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Hauptmann, und diese wieder in Unterabtheilungen von zehn Mann unter einem Zehntmeister.

Körperliche Kraft und Gewandtheit in Handhabung der Waffen, Kühnheit und Muth im Kampfe, waren für den höchsten und niedrigsten Krieger ganz unerlässliche Eigenschaften und wurden schon in der zarten Jugend angestrebt.

Alles in dem Heere der Franken trug noch den Stempel des Entstehens und stand auf der untersten Stufe der Kunst. Dem Heere voran zog der König, vor dem Volke jedes Gaues der Graf.

Die Schlachten bei Casilinum, Poitiers und Fontenai geben uns ein Bild der Streitart jener Zeit.

Der Einfall der Römer in Gallien hinterliess, gleich einer grossen Überschwemmung, einige dauernde Spuren von Verwüstung, während der fränkische Einfall, wie ein ausgetretenes Meer, sich ein bleibendes Bette grub und nur hie und da auf seiner Oberfläche einige kleine Inseln stehen liess, welche der allgemeinen Eroberung entgangen waren. So retteten, durch dichte Wälder, unzugängliche Sümpfe und steile Berge geschützt, einige gallische Volkshaufen ihre eigenthümliche Nationalität und bewahren das Gepräge ihres Ursprunges noch bis auf den heutigen Tag.

Die bretagnische Völkerfamilie namentlich, die aus Galliern und Kelten. bestand und von den Franken nach Armorica, von den Angeln und Sachsen in die kaledonischen Gebirge gedrängt wurde, setzte noch durch sechs Jahrhunderte ihr erstes, wildes, thatenreiches und kriegerisches Leben fort. Das bretagnische Volk hatte, sowie alle Völker mit lebhafter und poetischer Phantasie, seine sagenhaften und mysteriösen Heldenzeiten; deren mittelalterliche Mythologie wurde von Ariosto, Tasso, Shakespeare und Cervantes auf das Schönste benützt.

An dem Meeresufer, im Crystallpalaste der Feen Galliens und in den wundervollen Grotten des Landes Arvor steht die Wiege der Sagen von den Rittern der Tafelrunde, von Artus, Tristan und Isolde, von dem Schlosse Joyeuse-Garde und von den Erzählungen von Amadis, dem Urbilde des christlichen Helden.

In diesem poetischen Zauberkreise spielte das Pferd eine wichtige Rolle, denn es war der Freund, der Gefährte und Gehilfe der Helden, indem es sie zu den Damen ihres Herzens trug und ihnen so das reinste und edelste Vergnügen verschaffle.

Einem freien Manne von Wallis durften Schulden halber weder Pferd noch Schwert oder Harfe gepfändet werden.

Die Sitte, nach welcher in Griechenland die Frauen der Helden und die Töchter der Könige die Rosse ihrer Männer, ihrer Väter und der fremden Gäste, denen sie eine besondere Aufmerksamkeit beweisen wollten, putzten und fütterten, findet sich bei den Bretagnern des vierten und fünften Jahrhunderts wieder; ihre Krieger pflegten und beschlugen ihre Pferde wie die homerischen Heldenselbst, und die Frauen ritten eben so gut wie

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die Männer. Die Pferdeliebhaberei war den bretagnischen Völkern angeboren, und war ihnen stets viel an dem Besitze und der Veredlung ihrer Pferde gelegen.

Damals wurden die Pferde in halbwildem Zustande gezogen; man liess, so wie jetzt noch in einigen Ländern des Continents, Hengste und Stuten in den weiten Wäldern und unbebauten Steppen frei umherlaufen. Jeder gross e Lehensmann hatte derlei bedeutende Gestüte, welche nach germanischer Sitte durch einen Mare-schal beaufsichtigt wurden, wie die Geschichte des Corbecenus und die Berichte über die Gestüte der ersten Herzoge der Normandie und der normannischen Barone nachweisen.

In dem Leben des heiligen Severus lesen wir, dass er in seiner Jugend bei diesem Corbecenus, welcher ein mächtiger Lehensmann in Neustrien war, als Pferdehirt gedient hatte.

Die Abstammung oder das Geschlecht dieses Corbecenus ist nicht bekannt, aber sein Schloss lag auf einem Berge an dem Bache Bourronne, der in dem jetzigen Walde Saint-Sever entspringt und sich in den Fluss Vire unterhalb der Stadt gleichen Namens ergiesst.

Das Land Vire besitzt vortreffliche Waideplätze und Bäche mit klarem Wasser, wo Corbecenus wohl leicht viele Stuten halten und Fohlen erziehen konnte.

Die weltlichen Fürsten und die Abteien besassen grosse Gestüte, in welche sie wo möglich orientalische Beschäler einführten, die von allen Völkern und zu allen Zeiten als die Grundpfeiler der Veredlung der Pferderacen anerkannt wurden.

Die Abtei Quenipily gehörte zu denjenigen, welche die besten Pferde besassen; an sie trat Allain Fergant, als er nach dem heiligen Lande ging, ein Grundstück für tausend Solidi und ein schönes Pferd ab.

Die Abtei Redon besass ebenfalls eine schöne Stuterei; ihr Abt bot im Jahre 1108 demselben Allain Fergant ein Pferd für 300 Solidi, was in jener Zeit eine ungeheure Summe war.

Ein Herzog kaufte im Jahre 1160 die Stadt Brest für ein weisses Pferd und 100 Pfund Silbers jährlicher Rente.

Die bretagnischen Kreuzritter brachten ebenso wie jene aller andern. Länder eine grosse Menge arabischer Pferde in ihre Heimat zurück. Eine Urkunde von 1212 bezeugt, dass Olivier, Vicomte von Rohan, aus dem Kreuzzuge neun arabische Pferde mitgebracht habe, welche er im Walde von Kénécan, wo schon viele Pferde im halbwilden Zustande lebten, in Freiheit setzte. Aus der Paarung dieser Pferdefamilien zog er eine zahlreiche und sehr geschätzte Race, von welcher er die Hälfte an die Abtei Bon - Repos abliess.

In der Absicht, diese kostbare Race fortzupflanzen, verbot der Vicomte die Ausfuhr der Beschäler und traf strenge Massregeln in Betreff der Stuten. Diesem Umstande muss man ohne Zweifel den Ursprung des Rechtes zu

schreiben, das von den Herzogen von Rohan auf dem Pferdemarkte zu Royal bei Pontivy, der jährlich am 6. Juli stattfand, ausgeübt wurde.

Auf diesem Markte, auf welchem gewöhnlich mehr als 3000 Pferde versammelt waren, mussten die Verkäufer dieselben dem Vicomte oder seinem Stallmeister zur Prüfung vorführen. Er wählte eine gewisse Anzahl von ihnen aus, welche er für einen nach dem Tagescurse festgesetzten Preise ankaufte. Ein gegen diese Sitte verkauftes Pferd wurde confiscirt.

Es würde schwer sein, alle die von den Kreuzrittern angelegten Gestüte aufzuzählen, in welchen sie die mitgebrachten Pferde aufstellten; es gibt keine Provinz, deren Archive nicht den Beweis lieferten, dass diese Etablissements im alten Frankreich sich vermehrten; Limousin, Navarra, die Franche-Comté, die Picardie, Lothringen, Auvergne, Poitou - alle haben in ihrer Vergangenheit so manche überseeische Geschichte, welche das Entstehen ihrer Pferderace an eine bestimmte Epoche knüpft.

Oderic Vital erzählt, dass der König von Tripolis, dessen Pferde zu den reinsten orientalischen Racen gehören sollten, den französischen Kreuzfahrern damit ein Geschenk machte. So schickte er ihnen einmal zehn prachtvolle Renner, vier Maulthiere und eine Summe Goldes, ein andermal fünfzehntausend Byzantiner Dukaten und fünfzehn sehr werthvolle Pferde.

Im Allgemeinen betrachtet man die Gesetze des walisischen Fürsten Houël-d'Ha als eine Sammlung von Vorschriften, welche durch die römischen Gesetze vermehrt wurden. Der bretagnische Gesetzgeber hat dem Pferde eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, und enthalten seine Vorschriften besondere Angaben über den Werth und Verkauf der Pferde. Er hatte z. B. den Preis eines Fohlens von vierzehn Tagen auf 14 Solidi, den Preis eines solchen von einem Jahre und einem Tage auf 48 Solidi festgesetzt. Ein junges. noch nicht dressirtes Pferd von drei Jahren schätzte er auf 60 Solidi, und eines von gleichem Alter, das an den Zügel gewöhnt und für den Dienst abgerichtet war, auf 120 Solidi.

Die Schwindeleien der Pferdemäkler waren ihm nicht unbekannt und wurden gerecht bestraft. Dem Käufer bewilligte er eine Frist von drei Tagen zur Entdeckung des Kollers, drei Monate zur Erkennung der Brustkrankheiten und ein Jahr, um sich zu versichern, ob das Pferd an Rotz leide. Mit Ausnahme der Ohren- und Schwanzfehler zog jeder nach dem Verkaufe entdeckte Fehler den Ersatz eines Drittels des Verkaufspreises an den Käufer nach sich.

Wir haben schon erwähnt, dass die Engländer Gesetze zur Unterdrückung und Bestrafung der schlechten Behandlung der Thiere besitzen; ihr Ursprung aber lässt sich auf das Gesetzbuch des Fürsten Houël-d'Ha zurückführen, welches folgende Verordnung enthält:

Wenn ein Pferd auf dem Rücken geschunden wird, so kostet es vier Solidi Strafe; wenn die Haut so sehr abgerissen ist, dass das Fleisch blos liegt, so ist die Strafe dafür 8 Solidi; wenn endlich die Wunde bis auf den Knochen geht, so werden 16 Solidi als Strafe gezahlt."

Als die waghalsigen Männer des Nordens, die kühnen Seeräuberschaaren vom neunten bis eilften Jahrhunderte das übrige Europa heimsuchten, brachten sie keine Pferde in ihre neue eroberte Heimat mit; sie sassen auf leichten Barken, als sie kamen, und bedurften daher der Reitkunst nicht; auch Rollo, welchen die Chroniken den Wanderer nennen, ging fast immer zu Fuss.

Sobald diese kräftigen Männer aber das feurige Auge des Rosses glänzen sahen und den Hufschlag des flüchtigen Renners hörten, wurden sie auch sofort Reiter. Es wäre jedoch unrichtig, wollte man glauben, dass alle diese nordischen Horden vor ihren kriegerischen Zügen die Reitkunst noch nicht verstanden hätten. Die Normannen, Dänen, Sachsen hatten das Pferd schon in den frühesten Zeiten gekannt und zu verschiedenen Diensten benützt, nur war es nicht allgemein angenommen.

Die Namen der skandinavischen Helden Hengist und Horsa geben den Beweis, dass bei den Völkern, wo sie üblich waren, das Pferd im hohen Ansehen stehen musste, denn Horsa ist der Gattungsname des Pferdes in mehreren Sprachen des Nordens und hat sich im englischen Idiom bis heute noch als horse erhalten, und Hengist bedeutete das männliche, zeugungsfähige Pferd: den Hengst.

Die Herzoge von Braunschweig und die Könige von Hannover, welche von diesen nordischen Helden abstammen, führen das weisse Pferd der Germanen in ihren Wappen.

Die Pferdezucht machte bei diesen verwegenen Seefahrern ungemein schnelle Fortschritte; die normännischen Soldaten betrachteten die Pferde, welche sie den besiegten Völkern abnahmen, als die kostbarste Beute des Sieges. Rollo hatte in seinem Heere schon Reiterei und Saumpferde, welche das Gepäcke trugen.

Bei den alten Normannen findet sich dieselbe Sitte, wie bei den Germanen, wo die Heerführer ihren getreuen Lehensmännern Waffen und Pferde schenkten; auch hat die mächtige Dynastie der Söhne Rollo's für die Civilisation, für die Künste, die Industrie, den Handel, die Schiffahrt, für Krieg und Frieden, für den Landbau und die Pferdezucht bekanntlich sehr viel gethan.

Die Herzoge der Normandie hatten auf ihren grossen Gütern, besonders in der Umgegend von Rouen und Caen, Gestüte und hielten nach der Sitte der nordischen Völker auf selben einen Marschall, dem die Oberaufsicht der Pferde anvertraut war. Dieses Amt wurde bisweilen erblich und verschaffte oft den Familien den Adelsrang. Ebenso besass die Familie Tesson mehrere Gestüte auf ihren grossen Gütern, die besonders in Bessin, Cotentin und Cinglais lagen und in der Normandie und in England berühmt waren; auch schenkten sie der Abtei Fontenay, deren Gründer sie waren, die Zehnten ihres Gestütes von Cerny.

Die in der normännischen Geschichte so berühmten Marmions, die stolzen Kämpen der englischen Könige, die zu Baronen von Cramworth und von

Scrivelsbye ernannt worden waren, besassen grosse Gestüte in der Umgegend von Caen, Fontenay und Bayeux.

In selben wurden jene Streitrosse gezogen, welche in den Zeiten des Ritterthums „das gute Recht" le bon droit entschieden.

Sie verwandten in Folge des Umstandes, dass sie ihrer Würde gemäss eine grosse Anzahl von Kämpfern stellen mussten, die aufmerksamste Sorgfalt auf die Zucht und Veredlung des Pferdegeschlechtes, und verdient ihr Name mit Recht unter jenen der grössten Hippiatriker genannt zu werden.

Roger von Belesme, Graf von Shrewsbury, besass beträchtliche Gestüte auf seinen Gütern in der Normandie und in England; er soll der erste gewesen sein, welcher das spanische Pferd in England einführte, um seine Racen mit ihm zu kreuzen. In der Normandie war das Kreuzen der verschiedenen Pferderacen, wie wir schon gesehen haben, bereits bekannt.

Die Abteien, welche sich vorzugsweise mit wissenschaftlichen und landwirthschaftlichen Arbeiten beschäftigten und, wie schon erwähnt, grosse, gutorganisirle Anstalten zur Pferdezucht besassen, trieben sogar Handel mit Schlach pferden, welche sie entweder von alten Kriegern, welche Mönche wurden, erhielten, oder auch von Weltleuten, die für ihr Seelenheil den Klöstern solche Geschenke machten.

So hatte die Abtei Mont-Saint-Michel eine der berühmtesten des Mittelalters ein herrliches Gestüte, und ihre Mönche beschäftigten sich vorzugsweise mit der Zucht solcher Pferde.

Nebst den Gestüten hatten die Normannen auch Anstalten, welche den Zweck hatten, die Eigenschaften des Pferdes zu entwickeln und ihren Werth schätzen zu lehren. Hiezu gehörten die Jagd zu Pferde und die Pferderennen. Erstere zählte man zu den grössten Vergnügungen, und die Normannen waren ihr leidenschaftlich ergeben. Die französischen Herren, wie Wace in seinem Gedichte erwähnt, kamen häufig in die Normandie, um hier an den Hofjagden und an den militärischen Festen Theil zu nehmen. So hatten sich im Jahre 935 Wilhelm von Poitiers, Hugo der Grosse und Herbert von Vermandois dahin begeben. Die Normannen nahmen die Pferderennen, welche, wie man vermuthet, keltischen Ursprungs waren, an und vervollkommneten sie. Sie hatten Ringelrennen und übten ihre Pferde, sowie die Engländer es jetzt noch bei den sogenannten Thurmjagden (steeple chases) thun, indem sie mit ihnen über die Felder jagten.

Eine Urkunde aus dem Jahre 1238 erzählt, dass ein Gutsherr den Einwohnern des Kirchspiels La Mauffe bei Saint Lô ein Stück Haideland schenkte, um darauf die Pferde zu üben und nach dem Ringe zu stechen, und gibt eine interessante Beschreibung dieser alten Einrichtungen.

Vor wenigen Jahren ist an dieser Stelle eine Rennbahn eingerichtet worden, und die Nachkommen reiten jetzt dort um die Wette, wo sich einst ihre Vorfahren im Ringelstechen ihre Lorbeeren holten.

Zu jener Zeit waren die Pferderennen wohl sehr gebräuchlich; ihrem Ursprung nachzuforschen ist jedoch schwer, denn er verliert sich bis in die

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