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den Terrain-Abhange liegen, somit für die Vertheidigung meistens ungünstig gelegen sind, und die Möglichkeit verloren geht, den Anhang als AnnäherungsHinderniss zu verwerthen, so wird man sehr oft in die Lage kommen, sich von dem Zwang zu befreien, minder günstig gelegene Ortschaften in den Bereich der Vertheidigung einzubeziehen.

Nicht selten werden Ortschaften für die gedeckte Aufstellung der Reserven besser geeignet sein als für die Vertheidigung, und es wird oft selbst auf ausgedehnten Theilen des Schlachtfeldes kein für die Verstärkung wirklich geeigneter, günstig gelegener Gegenstand zu finden sein.

A) Auf dem Defensivfelde.

Vom Defensivfelde verlangt die Taktik, dass es :

1. Über das Offensivfeld vorspringe, die Wege des letzteren flankire, um das Vorrücken zu protegiren, um den Rückzug der Truppen im Falle des Misslingens der Offensive zu decken und den für den weiteren Rückzug nöthigen Zeitgewinn zu ermöglichen.

2. Das Defensivfeld soll in diesem Falle den Feind zum Angriffe zwingen, daher nicht ungestraft umgangen werden können, am zweckmässigsten die für den Gegner günstige Angriffs-Richtung wenigstens theilweise vorlegen.

3. Es soll mit möglichst wenig Truppen in zuverlässiger Weise vertheidigt werden können und hierin durch Terrain-Formen und Terrain-Hindernisse vor der Front eine Unterstützung finden.

4. Es muss die Möglichkeit des Angriffes gewahrt bleiben; das Defensivfeld muss durch die Möglichkeit einer Offensive eine Art Drohung gegen den Feind ausüben, bei ihm eine Täuschung hervorbringen.

In allen diesen Forderungen der Taktik ist die Nothwendigkeit der Befestigung ausgesprochen. Die gleichmässige Befestigung der ganzen Linie würde aber diesen Anforderungen kaum genügen.

In jeder Gefechtslinie gibt es Punkte oder Räume, welche über den Besitz der anderen entscheiden; sie sind gewöhnlich durch Terrainformen oder Örtlichkeiten markirt und befinden sich in gewissen Intervallen fast auf jedem Schlachtfelde.

So lange diese Punkte im Besitze des Vertheidigers sind, kann der Gegner mit seinem Angriffe nicht vorgehen, ohne gefährliche Rückschläge und grosse Verluste befürchten zu müssen.

Solche Punkte werden zur Anlage von Gruppen-Befestigungen benützt; hier muss der Fortification eine hinreichende Arbeitskraft zur Verfügung gestellt werden.

Hier muss man durch concentrirte Thätigkeit Grosses und Brauchbares schaffen. Alles, was an Verstärkungen zwischen solchen Punkten liegt, hat wohl grossen Nutzen, aber mehr untergeordnete Bedeutung, und darf erst

nach Vollendung der Hauptpunkte oder mit untergeordneten Kräften in Angriff genommen werden.

Die mittlere Entfernung der Gruppen glaube ich mit 3-4000 Schritten angeben zu können; allerdings eine sehr vage Angabe, die sich nach dem Terrain modificiren wird. Innerhalb einer solchen Ausdehnung werden wohl mehrere zu localer Vertheidigung geeignete Objecte als Zwischenpunkte vorhanden sein. Rechnet man noch die Front-Entwicklung der Gruppe selbst hinzu, so wird so ziemlich je eine Gruppe auf die Front-Stellung eines Corps entfallen.

Ein Corps aber hat (oder sollte doch haben) an technischen Kräften 1 Bataillon Genie-Truppen und 8 Brigade-Pionnier-Abtheilungen und 1 -2 Compagnien Pionniere.

Sendet der Armee-Commandant in Erwägung der Verhältnisse die Reserve an technischen Truppen auf das Defensivfeld, zieht der Genie-Chef der Armee die Genie-Truppen des Corps zweiter Linie in die erste, wenn sie bei ihren Abtheilungen weniger benöthigt werden, so ist gewiss an Arbeitskräften kein Mangel.

Bedenkt man, dass die Vertheidigung aus den Jägergräben schon nach 15 Minuten, die Batterie aus den Deckungen schon nach 2 Stunden Nutzen ziehen kann, dass die Schanze schon nach 4 Stunden so weit vollendet ist, dass sie dem Angriffe einen grossen Widerstand entgegenstellt, so wird man wohl auch über den Nutzen, den diese Befestigung bieten kann, nicht in Zweifel kommen.

Bei Besetzung einer solchen Gruppe braucht man für jede Schanze 350 Mann, das ist 2 Compagnien Infanterie und 4 Geschütze; stellt man in die anstossenden Jägergräben 1 Compagnie Infanterie, so gibt dies eine formidable Feuer-Entwicklung, und die Gruppe absorbirt 2 Bataillons, 8 Geschütze, wenn man sich entschliesst, 4 Geschütze in jede Schanze einzustellen, was ich immerhin anrathen möchte. Ein 3. Bataillon wäre als äussere Reserve für die Gruppe anzutragen.

terien.

Die Jägergräben bieten dem Vorbrechen keine wesentlichen Hindernisse.
Zur Aufstellung allenfalls noch disponibler Geschütze dienen die Bat-

Diese Geschütze können aus ihrer gedeckten Aufstellung den Angriff bis zum letzten Momente bekämpfen und kommen nicht leicht in Gefahr, da sie sich im wirksamsten Vertheidigungs-Bereiche der Schanzen befinden.

Wenn nun auf die Entfernung von circa 3-4000 Schritte Gruppen stehen, so werden sie ganz respectable Stütz-Punkte für die Vertheidigung und gewiss nicht Hindernisse für die Offensive bilden, und bei der angegebenen Besetzung nur 10-14 der Gesammtkraft absorbiren.

Ist der Kampf günstig ausgefallen, dann kann man die Besatzung, die ja an einem bestimmten Punkte beisammensteht, unverzüglich an sich ziehen und beliebig verwenden.

Die Gruppen enthalten per Schanze 4 Geschütze; diese haben sich mit der feindlichen Artillerie in keinen Kampf einzulassen, werden während des Artillerie-Kampfes zurückgezogen und erst dann in Thätigkeit gesetzt, wenn sie der feindlichen Infanterie empfindlichen Schaden zufügen können. Bei der Vertheidigung wird man auch die an den wichtigen Punkten zunächst der Gruppen erbauten Batterien besetzen. Gegen das Intervall werden somit aus den 2 Schanzen je 4, also 8 gedeckt stehende Geschütze, ferner bei jeder Gruppe eine oder mehrere Batterien hinter Deckungen wirken; es sind also auf die Entfernung von 1500-2000 Schritte zum mindesten 24 gedeckte Geschütze in Thätigkeit. Da das Corps 12 Batterien hat, so wird noch eine hinreichende Artillerie zur Verfügung bleiben.

Hinter Terrainwellen oder Ortschaften etc. gedeckt, steht das Corps und wartet den günstigen Moment ab, um den vordringenden Feind an einzelnen Punkten mit überlegenen Kräften anzugreifen.

Bevor der Feind den Durchbruch forcirt, muss sein nächstes Bestreben sein, sich der anliegenden Schanzen zu bemächtigen, schon deshalb, weil diese, auf den dominirenden oder sonst wichtigen Punkten (z. B. in der Nähe der Hauptstrassen) angelegt, ihm die Benützung dieser wichtigen Punkte verwehren.

Er ist also in der misslichen Lage, Schanzen wirklich angreifen zu müssen, was, wenn die Besatzung ihre Schuldigkeit thut, keine leichte Sache ist und Zeitverlust verursacht, der naturgemäss dem Vertheidiger zu Gute kommt. Um jedoch für die Entwicklung der Angriffs-Artillerie den nöthigen Raum zu gewinnen, muss der Angreifer 2 oder mehrere solcher Gruppen angreifen.

Im Vertrauen auf die Widerstandsfähigkeit kann der Vertheidiger mit den erübrigten Truppen theilweise die Offensive ergreifen und hiedurch der Defensive ihren wahren Werth verleihen. Will man aber die Corps für kurze Zeit zusammenziehen oder einer neuen Bestimmung zuführen, ohne die bisherige Stellung ganz aufzugeben, so werden 3 Bataillons, 8 Geschütze in den Schanzen das Intervall besser vertheidigen, als wenn man per Intervall 1 Brigade zurücklässt.

Will man endlich die Stellung ganz wechseln oder verändern, so gibt man eben nur die Schanzen auf und baut sich in der neuen Stellung andere.

Der Frontal-Angriff einer Stellung, immer schwierig, wird, wenn Befestigungen vorhanden sind, selten mit Erfolg angewendet werden können. Der Feind wird durch Umfassung und Umgehung eines Flügels die schwache Seite der Stellung zu gewinnen suchen. Gelingt es nicht, an natürlichen Hindernissen eine gute Anlehnung zu finden, so wird man in den Flügeln mehr als irgendwo durch Fortification nachzuhelfen suchen. Das Wie" hängt vom Terrain ab und müsste meiner Ansicht nach eben ein Analogon der Befestigung der Front sein.

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Aber eben dieses Streben, die Flanke zu gewinnen, bietet für den Vertheidiger die Gelegenheit, mit Erfolg die Offensive zu ergreifen (wie ich bereits in der Einleitung anzudeuten die Ehre hatte).

B) Auf dem Offensivfelde.

Ich glaube, man sollte hier die einzelnen Gruppen etwas stärker halten, allein sie nie auf weniger als 3-4000 Schritte nähern.

Rechnen wir hier als Besetzung der Stellung mit 10 Mann per Schritt Front - Ausdehnung, so ergibt sich diese Entfernung als die Gefechtslinie eines Corps; dieses kann demnach in seiner vollkommen entwickelten Gefechtsfront vorrücken, sich zurückziehen, ohne durch die Verschanzung beirrt zu werden.

Die dichtere Aufstellung der Truppen bedingt, dass zur Erbauung der Schanzen mehr Kräfte disponibel werden. (Daher der Armee-Commandant in der Lage ist, die Reserve technischer Truppen auf das Defensivfeld zu entsenden.) Es ist möglich, diesen Truppen einen Theil der dem Angriffe vorhergehenden Nacht Ruhe zu gönnen, da sie ihre Arbeit bald vollendet haben werden. Es wird hiedurch ihre Kraft geschont, die sie am Tage des Gefechtes selbst noch in hohem Grade benöthigen.

C) Während des Angriffes.

Die Genie-Truppen werden beim Vorgehen nicht allein die Hindernisse zu beseitigen, beim Angriffe auf Ortschaften mitzuwirken, sondern hauptsächlich die wichtigen Punkte, welche man gewonnen hat, und die Anfangs nur von einer geringen Truppen-Zahl besetzt sind, zu verstärken haben, da der Vertheidiger bald frische Kräfte herbeiführen und ihre Wiedereroberung versuchen muss. So musste die erste preussische Armee nach ihrem Aufmarsche am Morgen des 3. Juli bei Dub, Mzan, Lhota Batterien erbauen und die Lisièren der dortigen Wälder verhauen, um sich vor einem Gegenstoss der Österreicher über die Bistriz zu sichern.

Nach Besitznahme der Bistriz-Linie und Verdrängung unserer Vortruppen wären die Ortschaften Sadova, Dohalicz, Dohaliska, Mokrowes, Přesovitz, Popovitz in Vertheidigungsstand zu setzen und gleichsam als Brückenköpfe für die hinter ihnen herzustellenden Übergänge einzurichten gewesen. Dies wäre eine gewiss sehr bedeutende, nach Umständen auch wichtige Leistung der technischen Truppen gewesen.

III. Einfluss der Feld-Befestigungen auf die Operationen.

In Kürze will ich noch den Werth erwähnen, den Feld-Befestigungen für die Strategie haben.

Gewisse Befestigungen zwingen zum Angriff, z. B. Brückenköpfe, welche eine flankirende Aufstellung bei der Fluss-Vertheidigung gestatten, Thalsperren etc., wenn sie an strategisch wichtigen Punkten liegen; man hat also bestimmte Wege und Handlungen dem Feinde vorgezeichnet und sich hie

durch die Initiative gewahrt. Sogenannte unangreifbare Stellungen zwingen zum Ausweichen und bedingen wieder geflissentlich herbeigeführte günstige Verhältnisse für den taktischen Schlag.

Statt vieler Beispiele seien hier nur 2 erwähnt.

Im Jahre 1796 in Italien hatte Bonaparte von der Riviera aus mit 35.000 Mann gegen die ihm überlegene 52.000 Mann starke österreichischsardinische Armee die Offensive ergriffen, in schnellen wuchtigen Schlägen bei Montenolle, bei Millesimo, Dego, Montovi die Alliirten geschlagen, sie getrennt, Piemont zum übereilten Frieden gezwungen und ihm sehr harte Bedingnisse auferlegt.

Der österreichische Obergeneral FML. Beaulieu fand es unter solchen Umständen angemessen, sich mit den ihm übriggebliebenen 22.000 Mann hinter den Po zurückzuziehen Er vertheilte seine Truppen unter dem Eindrucke des Waffenstillstandes, den Bonaparte mit Piemont abgeschlossen, und in dem er sich Valenza als Po-Übergang gesichert hatte.

Die Stellung Beaulieu's erstreckte sich von Vercelli Sessia abwärts bis über Pavia, also über 10 Meilen. Die grösste Gefahr in dieser übrigens sehr ausgedehnten Stellung lag in der Tournirung des linken Flügels. Bonaparte benützte die vorgefasste Meinung bezüglich Valenza's, erhielt die Täuschung, so lange er konnte, und vollführte dann plötzlich mit der Schnelligkeit, Energie und Sicherheit, die ein Zeugniss seiner Meisterschaft ist, den nicht ungefährlichen Marsch nach Piacenza, schaffte hier aus aufgefundenem BrückenMaterial einen Übergang und erntete in den Gefechten von Fombio, Lodi etc. die weiteren Erfolge seiner Unternehmung.

Wie hätte nun Beaulieu dies hindern können,

vorausgesetzt, dass er

Gründe hatte, das Gebiet von Mailand zu vertheidigen? Musste er stehen bleiben, und wollte er Zeit gewinnen, dann muss die Möglichkeit der Umgehung über Piacenza ausgeschlossen werden.

Es ist klar, dass Beaulieu seine ohnehin allzu ausgedehnte Stellung nicht bis Piacenza, also um 5 Meilen, verlängern durfte

Er konnte somit seine Absicht nur erreichen, wenn er einen oder zwei Brückenköpfe etwa bei Pavia, und einen stromauf- oder abwärts dieses Ortes anlegte: es konnte dann Bonaparte nie den gefährdenden Flankenmarsch ausführen und sich der Gefahr des Angriffes während desselben aussetzen; er konnte nicht einmal die minder erfolgreiche Richtung Umgehung des rechten Flügels - einschlagen, weil die Österreicher, wenn sie auch dies zu hindern nicht im Stande waren, ihm doch bei dem Überschreiten der FlussLinien hinderlich werden konnten und in ihrer Rückzugs - Richtung nicht gefährdet waren, sondern direct auf Mantua und im ungünstigsten Falle über ihre Brücken auf das rechte Po-Ufer ausweichen und, durch theilweise befreundete, alliirte Gebiete eilend, vor ihm Mantua resp. den Mincio erreichen konnten, während Bonaparte im Kampfe und durch die Reibung der Vorrückung in dem den Franzosen feindseligen Lande Kräfte-Verlust und bei Überschreitung der zahlreichen Flüsse der oberitalienischen Ebene Zeit-Verlust erlitten hätte.

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