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officia der Notitia Dignitatum1). Zweimal wird außerdem der principatus in dem Bureau eines magister militum 2), einmal ein princeps ducis) erwähnt. Sämtliche Zeugnisse sind aus dem Anfang des 5. Jahrhunderts. Nach der Not. Dign. hat im Westreich das magisterium praesentale das Recht, den anderen Magisterien, den Comitiven und Ducaten den princeps zu senden, im Ostreich ist dies Sache des magister officiorum, der den einzelnen Generalen einen Bureauchef setzt entweder aus demselben officium oder aus den agentes in rebus oder einen solchen unbestimmter Herkunft. Erst im Jahre 492 durch ein Gesetz des Anastasius erhielten die magistri mil. praes. Anteil an der Stellung der principes'). Nach Cod. Iust. XII 54, 4 (zwischen 425 und 450) bekleideten numerarii dieses Amt, verboten wurde dies für die n. des praefectus praetorio im Jahre 433).

In der Gesetzgebung kommt der domesticus ziemlich schlecht weg). Die Regierung fürchtete eben den unkontrollierbaren Einfluß dieses allmächtigen Subalternen und suchte ihn deshalb nach Möglichkeit einzuschränken. Sicherlich dienten die domestici manchmal als Werkzeuge zu unsauberen Geschäften), weshalb sie auch gefoltert wurden, wenn ihr Herr eines Verbrechens verdächtigt war), und sicherlich benutzten sie ihre Stellung öfters zu Erpressungen 9). Infolgedessen sollte der d. nach vollendeter Amtszeit1o) abdanken und nicht zum zweiten Male gewählt werden11). Die peinlichste Beschränkung war aber, daß die Generale sich ihren Bureauchef nicht selbst wählen durften. Ich möchte annehmen, daß diese Bestimmung vielfach umgangen wurde, da sie gar zu schlecht zu der bezeugten mächtigen Vertrauensstellung

1) ed. Seeck S. 336.

2) Theodos. VIII 1, 15 (i. Jahre 415); Cod. Iust. XII 54, 4 (425—450). 3) Nov. Theod. XXIV Cod. lust. I 46, 4 (i. Jahre 443).

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4) Cod. lust. XII 35, 18.

") Theodos. VIII 1, 17. In zivilen officia scheint auch die Verbindung mit dem cancellarius üblich gewesen zu sein (Theodos. I 34, 3).

❝) Über den domesticus, vor allem den zivilen, vgl. Seeck bei Pauly

Wissowa V 1 Sp. 1296ff.

2) Amm. XXVIII 6, 21.

8) Amm. XV 6, 1.

9) Theodos. IX 27, 3.

10) Wohl drei Jahre, vgl. Theodos. I 34, 3.

11) Theodos. VIII 1, 16: = Cod. Iust. I 51, 6.

des domesticus paßt. Vielleicht wurde oft das militärische Vertrauensamt von dem des Bureauchefs getrennt1).

Die erste Erwähnung des domesticus findet sich im Jahre 3552). In veränderter Form hat das Amt unsere Zeit weit überdauert.

magister primus.

Außer den bisher erwähnten finden sich nun noch einige Unteroffizierschargen, deren Rang nicht genau festzustellen ist. Nur einmal bei der Infanterie bezeugt ist der magister primus 3). Der Titel klingt unmilitärisch, doch hat er in früherer Zeit mehrere Parallelen an dem magister kampi legionis1), dem m. equitum legionis"), dem m. cohortis) und dem m. numeri. Diese bedeuteten höchstwahrscheinlich Reitlehrer bzw. Exerziermeister®), und so werden wir dies auch von dem magister primus anzunehmen haben.

signifer, semaforus.

Im 4. Jahrhundert schwindet mit der Zerschlagung der alten Legionen der Adler. Als Feldzeichen findet sich das signum, wohl Centurienfahne, der draco, die Fahne der Cohorte, der Neulegion und z. T. auch der Reiterei, endlich das vexillum, die alte Reiterstandarte. Im 6. Jahrhundert ist nur ein einziges Feldzeichen, das bandum, bezeugt9).

Als den rangtiefsten unter den Fahnenträgern können wir demnach den signifer ansehen. Er wird öfters bei Vegetius und Ammian erwähnt, einmal bei den loviani (legio palatina) 10). Mit

1) Cod. lust. I 51, 4 (i. Jahre 404) bestimmt, daß der domesticus des Statthalters sich von jeder amtlichen Tätigkeit fernzuhalten habe. Dann konnte er natürlich nicht Bureauchef sein. Vielleicht wollte man hier einen häufig vorkommenden Zustand sanktionieren.

2) Amm. XV 6, 1.

3) CIL. V 8750 (Concordia): Flavius Hariso magister primus de numero Erolorum seniorum,

4) CIL. VIII 2562.

5) CIL. V 8278. Er hat den Rang eines centurio supernumerarius.

6) CIL. III 10307.

CIL. VIII 21568.

) Vgl. Rangordnung S. 48. 59. 61.

9) Über die Feldzeichen wird später gehandelt werden.

10) Amm. XXV 5, 8.

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ihm ist wohl identisch der semaforus (=onuaιopógos) de numero Bataorum seniorum (aux. pal.)1). Auffallend ist der signifer ex numero Dalmatarum Fortensium (cuneus equitum, Or. XLII 13)2). Ob wir es hier tatsächlich mit dem Träger eines signum3) zu tun haben, oder ob sich hinter der allgemeinen Bezeichnung ein vexillifer*) oder draconarius verbirgt, ist fraglich.

draconarius.

Ammian erwähnt) einen draconarius bei dem auxilium palatinum der Petulanten, als Abzeichen seiner Stellung trug er eine Halskette. Er war damals hastatus (vgl. S. 116), wurde aber später zum comes militaris befördert. Inschriftlich ist der draconarius bezeugt einmal bei einer Legion), einmal mit dem Range eines biarchus bei einer vexillatio), einmal ohne Bezeichnung des Truppenteils). Eine schola draconariorum findet sich im Bureau des praef. praet. Africae). Der Name enthält keinen Hinweis auf ihre Tätigkeit oder auf soldatischen Charakter.

Die Drachenfahne und somit natürlich auch ihr Träger kommt seit dem 2. Jahrhundert in der römischen Armee vor, im 4. und 5. ist sie oft bezeugt, daß sie noch im 6. Jahrhundert existiert hat, glaube ich nicht 10). Wenn daher auf Papyri dieses Jahrhunderts der draconarius vorkommt, so möchte ich glauben, daß dies der alte Name für den Träger eines bandum ist11).

1) CIL. V 8752 (Concordia).

2) CIL. V 5823.

*) Über das signum bei der Reiterei s. v. Domaszewski, Die Fahnen m röm. Heere, Abhandl. d. arch.-epigr. Sem. d. Un. Wien 1885 S. 26f.

...

*) Ammian gebraucht einmal signum für vexillum, vgl. XXVII 10, 9 u. 12. 5) Amm. XX 4, 18 (XXXI 10, 21): Maurus ... postea comes, Petulantium tunc hastatus, abstractum sibi torquem, quo ut draconarius utebatur, capiti Iuliani inposuit.

*) CIL. III 14331: legionis M(artensium) d(ra)conarius. Lesart fraglich. Dessau 2805: Flavius) lovianus bearcus draconarius ex numero Octava Dalmatas.

9) CIL. VI 32968: Bantio draconarius.

9) Cod. Iust. I 27, 1 § 35. Vgl. auch Dessau 1881: Ave. Mávvos orçaτιώτης ἱππεὺς σαγιττάρις δρακωνάρις ἐξ ὀφικ(ι)ου τοῦ λαμπροτάτου ἡγεμόνος Καστρίο(υ) Κώνσταντος.

10) Genaueres darüber später.

1) Pap. Lond. I p. 199 (n. CXIII, I; 6. Jahrh. Arsinoe): (avios) Sekuátis ὁ καὶ Οὐαλεντῖνος τρακονάριος.

menso r.

Es gab kaiserliche Mensoren 1), die das Amt des Quartiermachers versahen, von einem primicerius kommandiert wurden und dem magister officiorum unterstanden. Ammian nennt einen agrimensor als Leiter einer militärischen Unternehmung3); Vegetius unterscheidet die metatores, die den für das Lager geeigneten Ort aussuchen, von den mensores, die das Lager vermessen und in Ortschaften Quartier machen, also Feldmesser und Furiere sind). Jene werden keine besondere militärische Charge gebildet haben, wohl aber diese. Inschriftlich sind sie öfters bezeugt, aber nicht mit Sicherheit in unserer Zeit1). Sie finden sich noch in dem officium des mag. mil. per Orientem). Dort stehen sie an sechster, vorletzter Stelle, vor den exceptores. Also waren sie Unteroffiziere niederen Ranges oder auch nur chargierte Gemeine. Ebenso bescheiden war die Stellung der kaiserlichen Furiere, die mit den lampadarii, den Lampenträgern, zusammen genannt werden).

campidoctor.

Der campidoctor war in bezug auf Ansehen und militärische Wirksamkeit wohl der eigentliche Nachfolger des alten centurio?). Er bildete die Rekruten aus3), leitete die Lagerarbeiten") und hatte einen wichtigen Platz in der Schlachtreihe 10). Als bei der Be

1) Theodos. VI 34; VII 8, 4.

2) Amm. XIX 11, 8.

3) Veget. II 7. Derselbe Unterschied findet sich später in dem Strateg. des sog. Maurikios: avrixévowpes (antecessores) oder лρолáτwρes (II 11 S. 67) μívowoes (I 3 S. 29; I 9 S. 41 u. ö.). Die Trennung der Funktionen erscheint unpraktisch und ist später (Leon Takt. IV 22-23) beseitigt worden. Vgl. auch Lyd. de mag. I 46 (S. 47, 6 und 11): μývooges, rqoμétqai μητάτορες, χωρομέτραι. Dagegen metator Quartiermacher Nov. CXXX 9.

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4) CIL. VII 420: men(sor) ex CC (ducenario) imp(eratoris). Dagegen liest Hirschfeld a. a. O. S. 432 A. 1 = 635 A. 3 statt ex ducenario: evocato; dann würde die Inschrift einer früheren Zeit angehören. Vgl. Rangordnung S. 271.

5) Or. VII 66.

°) Ebd. XI 12. Dig. 50, 6, 7 zählen die mensores zu den immunes.

7) Vgl. Seeck, Untergang der antiken Welt, II S. 477.

8) Veget. I 13; II 28.

9) Veget. III 8 (S. 83, 17).

10) Veget. III 6 (S. 78, 18).

lagerung von Amida die beiden Legionen der Magnentiaci und Decentiaci sich durch Tapferkeit auszeichneten, ließ der Kaiser horum campidoctoribus ut fortium factorum antesignanis Bildsäulen in Rüstung errichten 1). Also waren sie die vornehmsten der Unteroffiziere, bei jedem Truppenteil war wohl nur einer. Ihr Rang kommt auch darin zum Ausdruck, daß Vegetius sie mit den Tribunen zusammen nennt 2), daß uns einmal die Beförderung eines campidoctor zum tribunus vacans berichtet wird").

Inschriftlich sind sie aus älterer Zeit nur bei den Prätorianern bezeugt'), sie finden sich nur bei der Infanterie und zwar bis zum Ende des 6. Jahrhunderts").

augustalis, flavialis

waren Ehrentitel, die Unteroffizieren zur Erinnerung an Augustus und Vespasian verliehen wurden). Daß dies auch im 6. Jahrhundert noch geschah, beweist der auf Papyri nachgewiesene αὐγουστάλιος λεγιῶνος Συήνης 3 und der φλαουϊάλιος ἀριθμοῦ τῶν καθωσιωμένων Τρανστιγριτανῶν). Armeen pflegen in der Bewahrung militärischer Bezeichnungen sehr konservativ zu sein; man denke an den oben erwähnten hastatus bei Ammian, an „Fahnenschmied“ und „Vergatterung“ bei uns.

Die officiales.

Kein hoher Verwaltungs- oder Militärbeamter kann ohne einen Stab von Unterbeamten existieren. So hatten schon die

1) Amm. XIX 6, 12.

2) Veget. III 6 (S. 78, 18): campidoctores vicarii vel tribuni.

3) Amm. XV 3, 10.

4) CIL. VI 533. 2658. 2697.

Die Charge besteht bereits unter den Severen, Rangordnung S. 26 unten.

5) CIL. V 8773 (Concordia): Vassioni camped (octori) numeri Bataor(um) sen(iorum). CIL. VIII 4354: campi duct(or), unter Tiberios II (578-582). Papyr. Lond. I p. 210 n. CXIII 5a: Φλανίῳ) Πλουτάμμωνι ἀπὸ καμπιδουκτόρων ἀριθμοῦ τῶν γενναιοτάτων Τρανστιγριτανών (Or. VII 22 = 58), vom Jahre 498. Der Unterschied zwischen campidoctor und ductor, den Beurlier beweisen will (Mélanges Graux S. 297 ff.), scheint mir doch sehr fraglich zu sein. °) Veget. II 7.

Wenger, Münchener byz. Papyri, Sitzungsber. d. bayr. Ak. d. Wiss. phil. hist. Kl. 1911, 8. Abhandl., S. 22; uned. Lond. Papyri bei Maspero a. a. O. S. 106. Vgl. augustalis Cassiod. Var. ed. Mommsen S. 518 (III. Index). BGU. 369 (Arsinoe 531).

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