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Ehefrau und ihres Ehemannes zu entziehen, gehört dem materiellen Recht an, ebenso wie die Vorschrift, welche die Cession nur zuliess, wenn die versicherte Ehefrau keine Kinder oder Nachkommen von Kindern hatte. Unbedenklich zuzustimmen aber ist dem Berufungsgericht darin, dass die Statthaftigkeit der Abtretung eines Anspruches und die in dieser Hinsicht bestehenden Beschränkungen durch dasjenige örtliche Recht bestimmt werden, welches für die Beurteilung des Anspruches selbst massgebend ist. Das ist hier das im Staate New-York geltende Recht. war es gerechtfertigt, dass die beklagte Gesellschaft sich geweigert hat, den Bescheid vom 15. Januar 1877 als eine wirksame Übertragung der streitigen Policen gelten zu lassen.

Danach

II. Bezüglich der unzweifelhaft rechtsgültigen Cession vom Jahre 1892, die vorgenommen wurde, als die in New-York geltende Gesetzgebung über die Abtretung von wife policies sich geändert hatte, gehen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils dahin, dass durch das Urteil des amerikanischen Gerichts vom 21. März 1879 ein Pfandrecht des E. M. an den streitigen Policen anerkannt und ihm das Recht zugesprochen sei, sich für die ihm gegen die Firma W. & Co. zustehende Forderung aus den Zahlungen, welche die beklagte Gesellschaft auf Grund der Versicherungsverträge zu leisten habe, zu befriedigen. Zum Erlass dieses Urteils wie des auf Grund desselben an die Beklagte gerichteten Befehls vom 25. April 1879 sei das New-Yorker Gericht zuständig gewesen. Beklagte könne sich demnach wie der Ehefrau W. so auch deren Cessionarin, der jetzigen Klägerin, gegenüber auf die zufolge dieses Befehls an M. geleisteten Zahlungen berufen, auch geltend machen, dass sie bis zur Erledigung der M. zugesprochenen Rechte gebunden sei, an diesen zu leisten, daher der Klägerin nicht leisten könne. Das Berufungsgericht folgert hieraus, dass die Klägerin mit den in der Klage erhobenen Ansprüchen überhaupt nicht oder doch zur Zeit nicht durchdringen könne. Dem dritten Klageanspruch steht nach der Auffassung des Berufungsgerichts auch das Bedenken entgegen, dass das Interesse der Klägerin an der alsbaldigen Feststellung zweifelhaft sei und dass nach dem Inhalt der Policen der Ehefrau W. ein Anspruch auf die Versicherungssumme nur zustehe, falls sie ihren Ehemann überlebe.

Gegen den prinzipalen Entscheidungsgrund ist von der Revision nur geltend gemacht, dass die Policen nicht in den Besitz von E. M. gelangt seien, sondern sich in der Hand der Klägerin befinden. Die Revision will aus dieser bereits in der Berufungsinstanz zur Sprache gebrachten Thatsache herleiten, dass E. M. ein wirksames Pfandrecht an den fraglichen Policen nicht erworben haben könne. Die Rüge ist verfehlt, da die Entscheidung nicht. darauf beruht, dass die Voraussetzungen für den Erwerb eines Pfandrechts in der Person von E. M. dargethan seien, sondern darauf, dass die Beklagte in dieser Hinsicht an die Entscheidung des zuständigen New-Yorker Gerichts gebunden sei und sich daher der Klägerin als Cessionarin der Ehefrau W. gegenüber sowohl bezüglich der an M. bereits geleisteten wie hinsichtlich der noch an ihn zu leistenden Zahlungen auf den Befehl des amerikanischen Gerichts vom 25. April 1879 berufen könne. Diese Begründung ist schlüssig und sie wird durch den vorerwähnten Revisionsangriff nicht getroffen.

Da durch den prinzipalen Entscheidungsgrund das angefochtene Urteil auch hinsichtlich des dritten Klageanspruches getragen wird, so bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob die in Betreff dieses Anspruches im Berufungsurteil hervorgehobenen besonderen Bedenken gerechtfertigt sind.

b) Über die Ausdehnung der Territorialgrenzen des Meeres.

Von H. F. Campbell, M. A., B. L., Dozenten an der
Universität Aberdeen.

Übersetzung von A. L. van der Halden, Aberdeen.

Ein Fall von bedeutender Wichtigkeit und internationalem Interesse wurde jüngst vor den Gerichten in Schottland entschieden. Es handelte sich um nichts Geringeres als um die gänzliche Ausschliessung der den Fischfang betreibenden Dampfschiffe (beam trawlers) von dem grössten Meerbusen an der schottischen Küste.

In den letzten 15 Jahren hatte der Fischfang mit Riesennetzen von eigens dazu konstruierten kleinen Dampfern (trawlers) aus so schnelle und grossartige Erfolge gezeitigt, dass eine ganz neue Industrie daraus entstand, zum bedeutenden Nachteil der Angelfischer,

denen der Wettbewerb mit den Dampfern unmöglich gemacht wurde. Ja, viele blühende Dörfer an der schottischen Küste, wo der Fischfang noch vor zwanzig Jahren eine ebenso brave wie genügsame Bevölkerung hinlänglich nährte, sind jetzt zum Teil verödet oder gänzlich zerfallen. Dass die Kleinfischer sich der neuen Ordnung der Dinge ohne Protest unterwerfen würden, war nicht anzunehmen. Unermüdlich beklagten sie sich vor der betreffenden Kammer (fishery board) und flehten sogar das Reichsparlament um Hülfe an, mit dem Erfolg, dass von diesen zwei Behörden von Zeit zu Zeit Verordnungen und Gesetze erlassen wurden, welche die Thätigkeit der Dampfer mehr oder weniger beschränkten, und besonders dieselben von den kleineren Meerbusen und Landengen ausschlossen.

Das genügte aber den Kleinfischern nicht; sie verlangten eine noch grössere Beschränkung der Trawldampfer.

Im Jahre 1889 wurde endlich ein Gesetz erlassen, das der schottischen Kammer Vollmacht erteilte, die Grenzen zu bestimmen innerhalb deren es den Dampfschiffen verboten sein sollte, im Moraybusen, dem grössten schottischen, ungefähr 2000 engl. Quadratmeilen umfassenden Meerbusen, den Fischfang zu betreiben. Bekanntlich ist dieser Teil der Nordsee reich an Fischen aller Art, und es liegen an seinen Ufern manche bedeutende Städte, wie z. B. Fraserburgh, Buckie und Wick, welchen der reiche Fischfang bedeutenden Wohlstand verschafft hat.

Im Interesse der Kleinfischer in diesen Städten verbot die schottische Kammer den Dampfschiffen das Fischen im Moraybusen gänzlich.

Eine Zeitlang wurde dieses Verbot strenge aufrecht erhalten, und es wurden sogar zwei Kanonenbote entsandt, um diesen Meeresteil von Trawlschiffen frei zu halten; Strafen wurden verfügt und verschiedene Male geschah es, dass die Kriegsschiffe thätig einschreiten mussten, als plötzlich zu Anfang dieses Jahres die Schreckensbotschaft längs der Küste sich verbreitete, dass das Oberkriminalgericht in Edinburgh das Verbot der Kammer für null und nichtig, den gebannten Meeresteil den Dampfschiffen für zugänglich und die verfällten Bussen als ungesetzlich erklärt habe. Das Oberkriminalgericht war nämlich der Ansicht, die Kammer hätte die ihr übertragene Vollmacht überschritten, da das betreffende Gesetz sie eben nur bevollmächtigte, ,,die Grenzen zu bestimmen, innerhalb welcher

es den Dampfschiffen verboten sein solle, im Moraybusen den Fischfang zu betreiben;" diese Vollmacht gestatte nicht den ganzen Meeresteil zu bannen, und daher habe die Kammer beim Erlass dieser Verordnung ultra vires gehandelt.

Die Kleinfischer vernahmen das Urteil mit Schrecken, während Dutzende von Dampfern nach dem gerichtlich wiedereröffneten Bezirk eilten. So gross war die Aufregung, dass man ernste Unruhen befürchtete.

Unter diesen Umständen hielt es die Kammer für angezeigt, eines der vielen Dampfschiffe in Busse zu nehmen, um auf diese Weise die Frage vor den obersten Landesgerichten endgültig entscheiden zu lassen.

Am 29. Februar stürzte denn auch das aus den sieben höchsten Gerichtsräten zusammengesetzte Appellationsgericht das Urteil des Oberkriminalgerichts um und belegte den ganzen Moraybusen auf's Neue mit dem Bann gegen alle britischen Trawlschiffe.

Unzweifelhaft ruht das Vorgehen des Parlaments und der Kammer auf inniger Teilnahme an dem Geschicke seiner braven Kleinfischer, deren Erwerb bedroht und deren Leben so hart geworden war. Und doch scheint es mir, als ob die genannten Behörden auf falschem Wege vorgeschritten wären. Es ist klar, dass den Dampfschiffen mit vollem Recht der Zugang zu den kleinern Meerbusen und das Fischen innerhalb der Territorialgrenzen verboten werden kann; weniger klar ist es, dass ein solches Verbot den äussern Teil eines grossen Meerbusens berührt. Den britischen Schiffen freilich kann ein britisches Parlament den Zutritt zum ganzen jetzt gebannten Bezirk untersagen, da alle Schiffe den Gesetzen des Landes unterworfen sind, dessen Flagge sie führen. Gegenüber den Dampfern anderer Nationen aber ist die Jurisdiktion der Königin von England am äussern Teil des Moraybusens nicht grösser als etwa im Stillen Ozean, in der Behringsstrasse oder in irgend welchem andern Teile des offenen Meeres; es ist die Jurisdiktion der Flagge. Wohl niemand würde behaupten wollen, dass wir einem deutschen, französischen oder holländischen Dampfer verbieten könnten, am äussern Teil des Moraybusens, d. h. ausserhalb der durch internationale Konvention festgesetzten Territorialgrenze zu fischen. Wir haben daher das eigentümliche Phenomen, dass die schottischen Behörden allen britischen Trawlschiffen den Zugang

zum besagten Meeresteil gänzlich verboten haben, während derselbe für Schiffe fremder Nationen offen steht! Kaum weniger eigentümlich ist der Vorzug den man mittelst dieses Vorgehens den Kleinfischern am Moraybusen eingeräumt hat. Warum diesen Leuten ein Privilegium gestatten, das nirgendwo anders existirt? die Antwort auf diese Frage fällt nicht in das Bereich dieses Aufsatzes, doch leitet die Frage selbst zur naturgemässen Lösung des ganzen Streites.

Gleiches Recht für die Dampfschiffe aller Länder und gleiche Privilegien für die Kleinfischer aller Orte erreichen wir nur durch eine allgemeine Ausdehnung der Territorialgrenzen des Meeres von drei auf dreizehn englische Meilen.

sagen wir

Der Ursprung der Territorialgrenze von 3 Meilen ist etwas dunkel. Man behauptet, man habe gerade die Distanz angenommen, weil sie mit der Tragweite der damaligen Geschütze übereintraf und daher den Bedingungen der Küstenverteidigung genügte. Ist das der wirkliche Grund, so versteht es sich ja von selbst, dass die gewärtige Territorialgrenze den Ansprüchen unserer Zeit nicht mehr genügen kann; auch zeigen sich alle civilisierten Nationen bereit, die ausgedehntere Territorialgrenze von etwa 13 englischen Meilen zum Zwecke der Küstenverteidigung sowohl, als auch aus nationalökonomischen Gründen anzunehmen. So z. B. fühlt man in den vereinigten Staaten das Bedürfnis dieser Grenzenerweiterung zum Betrieb des Fischfangs in der Behringssee mehr und mehr.

Merkwürdiger Weise existierte früher ein schottisches Gesetz, das Ausländern verbot, innerhalb einer Grenze von 14 engl. Meilen zu fischen. Solch ein Gesetz ist natürlich nichts weiteres, als die Aufrechterhaltung eines Prinzips, wie ungefähr die Doktrin Monroe, die heutzutage so viel von sich reden macht, thatsächlich aber keine praktische Anerkennung findet. Dieses eigentümliche schottische Gesetz ist denn auch seit langer Zeit ausser Acht geblieben.

Was nun die vorliegende Frage speziell für Schottland betrifft, dürfte sie durch friedliches Übereinkommen der Staaten, welche im Jahre 1882 die Nordseekonvention zeichneten, hinlänglich abgethan werden. Dann aber bliebe noch immer die weitere Frage der allgemeinen Ausdehnung der Territorialgrenzen des Meeres, und wäre es sehr zu wünschen, dass auch diese bald eine definitive Lösung fände. Ob der Fischfang mittelst Trawlschiffen an der

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