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Masse halten dürfen, wenn sie in dem von ihm bei entstandenem Zweifel nachzuweisenden Intereffe der Masse geschehen sind, worüber die concreten Verhältnisse des einzelnen Falles entscheiden müssen.

Strafrecht und Strafverfahren.

§ 174 Nr. 1, § 176 Nr. 3 des Deutschen Strafgesehbuchs. Ideelle Concurrenz bei= der Vorschriften. Wirkung des Antragsdelicts.

cf. Goltdammer, Archiv Bd. 19, S. 612. Der Angeschuldigte hat als Lehrer mit seiner unter 14 Jahre alten Schülerin Unzucht getrieben. Die Untersuchung ist, soweit ersichtlich, aus beiden oben citirten Vorschriften eröffnet. Die Beschwerde des Vertheidigers führt aus, daß in einem Falle der Concurrenz, wie in dem vorliegenden, das schwerere Verbrechen allein das bestimmende, dieses aber hier das Verbrechen des § 176 Nr. 3 sei, welches den Strafantrag erfordere; an diesem aber fehle es hier.

In dem Beschlusse des Königl. Sächsischen OberAppellationsgerichts vom 3. April 1871 heißt es: das gegenseitige Verhältniß beider Gesezesbestimmungen kann nur dahin aufgefaßt werden, daß ein Lehrer, welcher mit seinem minderjährigen Schüler unzüchtige Handlungen vornimmt, unter allen Umständen und insbesondere auch ohne alle Rücksicht darauf, ob ein Strafantrag vorliegt oder nicht, mindestens nach § 174 sub 1 ftrafbar sein und daß auf einen solchen Straffall der § 176 sub 3 überhaupt nur insoweit Einfluß üben solle, als dann, wenn der betreffende minderjährige Schüler das 14. Altersjahr noch nicht erfüllt gehabt, eine Idealconcurrenz (§ 73) beider Verbrechen angenommen wer= den müsse, bei deren Bestrafung, den Hinzutritt eines Strafantrags des nach § 176 Berechtigten vorausge= seßt, die härtere Strafvorschrift des lezteren Paragraphen als Grundlage zu dienen habe.

Eine Vollmacht, welche, um wirksam zu werden, noch einer weiteren Form (z. B. der amtlichen Beglaubigung) bedarf, ist nicht stempelpflichtig, so lange dieser Formvorschrift nicht genügt ist. Stempelgeset v. 7. März 1822 § 12.

cf. Oppenhoff, Rechtspr. Bd. 12, S. 315. Erkenntniß des Ober- Appellationsgerichts vom 7. Juni 1871 gegen Rechberg.

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Eine von A. R. und von H. R. (den Inhabern der Firma Ph. R.) auf Frau J. R. ausgestellte, diese zur Empfangnahme der ankommenden Postsendungen ermächtigende, vom 10. Januar 1870 datirte Vollmacht war der Steuerbehörde erst am 26. März 1870 zur Stempelung vorgelegt worden. Auf den Grund angestellter Ermittelungen nahm das Haupt-Steueramt für erwiesen an, daß die Vollmacht von A. R. am 10. Januar, von H. R. aber erst am 25. März unterzeichnet (und an demselben Tage beglaubigt) worden sei, und verurtheilte demgemäß den Ersteren in eine Geldstrafe von 2 Thalern, weil er die für ihn vom 10. Januar an zu berechnende Frist zur Beibringung des Stempels nicht innegehalten habe. A. R. beantragte gerichtliches Gehör, worauf in beiden Instanzen eine Freisprechung erfolgte, weil nach einer bei der Postdirection eingezogenen Auskunft: „derartige Vollmachten bei den Postanstalten nur dann ange= nommen würden, wenn sie mit gehöriger Beglaubigung versehen seien, und nach § 32 Abs. 1 des Regl. vom 11. December 1867 zum Postgesez erst mit der (in gehöriger Form bewirkten) Hinterlegung in Kraft treten könnten; die Hinterlegung der hier fraglichen Vollmacht sei erst am 26. März erfolgt, habe also vorher auch noch keine Bedeutung gehabt. Nichtigkeitsbeschwerde. Zurückweisung. Gründe:

Es ist zwar richtig, daß, wie der Beschwerde führende Theil hervorhebt, Vollmachten nicht erst durch den Gebrauch, sondern durch ihre Vollziehung in rechtsgültiger Form, oder wie es der § 5 der Verordnung vom 19. Juli 1867 ausdrückt, durch ihre Ausfertigung stempelpflichtig werden. Indessen haben die Vorinstanzen bei der hier fraglichen, zur postdienstlichen Verwendung bestimmten Vollmacht, wenngleich dieselbe vom 10. Januar 1870 datirt und der Stempel zu

derselben erst am 26. März verwendet worden ist, mit Recht eine Contravention durch verspätete Stempelung nicht angenommen. Denn wenn auch der wirklich geschehene Gebrauch für die Stempelpflichtigkeit nicht maßgebend ist, so ist doch eine solche Urkunde, welche nach besonderer Bestimmung der Behörden noch einer weiteren Form, namentlich der Beglaubigung, bedarf, um überhaupt brauchbar zu sein, in Ermangelung derselben noch unfertig und unvollendet, und steht im Verhältnisse zu demjenigen, bei welchem sie benugt werden soll, einer gar nicht eristirenden Verfügung gleich. Die Gerichte haben deshalb nicht, wie die Beschwerdeführer meinen, darin geirrt, vielmehr ganz richtige Grundsäge befolgt, wenn sie sich darauf stüßen, daß nach den bestehenden Bestimmungen für das Postwesen die fragliche Vollmacht ohne Beglaubigung zu ihrem Zwecke nicht benugt werden konnte.

Die ein Rechtsmittel aus formellen Gründen zurückweisende Verfügung des Vorsigenden des Erst-Instanz-Gerichts kann nur wegen Ungeseglichkeit derselben abgeändert werden. Str. Pr. D. § 377.

cf. Oppenhoff, Rechtsspr. Bd. 12, S. 312. Beschluß des Ober-Appellationsgerichts vom 9. Juni 1871 c. Ellenberger.

In Erwägung, daß die Abänderung einer von dem Vorsigenden des Gerichts erster Instanz ergangenen, die Anmeldung des Rechtsmittels der Berufung oder Nichtigkeitsbeschwerde aus formellen Gründen verwerfenden Verfügung nicht, wie die Beschwerde annimmt, von dem freien durch Rücksichten auf Wahrung des materiellen Rechts geleiteten Ermessen des höheren, zur Entscheidung in der Hauptsache berufenen Gerichts abhängt, sondern, wie die Verweisung auf die für das Verfahren bei der Berufung gegen Beschlüsse und Verfügungen gegebenen Vorschriften in § 372 der Str. Pr. D. erkennen läßt, die Ungeseglichkeit der angefoch tenen Verfügung zur Vorausseßung hat, in dieser Be ziehung aber die Nichtberücksichtigung der ohne Unter schrift verbliebenen Anmeldungsschrift in § 370 Abs. 3

der Str. Pr. O. ihre Rechtfertigung findet und die beantragte Gewährung der nachträglichen Unterzeich= nung das Erforderniß der Rechtzeitigkeit der Einreichung nicht zu erseßen vermag;

daß die Beschwerde wegen verweigerter Restitution gegen die hiernach vorliegende Versäumung der Anmeldungsfrist nach §§ 417, 364 und 405 der Str. Pr. O. im Wege der Berufung zu verfolgen war und deshalb nach § 15 daselbst nicht hierher gehört.

Ein Diebstahl ist mittelst Erbrechens eines Behältnisses" verübt, wenn der Verschluß desselben gewaltsam d. h. mittels einer widerrechtlichen Kraftanstrengung ausgeführt ist, sollte auch weder das Behältniß felbst noch sein Verschluß dadurch verlegt sein. § 243 des D. Str. G. B.

cfr. Oppenhoff, Rechtsspr., Bd. 12, S. 313. Erkenntniß des Ober- Appellationsgerichts vom 7. Juni 1871 c. Jacobs.

Das Bundes-Str. G. B. betrachtet ebenso wie das Preußische nach § 243 Nr. 2 den Diebstahl mittelst Erbrechens von Behältnissen als einen schweren. Zwar unterläßt es, den Begriff von Erbrechen zu geben. Jedoch erhellt aus den Motiven, daß damit der Begriff des Einbruchs, wie er in § 223 des Pr. Str. G. B. aufgestellt worden ist, nicht verworfen werden sollte, sondern daß man eine gefeßliche Definition nur wegen ihrer allgemeinen Verständlichkeit für überflüssig hielt. Demgemäß kann es nicht zweifelhaft sein, daß das Erbrechen eines Behältnisses im Sinne des gedachten § 243 Nr. 2 insbesondere lediglich in der gewaltsamen, d. i. mittelst einer widerrechtlichen Krafanstrengung ausgeführten Deffnung des Verschlusses besteht und daß dieselbe weder einen besonderen Grad der Gewalt, noch eine Verlegung des Behältnisses oder seines Verschluffes erfordert. Die entgegenstehende Ausführung im ersten Erkenntniß erscheint hiernach als rechtsirrthümlich und muß nach der Str. Pr. D. § 389 Nr. 1 zu dessen, in der Nichtigkeitsbeschwerde beantragten Vernichtung führen.

Allerhöchst privilegirte

Schleswig-Holsteinische Anzeigen.

Redigirt von den Mitgliedern des Königl. Appellationsgerichts in Kiel Lucht, Eckermann
und von Zülow.

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Remedium ex lege ultima Codicis de edicto
Divi Hadriani tollendo: Rechtliche Natur,

bei welchem Gericht und von Wem
anzustellen? Richtung gegen Wen? -
Zulässigkeit während des Processes wegen
Rechtsbeständigkeit des Testaments,
Gegenstand des Rechtsmittels, - Unver-
mögenheit des Imploranten kein Hinderniß
der Immission. Form des schriftlichen,
nicht eigenhändig verfaßten Testaments
nach der Verordnung für das Herzogthum
Holstein, betr. die Form legtwilliger Ver-
fügungen, vom 30. August 1859: Attesti
rung, daf die amtliche oder notarielle Un-
tersiegelun 3 in des Disponenten Gegenwart
z
erfolgt sei, als solche vorgeschrieben.
Die in der S. 196 des vorigen Jahrgangs mitge
theilten Sache von dem Beklagten gegen das Erkennt
niß der Appellationsinstanz erhobene Nichtigkeitsbe-
schwerde ist, wie nachsteht, zurückgewiesen worden:
Im Namen des Königs!

In Sachen des Dr. Nagel zu Hamburg, Beklagten und Imploranten,

wider

hat der erste Senat des Königlichen Ober-Appellationsgerichts zu Berlin, in seiner Sigung am 23. November 1871 c. für Recht erkannt:

daß die gegen das Urtheil des Königl. Appellationsgerichts zu Kiel vom 17. Februar 1871 vom Beklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde, unter Verurtheilung desselben in die Kosten dieser Instanz, zu verwerfen sei.

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nimmt doch das Verfahren die Natur eines processua=

lischen dann an, wenn ein Dritter die Ansprüche des eingefeßten Erben bestreitet und dieser Streit in einem contradictorischen Verfahren entschieden wird. Jedenfalls ist das in concreto stattgehabte Verfahren zweifellos ein processualisches gewesen und finden bezüglich der Anfechtung der in ihm ergangenen Urtheile die für processualische Angelegenheiten geltenden Grundfäße Anwendung.

Ebenso unbegründet ist der fernere Einwand, daß die unverehelichte Wilhelmine Burmester zu Wandsbeck, wider die Entscheidung des Gerichts über das remed. Klägerin und Imploratin, ex 1. ult. Cod. de ed. Divi Hadriani toll. ein Rechts

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Unzutreffend ist der weitere Einwand der Klägerin gegen die Statthaftigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde: der Widerspruch des Beklagten gegen die Besigeinweifung der Klägerin sei zweck- und gegenstandslos geworden, weil diese Einweisung in den Besiß des Dreef sen'schen Nachlasses von dem Amtsgerichte zu Wandsbeck bereits am 8. April 1871 auf Grund seines in der Appellationsinstanz bestätigten Urtheils vom 14. Seps tember 1870 verfügt sei, und Verklagter bei der Natur des hier in Frage stehenden Rechtsbehelfs diesen Erfolg nur. in petitorio unwirksam machen, die beantragte Vernichtung des Urtheils des Appellationsgerichts der Klägerin den Besiß nicht wieder entziehen könne. Abgesehen davon, daß die behaupteten Thatsachen aus den vorliegenden Acten sich nicht ergeben und die Aufnahme des von der Klägerin angebotenen Zeugenbeweises in dieser Instanz unzulässig ist, erscheint die vom Beklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde auch im Falle der Richtigkeit der von der Klägerin behaupteten Thatsachen keineswegs zweck- und gegenstandslos. Denn würde das angefochtene Urtheil des Königlichen Appellationsgerichts vernichtet und beim Erkennen in der Sache selbst der Widerspruch des Beklagten gegen den Antrag der Klägerin für begründet erachtet, folgeweise das diesen Widerspruch verwerfende und die Auslieferung des Dreessen'schen Nachlasses an die Klägerin verfügende Urtheil des Königlichen Amtsgerichts zu Wandsbeck vom 14. September 1870 aufgehoben und der Antrag der Klägerin auf Besigeinweisung auf Grund des Testaments vom 1. Februar 1868 als unbegründet zurückgewiesen, so würde zwar nicht die Er stattung des Geleisteten in Gemäßheit des § 66 der Proceßnovelle zu verfügen sein, da Beklagter nicht Befiger des Nachlasses qu. gewesen ist und also seiner seits der Klägerin nichts geleistet hat, allein es würde

die auf Grund und in Ausführung des beseitigten Urtheils vom 14. September 1870 verfügte Befißeinweisung der Klägerin wieder aufzuheben und dem Erbregulirungsgerichte zu überlassen sein, welche Anordnungen dasselbe behufs Sicherstellung und Verwaltung der Nachlaßmasse bei Lage der Sache zu treffen habe.

Der aus dem Mangel der Legitimation des Beklagten zum Widerspruche gegen den Antrag der Klägerin erhobene Einwand steht der Zulässigkeit des erhobenen Rechtsmittels nicht entgegen, würde vielmehr erst nach Vernichtung des angefochtenen Urtheils bei einer sachlichen Prüfung in Betracht gezogen werden können.

Was sodann die vom Beklagten geltend ge= machten Nichtigkeitsgründe betrifft, so erscheinen die zunächst gegen die Verwerfung der Einrede der Unzuständigkeit des Amtsgerichts zu Wands beck erhobenen Angriffe unzutreffend. Nach 1. ult. Cod. de ed. D. Hadriani tollendo und 1. 1. Cod. ubi de heredit. agatur et ubi scripti heredes in poss. mitti postulare debeant. (III. 20) war der Antrag der Klägerin auf Einweisung in den Besitz des Nachlaffes des Dreeffen zweifellos bei dem Gerichte in Wandsbeck zu stellen, weil in dessen Bezirke die Nachlaßfachen sich befanden und dieser Antrag zunächst keinen processualischen Character hatte. Wenn aber die Klägerin sich nicht auf diesen Antrag beschränkte und abwartete, ob von Dritten dagegen Widerspruch erhoben werde, vielmehr auf Grund der vom Beklagten und der im Testamente von 1863 eingesetzten Erben bei der Eröffnung des Testaments vom 1. Februar 1868 abgegebenen Erklärungen und in der sichern Voraussetzung, daß Beklagter ihrem Antrage widersprechen werde, sofort mit einer gegen ihn gerichteten Klage vorging, so nahm das auf Grund dieser Klage eingeleitete Verfahren von vornherein einen processua= lischen Character an und fragt es sich daher, welches Gericht für diese, dem Gebiete der streitigen Gerichtsbarkeit angehörende Angelegenheit zuständig sei. Muß zwar anerkannt werden, daß der gegen die Begründung der fortdauernden Zuständigkeit des Amtsgerichts zu Wandsbeck, welche in dem angefochtenen Urtheile sich findet, erhobene Einwand des Beklagten gerecht= fertigt erscheint, weil daraus, daß jenes Gericht für den dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehörigen Antrag auf Besizeinweisung zuständig war, nicht ohne

Weiteres folgt, daß dasselbe auch zuständig bleibe für einen über die Zulässigkeit dieses Verlangens entste henden Rechtsstreit, so ist doch der ferner aufgestellte und als verlegt bezeichnete Rechtsgrundsaß, daß das remedium ex lege ult. Cod. de ed. D. Hadr. tollendo beim Auftreten eines nicht im Besitz des Nachlasses fich befindenden Contradictors vor das forum domicilii des legteren gehöre, als richtig nicht anzuerkennen, vielmehr mit Recht angenommen, daß die vorliegende Klage bei dem Gerichte anhängig gemacht werden konnte, in deffen Bezirke die Nachlaßgegenstände, um deren Besiß es sich handelt, sich befanden. Das remedium ex lege ult. Cod. de ed. D. Hadriani tollendo stellt sich, wenn es gegen den Besißer der Nachlaßfachen gerichtet wird, als ein interdictum adipiscendae possessionis dar und behält diesen Character auch dann, wenn man dasselbe, wie dieses von den Richtern der Vorinstanzen mit Recht geschehen ist, auch in den Fällen zuläßt, wo der Beklagte zwar nicht befizt, jedoch der Erlangung des Besizes abseiten des scriptus heres widerspricht. In beiden Fällen handelt es sich um eine provisorische Besizregulirung bis dahin, dag in petitorio über das Erbrecht des scriptus heres, beziehungsweise des Contradictors entschieden ist. Klagen auf Erlangung des Besizes sind aber bei dem Gerichte anzubringen, in dessen Bezirke die Sachen, deren Besit in Frage steht, sich befinden.

Ist darnach mit Recht angenommen, daß die vorliegende Klage bei dem Gerichte erhoben werden konnte, in dessen Bezirke die Nachlaßsachen sich befanden, so erscheinen auch die weiteren Ausführungen des Be klagten, daß nicht das Amtsgericht zu Wandsbeck, sondern das Kreisgericht zu Altona zuständig gewesen wäre, sowie die auf Verlegung der Bestimmungen in § 15 I. 1. der Königlichen Verordnung vom 26. Juni 1867, betreffend die Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung 2c. in den Herzogthümern Schleswig und Holstein, und der 1. ult. Cod. VI. 33 gestügten Angriffe unbegründet. In § 15 cit. ist ganz allgemein und ohne jede Beschränkung bestimmt, daß die Amtsgerichte, ohne Rücksicht auf den Werth des Streit gegenstandes, zuständig seien für die Verhandlung und Entscheidung der Besißstreitigkeiten. Wäre es, wie Verklagter behauptet, die Absicht des Gesetzgebers gewesen, durch diese Vorschrift die Competenz der Amtsgerichte nur für die auf Schuß oder Wiedererlangung

des Besißes gerichteten Klagen (interd. retinendae et recuperandae possessionis), nicht dagegen für die auf Erlangung des Besizes gerichteten Rechtsmittel (interd. adipiscendae possessionis) zu begründen, so hätte derselbe nicht den ganz allgemeinen, auch die legterwähnte Klasse von Rechtsbehelfen mit umfassendem Ausdruck Besigstreitigkeiten" gebraucht, und erscheint es nicht gerechtfertigt, die fragliche Geseßesvorschrift in jenem engeren Sinne zu nehmen.

Der unter II der Rechtfertigungsschrift erhobene Angriff, entnommen aus der Verlegung der Grundsäge über Litispendenz und der speciell aufgestellten beiden Rechtssäge bezw. Proceßvorschriften ist gleich. falls unzutreffend.

Mit Recht nimmt das Appellationsgericht an, daß die Einrede der Rechtshängigkeit nur dann begründet sein würde, wenn in beiden Processen über dieselbe Sache verhandelt und entschieden werden sollte, sowie daß diese Vorausseßung nicht vorliege. Dadurch, daß für beide Ansprüche, das Erbrecht und das Verlangen auf einstweilige Einweisung in den Besit des Nachlasses, die Frage nach der formellen Gültigkeit des Testamentes vom 1. Februar 1868 von wesentlicher Bedeutung ist und daher in beiden Proceffen den Gegenstand der richterlichen Prüfung und Entscheidung bildet, wird die Einrede der Rechtshängigkeit nicht begründet, sondern es kommt darauf an, ob der Streitgegenstand in beiden Processen derselbe sei, und das ist zweifellos hier, wo es in dem einen Processe um das Erbrecht (petitorium), in dem andern um den einstweiligen Besiß der Nachlaßsachen sich handelt (possessorium), nicht der Fall. Der unter II a. aufgestellte Rechtssag ist nicht richtig und ebensowenig der Saß unter II b., vielmehr kann das remedium ex lege ult. Cod. de edicto D. Hadriani tollendo auch noch angestellt werden, nachdem bereits der Proceß über das Erbrecht selbst begonnen hat, indem es eben den Zweck hat, den Besig bis zur Entscheidung des Streites über das Erbrecht zu reguliren.

Zu III der Rechtfertigungsschrift muß anerkannt werden, daß die in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urtheils enthaltene Feststellung, Beklagter habe nach Ausweis der Klagebeantwortungsschrift und des Verhandlungsprotocolls einen Antrag auf separate Verhandlung und Entscheidung der von ihm zunächst vorgeschüßten verzögerlichen Einreden nicht gestellt, mit

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