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#48

Zweyte Abtheilung.

Vermischte Abhandlungen.

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J.

Ueber die Obstkultur im Herzogl. S. Coburgs
Meiningischen Amt Schalkau.

Vom Herrn. Pfarrer Heim zu. Effelder.

Dem ersten Anblike nach scheinet die Lage dieses Amtes nicht sonderlich zur Obstbaumzucht einzuladen. Die Nähe des Thüringer Waldgebürgs, an dessen Fuß es sich ohngefähr zwey und eine halbe Stunde in die Länge, und den Wald abgerechnet, eine Stunde in die Breite erstreckt, macht das. Elina desselben rauher, als es an andern Orten von gleicher N.. Breite zu seyn pflegt. Die Baumblüthe und die Zettis sung der Gewächse und des Obstes fällt immer um 14 Tage bis 3 Wochen später als im benachbarten Coburgischen und im sogenannten Meinigfchen Unterlande. Es fehlt nicht an Beyr spielen einzelner Jahre, wo die Kirschenblüten, und die Spiten der Wallnußväume gänzlich erfroren, und die Blüten anderer Obstbäume merklich Schaden nahmen. Bäume von einer und der namlichen Sorte erlangen in hiesiger Gegend

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nicht denselben schönen Wuchs, und tragen nicht so große Früchte, als in dem Coburgischen u. Bambergischen. -Stämme, welche in den leht genannten Gegenden gezogen sind, und hicher verpflanzt werden, kommen hier auch in gùtem Boden felten fort, und wenn sie auch gerathen; so ist doch mehrere Jahre lang ihr Fortwachsen sehr kümmerlich, und ihre Dauer um Vieles kürzer, als in ihrem Mutterlande. Diesen ähne liche Bemerkungen mochten wohl die hier ehemals allgemeine Meinung hervorgebracht haben, daß die hiesige Gegend die ́ Cultur feiner Obstsorten nicht vertrage, und daß man sich bloß mit dem Anbau des Feldobstes, und einiger durch die Länge der Zeit gleichsam einheimisch gewordener beßerer Sorten, als unter den Aepfeln der Borsdorfer und Stettiner, und unter den Birnen der Kahenköpfe, und einiger Sommers und Herbstbirnen begnügen müsse. Man findet daher auch in den meisten Anlagen von Obstbäumen, auf Feldern und Straßen, die vor 60 und mehreren Jahren hie und da von Oofiliebhabern gemacht worden, und deren Ueberbleibsel an einzelnen großen alten Stämmen zu sehn sind, ausser Feldobst, teine andere Sorten, als eben benannte.

Demohngeachtet wird man bey genauer Untersuchung finden, daß, wenn in irgend einem Lande die beffere Obsts kultur zu empfehlen ist, sie es in diesem kleinen Amte i vielen Rücksichten vorzüglich verdient,

Der Boden desselben ist im Ganzen genommen für das Wachsthum der Obstbäumé sehr dienlich. Die eine Hälfte, welche sich an das Thonfchiefergebürg des Thüringer Waldes anschließt, ist neuer Kalk mit einem gelblichten’oder röthlich. ten Leiten verbunden. Er ist mit kleinen Kalksteinen wie

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überfået, und wird deswegen hier zu Lande Grobnisboden genannt, und da, wo man ihn dängen kann, zum Weißen; und Gerstenbau, und da, wo er nicht gedängt wird,' abwechs feind zu Hafer und breitem Dinkel (Triticum monococcum) benußt. Die andere Hälfte ist bis auf die Grenzé, wo der Kalkboden wieder hervortritt, Sand, der mehr oder weniger mit röthem Letten vermischt ist und zum Korn: Gerstens Kars toffel: Flachs Kraut Rüben und Heidekorn Bau gebraucht wird. Der Kalkboden bildet vom Grundgebärge an eine eine halbe oder viertel Stände breite gleich erhabene Fläche, welche von einer Menge kleiner Thäler durchschnitten und fo in mehrere Berge getheilt wird. Der Abhang dieser einzels nen Berge ist, nur die Spihe ausgenommen, ziemlich fanst, so daß hier die besten Weihenfelder des Amis angebracht sind. Der Sandboden ist ebenfalls bergig, meistens mit noch fanftern Abhängen, als die der Kalkberge, und wird bey guter. Behandlung, wenn er gedüngt, und von Quccken und unters Irdischen Wassern gereinigt wird, sehr fruchtbar. In beiden Arten von Boden stehen die Birnbäume vorzüglich gut; man' findet Stämme von 60-80 Jahren, und einer Dicke von 8-10 Spannen noch im frischesten Triebe; die Aepfelbäume fehen besser im Kalkboden, und die Kirschbäume besser im Sandboden; doch kommen auch alle Sorten in jedem Boden. ført, wenn sie nur darin aufgewachsen, oder frühzeitig hinein gefeht worden sind; da Im Gegentheil ältere Stamine das Bersehen aus dem Kalkboden in den Sandboden weniger vertragen, als von diesem in jenen.

Die ganze Gegend ist größtentheils, und vorzüglich nahè am Gebürg durch die Höhe und Richtung desselben vor dem Nordwinde gedeckt, der an andern Orten so oft der Baume

blüte

blüte schadet. Daher findet man in den Dorfschaften zunächst am Fuße des Gebürges, Maufendorf, Theuren, Rabendußig, Hohetenn, obgleich da der Winter viel länger als in den tieferliegenden Ortschaften dauert, feine Obstsorten, Calvillen, Reinetten und Winterbirnen, auch Wallnußbäume nicht nur gut fortkommen, sondern auch öftere und reichlichere Erndten geben, als in diesen lehtern. Die meisten Abhänge der Berge sind der mittågigen Sonne ausgefeßt, deren Einwirs kung, wie bekannt, fehr viel zur Güte des Obstes beiträgt. Die Witterung ist gewöhnlich abwechselnd, so daß anhaltende Dürre oder Nässe unter die Seltenheiten gehört. Den gans zen Sommer hindurch zieht das nähe Waldgebürg die Ges witter an, und macht, daß sie von Zeit zu Zeit wohlthätigen Regen verbreiten, und sich nicht auf einen Fleck ergießen oder durch Hagelschlag Schaden thun.

Der Ackerbau wird stark getrieben, und es werden daju, insonderheit seitdem der Futterkräuterbau eingeführt worden ist, immer mehr sonst dde Pläge urbar gemacht. Unterdessen. machen doch besondere Schwierigkeiten des Futterbaues das geringe Verhältniß der Wiesen zu dem Ackerfelde, der darz aus entstehende Mangel an Dünger, so wie auch die Mühe ihn an die Abhänge und auf die Ebenen der Berge zu brins gen, daß immer noch sehr viele Plähe übrig bleiben, die mir Nußen und ohne den mindesten Nachtheil des Getreidebaues zur Obstkultur gebraucht werden könnten. Ich getraute mir in meinem Pfarrspiel, welches ohngefähr den vierten Theil des Amtes Schalkau ausmacht, wenigstens füt 4000 Stück Obstbäume schickliche Orte zu finden, ohne dazu die Gärten und wirklich nüßlichen Getreidefelder zu nehmen. Das nåm: liche würde auch in den übrigen Theilen des Amtes mehr

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oder weniger geschehen können. Man urtheile, welche ergies bige Quelle an Mahrungsmitteln eine solche Anzahl neuer Obstbäume nach 15-20 Jahren eröffnen würde! Da das Obst zu sehr vielerley Gebrauch in der Haushaltung angewens det werden kann: so verlohnt es sich der Mühe, eine solche ausgebreitete Obstkultur zu befördern, gefeßt auch, daß man nur wenig Gelegenheit hätte, feinen Ueberfluß an Obst, auss wärts zu verkaufen. Wie viele andere Nahrungsmittel, die .oft sehr theuer in hiesiger Gegend find, könnten dadurch erspart werden, und vieles Geld, das jeht für Süßigkeiten, Wein: Eßig und andere Getränke ausgegeben wird, in der Haushaltung bleiben! Aber wichtiger wird diese Obstkultur turch die Nähe des Waldgebürgs, das wegen seines noch rauhern Climas, wenigstens jest, keine Obstpflanzungen vers stattet, und doch wegen der darauf befindlichen Fabriken und Gewerkschaften sehr bevölkert ist Alles Obst, nur etwa faure Kirschen ausgenommen, welche auch auf dem Walde fortkoms men, aber sehr spát zeitigen, wird dort aus den tiefer liegenden Gegenden gezogen. Und da nun hier wegen der geringen Anzahl Obstbäume selten Ueberfluß is: so geht die sehr bes trächtliche Summe, welche auf dem Walde für frisches und gedörrtes Obst verwendet wird, größtentheils ins Coburg. und Bambergsche. Diese ganze Summe würde hier bleiben, wenn die Ossikultur hier so ausgebreitet wäre, als sie es feyn könnte, um für die Bedürfnisse der Waldorte hinreichend zu feyn. Wie mancher Güterbesiher, der jetzt alles nur auf den Getreidebau und seinen Biehstand berechnen kann, würde alsdenn den Ertrag seines Guts wenigstens um einen Drittheil, wo nicht um die Hälfte vermehren. Um sich hies von zu überzeugen, muß man bemerken, daß hier das Obst immer in einem ansehnlichen Werche steht. Ob gleich das

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