"Wilhelm Meisters Lehrjahre" von Goethe

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E. Wartig's Verlag (Ernst Hoppe), 1875 - 133 Seiten
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 45 - Bei der lebhaften Einbildung und Ahndung menschlicher Dinge, wäre ich doch immer unbekannt mit der Welt, und in einer ewigen Kindheit geblieben, welche meist durch Eigendünkel, und alle verwandte Fehler, sich und andern unerträglich wird.
Seite 27 - Der Pöbel hingegen (worunter ich svv nicht die Mistpantscher allein, sondern auch und noch viel mehr manchen Federhut und manchen Tressenrock und manchen weißen Kragen zu zählen Ursache habe), der Pöbel, will ich sagen, würde sich durch eine schöne Seite bestechen lassen, auch den häßlichen Grund zu schätzen, oder wohl gar eine Apologie des Lasters darin finden und seine eigene Kurzsichtigkeit den armen Dichter entgelten lassen, dem man gemeiniglich alles, nur nicht Gerechtigkeit widerfahren...
Seite 33 - Wahrscheinlichkeit voraus, daß Franz wenn er nun auf der Bühne erscheinen wird, die Rolle nicht spielen werde, die er beim Lesen gespielt hat. Dazu kommt noch, daß der...
Seite ix - Führt Euch besser auf! CRUGANTINO. Mit Eurer Erlaubnis, mein Herr! davon versteht Ihr nichts! Was heißt das: aufführen? Wißt Ihr die Bedürfnisse eines jungen Herzens, wie meins ist? Ein junger toller Kopf? Wo habt Ihr einen Schauplatz des Lebens für mich?
Seite 23 - Heilig und feierlich war immer der stille, der große Augenblick in dem Schauspielhaus, wo die Herzen so vieler Hunderte, wie auf den allmächtigen Schlag einer magischen Rute, nach der Phantasie eines Dichters beben — wo, herausgerissen aus allen Masken und Winkeln, der natürliche Mensch mit offenen Sinnen horcht - wo ich des Zuschauers Seele am Zügel führe und nach meinem Gefallen einem Ball gleich dem Himmel oder der Hölle zuwerfen kann - und es ist Hochverrat an dem Genius - Hochverrat...
Seite 69 - Frauenzimmern nur, ehe sie anfangen, interessant zu werden, und wenn sie aufgehört haben, es zu sein - unbekannt mit Menschen und Menschenschicksal mußte mein Pinsel notwendig die mittlere Linie zwischen Engel und Teufel verfehlen, mußte er ein Ungeheuer hervorbringen, das zum Glück in der Welt nicht vorhanden war...
Seite 27 - Man trifft hier Bösewichter an, die Erstaunen abzwingen, ehrwürdige Missetäter, Ungeheuer mit Majestät; Geister, die das abscheuliche Laster reizet, um der Größe willen, die ihm anhänget, um der Kraft willen, die es erfordert, um der Gefahren willen, die es begleiten.
Seite 33 - Hier wird man auch nicht ohne Entsetzen in die innere Wirtschaft des Lasters Blicke werfen und aus der Bühne unterrichtet werden, wie alle Vergoldungen des Glücks den innern Wurm nicht töten und Schrecken, Angst, Reue, Verzweiflung hart hinter seinen Fersen sind.
Seite 33 - Das Gemälde einer verirrten großen Seele - ausgerüstet mit allen Gaben zum Fürtrefflichen, und mit allen Gaben verloren. Zügelloses Feuer und schlechte Kameradschaft verdarben sein Herz - rissen ihn von Laster zu Laster - bis er zuletzt an der Spitze einer Mordbrennerbande stand, Greuel auf Greuel häufte, von Abgrund zu Abgrund stürzte, in alle Tiefen der Verzweiflung. - Groß und majestätisch im Unglück, und durch Unglück gebessert, rückgeführt zum Fürtrefflichen.
Seite 33 - Groß und majestätisch im Unglück, und durch Unglück gebessert, rückgeführt zum Fürtrefflichen. Einen solchen Mann wird man im Räuber Moor beweinen und hassen, verabscheuen und lieben.

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