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Das k. k. Infanterie-Regiment Grossherzog Ferdinand IV. von Toscana Nr. 66, im italienischen Feldzuge des

Jahres 1866.

Eine Gefechts-Episode aus der Schlacht von Custoza.

Von C. Wibiral, k. k. Hauptmann.

(Mit einem Plan Tafel Nr. 20.)

I. Marsch-Bewegungen unmittelbar vor der Schlacht.

Als Österreichs Heer im Jahre 1866 auf Kriegsfuss gesetzt, und die Südarmee in Venetien unter die Befehle Seiner k. k. Hoheit, des Herrn Erzherzogs Albrecht gestellt wurde, erhielt das 66. Infanterie-Regiment, welches zu jener Zeit in Verona garnisonir te, seine Eintheilung im 9. Armee-Corps des Feldmarschall-Lieutenants Hartung, und zwar in der Brigade Lindner, in welcher sich dasselbe mit dem Infanterie-Regimente Nr. 63, dem JägerBataillon Nr. 15 und der vierpfündigen Fuss - Batterie Nr. I/VIII. zusammen fand.

Während nun im Allgemeinen die letzten Vorbereitungen geschahen, das Regiment in der Zeit vom 7. Mai bis 13. Juni in und um Montebello herum Cantonnirungs-Stationen bezog, die Ergänzungen erhielt und seine volle Schlagfertigkeit erreichte, concentrirte sich die feindliche Armee des Königs Victor Emanuel am Po sowohl, wie auch am Mincio immer näher den österreichischen Grenzen und nahm täglich eine drohendere Haltung an. Feldmarschall Erzherzog Albrecht ordnete hierauf die Vereinigung der gesammten Südarmee längs der mittlern Etsch derart an, dass diese Flusslinie am linken Ufer in der Ausdehnung von Verona bis Legnago vollkommen besetzt wurde.

Das 9. Corps kam nach Lonigo, die Brigade aber, der das 66. InfanterieRegiment angehörte, und die nunmehr Oberst Baron Böck commandirte, nach Bonaldo zu liegen. Von hier brachen die Bataillone am 22. Juni auf, um im Vereine mit dem ganzen Corps gegen den Mincio zu rücken und trafen endlich nach zwei, durch die Hitze des Tages höchst beschwerlichen Märschen am 23. im Lager von Santa Lucia ein.

Schon auf dem Marsche dahin kam die Nachricht zu den Colonnen, die italienische Armee habe soeben unsere Grenzen bei Goito und Valeggio durch

Österr. militär. Zeitschrift 1869. 4. Bd.)

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brochen und stehe vor Villafranca. Erzherzog Albrecht berief auch in der That am selben Tage die Corps-Commandanten in's Hauptquartier, und nachdem die präcisen Dispositionen für den 24. vertheilt waren, erschien noch Abends der folgende kurze Armeebefehl: „Es ist mein Wille, den in Venetien „eingedrungenen Feind über die Grenzen des Reiches zurückzuwerfen. Die „Armee hat zu diesem Behufe Morgen früh 3 Uhr gestellt zu sein."

Endlosen Jubel erzeugte in den Biwaks dieses Befehlschreiben, und trotz Müdigkeit und starkem Regen währte der lauteste Frohsinn bis tief in die Nacht.

Am 24. Juni früh 21, Uhr wurde angetreten, und der Vormarsch gegen das westliche Hügelterrain nach 3 Uhr begonnen. Das 9. Corps hatte nämlich den Auftrag, gegen Somma Campagna vorzurücken, falls dieser Ort besetzt wäre, ihn anzugreifen, dann aber daselbst sich festzusetzen und weitere Befehle zu erwarten.

Die Brigade Böck, die hiebei als Vorrückungslinie den Eisenbahndamm zugewiesen erhielt, wendete sich von Santa Lucia aus nordwärts und ging, nach Erreichung des Bahndammes direct auf Sonna vor. An der Tête marschirte das 15. Jäger - Bataillon, diesem folgte das Regiment Nr. 66 in der gewöhnlichen Reihenfolge der Bataillone.

Der langsame Vormarsch dauerte hier mehrere Stunden, und als die durch einen Zug des Huszaren-Regiments Nr. 11 bewirkte Recognoscirung darthat, dass Sonna und Somma Campagna vom Feinde frei seien, bog die Brigade Böck bei der Bahnstation am Fusse der Höhen gegen Süden ab, avancirte bis gegen Madonna della Salute und gab den andern zwei, auf kürzere Linien disponirten Corps-Brigaden Weckbecker und Kirchsberg Zeit und Raum, das Gehöfte Berettara und den Ort Somma Campagna zu occupiren und sich hier zur Vertheidigung einzurichten.

II. Das Gefecht am Monte Molimenti und der Angriff aut Palazzo Baffi.

Die Schlacht, welche ungefähr seit 7 Uhr, sowohl in der Ebene von Villafranca als auch in dem Hügellande um Oliosi grössere Dimensionen annahm, näherte sich gegen 8 Uhr auch dem österreichischen Pivotpunkte Somma Campagna.

Es wurde nun die Brigade Weckbecker über Casa del Sole, die Brigade Böck bis Berettara vorgeschoben und die Brigade Kirchsberg zum Festhalten von Somma Campagna beordert. Das 1. Bataillon des 66. Infanterie-Regiments war hiebei nach Casa Zenolina detachirt, bog deshalb bei S. Andrea südwärts ab und besetzte den eben genannten dominirenden Punkt; - die andern zwei Bataillone rückten bis an den Rand des Rideau's von Berettara vor und nahmen rechts der Chaussée in concentrirten Divisions-Massen, und zwar im ersten Treffen der Brigade, Stellung gegen Westen.

Es war 8 Uhr, der Kanonendonner wurde immer allgemeiner, die Aus

breitung des Gegners immer zunehmender, und sobald es jetzt auch hier ganz deutlich wahrnehmbar war, dass der Feind die Höhen von Santa Croce fortwährend verstärke und den ganzen Bergrücken gegen Custoza mit Geschützen stark besetze, ordnete der Corps-Commandant, Feldmarschall-Lieutenant Hartung, welcher den Stützpunkt Somma Campagna um jeden Preis zu behaupten hatte, die Erstürmung von Monte della Croce durch die Brigaden Weckbecker und Böck derart an, dass der Angriff sofort zu erfolgen habe und in Staffeln links vorwärts zu bewirken sei.

Erstere Brigade, den linken Flügel der Angriffstruppe bildend, begann nun das Artillerie - Gefecht bei Pezzarani, die Brigade Böck nach einer

Frontveränderung links

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das Geschützfeuer bei Pelizzara; und es ordneten sich unter dem Schutze dieser Batterien rasch sämmtliche Sturm Colonnen, die dann ohne Zögern zum Angriffe auf die gegenüber liegenden steilen Höhen vorrückten.

Auf den langgestreckten Rücken der Monti della Croce und della Torre hatte nämlich die feindliche Grenadier-Division des General-Lieutenants Brignone unter persönlicher Anführung des Generalstabschefs La Marmora Stellung genommen und dirigirte um in dieser Position den Schlüssel von Custoza festzuhalten von der Brigade Lombardia das erste Bataillon des 3. Grenadier - Regiments gegen Palazzo Baffi, das zweite gegen Maffei, das dritte gegen Custoza und Belvedere, das vierte aber mit Theilen des 13. und das 37. Bersaglieri - Bataillon nach Gorgo. Rechts von diesen und in der Linie von Cavalchina bis Casa di Monte Torre war das 4. Grenadier-Regiment entwickelt, wogegen das erste und zweite, zur Grenadier-Brigade Sardegna gehörend, dann das 37. Bersaglieri - Bataillon und endlich 10 Divisions-Geschütze die Höhenpunkte Croce und Torre festhielten.

Es waren dies im Ganzen 8 Grenadier-, 2 Schützen-Bataillons, dann eine durch immer neues Vorführen von Reserve - Geschützen namhafte Anzahl von Batterien, gegen welche das Regiment Nr. 66 sofort auf sich selbst angewiesen - den Kampf durchzuführen berufen ward.

Während nun die Brigade Weckbecker über Staffolo direct gegen den nördlichen Abfall des Monte Croce vorrückte, wurde die Brigade Böck in der Richtung von Balconi Rossi und Mascarpine mit dem Regimente Nr. 66 im ersten und dem Regimente Nr. 63 im zweiten Treffen nachrückend gemacht. Da jedoch vom 1. bei Zenolino gestandenen Bataillone die dritte Division mit 2 Geschützen auf die Hochkuppe vor Berettara mit dem Befehle entsendet wurde, diesen Punkt festzuhalten, da ferner die 4. Division kurz vor der allgemeinen Vorrückung die specielle Aufgabe erhielt, das Gehöfte Nadalina an der Salionze-Chaussée zu besetzen, so betheiligten sich an dem durch den Corps - Commandanten angeordneten directen Angriffe nur 7 Divisionen des Regiments, und zwar formirte das 3. Bataillon den rechten Flügel des Brigade-Staffels mit der 7., 8. und 9. Division, das zweite Bataillon den linken Flügel desselben mit der 5. und 6. Division, beide Bataillone im erste

Treffen; der Rest des ersten Bataillons aber mit der 1. und 2. Division wurde als Reserve von Zenolino aus dem Regimente nachrückend gemacht. ')

Die beiden im ersten Brigade-Treffen in der Gefechtsstellung gestandenen Bataillons des 66. Infanterie - Regiments rückten nun, durchgehends in geschlossenen Divisions-Colonnen formirt, bei Vorpoussirung der ersten Abtheilungen in die Kette unter dem Feuer der am Monte Croce gestandenen feindlichen Geschütze in musterhafter Ordnung von den Höhen herab durch das Staffolo - Thal und erwiderten das feindliche Gewehrfeuer am jenseitigen Thalrande mit lautem Eljen!"

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Der erste Kampf um Monte Croce gestaltete sich eben zu Ungunsten der Brigade Weckbecker, - der Gegner versuchte in Folge dessen ganz deutlich auf Monte Boscone zu gelangen, gleichzeitig gerieth das im zweiten Treffen eingetheilte Regiment Niederlande Nr. 63 durch dessen zu weites Abbiegen nach links derart aus seinem Verhältnisse, dass das im ersten Brigade-Treffen vorgerückte 66. Infanterie-Regiment plötzlich vollkommen isolirt, ward; da fand es Oberst Syrbu für nothwendig, von Mascarpine aus vorerst die Höhen von Molimenti zu gewinnen, um eventuell die rechte Flanke des Corps vor ernsten Gefährdungen besser schützen zu können. Er dirigirte demnach das 3. Bataillon, dem kurz nachher das zurückgebliebene erste folgte, zur Einnahme des letztgenannten Höhenzuges, während unten im Thale das zweite Bataillon in der geraden Richtung auf Cavalchina belassen wurde.

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Das Terrain schuf hier bereits übergrosse Bewegungshindernisse, denn abgesehen von den vielfach verzweigten, rasch wechselnden, mitunter sehr steilen Boden-Unebenheiten erschwerten die dicht verschlungenen Wein- und Baum-Culturen, sowie die zahllosen Heckenreihen nicht nur jede Fernsicht ungemein, sondern stellten auch jedem geschlossenen, ja jedem verbundenen Vorgehen die grössten Schwierigkeiten entgegen.

Oberstlieutenant Karojlovic, welcher mit dem 3. Bataillon zuerst die Höhen von Molimenti erstieg, disponirte die 9. Division in das unübersichtliche Intervall hinab zwischen das 3. und das 2. Bataillon und gewann mit der 7. und 8. Division, welche ursprünglich je zwei Züge in Schwärme aufgelöst hatten, nach Zurückdrängung einiger feindlichen Patrullen, die bis Cavalchina verfolgt wurden, den nordöstlichen Kamm der genannten Höhen. 8. Division, die Mitte des Bataillons bildend, nahm auf dem höchsten Punkte Stellung; die 9. Division hielt sich 200 Schritte östlich am Hange, während die 7. Division, die äusserste rechte Flanke schützend, etwas versagt, 300 Schritte östlich von Casino vorgerückt stand.

Das Plänklergefecht begann jetzt allseits sich auszubreiten, und in stets weiterem Vordrängen am Rücken des Monte Molimenti stellten sich nunmehr den beiden dortigen Divisionen immer grössere feindliche Abtheilungen ent1) In dem officiellen Werke: „Österreichs Kämpfe im Jahre 1866" ist irrigerweise die Vorrückung des Regiments mit 16 Compagnien angegeben. Auch blieb die 3. Division über ausdrücklichen Befehl des Corps-Commandanten und nicht durch Zufall zurück.

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