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fie haben dem Vaterlande einen der schönsten und großartigsten Siege erkauft, von denen die Geschichte zu berichten hat."

Ueber den Reiterkampf gab die Kreuzzeitung folgenden Bericht: „Das Dorf Stresetit, dessen Lage für den Rückzug der österreichischen Armee besonders günstige Positionen darbot, ward gegen Abend noch ziemlich stark vertheidigt. Prinz Karl von Preußen befand sich unter den vordringenden Truppen und seltsamer Weise stand ihm das österreichische Kürassier-Regiment, dessen Inhaber er war und das seinen Namen trug, grade gegenüber. Die preußische Reiterei, NeumärkerDragoner, Ziethen-Husaren, Ulanen, Garde-Dragoner stürzten sich, nachdem sie ein fürchterliches Kartätschenfeuer ausgehalten hatten, in die schwere Cavallerie des Feindes. Der Zusammenstoß bot einen eben so fürchterlichen, als großartig schönen Anblick dar; es war ein Reitergefecht, wie es die Kriegsgeschichte selten darbieten möchte. Die preußische Cavallerie warf sich mit unwiderstehlicher Gewalt auf den Feind. Die blißenden Klingen, die flatternden Fahnen, Uniformen aller Art, Kopfbedeckungen jeder Façon, die schnaubenden Roffe wogten gleich wild empörten Fluthen durcheinander. Zuweilen war dieses ganze schrecklich schöne Schauspiel durch die Dampfwolken der Geschüße minutenlang verhüllt und wenn der Schleier riß, entdeckte man die wüthend miteinander ringenden Kämpfer, indeß österreichische und preußische Geschosse durch die Lüfte und den aufgewirbelten Staub pfiffen. Während des rasenden Cavalleriegefechts warf sich Infanterie vom 49. Regiment in die Kampflinie, formirte ein Carré und schickte zweimal hintereinander volle Lagen der Zündnadelgewehre unter die gegen sie andringenden Reiterschaaren. Die Wirkung war verheerend, Roß und Reiter stürzten haufenweise nieder. Ledige Pferde tobten zwischen den gelichteten Colonnen umher. Die Schwadronen stürzten gegen einander, warfen sich in wilder Flucht zurück, stürmten wieder vorwärts, um in die Säbel der Preußen oder in das vernichtende Kartätschenfeuer ihrer reitenden Batterien zu gerathen. Der wüthende

Kampf endete mit dem vollständigen Zurückwerfen der österreichischen Cavalleriemassen, die auf ihrer eiligen Flucht an dem Plaze vorbeijagten, auf dem sich Prinz Karl befand, so daß er beinahe von ihnen mit fortgerissen worden wäre."

In der Neuen freien Presse hieß es: „Beide Schlachtlinien bildeten fast eine Eiform. Die Preußen wichen anfangs auf ihrem linken Flügel und im Centrum: Gablenz rechts, ging weit vor, vielleicht mit zu großer Bravour. Benedek soll wiederholt gerufen haben: Er geht zu weit vor, er geht zu weit vor! Man hielt die Schlacht für gewonnen. Da verstärkten die Preußen im Schuße der Bäume ihren rechten Flügel, durchbrachen unseren linken, brachten den Train in Unordnung, griffen Flanke und Rücken an. Durch das weite Vorgehen des rechten Flügels hatte sich dieser vom Centrum getrennt, eine Schlucht lag dazwischen; Benedek stand mit seinem Stabe in Chlum auf einer Anhöhe. Plößlich wurde er und seine Umgebung von einem wahren Kugelregen überschüttet, vom Feinde, der sich durch die Lücke den Hohlweg herangeschlichen hatte, im Rücken angegriffen. Der glänzende Generalstab war mehr als decimirt. Erzherzog Wilhelm war verwundet, Graf Grünne und Oberstlieutenant Müller, Benedeks Liebling, fielen; Prinz Esterhazy wurde verlegt, den Andern wurden Pferde unter dem Leibe erschossen. Benedek selbst wurde wie durch ein Wunder gerettet. Der Feind, der den linken Flügel zerschmettert, vereinigte sich mit den rücklings Herangeschlichenen. Die Nordarmee war geschlagen."

Abends kam Gablenz als Parlamentär zum König, bei dem er wahrscheinlich Waffenruhe nachsuchte. Der König aber verfügte keine Unterbrechung der raschen Verfolgung. Diese übernahm zunächst Reiterei und berittene Artillerie. Das müde Fußvolk bezog um acht Uhr Abends auf dem blutigen Schlachtfelde seine Bivouaks, sang aber nach alter Sitte, wie einst auf dem Schlachtfelde von

Leipzig, bevor es sich zur Ruhe und zu einem färglichen Imbiß niederließ, das fromme Lied: Nun danket alle Gott!*)

Die Desterreicher verloren in dieser Schlacht 19,000 Gefangene, 174 Kanonen und elf Fahnen. Der König von Preußen entließ alle österreichischen Offiziere, welche verwundet in Gefangenschaft gerathen waren, auf ihr Ehrenwort.

*) Das Halle'sche Volksblatt für Stadt und Land Nr. 68 enthielt rührende Mittheilungen über das Schlachtfeld von Königgrät: „Unter einem alten stattlichen Birnbaum, wo Oberst von Wietersheim, der Commandeur des 49. Regiments, tödtlich verwundet war, ließ Lieutenant von B. die letzten 88 Preußen beerdigen. Sie lagen da in Reih und Glied; bei ihnen auch etwa 30-40 Desterreicher. Mit einem Blick sah man Tod und Verstümmelung in hundertfacher Gestalt. Von hier führte uns Herr von B. die Anhöhe nach Lipa hinauf, wo noch etwa 20 österreichische Kanonen standen, dahinter die gefallenen Pferde, zwei, vier, sechs bei einem Geschütz. Auf dem Wege dorthin hatte das 49. preußische gegen das 49. österreichische Regiment Heß geftanden. Die Defterreicher lagen noch da in langen Reihen, wie hingemäht. Zwischen den Leichen, Waffen, Tornistern, Helmen, Käppis, Kochgeschirren und andern Trümmern lagen hin und her böhmische Gebetbücher, Kirchenbücher für die preußischen evangelischen und Gebet- und Gesangbücher für die katholischen Mannschaften. Dazwischen Spielkarten, Abrechnungsbücher, deutsche und italienische Briefe, geschriebene Lieder auf einzelnen Blättern und in Heften, alles wirr durch einander. Ich habe mir vieles aufgehoben und als eine stete Mahnung an die ernste Zeit mit heimgebracht. Hier nur ein Brief aus Ruft, den eine Braut an ihren öfterreichischen Verlobten richtet. Sie hofft auf glückliches Wiedersehen und klagt, daß sie ihr Bild, welches er sehnlichst erwartete, noch nicht habe machen laffen können; dann schließt der Brief:

Lieber Franz geschrieben hab ich bei der Nacht

Die Liebe hat mich dazu gebracht,

Nun will ich mein schreiben Schließen

Weill aus meinen Augen Waffer fließet.

Sie wird ihren Franz auf Erden nicht wieder sehen.

Diese Schlacht bei Königgräß gehört zu denen, die einen Wendepunkt in der Weltgeschichte bilden und auf Jahrhunderte hinaus die Zukunft der Völker bestimmen. Wir Deutsche dürfen uns Glüc wünschen, daß uns diese Schlacht die Thore einer Zukunft geöffnet hat, die ehrenvoller und befriedigender für uns seyn wird, als die Vergangenheit gewesen ist. Auf den Höhen von Lipa und Chlum löste die preußische Garde die lästige und schimpfliche Fessel, an die einst Fürst Metternich das edle deutsche Volk zu legen so gottlos und leider auch so mächtig war. Der lähmende, alle Keime des Guten hemmende Bann ist gewichen, das Eis ist gebrochen, und wenn auch in der ersten Zeit noch düstere Wolken über den Himmel ziehen und Koth genug die deutsche Erde bedeckt, der schöne Frühling wird kommen.

Elftes Buch.

Die große Flucht in Böhmen.

Die Schlacht war für Desterreich verloren und Benedeks Niederlage so entsetzlich, daß sie den ganzen Feldzug entschied.

Ein großer Theil der geschlagenen Armee floh instinctartig nach der nahen Festung Königgräß. Sie war aber verschlossen, man feuerte sogar von den Wällen auf die Flüchtigen, namentlich auf die Sachsen, die man in der Dämmerung für Preußen gehalten zu haben scheint. Hunderte stürzten sich in die Wallgräben und ertranken, bis man endlich das Thor öffnete.

Jedes Commando hatte aufgehört. Soldaten aller Waffengattungen, bunt gemengt, suchten nur dem rasch verfolgenden Feinde zu entrinnen. Die preußischen Husaren machten im Nachjagen eine Unzahl von Gefangenen. An der Elbe stockte die Flucht und hier erreichte die Verwirrung den höchsten Grad. Es gab nicht genug Brücken, und sie waren so von Pferden und Kanonen vollgestopft,

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