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zelnen Reihen gelegt. Und die Reiter müssen abwechselnd das Lager umreiten. Wenn man sich in Freundes Land befindet, so genügt bloß zur Aufrechterhaltung der Disziplin eine Reihe von Bewaffneten, und die Posten werden weniger dicht angesetzt." 1) Diese Art, lagernde Truppen zu schützen, wenn eine Sicherung durch Wall und Graben unmöglich oder unnötig erscheint, findet sich auch bei Ammian. XVI 12, 62 ruht das Heer nach der Schlacht bei Straßburg prope supercilia Rheni . . . . scutorum ordine multiplicato vallatus. Der militärische Grund hierfür ist klar. Das Heer war an den Feind gekommen nach einem anstrengenden Marsch von 21000 passus (XVI 12, 8) - wie groß muß die Ermüdung nach der wechselvollen, hitzig durchfochtenen Schlacht gewesen sein! Der Feind war vernichtet, ein Überfall nicht zu befürchten, außerdem die eine Flanke durch den Rhein gesichert, da sah sogar Julian, der doch sich und den Seinen. keine Anstrengung zu schenken pflegte, von einer Umwallung ab. Größere Schwierigkeit bietet XXIV 8, 7. Ammian schildert uns mit dramatischer Anschaulichkeit, wie das römische Heer in ungewisser Spannung, eines feindlichen Angriffs jeden Augenblick gewärtig, die mond- und sternlose Nacht verbringt: multiplicato scutorum ordine in orbiculatam figuram metatis tutius quievimus castris. Wie reimt sich dies mit der höchst bedrohten Lage? Die Lösung bringt uns vielleicht XXV 1, 2: als in der Frühe des nächsten Tages nun tatsächlich die Perser angreifen, kommt es zum Kampfe non procul a vallo ipso inter excursatores. Es hat also vielleicht 2) doch ein Wallbau stattgefunden, und Julian hat in dieser dringendsten Gefahr sein Heer während der Schanzarbeit und nachher noch durch mehrere Ketten vorgeschobener Posten gesichert.

Höchstwahrscheinlich) hat keine Umwallung, sondern nur eine Sicherung durch Posten stattgefunden XXIX 4, 5, wo Valentinian ad tempus brevissimum ein Lager aufschlägt. Zu vergleichen wäre hier auch XXIV 4, 10, wo Julian die Stadt Maozamalcha ordine trino scutorum umgibt, während er selbst in starkbefestigtem Lager liegt (6). A. Müller meint a. a. O. S. 615.

1) Ich zitiere die Übersetzung Domaszewskis.

2) Möglich ist auch, daß vallum hier wieder für castra steht, ohne daf ein Wallbau stattgefunden hat.

3) So meint auch A. Müller a. a. O.

ein Wall habe XVIII 2, 10 gefehlt, weil die Alamannen von der anderen Rheinseite her sehen, wie die Römer Zelte aufschlagen. Ich halte dies nicht für beweisend. Die Alamannen brauchen nur ein wenig höher gestanden zu haben1).

Ammian bietet also eine Menge von überzeugenden Stellen, daß die Befestigung des Marschlagers das Gewöhnliche war. Nicht die leiseste Andeutung findet sich, daß seit Hygin darin etwas anders geworden ist. Genau wie bei diesem findet sich neben der Verschanzung als Ausnahme 2), unter besonderen Umständen, eine Sicherung durch Postenketten. Hierin vermag ich keinen Rückschritt gegenüber der strengsten Observanz zu erkennen. Welche Kraftvergeudung bedeutet eine Schanzarbeit, wo kein Gedanke an Gefahr ist! Im Kriege muß der Feldherr aber bestrebt sein, mit möglichst geringer Anstrengung möglichst viel zu erreichen.

IV. Die Fahnen.

Über die Fahnen in der römischen Armee der Republik und der ersten Kaiserzeit sind wir durch Domaszewskis grundlegende Abhandlung) unterrichtet. In den ersten drei nachchristlichen Jahrhunderten läßt sich weder in ihrer taktischen Bedeutung noch in ihrem Zusammenhang mit der Organisation irgendeine Veränderung nachweisen). Erst bei Ammian finden wir veränderte Verhältnisse vor"). Auf ihn allein müssen wir unsere Untersuchung

1) Auffallend ist allerdings, daß Ammian im folgenden so ausdrücklich erwähnt, die Römer ruhten nun vallo fossaque circumdati. Aber Sicherheit ist darüber nicht zu gewinnen.

2) Nur eine gesicherte Stelle!

3) v. Domaszewski, Die Fahnen im römischen Heere. Dazu die Besprechung von Mommsen in den arch.-epigr. Mitteilungen aus Öst.-Ung. 10, 1886 S. 1-11 (= Gesammelte Schriften Bd. VI S. 134–144).

*) v. Domaszewski a. a. O. S. 22-23 u. in Hygini Gromatici lib. de mun. castr. S. 69 meint, etwa seit Septimius Severus sei die erste Cohorte jeder Legion in fünf Centurien gegliedert, somit sei der Manipel aus der Organisation verschwunden, und seitdem habe jede Centurie ein Signum geführt. In seiner Rangordnung des röm. Heeres S. 91 beweist er dagegen, daß diese Gliederung der cohors prima mindestens so alt wie die Kaiserzeit ist. Somit sind auch die Konsequenzen hinfällig.

5) Dieser Abschnitt ist im wesentlichen meiner Abhandlung über die Fahnen in der röm.-byz. Armee entnommen. Vgl. ferner Fiebiger bei Pauly

aufbauen, da die bildlichen Darstellungen aus dieser Zeit keine Aufklärung bringen.

Wir haben oben gesehen, daß wir unter den bei Ammian vorkommenden Legionen vorwiegend Detachements, in einzelnen Fällen aber auch Vollegionen zu verstehen haben. Von vornherein ist anzunehmen, daß der Adler das Feldzeichen der letzteren geblieben ist; anderseits ist es aber sehr unwahrscheinlich, daß die Detachements ihn erhalten haben. Ein Hauptquartier ist ja wohl in jedem Falle geblieben, da wird das altheilige Symbol aufbewahrt worden sein, ohne jemals praktisch in die Erscheinung zu treten. Die taktische Bedeutung des Adlers bestand darin, daß man an ihm die Anwesenheit des Legionskommandeurs erkennen konnte; sobald eine zersplitterte Legion kein Gesamtkommando, keinen praefectus mehr hatte, war die Feldherrnfahne überflüssig. Damit stimmt der Befund bei Ammian überein. Während er bei jeder Gelegenheit der Feldzeichen Erwähnung tut, nennt er den aquilifer nie, die aquilae allerdings achtmal1), aber meist so formelhaft, daß man an traditionelle Redensarten denken muß. Nur XXVI 7, 17 ist von den aquilae der lovii und Victores die Rede, auf den ersten Blick sehr auffällig, da beide Truppenteile zu den auxilia gehören 2). Aber XXVI 7, 15 und noch deutlicher XXV 6, 3 nennt er sie irrtümlich legiones. Vielleicht verwechselt er sie mit den loviani und Herculiani. Dann wäre die Erwähnung der Adler noch verständlicher, denn für diese beiden Legionen bezeugt noch Vegetius eine Stärke von 6000 Mann3). So wird auch der lovianorum signifer (XXV 5, 8) ein aquilifer gewesen sein, zumal da die

Wissowa V 2 Sp. 1634 (draco, draconarius) u. die dort angeführte Literatur; A. Müller, Militaria aus Amm. Marcellinus, S. 609 ff. A. Müller geht von der Voraussetzung aus, daß die Legion der Spätzeit eine Verkleinerung der alten Legion gewesen, daß somit die Cohorte zur Größe eines Manipels herabgesunken sei. Da diese Ansicht seit Mommsens Widerlegung als veraltet gelten kann, so sind auch die daraus gezogenen Schlußfolgerungen abzulehnen.

1) Amm. XV 8, 4; XVI 12, 12; XVII 13, 25; XVIII 2, 17; XX 5, 1; XXVI 2, 11; XXVI 7, 17; XXVIII 5, 3.

2) Or. V 63; Occ. V 168. 181. 185. 212, 214; VI 154.

3) Veg. I 17. In der Not. Dign. erscheinen sie in iuniores u. seniores halbiert (Or. V 43. 44; Occ. V 145. 146; VII 3. 4), Ammian kennt sie anscheinend noch ungeteilt (XXII 3. 2; XXV 6, 2; XXVII 8, 7; XXVII 10, 10).

Art, wie Ammian ihn erwähnt, auf einen wichtigen Posten schließen läßt.

Nun erhebt sich gleich eine andere Frage: Welches war das Feldzeichen des Legionsdetachements? Als solches haben wir die Drachenfahne anzusehen, welche seit dem 2. Jahrhundert in der römischen Armee auftaucht. Der draco1) ist ein uraltes, bei Indern, Persern, Parthern, Skythen, Dakern nachgewiesenes Feldzeichen von echt barbarischem Charakter, wahrscheinlich in Trajans Dakerkriegen übernommen. Seine allgemeine Einführung im 4. Jahrhundert 2) ist eins von den vielen Symptomen fortschreitender Barbarisierung der römischen Armee. Zweifellos fand er sich zuerst bei den numeri, bzw. den nachdiokletianischen Auxilien, Ammian erwähnt XX 4, 18 einen draconarius der Petulanten). Bei Vegetius gehören die dracones zu den regelmäßigen Feldzeichen'); sie sind bei ihm die Cohortenfahnen der Vollegion). Die Neulegion war nun auf keinen Fall in Cohorten gegliedert, sondern entsprach höchstens der cohors miliaria der Vollegion; wo für diese der draco bezeugt ist, so liegt der Schluß sehr nahe, daß er auch das Feldzeichen des Detachements geblieben ist. Bewiesen wird dies durch die Tatsache, daß noch um 700 für den Fahnenträger eines àquòs ñɛsixós neben favdopógos der Ausdruck doazovágios üblich war). Da der damalige aquós teilweise nichts anderes war als die Neulegion des 4. Jahrhunderts, da ferner der Drache als Feldzeichen schon bei Prokop

1) Beschreibung Arrian. tact. 35, 3; Amm. XVI 10, 7.

2) Das Zeugnis der Hist. Aug. Gallien. 8, 6 u. Aurel. 31, 7 kommt auch erst für diese Zeit in Betracht.

3) auxilium palatinum, iuniores Or. IX 26, seniores Occ. V 160. Tierbilder als einziger Schmuck finden sich schon früher auf den signa der auxilia (Domaszewski a. a. O. S. 74/75). Zu einer siderischen Erklärung des Drachen (von dem gleichnamigen Sternbild) finde ich keinen Anhaltspunkt, es bedarf ja auch einer solchen Ableitung nicht. Domaszewski in seinen Tierbildern der signa (Arch. epigr. Mitteil. aus Östr. XV) erwähnt ihn nicht.

4) Veget. I 20 (S. 22, 16 Lang), I 23 (26, 6), II 7 (41, 6 Signiferi qui signa portant, quos nunc draconarios vocant), II 13 (46, 8), III 5 (74, 4).

5) Veget. II 13 (46, 7ff.): Primum signum totius legionis et aquila quam aquilifer portat. Dracones etiam per singulas cohortes a draconariis feruntur ad proelium. Vielleicht sind die Cohortenfahnen bei der Vollegion erst durch die fortgesetzten Detachierungen notwendig geworden.

*) Maurik. Fragm. VII S. 308 βανδοφόρους ἤτοι δρακοναρίους.

nicht mehr vorkommt1), so können wir vermuten, daß der Ausdruck aus dem 4. und 5. Jahrhundert stammt, wo eben die Neulegion ihren draconarius hatte. Daß er inschriftlich nur selten bezeugt ist), liegt in dem Charakter der damaligen Zeit, ebenso ist es kein Gegenbeweis, wenn Ammian den draco nur selten 3) nennt. Denn seine Ausdrucksweise ist nun einmal ungenau und konventionell; so wenig die achtmalige Erwähnung des Adlers einen Beweis für die Häufigkeit dieses Feldzeichens bildet, so wenig ist die dreimalige des Drachens ein Beweis dagegen. Sicher wird vor allem unter dem hergebrachten Ausdruck signum sich öfters der draco verbergen). Besonders wahrscheinlich ist dies, wenn Ammian von dem Schrecken erzählt, den der Anblick der Feldzeichen bei Barbaren erregt). Adler und Fahnen können an und für sich Staunen, aber keinen Schrecken erregen; die Art der Erzählung schließt ferner die Deutung aus, daß die Feldzeichen pars pro toto für die Armee sind, von welcher der Schrecken ausgeht. Eine andere Art von Drachenfahne erwähnt Ammian XVI 12, 39, wo Julian erkannt wird per purpureum signum draconis, summitati hastae longioris aptatum. Sie spielte die Rolle unserer Kaiserstandarte und unterschied sich durch Farbe und Größe von den anderen ®).

Daß neben Adlern und Drachen in den Legionen noch die alten signa bestanden, macht Ammian wahrscheinlich. Er nennt das Wort oft, mehrfach neben aquilae und vexilla), nie neben

1) Die Bezeichnung Soaxovágios allein kann nicht als Beweis für die Existenz der Drachenfahne dienen gegenüber der Einstimmigkeit aller byz. Quellen, die vom 6. Jahrhundert an nur noch das Bandon kennen. Das Fortbestehen längst gegenstandslos gewordener Namen ist sehr häufig in der Armeegeschichte; man denke an den augustalis, flavialis (S. 127) u. an unsere Grenadiere, Musketiere usw.

2) Pauly-Wissowa a, a. O.

3) Amm. XV 5, 16; XVI 10, 7; XVI 12, 39; draconarius XX 4, 18.

4) So meint auch A. Müller a, a. O. S. 610.

5) Amm. XVIII 2, 17; XXVII 2, 6; XXVIII 5, 3; XXIX 5, 15.

*) In älterer Zeit führten Legionsdetachements, die damals nur vorübergehend existierten, das vexillum (Domaszewski a. a. O. S. 24). Aber nicht die leiseste Andeutung habe ich gefunden, daß dies bei der Neulegion der Fall gewesen wäre.

7) Amm. XV 8, 4; XVII 13, 25; XVIII 2, 17; XXVI 7, 17; XXVIII 5, 3; XX 5, 1. Außerdem allein XVI 10, 6; XXIII 5, 21; XXVII 10, 10; XXIX 5, 15 u. 16; XXX 3, 5. signifer XVI 11, 18; XXIV 1, 3; XXV 5, 8.

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