Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Papaeustration: Eine Arbeit über die Klagenverjährung gegen den Fiscus im Allgemeinen.

Die Wochenschrift „,Themis", welche erst im Jahr 1890 unter der Leitung der Advocaten Gebr. Angelopoulo erschien (ein Gerichtsblatt) und die Monatsschrift Nomiki", die im Jahr 1894 unter der Redaction von Lakopoulos ins Leben trat (eine juristische Schrift), enthalten für das Jahr 1895 eine Anzahl werthvoller Aufsätze über streitige und ungelöste Fragen auf allen Gebieten der Gesetzgebung, auch des Internationalen und Strafrechts.

Auf dem Gebiete der Nationalökonomie sind zu erwähnen:
Kasasis, ord. Professor in Athen: Handbuch der National-

ökonomie.

Sakellario: Uebersetzung der theoretischen und praktischen Statistik von Maurice Block.

Zeugelis: Eine Monographie über den Wucher, seine Folgen. und Heilmittel im Vergleich mit der deutschen Gesetzgebung.

10. Gross-Britannien.
A. England.

Referent: Dr. Ernst Schuster, Barrister at Law. London.

Gesetzgebung.

Die Unterbrechung der Parlamentssitzung in Folge des Ministerwechsels und der mit demselben verbundenen Neuwahlen brachte die Gesetzgebungsmaschine gerade zu der sonst rührigsten Zeit in Stockung und bewirkte eine ziemlich wesentliche Verminderung ihrer Erzeugnisse während des verflossenen Jahres.

Von Wichtigkeit sind nur einige Gesetze auf dem Gebiete der Sozialpolitik und des öffentlichen Rechts. Das Privatrecht ist, soweit es sich nicht um Abänderungen mit sozialpolitischen Tendenzen handelt, von der Gesetzgebung beinahe unberührt geblieben. 1. Fabrikgesetz.

Unter den sozialpolitischen Gesetzen ist die Factory and Workshop Act 1895 in erster Linie zu erwähnen, welche sich an die Gesetzgebung, die mit der Factory and Workshop Act 1878 beginnt, anschliesst und dieselbe nach verschiedenen wesentlichen Punkten in der Richtung einer Erweiterung des Arbeiterschutzes umgestaltet. In Bezug auf die Gesundheitspflege und Sicherheit in Fabriken und Werkstätten enthält das neue Gesetz

eine Reihe wichtiger Bestimmungen, und ergänzt namentlich die Vorschrift des Gesetzes von 1878 (§ 3), die sich nur gegen Ueberfüllung im Allgemeinen richtet, durch genaue Definition des Begriff's der Ueberfüllung (auf einen Arbeiter müssen mindestens 250 Kubikfuss kommen und im Falle von Arbeitsleistung ausserhalb der regelmässigen Zeit 400).

Von Wichtigkeit in Bezug auf denselben Gegenstand sind auch die Bestimmungen, welche zwei Friedensrichter (bezw. einen Polizeirichter) unter gewissen Voraussetzungen auf Antrag eines Fabrikinspektors zum sofortigen Einschreiten ermächtigen. Dies kann geschehen a) wenn der betreffende Raum in einem Zustande sich befindet, der das Leben oder die Gesundheit der Arbeiter gefährdet (§ 2); b) wenn eine Maschine nicht ohne Gefahr für Leben oder Gesundheit benutzt werden kann (§ 4); c) wenn die nothwendigen Vorkehrungen zur Abwehr gegen Feuersgefahr nicht vorhanden sind (§ 15).

In Bezug auf die Arbeitszeit werden die Bestimmungen der Factory Act. von 1878, welche jungen Leuten (d. h. Leuten im Alter von 14-18 Jahren) und Personen weiblichen Geschlechts unter gewissen Voraussetzungen über die Normalzeit hinaus zu arbeiten gestatten (F. A. 1878 §§ 53; 56; 58; 59; 60), dahin abgeändert, dass die Arbeit über die Normalzeit hinaus theilweise gar nicht mehr und theilweise nur in beschränktem Umfange erlaubt bleibt (§ 14). Auch dürfen in der Folge Kinder, junge Leute und Personen weiblichen Geschlechts an Tagen, an welchen sie innerhalb einer Fabrik oder Werkstatt beschäftigt werden, nur während der gewöhnlichen Arbeitszeit ausserhalb der Fabrik oder Werkstatt für dasselbe Unternehmen arbeiten (§ 18) 1).

Die Bestimmungen über Unfälle erweitern die Voraussetzungen, unter welchen der zuständige Fabrikinspektor benachrichtigt werden muss (§ 18) und schreiben vor, dass bei Todesfällen die Leichenschau regelmässig nicht abgeschlossen werden darf, bis ein Vertreter des Staatssekretairs derselben beiwohnen kann (§ 19). Auch darf in der Folge der Staatssekretair nach seinem Ermessen bei Unfällen eine amtliche Untersuchung in ähnlicher Weise anordnen, wie dies auf Grund des Coal Mines Re

1) Ueber die Befugniss des Staatssekretairs die Arbeitszeit für einzelne Gewerbe einzuschränken, siehe Seite 297.

gulation Act. 1887 § 45 bei Unfällen in Bergwerken geschehen kann (§ 21). Die Unternehmer müssen in der Folge ein laufendes Register über alle bei ihnen vorkommenden Unfälle führen.

Von besonderer Wichtigkeit sind die Bestimmungen, welche die Ausdehnung der in den Factory Acts enthaltenen Schutzmassregeln auf früher denselben nicht unterworfene Gewerbe ganz oder theilweise vorschreiben. Hierher gehören namentlich Wäschereien und Docks (§§ 22 und 23).

Diese

Principielle Bedeutung hat auch die Verschärfung der besonderen Vorschriften in Bezug auf gesundheitsgefährliche Gewerbe. Es waren dies Bestimmungen, welche für alle vom Staatssekretair als lebens- oder gesundheitsgefährlich erklärten Gewerbe gewisse Vorkehrungen anordneten und den OberInspektor des Fabrikwesens ermächtigten, Spezial-Regulative für dieselben zu erlassen, deren Nichtbeachtung strafbar war; doch durften bisher Betriebe, in welchen nur erwachsene Personen männlichen Geschlechts beschäftigt waren, hierbei nicht einbegriffen werden (vergl. Factory Act 1891 §§ 8-12). Beschränkung ist jetzt weggefallen (§ 28 [2]) und es wird fernerhin bestimmt (§ 28 [1]), dass das Spezial-Regulativ den Betrieb der erwähnten, vom Staatssekretair als gefährlich bezeichneten Gewerbe in einzelnen Fällen ganz oder theilweise oder für bestimmte Klassen von Personen verbieten kann, und dass es demselben auch gestattet sein soll, die Arbeitszeit bei diesen Betrieben einzuschränken, nur soll die Arbeitszeit männlicher Erwachsener nicht gekürzt werden, wenn nicht das betreffende Regulativ mindestens 40 Tage beiden Parlamentshäusern vorgelegen hat. Es kann also für einzelne Gewerbe ein Normalarbeitstag auch für männliche Erwachsene auf dem Verordnungswege und ohne weitere Gesetzgebung eingeführt werden.

Um den Behörden die Ermittelung gesundheitsgefährlicher Betriebe zu erleichtern, bestimmt § 29, dass jeder Arzt, der einen Patienten behandelt, welcher in Folge seiner Beschäftigung an Blei-, Phosphor- oder Arsenikvergiftung oder an Anthrax leidet, dem Ober-Inspektor für Fabrikwesen briefliche Mittheilung darüber zu machen hat. Auch wird dem Staatssekretair die Befugniss ertheilt, diese Bestimmung auf andere Krankheiten auszudehnen.

Mit der Bekämpfung unklarer Angaben über die Be

rechnung des Stücklohns beschäftigt sich das neue Gesetz ebenfalls. Das Gesetz von 1891 enthält bereits (§ 24) Bestimmungen, die diesen Zweck bei einzelnen Zweigen der Textil-Industrie verfolgen; diese Vorschriften werden nunmehr (auch § 40) auf die ganze Textil-Industrie und ferner auch auf solche anderen Gewerbe ausgedehnt, bei welchen sie der Staatssekretair für zweckmässig erachtet.

Unter den zahlreichen weiteren Bestimmungen des Gesetzes verdient noch besondere Erwähnung diejenige des § 34, welche der Erleichterung statistischer Zusammenstellungen dient, indem sie die jährliche Uebersendung von Angaben über die Zahl der in jedem Betriebe beschäftigten Personen sowie über ihr Alter und Geschlecht vorschreibt.

2. Gesetz, betreffend die Entschädigung der Pächter von Gemüsegärtnereien nach Ablauf der Pachtzeit.

Von sozialpolitischer Bedeutung ist ebenfalls die Market Gardeners Compensation Act 1895, welche den Grundsatz der Agricultural Holdings Act 1883, nach welchen Pächter berechtigt sind, für gewisse Meliorationen nach Ablauf der Pachtzeit Entschädigung zu fordern, bezüglich der Gemüse- und Obstgärtner nach verschiedenen Richtungen ausdehnt und damit den Aufwand von Kapitalien Seitens der Pächter hindert. Da England Gemüse und Obst in grossen Quantitäten vom Ausland importirt, erscheint es zweckmässig, die nothleidenden Landwirthe auf diese Art der Bodenbenutzung aufmerksam zu machen und dieselbe zu erleichtern.

3. Gesetz über die Pfändung von Miethern und

Pächtern.

Dem Schutze von Pächtern und Miethern dient ebenfalls die Law of Distress Amendment Act 1895. Bekanntlich steht dem Verpächter bezw. dem Vermiether nach englischem Recht ein aussergerichtliches Pfändungsrecht für fällige Miethe zu. Einige hieraus entstehende Härten zu mildern, war bereits die Absicht der Law of Distress Amendment Act 1888, welche unter Anderem die Bestimmung traf, dass mit der Pfändung nur solche Personen betraut werden können, welche für diesen Zweck einen Befähigungsschein von einem Grafschafts-Richter erhalten. Letzterer

konnte den Schein unter gewissen Voraussetzungen widerrufen. Nach dem neuen Gesetz kann der Richter, welcher den Schein ausgestellt hat bezw. sein Vertreter oder Nachfolger den Schein auch widerrufen, wenn die erwähnten Voraussetzungen nicht vorliegen. Ferner kann eine nicht befähigte Person, welche eine Pfändung vornimmt (gegen welche widerrechtliche Pfändung das Gesetz von 1888 nur civilrechtlichen Schutz gewährte), nunmehr auch strafrechtlich belangt werden. Desgleichen steht in der Folge dem Verletzten das Recht zu, durch summarisches Verfahren vor zwei Friedensrichtern, bezw. einem Polizeirichter die Rückerstattung widerrechtlich gepfändeter Gegenstände bezw. den Ersatz ihres Werthes zu erwirken. 4. Gesetze in Bezug auf die Organisation von Hülfskassen und Krankenkassen.

Die vielfachen Missbräuche in der Verwaltung von Hülfskassen und Krankenkassen haben bereits öfter das Einschreiten der Gesetzgebung nöthig gemacht und sind auch in diesem Jahre wieder von derselben berührt worden. Ueber die sogenannten Industrial and Provident Societies wurde im Jahre 1893 ein umfassendes Gesetz erlassen, das bereits im Jahre 1894 in verschiedenen Punkten abgeändert und ergänzt wurde und nunmehr wiederum durch The Industrial and Provident Societies (Amendment) Act 1895 in Bezug auf einige Punkte modificirt wird, die nicht von allgemeinem Interesse sind. Das Hauptgesetz über die Friendly Societies datirt von 1875 und wurde bereits öfters, zuletzt im Jahre 1893, abgeändert und jetzt durch The Friendly Societies Act 1895 wieder wesentlich umgestaltet. Jedoch muss hier auf eine nähere Beschreibung verzichtet werden, da ohne eine umfassende Darstellung der Gesammt - Organisation dieser Gesellschaften dieselbe nicht verständlich wäre.

5. Gesetz über die Verhandlung bei Auslieferungs

anträgen.

In das Gebiet des öffentlichen Rechts gehört die Extradition Act 1895, welche auf Anlass des Auslieferungverfahrens gegen den in der französischen Panama - Angelegenheit vielbesprochenen Dr. Herz erlassen wurde, und die Bestimmung der Extradition Act 1870, nach welcher die Verhandlung über Auslieferungsanträge vor dem Hauptpolizeigericht in London (Bow Street) geführt werden

« ZurückWeiter »