Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

heraus gefunden hat, wie die Sage von den Hirtenknaben, von denen nur einer zurückkehrte, es andeutet. Möglich auch, dass bei einer bestimmten Windrichtung sonderbar klingende Töne an der Mündung des Felsenganges sich bilden, wir selbst waren indessen nicht so glücklich, etwas dergleichen zu vernehmen; alle romantischen Geheimnisse aber hat Dr. Polack dem Hörselloch entrissen, indem er es in Begleitung seines Bruders und eines Geometers der ganzen Länge nach erforschte, einen Plan davon anfertigte und in der Leipziger Illustrirten Zeitung 1) unter Beigabe dieses Planes und einiger Zeichnungen beschrieb.

[merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small]

ständig, schien uns aber wegen möglicher harter Stösse aufs Kreuz so unbequem, dass uns auch nicht die geringste Liebesregung in der Venusgrotte anwandelte. Unser Magerer hatte. sich indessen vorwärts gezwängt und eine grössere Öffnung erreicht, in die wir nachrutschten. Hier hatten wir so viel Platz, dass wir drei Menschen eng zusammen sitzen konnten, wozu sich grössere Steine am Boden einigermaassen eigneten. Sehr erfreut darüber blieben wir eine Weile sitzen, um etwas auszuruhen, ganz aufrecht stehen konnten wir nicht. Unser Athem wurde leichter und das Geräusch, welches wir auf dem Gerölle verursacht hatten, war wieder

Das Innere der Venusgrotte im Hörselberge.

der eng niedrige Eingang in die Schlucht, aus der wir das viel gerühmte Brausen durchaus nicht wahrnahmen, hätte uns, wie vielleicht Manchen vor uns, von weiteren Untersuchungen beinahe abgeschreckt. Wir brannten jedoch die Wachslichter in unseren vier Handlaternen an und duckten uns in die Öffnung, die sich etwas abschüssig in die Schlucht fortsetzte, der Magerste von uns voraus. Bald nur gebückt, bald auf den Knieen oder auf allen Vieren, bald beinahe flach auf dem Leibe, bald von der Seite vorschiebend, krochen wir um die Ecken und Winkel der Felsen bald rechts, bald links um auf dem groben Steingeröll des Bodens weiter, bis wir in einer Enge von kaum zwei Spannen fast stecken blieben. Jetzt überlief uns denn doch, offen gesagt, einige Besorgniss um unsere Gliedmaassen, da wir uns nicht drehen konnten, um mit einiger Bequemlichkeit den Rückweg zu versuchen. Der Krebsgang dünkte uns zwar in unserer Lage ganz an

1) 27. Januar 1855, SS. 67 ff.

[ocr errors]

verstummt; schauerliche Stille umgab uns, nur das tempomässige Fallen eines Tropfens nach dem anderen aus einer engen Spalte, die sich hoch aufwärts zog, schlug an unser Ohr. Wir lauschten diesem seltsamen Geräusch immer angestrengter. Horch! welch wunderbare Töne, woher dieser Gesang ferner, ferner Chöre! Wie von hundert Stimmen aus weitester Ferne hörbar klang es in den zartesten Akkorden, melodisch, bald näher, bald ferner, aber forttönend rauschte der Gesang.

[graphic]

,Welch seltsames Räthsel war hier zu enthüllen?,,Gott sei bei uns oder Frau Venus ist es selber", raunte mir mein Nachbar zu. Vorwärts!" antwortete ich ganz verzückt, das liebliche Geheimniss zu entdecken, bog in einem möglichst weiten Schritt, wie ihn meine abermals gebückte Stellung erlaubte, mit der Laterne links um und lachte mich selber aus: ein kleines Loch war nur noch vor mir, kaum hoch genug für einen Marder, geschweige denn für uns in Wickelstiefeln; wir waren am Ende unserer unterirdischen Fahrt, die Hoffnung auf Entdeckung des Geheimnissvollen war vernichtet. Unerwartet fanden wir nun einen dünnen Knochen von der Länge einer Hand, den wir nach langer Diskussion über vergleichende Anatomie für die Unterschenkelröhre eines Rehkalbes hielten, der aber so ausgetrocknet und leicht war, dass er vielleicht schon vor hundert Jahren von einem Fuchse hier abgenagt worden war. Plötzlich entdeckten wir bei dieser Beleuchtung die Sänger von vorhin. Es waren Millionen kleiner

Mücken, die theils das Gestein bedeckten, theils uns umschwirrten. Erst dadurch, dass wir uns wieder ganz ruhig verhielten, wurde uns aus ihrem Summen der frühere Ge- . sang klar, und je nachdem man das Ohr nach demselben hinneigte, erschien er näher oder ferner, oder man vernahm einen einzelnen Ton aus demselben vorherrschend, ähnlich wie man zuweilen aus dem fernen Glockengeläute einer weidenden Heerde einen Klang heraushört. Von grösseren Flüglern waren es einige Nachtschmetterlinge, welche jedoch ruhig sitzen blieben; auch einige Käfer mischten durch ihren Flug sonore tiefere Töne hinein.

[ocr errors][merged small]

,,Von ferneren Entdeckungen nun abgeschnitten, zeichnete der Eine, der Andere stellte auf dem Rückweg die nöthigen Messungen der einzelnen Theile der Höhle an. Hoch erfreut über die gemachte Beute erreichten wir endlich wieder den Ausgang und lachten uns bei der Betrachtung unseres Rüstzeuges zur Entdeckung der vermeintlichen Untiefen und Beleuchtung von Felsensälen und anderen Gemächern der Frau Venus gegenseitig herzlich aus.

[ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small]

früher nicht viel grösser gewesen sein, denn von einem allmählichen Verfall derselben, wie Viele annehmen, kann deshalb keine Rede sein, weil ihre Wände aus festem, nicht scharfkantigen Kalkstein bestehen, der höchstens durch Ansatz von erhärtetem Kalksinter etwas gewachsen ist, ferner weil das Gerölle auf dem Boden erst an der Decke gehangen hat. Angeschwemmt kann auch Nichts sein, da der Boden unter dem fast einen Fuss tiefen Gerölle aus fettem Thon besteht. Die Temperatur war viel lauer als ausserhalb, Luftzug an den Lichtern nicht zu bemerken. Fährten von Raubthieren waren nicht vorhanden.

,,Um noch ein Mal auf den gehörten Gesang zurückzukommen, so klang derselbe nicht wie von einer Solostimme, wie aus der Sage zu schliessen wäre, sondern wie ferner Chorgesang aus einer Kirche ohne Orgelbegleitung; wir glaubten ihn als Hauptmotiv zu der Sage von dem Gesange der Frau Venus betrachten zu müssen. Wahrscheinlich sind diese Töne schon vor Jahrhunderten unter dem Hinzukommen sonderbarer Umstände gehört worden, vielleicht von einer poetischen Natur, welche das Gehörte und Gesehene

Eingang in die Venusgrotte im Hörselberge.

mit reicher Phantasie Anderen ihres Schlags mittheilte und gleich dem Homerischen Sirenengesange, nach den Begriffen der Zeit, einer holden Frau in den Mund legte, die mit ihren Liedern fahrende Ritter bethörte."

Nach Polack's Aufnahme ist die Höhle 68 Preuss. F. lang und ihre Breite wechselt zwischen 11⁄2 und 4 Fuss, nur an dem Ruhepunkt, wo das Summen der Mücken vernommen wurde, beträgt sie 4 Fuss und nirgends ist sie hoch genug, um aufrecht darin stehen zu können.

[graphic]

257

Der Purus, ein Nebenfluss des Amazonen - Stromes. Nach den Forschungen von W. Chandless.

(Mit 3 Karten, siehe Tafel 10.)

In den unabsehbaren Wäldern und Steppen der nördlichen Hälfte Brasiliens bilden die Flüsse das einzige Verkehrsmittel, an sie heften sich die dünn gesäeten Wohnungen der sesshaften Bevölkerung, wogegen das Binnenland nur von Horden wilder Indianer durchzogen oder ganz verödet ist. Die Kenntniss der Flüsse wird dort zu einer der ersten Existenz-Bedingungen und daraus erklärt es sich, dass der Amazonen - Strom und einige seiner Nebenflüsse seit Jahrhunderten bekannt sind, während jenseit der Ufer so ziemlich Alles unbekannt blieb, und dass auch in neuerer Zeit, wo Dampfschiffe den Riesenstrom regelmässig befahren und einen lebhafteren Verkehr hervorrufen, die geographischen Forschungen in jenem Theil der Erde fast ausschliesslich das Flusssystem betreffen. Diese Untersuchungen der Flüsse sind in Brasilien so häufig und umfassend geworden, dass sie die gegenwärtige Periode der Geschichte der Geographie wesentlich mit charakterisiren. Der Halfeld'schen Aufnahme des San Francisco in den Jahren 1852 bis 1854 folgte 1862 die seiner beiden Quellarme durch den Französischen Astronomen Liais (siehe ,,Geogr. Mitth." 1866, SS. 412-414 und Tafel 17); in demselben Jahre berichtigte W. Chandless die Karte des Tapajos - Flusses durch eine Reihe von Positions-Bestimmungen (Journal of the R. Geogr. Soc. of London, 1862); 1861 ging eine Brasilianische Expedition den Madeira bis zu den Katarakten hinauf; 1864 untersuchte Kapitän Parahybuna den Tocantins, nachdem Dr. Magalhães seinen Nebenfluss Araguay befahren hatte, und dasselbe Jahr sah eine ganze Anzahl ähnlicher Unternehmungen auf dem Amazonas und mehreren Zuflüssen. So fuhr Dr. Silva Coutinho mit dem Dampfer ,,Ibicuhy" den Japura bis zur Mündung des Apoporis hinauf, das Peruanische Dampfschiff ,,Morona" ging den Ucayali und Pachitea hinauf bis Mairo unweit der Deutschen Kolonie am Pozuzu, aber in geographischer Hinsicht ragt unter diesen Unternehmungen die ebenfalls im Jahre 1864 begonnene Erforschung des Purus durch W. Chandless glänzend hervor, da man ihm eine genaue, auf zahlreichen Messungen beruhende Karte von demjenigen Nebenfluss des Amazonas verdankt, der allein unter allen den grossen Strömen Brasiliens bis jetzt mit Ausnahme der Mündung vollkommen unbekannt geblieben war.

Die Karte von Chandless und die Beschreibung seiner beiden Reisen findet man in dem kürzlich ausgegebenen 36. Bande des ,,Journal of the R. Geogr. Soc. of London", sie gereichen diesem an wichtigen Original-Arbeiten ausserPetermann's Geogr. Mittheilungen. 1867, Heft VII.

gewöhnlich reichen Bande zur Zierde und wir halten es für unsere Pflicht, die Karte, zwar in etwas kleinerem Maassstabe, aber mit Beibehaltung aller Einzelheiten und mit verschiedenen Zusätzen aus dem Text, so wie einen Auszug aus der Beschreibung unseren Lesern vorzulegen.

Die Brasilianische Regierung hat in neuerer Zeit vier Expeditionen zur Erforschung des Purus angeordnet. Die erste, schon vor vielen Jahren von João Cometá geleitet, kam nur etwa 700 Engl. Meilen flussaufwärts bis zur Mündung des Ituxy und weit entfernt, etwas Nützliches zu leisten, reizte sie, wie auch die folgende, die anwohnenden Indianer. Die zweite fuhr 1852 unter Führung eines gewissen Serafim aus Pernambuco den Fluss etwa 1300 Engl. Meilen weit hinauf, doch brachte sie wenig Nachrichten von Bedeutung zurück, so über Namen und scheinbare Grösse einiger Zuflüsse und über das wichtige Factum, dass der Fluss keine Stromschnellen hat; sonst ist der Bericht hauptsächlich mit Reihen von ganz nutzlosen Indianischen Namen der verschiedenen Sandbänke angefüllt und die Entfernungen wurden nur roh in Tagereisen angegeben. Die dritte Expedition wurde 1860 von Manoel Urbano geleitet, einem Mulatten von geringer Bildung, aber grosser Begabung. Durch Takt, Festigkeit und Muth gewann er ausserordentlichen Einfluss bei den Indianern des Purus, mit vielen Stämmen und ihren Sprachen ist er bekannt und ein grosser Theil der Nachrichten über die Indianer, die Chandless mittheilt, stammen von ihm her. Seine Aufgabe

war nicht die Erforschung des Purus, sondern die Entdeckung einer dem Gerücht nach vorhandenen Wasserverbindung vom Purus nach dem Madeira oberhalb der Katarakten des letzteren, die man auf diese Weise vermeiden zu können hoffte. Unglücklicher Weise war das Jahr ein ausserordentlich trocknes, alle Flüsse, selbst der Amazonas, fielen beträchtlich unter ihren gewöhnlichen niederen Stand, daher wurde Manoel Urbano der Reihe nach bei jedem Nebenfluss durch Wassermangel aufgehalten. Dennoch ging er den bedeutendsten, den Aquiry, 20 Tagereisen, den Purus selbst 1600 Engl. Meilen weit hinauf. Eine genaue Aufnahme des Flusslaufes war ohne Kompass unmöglich, aber Urbano schätzte nach dem Sonnenstand die allgemeine Richtung des Flusses weit richtiger, als man bei einem so vielfach gewundenen Lauf für möglich halten sollte, auch war seine Abschätzung der Länge in Meilen nicht schlecht. Das Interesse, welches die Reise Urbano's erweckt hatte, ver

33

anlasste die Brasilianische Regierung, 1862 einen Dampfer den Purus hinauf zu schicken. Man hegte grosse Erwartungen von dieser vierten Expedition, aber es wurde wenig geleistet. Der Dampfer führte nur wenig Holz mit sich, musste daher häufig landen und da er an sich langsam war, kam er nicht rasch von der Stelle. Um 800 Engl. Meilen zurückzulegen, brauchte er etwa 40 Tage und wendete dann ruhmlos um; nirgends hatte er im Fahrwasser weniger als 7 Brasilianische Faden Tiefe gefunden. Mit astronomischen Instrumenten war das Schiff nicht versehen. Einer der Herren, welche die Expedition freiwillig mitmachten, war ein Deutscher Naturforscher und sehr tüchtiger Zeichner Namens Wallis. Unwillig über die vorzeitige Beendigung der Expedition, setzte er die Fahrt flussaufwärts in einem kleinen lecken Boote fort und kam trotz Gefahren, Verlusten und Verwundung bis 10 Engl. Meilen oberhalb der Mündung des Pauynim. Seine Zeichnungen der Fische im Purus sollen ganz vortrefflich sein und Chandless glaubt, Wallis habe auch einen Bericht über seine Reise nach Europa geschickt.

Im Lauf der letzten 8 bis 10 Jahre ist der Purus in seinem unteren Theile etwas bekannter und wichtiger geworden wegen seines Reichthums an vegetabilischen Produkten, hauptsächlich an Federharz (Gummi elasticum), Sarsaparilla und Copaiva - Balsam, so wie an Nüssen und Kakao. Sarsaparilla kommt besonders zwischen 700 und 1000 Engl. Meilen von der Mündung vor, Copaiva an den verschiedenen Nebenflüssen, Federharz von 200 Engl. Mln. an aufwärts, so weit man nach ihm gesucht hat, etwa bis 750 Engl. Meilen. Zwischen 200 und 400 Engl. Meilen von der Mündung wohnt die Mehrzahl der Gummi-Macher. Die trockne Saison von Juni bis November ist die Arbeitszeit, beim Beginn derselben geht eine grosse Anzahl Kähne den Fluss hinauf. Im J. 1864 wurden für mehr als 20.000 E. Waaren nach dem Purus eingeführt, Provisionen, namentlich Mandioka-Mehl, mit eingerechnet. Ausgeführt wurden von Juli 1863 bis Juli 1864 98.944 Pf. Sarsaparilla, 451.200 Pf. Kakao, 1.172.000 Pf. Federharz, 7104 Pf. Kaffee und 24.896 Pf. Tabak; über den Copaiva-Balsam hat man keine statistischen Angaben.

Es war am 12. Juni 1864, als Chandless zu Boot in Begleitung von einigen Indianern in die Mündung des Purus einfuhr. Das Wasser hatte zwar hier zu steigen aufgehört, die erste Spur des Sinkens bemerkte Chandless aber erst am 21. Juni 120 Engl. Meilen weiter aufwärts, obwohl nach seinen Erkundigungen das Wasser 600 Engl. Meilen oberhalb der Mündung schon in den letzten Tagen des April zu fallen begonnen hatte. Dieser auffallende Zeitunterschied hat seinen Grund ohne Zweifel zum Theil in den zahlreichen Windungen des Flusses und ein oder zwei Strom

engen, welche das Wasser aufhalten, so wie zuweilen in der Höhe des Amazonen-Stromes, mehr aber trägt dazu wahrscheinlich der Umstand bei, dass bei hohem Wasserstand des Purus die beiden ersten grossen Nebenflüsse, der Paraná-pixuna und der Tapauá, vollständig zurückgestaut werden, ihr Wasser sammelt sich daher an, bis der Purus zu fallen beginnt; auch die See'n dienen als Reservoirs.

[ocr errors]

Der Purus fliesst durch ein Varzea 1)-Thal, ab und zu tritt aber auch die,,terra firme" bis an den Fluss heran und endet da meistens in Klippen (barreiras) von bisweilen beträchtlicher Höhe. Der obere Theil solcher Steilwände besteht immer aus rothem oder gelbrothem ungeschichteten Thon, unter welchem sich abwechselnde Lager von geschichtetem Sand und Thon befinden. Aus allen Ermittelungen geht hervor, dass die Region vom Madeira bis zum Ucayali, die am Purus bis 9° S. Br. nur wenig ansteigt, noch lange nachdem das östlichere Land trocken gelegt war, ein grosses Süsswasserbecken bildete. Auch bei der Varzea ist der obere Theil (10 bis 20 Fuss) ungeschichtet, während der untere aus Lagern von gelbem oder bläulich-gelbem Thon besteht, der weniger kompakt ist als bei der terra firme. Das Land an der konvexen Seite des Flusses und der Purus hat selten einen geraden Lauf ist fast immer Igapó, das an der konkaven Seite aber niemals; wechselt die Konvexität die Ufer, so thut es der Igapó auch. Bei niederem Wasserstand sieht man, dass der Igapó in einer Sandbank endet, die oft die Hälfte oder mehr von dem Flussbett einnimmt und augenscheinlich eine Neubildung des Flusses ist, welcher die Varzea auf der konkaven Seite wegnagt und die Sandbank auf der konvexen Seite vergrössert, bis sie hoch genug ist, um sich mit Vegetation zu überziehen. An der Ausdehnung des Igapó sieht man die enormen Veränderungen des Flussbettes in ganz neuer Zeit; davon und von der grossen Zahl seiner Windungen liegt die Ursache zum Theil in dem weichen, leicht abzuschwemmenden Boden der Varzea und vielleicht mehr noch in dem Durchsickern des Regenwassers durch die oberen Schichten bis auf den Thon, auf dem es nach dem Flusse hinabgleitet und dadurch ungeheure Erdrutsche veranlasst. mehren sich die Krümmungen immer mehr, bis der Fluss gelegentlich einen Isthmus durchbricht, wie diess vor 10 oder 12 Jahren 140 Engl. Meilen oberhalb der Mündung und vor etwa 30 Jahren nahe bei der Einmündung des Mamoria-mirim geschah. Bei solchen Durchbrechungen bleibt in dem alten, an dem Eingang sich verstopfenden Bette oft ein See zurück, daher findet man so häufig See'n längs des

So ver

'),,Varzea" ist Land, welches nur bisweilen und niemals sehr tief bei Hochwasser überschwemmt wird;,,Igapó" heisst das Land, das bei hohem Wasserstand jedes Mal viele Fuss unter Wasser steht; ,,terra firme" ist das hoch über dem Flussspiegel gelegene Land.

Purus. Ein anderer auffallender Charakterzug des Flusses ist die geringe Veränderlichkeit seiner Breite und der Mangel an Inseln; von letzteren zählte Chandless nur 7, vier grössere in den unteren 200 Engl. Meilen des Laufes und drei kleinere. Diese Beschreibung bezieht sich auf den ganzen Fluss, ausgenommen dass von 1200 Engl. Meilen oberhalb der Mündung an nach den Quellen zu die terra firme näher an den Fluss herankommt und die Varzea schmaler wird, aber selbst an dem oberen Lauf findet man die terra firme nirgends an beiden Ufern zugleich.

Am unteren Purus hält es bei hohem Wasserstande schwer, Etwas zu essen zu finden, aber weiter oben (etwa 300 Engl. Meilen von der Mündung und weiter hinauf) sind Nahrungsmittel häufiger, Affen (Coaitás und Guaribas) fehlen selten im Wald, beim Sinken des Flusses kehren die wilden Gänse von ihrer Wanderung zurück und brüten hier; im Juli liest man die Eier der Gaivote - Möve schock weis von den Sandbänken auf, im August legt die kleinere Schildkröte (Tracaja), im September die grössere ihre Eier und sogar bis Mitte Oktober findet man hie und da noch frische Eier. Bemerkenswerth ist, dass die Jahreszeiten am Purus beträchtlich früher eintreten als am Amazonen-Strom, der Assai reift am Purus im Januar, am Amazonen-Strom erst im Februar oder März, an letzterem bereitet man das Öl aus Schildkröten - Eiern im November, wenn am Purus schon die jungen Schildkröten ausgekrochen sind. Längs der Sandbänke giebt es Fische in Menge, besonders Pimelodus-Arten, wie Pirarara, Surubim und Peixe-lenha, auch Alligatoren, so dass das Baden zwischen ihnen und den Piranhas) nicht sehr sicher ist. Daneben giebt es indess viel schlimmere Plagen, denn auf manchen Strecken machen Pium - Fliegen den ganzen Tag und Mosquitos die ganze Nacht hindurch den Schlaf unmöglich. Diess scheinen Kleinigkeiten zu sein, sie vermindern aber die Zahl der Ansiedler, deren es der Pium - Fliegen wegen nur ein halbes Dutzend am Purus giebt; unglücklicher Weise findet man die GummiBäume nur selten unterhalb der Insel Uajaratuba, oberhalb der letzteren aber beginnt die Region der Piums. Im Übrigen ist das Thal des Purus jetzt sehr gesund, obwohl vor 8 Jahren ein heftiges Fieber dort auftrat.

Am 7. Juli passirte der Kahn die Mündung des Paranápixuna, dessen schwarzes Wasser über 3 Engl. Meilen weit unvermischt im Purus zu bemerken ist. Seine angebliche Verbindung mit dem Madeira unterhalb Cratto, wie sie auf vielen Karten erscheint, existirt nach den Erkundigungen von Chandless nicht, vielmehr muss man von einem Fluss zum anderen 2 bis 3 Tagereisen über Land gehen. Der nahe Jacare-Fluss bildet die Grenze zwischen den Gebieten

1) Kleine, wegen ihrer Gefrässigkeit den Badenden sehr gefährliche Fische von der Familie der Salmen. Siehe,,Geogr. Mitth." 1857, S. 164.

der Muras und Pammarys. Während die ersteren am unteren Purus wie am Madeira und Amazonas wegen Faulheit, Trunkenheit und Gewaltthätigkeit in üblem Ruf stehen, sind die Pammarys ein sehr friedfertiges, fröhliches Völkchen und berühmte Sänger, sie bauen etwas Mandioca, Aipim und Bananen, sammeln Gummi, treiben Fisch- und Schildkrötenfang, sind aber schlechte Jäger. Sie leben ausschliesslich am Purus selbst, man trifft sie an keinem der Nebenflüsse auch nur ein halbes Dutzend Engl. Meilen aufwärts. In der trockenen Jahreszeit bewohnen sie meist die Sandbänke in Hütten aus Palmblatt - Matten, bei hohem Wasserstand ziehen sie sich nach den See'n zurück und errichten dort ihre Hütten auf Flossen mitten im See, um den Mosquitos zu entgehen. Jede Hütte steht auf ihrem eigenen Floss und beherbergt nur Eine Familie, was bei anderen Stämmen selten vorkommt. Pammarys und Juberys sind nur Unterabtheilungen des alten Stammes der Purupurus, welcher Name erloschen ist; sie sprechen dieselbe Sprache, haben dieselben Sitten, dasselbe Aussehen und sind beide mit einer Hautkrankheit behaftet.

Der Tapauá, an dessen Ufern der kleine Stamm der freundlichen und fleissigen Cipós wohnt, entspringt in der Nähe des Juruá, die Indianer gehen vom Tapauá aus zu diesem oder einem seiner Zuflüsse; der Coary und Teffe haben einen viel kürzeren Lauf, als gewöhnlich auf den Karten dargestellt ist, so dass der Tapauá südlich von ihren Quellen vorbeigeht. Nicht sehr weit von seiner Mündung nimmt derselbe den Cuniuá auf, einen bedeutenden rechten Nebenfluss, der dem Purus mehr oder weniger parallel läuft.

Nahe bei der Mündung des Mucuim kam Chandless gegen Ende Juli nach Canotama, Manoel Urbano's,,feitoria" (Faktorei, wie der Schuppen eines Jeden, der Waaren für einige hundert Thaler den Fluss hinauf gebracht hat, prahlerisch genannt wird). Er wartete hier über 14 Tage auf die Ankunft eines Sohnes von Manoel Urbano, der ihm auf der Weiterreise als Begleiter und Dolmetscher dienen sollte, und machte während dessen die Beobachtung, dass das Barometer dort höher stand als in Manáos an der Mündung des Rio Negro, wie auch Wallace einen höheren Barometerstand in Manáos als in Pará bemerkte, obwohl der Höhenlage nach ein umgekehrtes Verhältniss Statt finden sollte.

In dem Gebiet zwischen dem Purus und Madeira, besonders an den Flüssen Mucuim, Marý und Paciá leben die Catauixis, ein hübscher, auffallend hellfarbiger Stamm, der sich mit Eifer dem Ackerbau und selbst den Gewerben hingiebt; ihr Mandioca-Mehl ist viel besser als das am Amazonas. Man rühmt ihnen sogar Gastfreundschaft nach, eine unter Indianern äusserst seltene Tugend.

Der Mucuim ist durch Urbano im August und September 1864 befahren worden und es stellte sich heraus,

« ZurückWeiter »