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machen, oder sich an der Abstimmung zu beteiligen. Sie vertreten die Minister und können dies besonders mit Nutzen bei technischen und professionellen Auskünften, die das Parlament gebraucht und für deren Erteilung die Minister selbst nicht besonders geeignet erscheinen, wie das bei Entwürfen der Fall zu sein pflegt, welche durch bureaukratische Beamte ausgearbeitet sind.

Die Unterstaatssekretäre, welche in einigen anderen Ländern diese und ähnliche Funktionen als Vertreter der Minister und gleichzeitige Parlamentsmitglieder erfüllen, existiren in Portugal nicht. Und selbst wenn sie vorhanden wären, würden sich bei ihnen dieselben technischen Mängel geltend machen, welche sich auch bei den Ministern in solchen Fällen fühlbar machen, die nicht zu ihrer speziellen Kompetenz gehören.

Bezüglich der Vorrechte der Krone ist festgesetzt, dass der König die einschränkende Macht ausübt, indem er Dekrete mit gesetzlicher Kraft erlässt, wenn bei Meinungsverschiedenheit der beiden Kammern die gemischte Kommission zu einer Einigung nicht gelangen kann und der Staatsrat sich für die Ansicht entscheidet, welche in einer der beiden Kammern zum Beschluss erhoben wurde. Auf diese Weise wird der Konflikt geschlichtet, welcher nach dem Wortlaute der „,Carta Constitucional" und des Zusatzes von 1885 ohne irgend eine Lösung blieb.

Es scheint indessen, dass die Regierung, ihres eignen Werkes müde, die Macht, Beschlüsse mit Gesetzeskraft zu erlassen, auf diesen einzigen Fall beschränken wollte, um so jenen Akten diktatorischer Willkür ein Ende zu machen, welche die Verfassung zu einem wahren Mythus werden liess. Wenn dem so ist, so befand sie sich in einem sonderbaren und naiven Irrtum; die Verfassung hat den Weg für eine Reform bereits in den Bestimmungen über die den politischen Gewalten gezogenen Schranken und und zugestandenen Befugnisse, sowie über die politischen und individuellen Rechte der Bürger vorgezeichnet. Diese Reform kann danach nur durch einen in der Deputiertenkammer eingebrachten Gesetzentwurf geschehen, welcher die Unterstützung von einem Drittel der Mitglieder findet. Es wird zunächst über die Notwendigkeit desselben abgestimmt. Darauf werden Cortes constituintes mit besonderen Vollmachten für diesen Zweck einberufen. Gerade diese Bestimmung hat die Regierung nun verletzt, indem sie sich über die Cortes constituintes

stellte, und nach diesem Vorgehen kann man nicht wissen, welche höhere Macht die Reform der Regierung gegenüber dem Grundgesetz des Landes oder dem Willen irgend welcher anderer Diktatoren haben mag. Sobald der Schlüssel der ganzen politischen Organisation", so nennt die Verfassungsurkunde die leitende Macht der Regierung, aufhört, der Wächter des Grundgesetzes für die Nation und deren Unabhängigkeit, sowie für das Gleichgewicht und die Harmonie der übrigen politischen Gewalten zu sein, so ist es vollkommen gleichgiltig, ob die Revolution von oben oder von unten kommt, um ihre Folgen aufzudrängen, welche zur äussersten Gewalt und der Wilkür des Stärkeren führen.

Der König hat nunmehr auch das Recht, die ,,Cortes geraes“ zu vertagen, die Deputiertenkammer aufzulösen, und eine neue einzuberufen zur Fortführung der Geschäfte. Dieses Recht wurde bereits durch die Verfassungsurkunde angeordnet in den Fällen, in welchen es das Wohl des Staates erheischt, und zwar mit der Massgabe, dass die neuen Kammern sofort einzuberufen seien. Die Zusatzakte von 1885 hob diese Bedingung auf und setzte für die Einberufung der neuen Cortes eine Frist von 3 Monaten fest. Es besteht mithin ein erheblicher Unterschied zwischen den Vorschriften, welcher befürchten lässt, dass das parlamentarische Leben auch fernerhin willkürlichen, mit der repräsentativen Regierungsform unvereinbaren Unterbrechungen unterworfen sein wird. Es erscheint daher eine anderweitige Garantie dringend erforderlich.

Was die Steuern betrifft, so bestimmte die Zusatzakte für dieselben eine jährliche Abstimmung, und die Gesetze, welche jene regeln, sollten nur ein Jahr in Kraft sein; nach der letzten Reform ist verordnet, dass, falls bis zum Ende des Etatsjahres die Cortes die betreffenden Gesetze nicht durchberaten haben, über Einnahme und Ausgabe sowie über die Posten, welche die Streitkräfte zu Wasser und zu Lande sowie die Präsenzstärke festsetzen, auch im folgenden Jahre die gesetzlichen Verfügungen über diese Etatsposten in Kraft bleiben, bis ein neuer Beschluss der gesetzgebenden Körperschaft gefasst ist. Auf diese Weise lässt die Regierung sich dazu autorisieren, die im Vorjahre beschlossenen Steuern zu erheben, wenn aus irgend einem Grunde das Parlament ihr die nötigen gesetzlichen Mittel nicht gewährt. Die Auflösung der Kammer ist so bedeutend erleichtert, da die Regierung bei Eintreibung der Abgaben

nicht mehr zu befürchten hat, dass die Justiz dagegen, als gegen einen Akt der Willkür ohne gesetzliche Autorisation einschreiten könne; denn in diesem Sinne wurden vielfach die angezogenen Zusatzakte von 1852 ausgelegt. Dies also ist die gegenwärtige Lage unseres öffentlichen Rechts in einem System, welches verfassungsmässig und repräsentativ heisst. Ungeachtet der Garantien wie solche in den Grundgesetzen des Landes festgelegt werden, sind die politischen Rechte des Königs und der gesetzgebenden Körperschaften zum Spielball für dictatorische Willkür geworden. Wenn aber auf diese Weise die Aufgaben unseres politischen Lebens unter Vermeidung von Revolutionen gelöst werden und die Gefahren, welche sich am Horizont näher oder ferner abzeichnen, beschworen werden, so wird sich die Anwendung der betreffenden Mittel rechtfertigen lassen.

8. Internationales Bureau

für die Veröffentlichung der Zolltarife.

Von Peter Kazansky, Magister juris gentium, Privatdozent an der Universität Kazan.

I.

Die internationale Union zur Veröffentlichung der Zolltarife gehört zu den sogenannten administrativen Unionen der Staaten, oder den ständig organisierten Vereinen zweier, vieler oder aller Staaten, behufs Verfolgung ihrer gemeinsamen administrativen Aufgaben. Die Zahl solcher Organisationen hat sich seit den letzten 10 Jahren bedeutend vermehrt. So wie die Vereinigungen für Geodäsie und Telegraphenwesen, die Meter- und Post-Unionen, haben sich jetzt auch Gewerbe-, Litteratur-, Eisenbahn-Unionen und die uns gegenwärtig beschäftigende Vereinigung gebildet; neben ihnen besteht. noch eine Reihe unbedeutenderer Verbände. In dem Anwachsen dieser Unionen stellt sich die Tendenz unserer Zeit dar, die schweren Aufgaben der internationalen Organisation praktisch zu lösen.

Der Mangel an einer internationalen Verfassung doch hat das internationale Leben einige Organe geschaffen wird so oft fühlbar, dass Praktiker und Theoretiker nicht nachlassen sollten, die Besserung der Verhältnisse zu versuchen, wenn man sich

auch von der Undurchführbarkeit einer ganzen Reihe von Projekten überzeugt hat. Nur das unmittelbare Ziel der Arbeiten ist umgestaltet worden, indem man den Gedanken einer Reorganisation. der ganzen internationalen Ordnung aufgab. Man ging heutzutage auf das Gebiet der Administration über und man wiederholt hier mit viel bedeutenderem Erfolge, obwohl im bescheidenen Masse, das, was auf dem grossen Terrain nicht gelang.

Die Aufgabe des internationalen Umbaues ist desto schwerer, als hier grundlegende Prinzipien hervortreten müssen, welche jede Organisation aufzuheben scheinen, namentlich die Selbstständigkeit der Staaten. Es muss eine Organisation nicht über den Staaten, sondern zwischen den Staaten sein. Eine solche erscheint uns, die wir in den bekannten Lehren vom Staat erzogen sind, eine Sache der Unmöglichkeit.

Die Schwerfälligkeit des menschlichen Denkens hält das Bestehende für das einzig Mögliche; wir gründen unsere Urteile bloss auf das, was wir fühlen und sehen. Auch unsere Philosophie ist nur eine Reihe vollzogener Thatsachen. Unser Weissagen ist für unser „Morgen", welches auffallend unserem „Heute" gleicht, vollberechtigt, wenngleich solche Prophezeiungen nicht gerade erhaben sind. Deshalb schon haben die Internationalisten, die sich mit den Fragen über internationale Organisation beschäftigten, gewöhnlich ihre Programme nach dem Muster der Staatsordnung entworfen. Sie schwärmten von internationaler Gesetzgebung, Verwaltung und internationalem Gerichte über den Staaten.. Sie bekleideten diese eingebildete Regierung mit internationaler Gewalt und Macht, mit einem Worte: sie wollten, dass eine ähnliche Macht die ganze Welt wie die einzelnen Staaten regiere. Diese Ideen waren meistenteils unfruchtbar. Sie flossen zwar aus der edlen Absicht, der Menschheit zu dienen, aber sie schlugen Mittel zur Erreichung dieses allgemeinen Wohles vor, welche allgemeines Verderben zu schaffen vermögen. Wir sehen, dass die reinen Prinzipien der Staatsordnung sich auch für einzelne Staaten unhaltbar zeigen. Wir sehen, wie grosse Mächte (England, Österreich-Ungarn, Türkei) in Teile zerfallen, deren Wechselbeziehungen sich nicht nur dadurch regeln, dass das Gesetz zur Basis des Staatsrechtes gemacht wird, sondern es treten unaufhaltsam auch neue Rechtsbildungen auf, in denen sich die Übereinkunft als Ausgang eines Vertragsrechtes heraus

bildet. Noch viel weniger ist es möglich, die Organisation aller Völker bloss mit Hilfe dieser Prinzipien durchzuführen. Die Welt. muss organisiert sein, das ist die Devise unserer Zeit. Dabei muss man aber vom Vertrage ausgehen und nicht die Selbstständigkeit der einzelnen Völker aufheben. Die Erhaltung der letzteren ist die unentbehrliche Bedingung der allgemeinen Wohlfahrt. Nur die Regierung jedes einzelnen Landes ist im Stande, zu wissen, was diesem frommt. Ohne das Wohl des Einzelnen ist das Wohl des Allgemeinen undenkbar. Die Staatsorganisation ist. berufen, noch viel Grosses und Heilsames zu vollbringen. Auf dem Gebiete der internationalen Beziehungen müssen aber andere und nicht Staatsprinzipien herrschen. Die Staaten müssen frei sein in ihren gegenseitigen Beziehungen, so weit sie sich nicht selbst in ihrer Freiheit beschränken. Der wirkliche Schutz der Interessen einzelner oder sämtlicher Völker kann nur in den Schranken bestehen, welche sich die betreffenden Völker selbst auferlegen. Sie sollen zwar sich gegenseitig unterstützen, aber doch selbständig ihre Zwecke verfolgen. Internationale Organe dürfen nicht zu Dingen zwingen wollen, die dieser oder jener Staat nicht anerkennt, sondern nur helfen, Kollisionen zwischen ihnen vorzubeugen, allgemeine Funktionen zu erfüllen, um jeden Zeit-, Kraft- und Geld-Verlust zu vermeiden. Es müssen, wie gesagt, Organe zwischen und nicht über den Völkern sein.

Das moderne Leben kennt ein ganzes System von internationalen juridischen Beziehungen mit internationalen Kongressen und Konferenzen an der Spitze; dieses System erlaubt und verspricht noch eine weitere Entwicklung und Vervollkommnung. Wir sind weit entfernt davon, in diesem Referate ein allgemeines Gesamtbild der Weltorganisation zu geben, welches das „,Morgen" des internationalen Lebens werden kann. Wir wollen nur unsere Leser mit einem Gliede in der Kette dieser Ordnung, einem neuen Typus internationaler Organe, bekannt machen, der auch dem Spezialisten sehr wenig vertraut ist. Wir meinen die internationalen administrativen Anstalten. Wie wenig ihrer auch an Zahl bis jetzt vorhanden sind, wie bescheiden auch ihre Rolle ist, und in wie geringem Umfange ihre Rechte wirken. ihr theoretischer und praktischer Wert ist doch sehr bedeutend. Sie befreien unser Denken, geben einen neuen Anstoss und zeigen den Weg an, auf welchem

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