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Die Sage von Frithjof dem Starken.

Nach der alten Volkssage übersetzt.

Die Sage, welche wir hier dem Publicum in einer Uebertragung vorlegen, eine der schönsten aus dem reichen nordischen Dichtungsschatze, ist in Deutschland durch die Bearbeitung von Tegnér allgemeine bekannt und mit Interesse und Beifall gelesen worden. Jedoch hat Tegnèr in seiner Darstellung an der ursprünglichen Volkssage Manches verändert, weggelassen und hinzugesetzt, vor Allem aber den Ton der Erzählung gänzlich umgestaltet, er hat die ursprünglich einfach, schmucklos und episch gehaltene Sage romantisirt, modernisirt und lyrisch gemacht, rührende Situationen und Schilderungen hinzugefügt und so die alte Sage dem Verständniss moderner Leser näher gerückt. Seine Bearbeitung verhält sich zur alten Volkssage, wie Grundriss und Ausführung eines Gebäudes. Vielleicht dürfte es nun für Manche Interesse haben, auch die ursprüngliche alte Volkssage kennen zu lernen, wie dieselbe, wahrscheinlich noch vor dem 14. Jahrhundert, im alten Norden aufgezeichnet worden ist; mancher interessante Vergleich mit Tegnér dürfte sich dabei ergeben, und es wird sich zeigen, dass die einfache Art der Darstellung unserer Sage oft viel hinter sich verbirgt; man vergleiche die Darstellung von der Versuchung im Walde bei Beiden und die Schilderung des Seesturms. Möge unsere Sage selbst reden.

Archiv f. n. Sprachen. XXXIV.

Capitel 1.

So beginnt diese Sage, dass König Beli zu Sygnafylk regierte; er hatte drei Kinder, Helgi hiess der eine Sohn, der andere Halfdan und seine Tochter Yngeborg; Yngeborg war schön von Antlitz und weise von Verstand und die vorzüglichste der Königstöchter. Nun war dort ein Strand, der erstreckte sich westlich in den Meerbusen hinein, darauf stand eine grosse Besitzung, die war genannt Baldurshain; darin war eine Friedensstatt und ein grosser Hof, und ein grosses Gehege darum; darin waren viele Götterbilder, doch wurde Baldur am meisten verehrt; und ihm wurde so eifrig von den heidnischen Männern gedient, dass ihm kein Schaden geschehen durfte, weder an Einkünften noch seinen Dienern; und kein Umgang durfte da zwischen Männern und Weibern stattfinden.

Nun stand jenseits des Meerbusens ein Gut, das hiess Frammäs, da wohnte ein Mann, der hiess Thorstein und war Wikings Sohn und sein Hof galt so viel, wie ein Königssitz. Mit seinem Weibe hatte er einen Sohn, welcher Frithjof hiess, der war aller Männer grösster und stärkster und wohl erfahren in Künsten schon in seiner Jugend und so freundlich, dass Alle ihm Gutes wünschten.

Nun starb die Mutter der drei Kinder Beli's, als sie noch jung waren, Yngeborg aber wurde zur Erziehung dem Hilding, einem guten Barden in Sogni gegeben, und wohl und stattlich aufgezogen und wurde Yngeborg die Schöne genannt. Frithjof aber wurde auch von dem Barden Hilding erzogen und waren so Er und die Königstochter Pflegegeschwister und sie zeichneten sich vor der übrigen Jugend aus.

Als nun König Beli alt wurde, gab er seine Habe aus den Händen und Thorstein erhielt ein Drittel des Reiches zur Verwaltung und beschützte es mächtig und hielt jedes dritte Jahr dem König ein Gastmahl mit grossen Kosten, und der König alle zwei Jahre dem Thorstein. Helgi, der Sohn Belis aber wurde frühe ein grosser Opferer und er und sein Bruder waren sehr unfreundlich. Thorstein nun hatte ein Schiff, das hiess Ellida, darin ruderten 15 Mann an jeder Seite und waren starke

Bogenschnäbel daran und es war mit Eisen beschlagen. Frithjof aber war so stark, dass er vornen an der Ellida mit zwei Rudern, jedes 13 Ellen lang, an deren jedem gewöhnlich zwei Männer arbeiteten, ruderte, und erschien als die Krone der jungen Männer in jener Zeit, zum Neide der Königssöhne, die ihm missgönnten, dass er mehr gelobt wurde, als sie. Nun wurde König Beli krank und als es an ihn kam, rief er zu sich seine Söhne und sprach zu ihnen: „Diese Krankheit wird mich zu Tode bringen und darum will ich Euch bitten, dass Ihr die zu Freunden habt, die ich hatte, weil mir Alles Euch zu fehlen scheint mit Thorstein und Frithjof, beide klug und tapfer; und einen Hügel sollt Ihr über mich werfen;" darauf starb Beli. Darauf wurde auch Thorstein krank; da sprach er zu Frithjof; Lieber, das will ich Dich bitten: dass Du Deine Sinnesart vor den Königssöhnen beugest, denn sie stehen Dir an Würde voran; und ich will mich begraben lassen gegenüber dem Hügel des Königs Beli jenseits des Meerbusens an der See." Darauf starb Thorstein und ward begraben, wie er gesagt hatte, Frithjof aber nahm sein Erbe in Besitz; seine Pflegebrüder waren Biurn und Asmund, grosse und starke Männer.

Capitel 2. Frithjofs Werbung.

Frithjof aber wurde der stärkste Mann und zeigte sich männlich in allen Wagestücken; Biurn, seinen Pflegebruder, schätzte er am meisten, Asmund aber diente Beiden; das Schiff Ellida nahm er als das beste Kleinod von seinem Vater in Besitz und einen Goldring, kostbarer war keiner in Norwegen. Er war ein angesehener Mann, dass alle Leute sagten, es wäre kein geringerer Ehrenmann als die beiden Königsbrüder, abgesehen von ihrer Würde; darum fassten diese Missgunst und Feindschaft gegen Frithjof und es däuchte ihnen schlimm, dass er als ein bessrer Mann genannt wurde und dass er und Yngeborg, ihre Schwester, ihr Herz zusammenschlossen. Nun hatten die Königssöhne ein Gastmahl bei Frithjof in Frommes

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zu besuchen und Frithjof und Yngeborg sprachen da Viel zusammen und die Königstochter sprach zu ihm: „Du hast da einen guten Goldring." „Das ist wahr," sprach Frithjof. Darauf fuhren die Brüder heim und es wuchs ihr Neid gegen Frithjof. Bald darauf wurde Frithjof sehr traurig; Biurn fragte nach dem Grund; Frithjof aber sagte, es stünde ihm sein Sinn darauf, um Yngeborg anzuhalten. „Obgleich ich geringer an Würde bin, als ihre Brüder, bin ich doch nicht geringer an Ansehen; Biurn sprach: Thun wir so!" Darauf fuhr Frithjof mit einigen Mannen zu den Brüdern. Die Könige sassen auf einem Hügel; Frithjof begrüsste sie und brachte seine Bitte vor, dass er um ihre Schwester, Yngeborg, die Tochter Belis, anhielte. Die Könige sprachen: „,Sehr unverständig sind Deine Worte, dass wir unsere Schwester einem würdenlosen Manne geben sollten und wir schlagen sie Dir durchaus ab!" Da sprach Frithjof: „So ist meine Botschaft denn schnell zu Ende; nie aber werde ich Euch wieder Hülfe und Beistand leisten, wenn Ihr dessen auch sehr bedürftet." Sie sprachen, das kümmere sie nicht. Darauf fuhr Frithjof heim und wurde wieder heiter.

Capitel 3. König Ring und Frithjof am Brettspiel.

Ring hiess ein König, der herrschte über Ringareich in Norwegen, und war ein reicher Volkskönig und schon in das höhere Alter gekommen; da sprach 'er zu seinen Mannen: „Ich habe gehört, dass die Söhne König Belis ihre Freundschaft mit Frithjof, der der trefflichste aller Mannen ist, aufgelöst haben; nun will ich zu den Königen senden und ihnen die Wahl anbieten, dass sie sich mir unterwerfen und mir Tribut zahlen, sonst will ich ein Heer gegen sie rüsten und werde' sie leicht überwinden, weil sie weder Heeres- noch Verstandeskraft gegen mich haben; und es wäre mir ein grosser Ruhm in meinem Alter, sie zu überwinden." Darauf fuhren Gesandte des König Ring ab und fanden die Brüder Helgi und Halfdan in Sagni und sprachen so: „Der König Ring sendet Euch Botschaft, dass Ihr ihm Tribut zahlen sollt, sonst will er eine Heerfahrt

thun in Euer Reich." Sie antworteten, dass sie weder in jungen noch in alten Tagen lernen wollten, ihm mit Schmach zu dienen, „er soll nun all sein Gefolge sammeln, wie auch wir," und so geschah es; da ihnen aber ihr Gefolge zu gering dünkte, so sandten sie den Hilding, seinen Pflegevater, zu Frithjof und er sollte ihn bitten, den Königen zu Hülfe zu eilen. Frithjof sass am Brettspiel, als Hilding kam; er sprach so: „Unsere Könige senden Dir ihren Gruss und möchten Deine Hülfe zum Kampf mit König Ring haben, der ihr Reich in Uebermuth und Frevel überziehen will." Frithjof antwortete ihm Nichts und sprach zu Biurn, mit dem er spielte: „Preisgegeben bist Du da, Pflegebruder, und Du kannst nicht entkommen, ich will diesen rothen Stein (Königin) angreifen, sieh zu, ob er gedeckt ist." Da sprach Hilding: „So hiess mich der König Helgi Dir sagen, Frithjof, dass Du zu dieser Heerfahrt kommen sollst, oder Du wirst es entgelten mit hartem Loos, wenn sie nachher über Dich kommen." Biurn sprach: „Eine zwiefache Wahl giebt es nun, Pflegebruder, und zwei Wege im Spiel." Frithjof sprach: „Da wird zu rathen sein, zuerst diesen Stein anzugreifen, dann wird die Wahl leicht sein."

Keinen andern Bescheid empfing Hilding auf seine Botschaft. Dann fuhr er rasch zu den Königen zurück und sagte ihnen die Antwort Frithjofs; sie fragten Hilding, welche Deutung er dieser Antwort Frithjofs gebe. Hilding sprach: „Was er da von Preisgeben sprach, das wird er auf Eure Preisgebung in dieser Heerfahrt bezogen haben; und wenn er sagte, dass er den rothen Stein angreifen wollte, so wird er damit Yngeborg, Eure Schwester, gemeint haben; hütet sie wohl! Als ich ihm aber Gefahr verkündete von Euch, da sprach Biurn von zwiefacher Wahl, Frithjof aber sprach, der Thurm solle zuerst angegriffen werden und das meinte er vom König Ring."

Darauf rüsteten sich die Könige und liessen vorher Yngeborg in Baldurshain in Sicherheit bringen, und acht Weiber ihr beigeben, denn sie dachten nicht, dass Frithjof so kühn wäre, und führe dorthin zu einer Zusammenkunft mit ihr. Darauf fuhren die Brüder südlich nach Jadar und fanden den König Ring in Soknasund. Denn König Ring war sehr erzürnt, dass die Brüder gesagt hatten, es dünke ihnen eine Schande,

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