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welche als Gläubiger der Regierung anzusehen sind, thatsächlich 25% ihrer Forderungen im Vergleiche zum Papiergelde nehmen. Auch ist kaum zweifelhaft, dass die reine Silber-Währung nicht aufrecht erhalten werden könnte, da dem Verkehrsbedürfnisse entsprechend Noten ausgegeben werden müssten, welche, auf der Silber-Valuta beruhend, voraussichtlich noch stärkeren Schwankungen wie die heutigen Kreditbillette unterliegen würden. Endlich, wer würde unter den heutigen Verhältnissen die Einlösung in Silbergeld überhaupt verlangen? So würde es voraussichtlich beim Alten bleiben. (S. den mit O gezeichneten Aufsatz im Juniheft des Herold S. 830. Die weiteren Aufsätze von Slonimsky geben im Wesentlichen die Argumente der Bimetallisten.) Vom juristischen Standpunkte allein darf die Frage, ob die Regierung nunmehr die Einlösung der Kreditbillette in Silber oder in Gold vorzunehmen habe, meines Erachtens nicht beurteilt werden. Durch die Ausgabe der Kreditbillette war eine Alternativ-Obligation für den Staat gegenüber dem Billett-Inhaber begründet. Dem Staate steht an sich das Wahlrecht zu, da bei Begründung der Obligation nichts. Anderes festgesetzt ist, und diese Auffassung hat der Reichs-Rat mit überwiegender Majorität gebilligt. auch entwertetes Silbergeld hingeben. Staat schon rechtlich angesehen geldes gegenüber in einer anderen Schuldner gegenüber seinem Privat-Gläubiger. Der Gläubiger des Staates hat die Kredit-Billette in einer Zwangslage angenommen; der Gläubiger ist zugleich überwiegend Unterthan des Staates. Es entscheidet schliesslich die Rücksicht auf die Staatsfinanzen und den Staatskredit. Der Staat, welcher zugleich die Gesamtheit seiner Unterthanen darstellt, würde sich selbst dauernd am empfindlichsten schädigen, wenn er sein Papiergeld in dem entwerteten Metalle einlösen wollte.

Der Staat könnte hiernach Indessen befindet sich der den Inhabern seines PapierStellung wie ein Privat

Es finden sich einsichtige Stimmen genug, welche für die von der russischen Regierung geplante Reform eintreten, wie die Diskussion derselben in der Freien Ökonomischen Gesellschaft zu Petersburg beweist.

An der Durchführbarkeit der Reform kann füglich nicht gezweifelt werden. O. Haupt berechnete schon 1894, dass Russland zur Goldwährung übergehen könne1). Die Goldansammlung wird

1) Vgl. auch R. G. Lévy, Revue des deux mondes, 1. Juli 1895.

fortgesetzt; es findet auch, bei aktiver Handelsbilanz, kein erheblicher Abfluss des Goldes in's Ausland statt. Der Kurs des KreditRubels ist stabilisiert; der Finanzminister hat die kaiserliche Autorisation, den Kurs bis zum 31./12. 1897 in derselben Höhe am Petersburger und an auswärtigen Märkten zu halten.

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Ist einmal das Einlösungsverhältnis (1 R. 50 Kredit 1. R. Gold) gesetzlich fixiert, so kann die Regierung mit ihrem Goldbestande zur Regulierung schreiten. Die bisherigen Papier-Rubel würden zunächst im Verkehre gelassen oder durch andere ersetzt, doch würde auf Verlangen jederzeit Einlösung in Gold erfolgen. Allmählich könnte ein Teil der Kreditbillette aus dem Verkehre gezogen werden.

Während in anderen Ländern die Valuta - Regulierung auf Schwierigkeiten stiess, weil das Publikum allgemein das Papiergeld aufgab und neues Gold haben wollte, ist dies in Russland in gleichem Masse nicht zu befürchten; denn hier ist das Publikum an Papiergeld gewöhnt; es wird im Verkehre nur ungern Gold sehen. Der jüngst unternommene Versuch, Goldmünzen mit 48 % Agio wieder in Verkehr zu bringen, ist gescheitert.

Der Umwechselungsfonds der Reichsbank soll in Zukunft dem Reform-Entwurfe zu Folge zwei Drittel der Noten-Ausgabe betragen. Diese Deckung (wie bei den deutschen Reichsbank-Noten) dürfte völlig ausreichen.

Die Aufgabe der Zukunft wird sein, den Goldfonds stets in ausreichender Höhe zu erhalten, damit. die metallische WährungsGrundlage bewahrt bleibt. Gegenüber dem bisherigen Zustande würde mindestens der Vorteil bestehen, dass der Kurs der russischen Noten auf einer festen Gold-Basis beruhen würde, während er bisher ausserdem mit dem wechselnden Silberpreise zu rechnen hatte.

Die russische Währungs-Reform könnte nur unter der Voraussetzung der Erhaltung des Friedens durchgeführt werden. Sie ist daher, wie auch der Finanzminister in der Budget-Vorlage betont, im eminenten Sinne ein Friedenswerk und sie wird dazu dienen, die guten Beziehungen Russlands zu den Nachbarreichen weiter wesentlich zu befestigen.

4. Die deutschen Rechtsgelehrten und ihr Einfluss auf die argentinische Rechtswissenschaft.

Von Dr. Lisandro Segovia, Honorarprofessor an der Universität Cordoba, Fiskal der Appellationskammer des Kriminal- und Handelsgerichts, Buenos-Aires.

Früher, als in Europa die wissenschaftlichen Werke vorwiegend in Latein geschrieben wurden und man bei uns diese Sprache allgemein studierte, konnten die Gelehrten unseres Landes zu ihren Studien die grossen Arbeiten verschiedener Juristen Hollands und Deutschlands verwenden, wie die Werke von Vinnius, Johann Voet, Heineccius und Puchta. Aber durch die Einführung der deutschen Sprache wurde der geistige Austausch mit den zeitgenössischen Juristen sehr erschwert, denn von den tausend Advokaten Argentiniens kann fast jeder französisch, aber fast keiner deutsch.

Solange die Jahrbücher unserer jungen Vereinigung nur deutsch erscheinen, wird die Zahl ihrer Freunde auf kastilischem Sprachgebiet gering bleiben; wollte man dieselben aber auch französisch veröffentlichen, so würden sie sicher begeisterte Aufnahme finden.

Die Übersetzer von Savigny, Zachariä, von Ihering und von dem Entwurf des deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs haben im Buchhandel einen grossen Erfolg erzielt, was sicherlich demjenigen ebenso gelänge, der das „Pandektenrecht" von Windscheid, das ,,Handels- und Wechselrecht" von Thöl, das „Lehrbuch des Handelsrechts" von Behrend u. s. w. ins französische übertragen wollte.

Man könnte fragen, wie trotz des Mangels der Verständigung und des Gedankenaustausches, welcher durch die Schwierigkeit der deutschen Sprache verursacht wird, doch der Einfluss der deutschen Rechtsgelehrten auf das argentinische Recht sich fühlbar machen konnte.

Werfen wir einen kurzen prüfenden Blick auf diesen Gegenstand und wir werden sehen, dass der erwähnte Einfluss von grösserer Tragweite war, als es zunächst scheinen mag.

Ich will zu diesem Zweck bei den Romanisten anfangen, weil das römische Recht zur modernen bürgerlichen Gesetzgebung den Schlüssel bildet, das berühmte Gesetzbuch der Sieben Teile" schuf und durch mehrere Jahrhunderte hindurch das gemeine Recht Eu

ropas und Amerikas bildete. Die auf unsern juristischen Hoch

schulen bekanntesten Romanisten waren Heineccius, Mackeldey und Savigny.

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dem Alter nach

In Heineccius, welcher in hohem Ansehen stand, äussert sich schon sehr die verallgemeinernde und systematische Tendenz der deutschen Juristen, das Bestreben, welches eine grosse analytische Denkfähigkeit voraussetzt und die Macht und Überlegenheit der deutschen Schriftsteller über die Gelehrten anderer Nationen bedingt. Die ins Spanische übersetzten Recitationes ad Pandectas" wurden mit geringen Abänderungen wiedergegeben in dem Werk: „Institutionen des auf königlichen Verordnungen beruhenden Gesetzes von Spanien" zu Anfang dieses Jahrhunderts, verfasst von Dr. José Maria Alvarez, Professor in Guatemala. Von diesem Buch, das heute noch von einigem Nutzen ist, veranstaltete unser durch die Abfassung von Gesetzessammlungen so berühmte Dr. Dalmacio Vélez oder Vélez-Sársfield im Jahr 1834 eine neue Ausgabe mit einem wertvollen Anhang.

ich habe in demselben

Das erwähnte Werk von Heineccius auf der Universität von Cordoba (1863) das spanische Recht studiert -hat sozusagen graphisch dargelegt, dass das römische Recht das gemeine Recht Spaniens und seiner alten Kolonien bildete.

Das Buch von Alvarez diente an der genannten Universität während vieler Jahre als Text, was schon allein den unschätzbar hohen Wert der Verdienste des Romanisten Heineccius um das Studium des spanisch-amerikanischen Rechtes erkennen lässt.

Bevor ich zu Savigny gelange, will ich noch von Heinrich Ahrens sprechen (1808-1874). (1808-1874). Zwei seiner hauptsächlichsten Werke werden auf unsern Universitäten studiert: der „Cours de droit naturel ou philosophie du droit" (1838), welches in Europa so grossen Erfolg hatte und die „juristische Encyclopädie" u. s. w. (1855). Trotzdem das erstere dieser Werke im päpstlichen „Index“ figurierte, diente es doch als Text an der Universität der katholischen Stadt Cordoba. Seltener Triumph der Wissenschaft über klerikale Unversöhnlichkeit!

Ich komme nun auf die Romanisten zurück. Das ,,Handbuch“ von Ferdinand Mackeldey (1784-1835), das allem Anschein nach in Deutschland in hohem Ansehen stand, wurde an der Universität von Buenos Aires als Lehrbuch verwandt. In jüngster Zeit wurde

es durch das reichhaltigere Werk des deutschen Gelehrten Karl Maynz (1812-1882), Professor in Lüttich, ersetzt.

Hervorragend ist in Deutschland selbst als Rechtsgelehrter Savigny (1778-1861). Trotzdem sein „Traité de droit romain" (Übersetzung von Guenoux) schon vor einem halben Jahrhundert geschrieben wurde, erfreut sich dies Werk noch eines bedeutenden Ansehens. Viele seiner Lehren über Verträge und internationales Privatrecht wurden in das argentinische bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen und meiner Ansicht nach hat die heutige Wissenschaft Savigny's Lehre von 1848 kaum überholt.

Ebenso Ihering ist bei uns rühmlichst bekannt durch die französischen Übersetzungen seiner hauptsächlichsten Werke.

Auch K. S. Zacharia's Lehren (1769-1843) übten und üben noch grossen Einfluss auf das argentinische Privatrecht durch die von ihm verfasste systematische Erläuterung des Code Napoléon.

Dieses Werk, welches seinem Autor unter den Erklärern jenes ausländischen Gesetzbuches einen hervorragenden Platz einräumte, wurde in Frankreich von Aubry und C. Rau sowie von Massé und Vergé übersetzt und erweitert, zwei Werke, die dem Verfasser unseres bürgerlichen Gesetzbuchs ein steter Wegweiser waren, die beim Entwurf dieser Kodifikation massgebend gewesen sind und für dieselbe ungefähr achthundert Artikel lieferten.

Diese Zahl macht jede weitere Erklärung überflüssig; aber ich muss hierbei bemerken, dass, wenn Aubry's und Rau's „Cours de droit civil français" der beste in Frankreich ist, sich doch diese alten Strassburger Professoren fast immer in Zachariä's Buch Rat holten und dass ihnen die deutschen Rechtsgelehrten genau bekannt

waren.

Ich kann an dieser Stelle nicht auf Bluntschli, Munzinger und andere Juristen aus der deutschen Schweiz eingehen.

So gross auch der Einfluss ist, den die deutschen Schriftsteller auf die Lehre des römischen, des bürgerlichen und des Naturrechts, sowie auf die Kodifikation der Zivilrechte übten, so ist doch ihre Bedeutung für unsere Strafgesetzgebung keineswegs geringer. Diese Einwirkung machte sich hauptsächlich durch die Strafrechtslehrer Feuerbach (1775-1833), Mittermaier (1787-1867) und J. J. Haus (1794-1881) fühlbar.

Die freisinnigen Lehrsätze des deutschen Strafrechts spiegelten

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