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Allerhöchst privilegirte

Schleswig - Holsteinische Anzeigen.

Redigirt von den Mitgliedern des Königl. Appellationsgerichts in Kiel Lucht, Eckermann
und von Zülow.

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Civilrecht und Proceß.

Den 15. Januar 1872.

Ob nach dem Geseg vom 17. März 1868 die Verpflichtung zur Entschädigung für die Aufhebung ausschließlicher Gewerbeprivilegien durch die Concurrenz der Verpflich teten zur Gewerbesteuer bedingt sei. Durch ein Resolut der Königl. Regierung in Schlesmig vom 4. December 1869 sind die von dem Verflagten, Stadtmusikus Mackroth, auf Grund des Gesezes vom 17. März 1868 angemeldeten Entschädigungsansprüche wegen Aufhebung seines früheren Rechts, in der Stadt Schleswig ausschließlich mit Musik gewerbsmäßig aufzuwarten, anerkannt worden und haben nach demselben zu der demnächst zu ermit telnden lebenslänglichen Entschädigungsrente die Stadtgemeinde Schleswig 1/4 und diejenigen anderen in Schleswig jezt oder künftig wohnhaften Personen, welche daselbst gewerbsmäßig Musik machen, einerlei ob dieselben dem Civil- oder dem activen oder inactiven Militairftande angehören, 34 alljährlich aufzubringen; dabei ist den Betheiligten die Berufung auf rechtliches Gehör binnen 6wöchiger Frist offen gelassen worden.

Am 4./5. Januar 1870 haben die Kläger, Stabstrompeter Ziegler und Stabshautboist Hugo in Schleswig und Consorten, durch Vermittelung des GeneralCommando's des IX. Armee Corps auf rechtliches Gehör provocirt und am 31. März v. J. gegen den

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Verklagten eine Klage bei dem Schleswiger Kreisge= richt erhoben. In derselben haben sie zuvörderst allgemein die Entschädigungsberechtigung des Verklagten in Abrede gestellt, da sie nicht wüßten, ob demselben bis zum 17. März 1868 ausschließliche gewerbliche Berechtigungen lebenslänglich zugestanden hätten und ob nicht der Inhalt der ihnen unbekannten Concession des Verklagten beispielsweise die persönliche Fähigkeit des Verklagten zum Musikbetriebe voraussetze.

Sodann bestreiten Kläger dem Verklagten das Entschädigungsrecht allen denen gegenüber, welche nach dem 17. März 1868 in der Stadt Schleswig das Musikgewerbe ausgeübt haben, in specie aber ihnen, den Klägern gegenüber, sofern, falls solche cinmal nicht vorhanden seien, die Stadtcommüne die volle Entschädigung zu leisten haben werde. Nach Inhalt des § 38 des Gesezes vom 17. März 1868 müßten solche Gewerbetreibende, welche überhaupt steuerfrei seien, auch von der Beitragspflicht zur Entschädigungsrente frei sein, weil sonst der ihnen zugesicherte steuerfreie Gewerbebetrieb illusorisch sein würde und die in dem Resolut der Regierung versuchte Widerlegung dieser Auffassung nicht mit dem § 38 und weniger noch mit dem § 41 1. c. stimme, weil danach die von den Gewerbetreibenden zu leistenden Beiträge nach Maßgabe der von ihnen entrichteten Gewerbesteuer vertheilt werden sollten. Hier fehle es aber an einem Maßstabe der Vertheilung, und eine gleiche Vertheilung könne, abgesehen von der daraus hervorgehenden Ungerechtigkeit, schon um deswillen nicht gemeint sein, weil das Gesez darüber schweige und im § 36 1. c. der verpflichteten Gewerbetreibenden gedenke,

also auch nicht verpflichtete im Auge habe, d. h. steuerfreie, wie auch das Resolut, welches unrichtiger Weise sich durch Analogie helfen wolle, im Grunde anerkenne. Was in dem Resolut über den Unterschied von Entschädigungsrenten und Entschädigungs capitalien gesagt werde, widerspreche dem § 41 des Gesezes, welcher nothwendig generell aufzufassen sei, welcher Paragraph auch allgemein von Gewerbetreibenden spreche, die nach ihrer Gewerbeftener bei tragen sollten, also nichts beizutragen hätten, wenn sie steuerfrei seien.

Kläger berufen sich schließlich darauf, daß sie nicht zu den Gewerbetreibenden gerechnet werden könnten, da diese, Herren ihrer Zeit und ihres Willens, sich ausschließlich dem gewählten Gewerbe zu ihrer Existenz hingäben, während Kläger, abhängig von dem Befehle ihrer Vorgesetzten, zu jeder Zeit auf Wochen von ihrem Wohnort abcommandirt werden könnten und abwesend seien, also hier keine Concurrenz machen könnten. So würden sie auch von den Behörden als Gewerbetreibende im technischen Sinne nicht angesehen, da man z. B. eine Anmeldung bei der Polizei, wie von den sonstigen Gewerbetreibenden, bei ihnen nicht verlange. Wollte man von den Klägern einen Beitrag zur Entschädigungsrente des Verklagten verlangen, so würden sie bald ihren geringen Nebenverdienst aufgeben müssen und wäre damit, da die Civilmusiker noch weniger im Stande sein würden, sich zu halten, die Gewerbefreiheit in dieser Rücksicht gar bald wieder aufgehoben.

Es ist gebeten, zu erkennen, daß Kläger nicht schuldig, zu der dem Verklagten zugebilligten Entschä= digungsrente beizutragen.

Verklagter hat unter Producirung seiner Conces= fion vom 7. November 1840 und unter Berufung auf das Resolut der Regierung auf die Klage sich einge laffen und hervorgehoben, daß er nach der ersteren jeder Zeit ausschließlich selbst oder durch andere mit Musik aufzuwarten berechtigt gewesen und daß er bei Erlaß des Gesezes vom 17. März 1868 im Bessiß dieses Rechts noch gewesen sei.

Beweis: amtliches Zeugniß des Schleswiger Magistrats, Notorietät und Verfügung vom 28. Juli 1868, event. Eid.

Im Allgemeinen wegen der klägerischen Beitrags, pflicht sich auf die Entscheidungsgründe des Regierungs

resoluts berufend, bemerkt Verklagter gegenüber den klägerischen Ausführungen, daß es sich hier um Ausschließlichkeit einer gewissen Gewerbeberechtigung und um Aufhebung derselben, sowie um Ersaßberechtigung und Ersagverbindlichkeit allge= mein handle, abgesehen von der Steuerpflicht dem Staate gegenüber (§ 36 des Gesetzes). Es handle sich nur darum, ob Kläger vor dem 17. März 1868 in dem Musikbetrieb in der Stadt Schleswig beschränkt oder ausgeschlossen gewesen seien, was nach Inhalt des angezogenen Regierungsschreibens vom 28. Juli 1868 zu bejahen sei und was auch Kläger nicht in Abrede genommen hätten. Wollten Kläger zu der Rente qu. nicht beitragen, so müßten sie aufhören, Privatpersonen gewerbsmäßig mit Musik aufzuwarten, was, wenn solches alle am Orte wohnenden Musiker thäten, zur Folge haben würde, daß die Rentenzahlung ceffire, da dann keineswegs die Commüne zu zahlen verpflichtet sei. – Daß Kläger Militair musiker seien, relevire nicht, weil sie eben gewerbsmäßig mit Musik aufwarteten und gerade durch ihre anderweitig schon gesicherte Existenz die gefährlichsten Concurrenten seien.

Was die klägerischen Auslassungen über die Ge= werbesteuerpflichtigkeit anlange, so seien dieselben unzutreffend, denn die §§ 38 und 41 des Geseges bezögen sich lediglich auf Entschädigungs capita= lien und nicht auf Entschädigungsrenten (§ 32) und selbst wenn der § 41 auch die Entschädigungsrenten im Auge habe, so sei der Gesezgeber von dem ausgegangen, was die Regel bilde und müsse bei etwai= gen Ausnahmen eine analoge Anwendung Plaß greifen, weil sonst das Princip der Entschädigungspflicht beseitigt würde, eine Annahme, welche im § 41 selbst ihre Bestätigung finde, sofern, wo das Beitragsver= hältniß mehrerer Bezirke zweifelhaft werde, dasselbe

unter Berücksichtigung der größeren oder geringeren Vortheile festgestellt werden solle, welche für sie aus dem Wegfall der Berechtigung erwüchsen“, wonach denn auch das Beitragsverhältniß der Kläger andern Ge= werbtreibenden gegenüber festgestellt werden müsse.

Die übrigen Ausführungen der Kläger sind lediglich als unhaltbar und irrthümlich bezeichnet und ist um kostenpflichtige Abweisung der Klage gebeten.

In dem am 30. Juni v. J. stattgehabten Ver= handlungstermin haben die Kläger das Regierungsschreiben vom 28. Juli 1868, sowie die Originalcon=

ceffion anerkannt, dagegen bestritten, daß die leßtere auf Lebenszeit ausgestellt und unwideruflich sei, und ferner die nichterfolgte Confirmation von Seiten König Friedrich VII. und die Nichtausschließlichkeit hervorge hoben.

Der Verklagte hat sich mit Nichtwissen darüber erklärt, ob die Bestätigung von Seiten König Friedrich VII. erfolgt sei, aber angenommen, daß solches geschehen und die Einziehung der desfälligen Acten von dem Schleswiger Magistrate beantragt.

Das Kreisgericht hat darauf die Kläger mit ihrer Klage unter Verurtheilung in die Kosten abgewiesen. Hiergegen haben diese appellirt und sich darüber beschwert,

daß erkannt, wie geschehen, und nicht vielmehr, wie in der Klage gebeten worden.

mit seinen Gehülfen in der Stadt Schleswig bei vorkommenden Hochzeiten, Kindtaufen und anderen Gelegenheiten mit Musik, wenn solche von Jemand verlangt wird, ausschließlich aufzuwarten befugt sein solle. Die Ausschließlichkeit der ertheilten Befugniß ist hier mit klaren Worten ausgesprochen und es kann daran nichts ändern, daß im weitern Verlauf der Concession jedem Schleswiger Einwohner gestattet ist, sich im Fall der Verhinderung des Stadtmusikus und während der Jahrmärkte nach eigenem Belieben von Andern mit Musik aufwarten zu lassen; und da ferner in derselben weder ein Endtermin gesezt noch ein Widerruf vorbe= halten ist, muß sie als eine auf Lebensdauer sowie unwiderruflich ertheilte Concession betrachtet werden. Auch können die Kläger sich nicht auf die nicht erfolgte Confirmation der Concession des Verklagten durch König Friedrich VII. berufen, ganz abgesehen

Von dem Appellationsgericht ist hierauf die nach- davon, welche rechtliche Bedeutung diesem Umstande stehende Entscheidung abgegeben worden.

Im Uamen des Königs! In Sachen des Stabstrompeters Ziegler und des Stabshautboisten Hugo in Schleswig, für sich und Namens ihrer Genossen, Kläger und Appellanten,

gegen

den Stadtmusikus Mackroth daselbst, Verklagten und Appellaten,

betreffend eine Entschädigung von jährlich 200, jest Appellation gegen das Erkenntniß des Königlichen Kreisgerichts zu Schleswig vom 30. Juni 1871,

hat der Civilsenat des Königlichen Appellationsgerichts zu Kiel in seiner Sigung vom 1. December 1871 c. für Recht erkannt:

daß das angefochtene Erkenntniß mit der Mo-
dification zu bestätigen ist, daß die Kosten der
vorigen Instanz halbschiedlich zu theilen resp.
zu vergleichen sind.

Ebenfalls find die gerichtlichen Kosten dieser
Instanz von beiden Parteien zur Hälfte zu
tragen, die außergerichtlichen zu vergleichen.
V. R. W.

Gründe.

Die dem Verklagten am 7. November 1840 er= theilte landesherrliche Concession lautet dahin, daß er

beizulegen sei, weil nach dem Patent vom 22. April 1851 die Concessionen zum Musikbetriebe einer Confirmation überall nicht bedurft haben.

Ist nun hiernach der Verklagte als ein Entschädigungsberechtigter nach Maßgabe des Gesezes vom 17. März 1868, bis zu dessen Erlassung er auch, wie schließliche Befugniß geübt hat, zu betrachten, so muß vom Kreisgericht für notorisch erklärt wird, seine ausandererseits die auch von der Königlichen Regierung zu Schleswig getheilte Ansicht des Kreisgerichts über die Entschädigungsverpflichtung der Kläger für die richtige erachtet werden.

sie keine Gewerbesteuer entrichten und von der ConDie Kläger bestreiten diese ihre Verpflichtung, weil currenz zu dieser Steuer die Entschädigungsverbindlichkeit abhängig sei.

Der § 36 des erwähnten Gesetzes bezeichnet aber schädigungsrenten für die Aufhebung ausschließlicher als verpflichtet zur gemeinsamen Aufbringung der EntZeit verliehen sind (wie eine solche im vorliegenden Gewerbeberechtigungen, welche nur auf eine bestimmte Fall in Frage steht), die Gemeinde oder den District wo die aufgehobene Berechtigung bestand, und diejeni gen Gewerbetreibenden innerhalb der Gemeinde oder des Districtes, welche durch die Berechtigungen in dem Betriebe ihres Gewerbes beschränkt oder daven ausgeschlossen waren.“

Diese Bestimmung lautet ganz allgemein, berechtigt also nicht zu einer Unterscheidung mit Rücksicht auf die Concurrenz zur Gewerbesteuer, und es ist auch fein hinreichender Grund dafür ersichtlich, weshalb die jenigen Gewerbtreibenden, welche dadurch, daß sie keine Gewerbesteuer entrichten, noch günstiger gestellt sind als die andern, nicht zu der Aufbringung der frag= lichen Entschädigung hätten hinzugezogen werden sollen.

überall nicht zu der Leistung der Entschädigung hinzuzuziehen sind.

Scheinbarer ist die Berufung der Kläger auf die Bestimmung in dem § 41 des Geseßes:

Alle Beiträge, welche von Gewerbetreibenden zu den Entschädigungen zu leisten sind, werden nach Maßgabe der von ihnen entrichteten Gewerbesteuer vertheilt."

Denn diese wieder nur auf die Entschädigungscapitalien zu beziehen, ist man bei ihrer Fassung und dem Zusammenhange, worin sie steht, nicht berechtigt. Daß die Gefeßgebung bei derselben nur solche Ent

Hierzu kommt noch, daß die Musikanten nach dem § 2 des Gesezes wegen Entrichtung der Gewerbesteuer vom 30. Mai 1820 nur dann steuerpflichtig sind, wenn fie das Gewerbe im Umherziehen betreiben. Wäre also die Auffassung der Kläger die richtige, daß die Entschädigungsverpflichtete vor Augen gehabt hat, welche schädigungspflicht von der Gewerbesteuerpflicht abhängig fei, so würde man zu dem auffälligen Resultat kommen, daß im Fall der Aufhebung einer ausschließlichen Musikberechtigung neben der nur zum vierten Theil zu der Entschädigung concurrirenden Commüne feine weitere Entschädigungsverpflichtete existirten, denn man wird diejenigen Musiker, welche ihr Gewerbe im Umherziehen betreiben, nicht als solche betrachten können, welche durch das ausschließliche Recht des Berechtigten, an seinem Wohnsig mit Musik aufwarten zu dürfen, bisher in ihrem Betriebe, welcher eben nicht das Musiciren an diesem Wohnsiz befaßt, beschränkt gewesen sind. Die Kläger berufen sich hiergegen zur geseglichen Begründung ihrer Ansicht zunächst auf die Bestimmung des § 38 des mehrerwähnten Gefeßes:

Der Beitrag des einzelnen Gewerbetreibenden soll die Höhe der von ihm entrichteten Gewerbesteuer nicht übersteigen; soweit dies der Fall ist, muß sein Beitrag herabgesezt und der gesammte Tilgungsbeitrag der Gewerbetreibenden herabgejezt werden."

Diese Bestimmung bezieht sich indessen nur auf die Beitragsleistung zu den Entschädigungs ca pita= lien, welche für die im § 33 des Gesezes erwähnten ausschließlichen Gewerbeberechtigungen in Betracht kommen, und nicht auf die hier fraglichen Entschädigungsrenten; aber auch abgesehen hiervon berechtigt der Umstand, daß für den Beitrag der Gewerbesteuerpflichtigen durch Bezugnahme auf diese Steuer eine gewisse Grenze gesezt ist, nicht zu dem Schlusse, daß die Gewerbetreibenden, welche keine Gewerbesteuer zahlen,

eine Gewerbesteuer entrichten, ist klar; dennoch aber
muß man im Hinblick auf die Fassung des das Prin-
cip der Entschädigungspflicht feststellenden § 36 und
bei dem Mangel an einem Motiv für eine Exemption
der steuerfreien Gewerbetreibenden Bedenken tragen,
danach den Grundsay aufzustellen, daß diese Leztern
nicht zu der Aufbringung der Entschädigung concur
riren, und eher annehmen, daß das Geseß in dem § 41
eine Lücke für den Ausnahmefall, daß die Entschädi=
gung auch von Gewerbsteuerfreien zu entrichten ist,
gelassen habe.

Es erscheint hiernach die Abweisung der Klage als
begründet; dagegen führen die aus der Fassung des
Gesezes sich ergebenden Zweifel zu der in Betreff des
Kostenpunktes getroffenen Entscheidung.
Urkundlich 2.

Präsentations- und Protestationsort eines nicht domicilirten, jedoch mit Zahlungsadresse versehenen Wechsels.

Kläger, Schlachter Neis in Flensburg, hat einen auf ihn indossirten, vom Verklagten, Pastor Gardt= hausen in Ulkebüll, auf den Baumeister H. Gardt= hausen in Flensburg gezogenen, von Leßterm mit dem Zusah zahlbar bei P. Erichsen in Flensburgʻ ange= nommenen, zum 15. October 1871 fälligen Wechsel über die Summe von 300 vorgelegt und unter

Bezugnahme auf einen in Folge der Weigerung des P. Erichsen, den Wechsel einzulösen, bei diesem statt gehabtem Protest Mangels Zahlung darauf angetragen, den Verklagten zur Zahlung der 300 nebst

1⁄2 pCt. Zinsen seit dem 15. October cr. ref. exp. zu verurtheilen.

Im Klagbeantwortungstermin hat Kläger, da Verflagter ausgeblieben war, die Contumacialverurtheilung beantragt.

Kläger hat appellirt und die Beschwerde erhoben, daß nicht Beklagter zur Zahlung der 300 nebst Zinsen und zur Tragung der Kosten verurtheilt worden. Hierauf ist folgendes Erkenntniß ergangen:

Im Namen des Königs!

In Sachen des Schlachters Neis in Flensburg, Klägers, Appellanten,

wider

Statt deffen hat das Kreisgericht (Flensburg) den den Pastor Gardthausen in Ulkebüll, Verklagten, Ap= Kläger kostenpflichtig abgewiesen.*)

*) Die Entscheidungsgründe lauten:

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In dem vorliegenden Wechsel ist der Wohnort des Bezogenen vom Zahlungsort nicht verschieden. Des von dem Bezogenen feinem Accepte beigefügten Zufates zahlbar bei P. Erichsen" ungeachtet kann derfelbe dennoch nicht als ein Domicilwechsel angesehen werden. Um gegen den Aussteller im Wege des Regresses eingeklagt werden zu können, mußte derselbe nach Art. 41 der Wechselordnung dem Acceptanten zur Zahlung präsentirt und sowohl diese Präsentation als die Nichterlangung der Zahlung durch einen rechtzeitig darüber aufgenommeuen Protest dargethan sein. Kläger hat jedoch nicht dem Acceptanten, sondern P. Erichsen, dem vermeintlichen Domiciliaten, den Wechsel mit der Aufforderung zur Zahlung präsentirt und über dessen Weigerung der Zahlung Protest erhoben. Erichsen war aber kein Domiciliat; der bei ihm erhobene Protest ist deshalb ein irrelevanter Act. Selbst wenn der Acceptant durch den Zusat jahlbar bei P. Erichsen" das Haus, in welchem er Zahlung leisten wollte, hat bezeichnen wollen, dort aber von dem mit der Protesterhebung beauftragten Notar nicht angetroffen wurde, so durfte der Notar nach Art. 91 der Wechselordnung sich bei der Auskunft des P. Erichsen über den Verbleib des Acceptanten nicht beruhigen, sondern mußte Lestern in dessen bisheriger Wohnung aufsuchen, event. bei der Polizeibehörde des Orts Nachfrage halten, jebenfalls aber immer die Zahlungsaufforderung und den Protest gegen den Acceptanten richten. Dies ist nach Ausweis des der Klage angelegten Protestes nicht geschehen. Diesen Mangel der gefeßlichen Vorausseßungen für die Regreßklage hat das Gericht auch beim Ausbleiben des Verklagten im Termin zur Klagbeantwortung und weitern mündlichen Verhandlung von Amtswegen berücksich tigen zu müssen geglaubt, weil der Verklagte unter

pellaten,

betreffend eine Wechselforderung von 300
f. w. d. a., jezt Appellation wider das Er-
kenntniß des Königl. Kreisgerichts zu Flensburg
vom 14. November 1871,

hat der Civilsenat des Königlichen Appellationsgerichts
für Recht erkannt:
zu Kiel in der Sigung am 11. December 1871 c.

daß das angefochtene Erkenntniß dahin abzu-
ändern, daß Verklagter schuldig, dem Kläger
binnen 3 Tagen bei Vermeidung der Execution
die eingeklagten 300 nebst 6 pCt. jährlicher.
Zinsen vom 15. October 1871 angerechnet, zu
bezahlen und demselben die Kosten der vorigen
Instanz, incl. der Protestkosten, zu erstatten.

Die Gerichtskosten dieser Instanz sind von
Parteien halbschiedlich zu tragen.
W.

V. R.

der Androhung geladen war, daß bei seinem Ausbleiben die in der Klage enthaltenen Behauptungen für zugestanden erachtet werden würden, derselbe also erwarten durfte, daß nur auf Grundlage des von dem Kläger beschafften Materials die Entscheidung abgegeben werde.

vergl. L. Borchardt, Allgem. Deutsche Wechselordnung, Zuf. 526, pag. 305.

Es fehlte aber der Klage an der vorgeschriebenen thatsächlichen Unterlage. Bei der streng formalen Natur des Wechselrechts und Wechselverfahrens war die Klage deshalb abzuweisen und zwar definitiv, da die Erhebung des zum Nachweise der Präsentation, sowie der Nichterlangung der Zahlung erforderlichen Protestes spätestens am zweiten Werktage nach dem Zahlungstage geschehen muß, im gegenwärtigen Falle, indem der Wechsel am 15. Dctober d. J. fällig war, mithin nicht mehr thunlich ist.

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