalten wor“ den sind, wage ich nur eine auszusprechen, daß die Herren Minister nicht etwa mit dem Landtage spielen. Am 1. März muß es sich nun zeigen, ob wir seit dem 1. Juli v. Js. auch nur um einen Schritt weiter gekommen find, trotz einer dreimaligen Vertagung. Am 1. März muß es sich zeigen, ob noch Wahrheit zwischen uns besteht. Die Wünsche aller treuen Vater Landsfreunde gehen freilich weiter, und an uns soll es am Wenigsten fehlen, an unserer treuen Pflichterfüllung, an unserer Ausdauer gewiß nicht, um endlich das zu erreichen, was dem Vaterlande noth thut.“

7. Febr. (Oesterreich) weist in einer Dep. des Grafen Mensdorff an
Preußen die in der preuß. Depesche v. 26. Jan. formulierte förm-
liche Anklage der österr. Politik in Holstein entschieden zurück unter
der Andeutung, daß es, selbst auf die Gefahr eines Bruches der
Allianz mit Preußen, bei derselben zu verharren entschloffen sei.
S ' vollständigen Wortlaut der Depesche im Ergänzungsheft
. 11. U. gg

14. „ (Holstein). Das Altonaer Magistratsgericht lehnt das Be

gehren des Berliner Kammergerichts um Auslieferung des Redakteurs
May ab.

15. „ (Baden). Wiederzusammentritt der Kammern. Die Regierung

macht denselben Vorlagen behufs Regelung des Preß- und Vereins-
wesens und eines Ministerverantwortlichkeitsgesetzes. Der Abg. Eckardt
stellt einen Antrag auf Einführung der obligatorischen Civilehe, der
Abg. Pagenstecher einen solchen auf Sicherung der Redefreiheit der
Abgeordneten.

– „ (Preußen). Eine kgl. Cabinetsordre beruft 40.000 Landwehr

18,

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männer auf den 15. Mai, früher als gewöhnlich, zu den Uebungen
unter die Waffen.
„ (Preußen). Der preußische Botschafter in Paris, Graf v. der
Golz, der seiner Zeit unmittelbar vor dem Abschluffe der Gasteiner
Convention auch zu dem Ministerconseil in Regensburg berufen
worden war, trifft aus Paris in Berlin ein.

9. „ (Zollverein). Sämmtliche Zollvereinsregierungen, auch Kurheffen, Naffau, Württemberg und Hessen-Darmstadt haben trotz alles Widerstrebens nach und nach den Handelsvertrag mit Italien ratificirt und fich damit zur Anerkennung des Königr. Italien verpflichtet.

0. „ (Holstein). Die Landesregierung schlägt dem österr. Statthalter vor, das von ihr entworfene Budget für den Zeitraum vom 1. April 1866 bis dahin 1867 in Ermangelung einer Landesvertretung einer Commission von 15 Notabeln zur Begutachtung vorzulegen, indem fie bemerkt:

„So wenig diese Maßregel auch der Mitwirkung der gesetzlichen Landesvertretung gleichkommt, so hat dieselbe doch immer den Vorzug vor einer lediglich durch die Behörden erfolgenden Normierung des Budgets“.

22. „ Die Karlsruher Postconferenz lehnt mit den Stimmen Preußens

und Badens die von Oesterreich beantragte sofortige Aufnahme Hol-
feins in den deutschen Postverein ab.

23. „ (Preußen). Der preuß. Landtag wird von der Regierung plötz

lich geschloffen, die dadurch freiere Hand gegenüber Oesterreich erhält.

„ (Holstein). Die holst. Landesregierung remonstriert in einer Zuschrift an den österr. Statthalter gegen die Petition der XIX. Feudalen vom 30. v. Mts. und ihren Inhalt, indem sie sich vor behält, gegen die unterzeichner der Adresse wegen öffentlich zu ahndender Beleidigung ein gerichtliches Verfahren zu veranlassen.

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