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Archiv f. n. Sprachen. XXXIII.

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Beurtheilungen und kurze Anzeigen.

Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache. Von Dr. Max Müller. Von der Kaiserlichen Academie zu Paris gekrönte Preisschrift. Für das deutsche Publicum bearbeitet von Dr. Carl Böttger. Leipzig 1863.

Das vorliegende Buch, eine eigenthümliche Erscheinung, insofern es von einem Deutschen in englischer Sprache geschrieben, von einer anderen Hand in die deutsche Sprache übersetzt, den Landsleuten des Verfassers dargeboten wird, enthält neun Vorlesungen, die der Verfasser am königlichen Institut von Grossbritannien gehalten hat, nicht ausschliesslich für Fachgenossen, sondern für ein grösseres, wissenschaftlich gebildetes Publicum bestimmt, um demselben eine Einleitung in die Sprachwissenschaft zu geben, durch welche das Wesen und der jetzige Stand dieser umfangreichen Wissenschaft, so weit es auf dem beschränkten Raume möglich wäre, übersichtlich dargestellt würde.

Der Verfasser hat die Aufgabe, welche er sich gestellt, vortrefflich gelöst, nicht allein rücksichtlich des Inhaltes des Gegebenen, wie dies ja nach seinen anerkannten Leistungen auf diesem Gebiete nicht anders zu erwarten war, sondern auch rücksichtlich der Form, welche mit grossem Geschicke dem Zweck entsprechend gewählt ist. Eine kritische Besprechung glaubte ich hier nicht geben zu dürfen, dagegen habe ich es für zweckmässig gehalten, durch eine etwas ausführlichere Mittheilung des Inhaltes die Leser des Archivs, welche nicht speciell das Studium der Sprachwissenschaft betreiben, auf das Buch aufmerksam zu machen.

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Nach einer kurzen Einleitung, welche besonders von den verschiedenen Namen handelt, die man der Wissenschaft der Sprache" beigelegt hat, unternimmt der Verfasser es, dieser Wissenschaft die ihr gebührende Stelle unter den Wissenschaften überhaupt anzuweisen. Er unterscheidet die Wissenschaften nach dem ihnen zu Grunde liegenden Stoffe in historische und physische, von denen die ersteren sich mit den Werken der Menschen, die letzteren mit denen Gottes beschäftigen, und zeigt nun in längerer Auseinandersetzung, dass die Sprachwissenschaft zu den physischen Wissenschaften zu rechnen sei. Die Sprachwissenschaft unterscheidet sich wesentlich von der Philologie, insofern diese die Sprache nur als ein Mittel behandelt, um in die gesammte Erkenntniss einer bestimmten Zeit oder eines bestimmten Volkes einzudringen, während jene die Sprache selbst zum Gegenstande ihrer Forschung nimmt, um das Wesen derselben kennen zu lernen; demnach ist die Philologie eine historische Wissenschaft, die Sprachwissenschaft nicht. Von den Einwürfen, welche sich gegen diese Behauptung

machen liessen, wird der nächste, dass die Sprache eine menschliche Erfindung sei, zurückgewiesen, die Untersuchung über den Ursprung der Sprache jedoch einer späteren Stelle aufbehalten; genauer dagegen wird ein zweiter Einwand geprüft, dass nämlich die Natur einer Entwickelung nicht fähig sei, während die Sprache eine solche habe, dass demnach die Sprachwissenschaft nicht in den Kreis der physischen Wissenschaften gehören könne. Der Verfasser weist auch diesen Einwurf zurück, indem er behauptet, es beruhe derselbe auf einer Verwirrung der Ausdrücke: die Sprache habe, wie jedes andre Naturproduct, nur ein Wachsthum, keine historische Entwickelung; denn wenn auch die Sprache einen beständigen Wechsel zeigt, so ist doch der Mensch nicht im Stande, denselben hervorzubringen oder zu verhüten, vielmehr beruht dieses Wachsthum der Sprache auf zwei naturlichen Processen, dem phonetischen Verfall und der dialektischen Wiedererzeugung. Beide Processe hat der Verfasser einer ausführlichen Erörterung unterzogen, in der namentlich über das Wesen und die Bedeutung der Dialekte vieles interessante und bedeutsame beigebracht ist. Keiner von beiden Processen steht in der Gewalt des Menschen, sondern beide folgen bestimmten Gesetzen, die nicht von Menschen gegeben sind, denen vielmehr die Menschen selbst gehorchen müssen. Zuletzt wird noch der Einwand besprochen, dass es, abgesehen von der Entstehung der Sprache, doch nicht möglich sein würde, das Leben und Wachsthum einer Sprache ohne historische Kenntniss der Zeiten, in denen sie sich bildete, zu verstehen; es wird erwidert, dass auch die anderen physischen Wissenschaften nicht ohne Zusammenhang mit der Geschichte der Menschheit sind, und dass grade die Sprachwissenschaft unabhängig von der Geschichte sein kann, da alle fremden Einflüsse, die eine Sprache erleidet, nur den Wörterschatz, nie ihre eigentliche Seele, die Grammatik treffen, so dass auch, genau genommen, Vermischung von Sprachen nie stattfindet.

In den nächsten Vorlesungen wird ein Abriss der Geschichte der Sprachwissenschaft gegeben, indem der Verfasser nachweist, wie dieselbe die drei Stufen, welche jede physische Wissenschaft durchzumachen hat, nämlich die empirische, die classificirende und die theoretische, betreten hat, Stufen, welche in der Entwickelung der Wissenschaften auch zeitlich nach einander auftreten, jedoch nicht, ohne dass einzelne Uebergriffe aus der einen in die andere versucht werden. Wir übergehen hier die historische Darstellung, wie sich bei den Griechen die empirische Grammatik bildete und dann zu den Römern überging, eine Geschichte, die der Verfasser in sorgfältiger Erörterung bis auf die gewissermassen einen Abschluss bildende Grammatik des Dionysius Thrax fortgeführt hat. Der Uebergang zur zweiten Stufe, meint der Verfasser, sei wesentlich behindert worden durch die Ausschliesslichkeit der Griechen und Römer, die jede andere Sprache als die ihrige als barbarisch und deswegen einer genaueren Betrachtung nicht werth ansaben; das Christenthum habe angefangen, diese Schranke zu beseitigen. Die ersten Versuche einer eigentlichen Classificirung sind dennoch erst im 17. Jahrhundert gemacht und auch da noch der Fortschritt lange durch die Ansicht aufgehalten worden, dass alle Sprachen vom Hebräischen abzuleiten seien. Dieser Meinung trat zuerst Leibnitz mit Erfolg entgegen, und seine Bemühungen für die Sammlung des zur Classificirung nöthigen Materials aus möglichst vielen Sprachen sind nicht zu übersehen. Das bedeutendste leisteten demnächst Hervas und Adelung, von denen der erste nicht allein Proben und Notizen von mehr als dreihundert Sprachen gesammelt und Grammatiken von mehr als vierzig Sprachen verfasst hat, sondern auch zuerst nach richtigen Grundsätzen die Sprachenfamilien zu bestimmen suchte. In Adelungs Mithridates sind ausser dem Hervas die Sammlungen benutzt, welche durch die Kaiserin Katharina von Russland veranstaltet worden waren. Zu einem sicheren Princip für die Classificirung des so gewonnenen Materials führte erst die Entdeckung, wenn man so sagen darf, des Sanskrit

von dem die erste Grammatik in Europa 1790 erschien, nachdem schon früher die europäischen Gelehrten durch Missionäre auf diese Sprache aufmerksam gemacht worden waren. Die Verwandtschaft des Sanskrit mit der lateinischen und griechischen Sprache wurde alsbald bemerkt und mehrfach von Engländern, namentlich den Mitgliedern der 1784 gegründeten asiatischen Gesellschaft in Calcutta erörtert, in Deutschland beginnt die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Sanskrit seit Fr. Schlegels Buch über die Sprache und Weisheit der Indier (Heidelberg 1808). Von den Deutschen wurde die gewonnene Kenntniss alsbald nutzbar gemacht; 1816 erschien Bopps Conjugationssystem, die erste wissenschaftliche Vergleichung der Grammatik des Sanskrit mit der des Lateinischen, Griechischen, Persischen und Deutschen, seit 1833 desselben vergleichende Grammatik.

Durch diese Studien wurde der Weg zur genealogischen Classification gebahnt, welche nach den Verhältnissen der lautlichen und grammatischen Formationen die Sprachen nach ihrer Verwandschaft einzutheilen und den Grad der letzteren festzustellen vermag. Der Verfasser giebt bei dieser Gelegenheit eine Uebersicht der einzelnen Zweige der indo-europäischen Sprachenfamilie, wie deren Entwicklung nach dem gedachten Eintheilungsprincip sich darstellt, nämlich des teutonischen, des romanischen, des hellenischen, des celtischen und des slavischen Zweiges in Europa, des indischen und des persischen in Asien, welche alle nach bestimmten Gesetzen durch phonetischen Verfall aus dem gemeinsamen arischen Originaltypus gebildet sind. Ich will hier noch einschalten, dass an einer späteren Stelle der Verfasser eine gleiche Uebersicht von der Entwickelung der semitischen und der turanischen Sprachenfamilie giebt, und dass am Ende des Buches die Zweige der genannten Familien in einer Sprachentafel übersichtlich zusammengestellt sind.

Diese Classification ist nun das Werk der vergleichenden Grammatik, deren Thätigkeit hiermit jedoch keinesweges abgeschlossen ist. Es wird ihr vielmehr nun zunächst die Aufgabe, nachzuweisen, wie die gramamtischen Formationen entstanden sind, welche Bedeutung die Flexionsendungen haben. Das gewonnene Resultat, dass alle diese Endungen aus selbstständigen Wörtern hervorgegangen sind, ist bereits allgemein bekannt; der Verfasser weist an zahlreichen trefflich entwickelten Beispielen den Weg nach, der zu diesem Resultate führte. Für die arische Sprachenfamilie ergiebt sich ferner aus diesen Untersuchungen, dass das ganze Gerüst der Grammatik_schon vor der Zerstreuung dieser Familie fest aufgebaut war; aus der Betrachtung der Wurzeln, welche schon vor dieser Zerstreuung vorhanden waren, entwickelt sich ein nicht undeutliches Bild des Culturzustandes, in welchem sich zu jener Zeit die Arier befanden. Gelegentlich weist der Verfasser mit der weiten Verbreitung der arischen Sprachenfamilien auch die weite Verbreitung des Namens der Arier selbst nach.

In der siebenten Vorlesung werden nun die gewonnenen Resultate in Bezug auf die wesentlichen Bestandtheile der Sprache dargelegt. Die Bestandtheile der Wörter, die sich auf eine ursprünglichere Form nicht zurückführen lassen, sind die Wurzeln und diese sind von zweierlei Art, prädicative und demonstrative. Sämmtliche Wurzeln sind einsilbig und demnach aus den einfachsten Verbindungen der Vocale und Consonanten gebildet. Die Zahl der prädicativen Wurzeln, d. h. derer, die in jeder Zusammensetzung in welche sie eintreten, stets ein und dieselbe Grundvorstellung ausdrücken, ist nicht gross; beispielsweise giebt es deren im Chinesischen 450, im Hebräischen 500, etwa ebensoviel, nach Annahme des Verfassers, im Sanskrit. Hierzu kommt noch die kleine Zahl der demonstrativen Wurzeln, welche einfach die Existenz unter gewissen räumlichen und zeitlichen Verhältnissen bezeichnen; aus ihnen sind die meisten Flexionsendungen entstanden.

Aus der Weise, wie diese Wurzeln zusammengestellt werden, ergeben sich drei Arten von Sprachen: 1) radicale Sprachen, in denen die Wurzeln

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