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Zehntes Buch.

Die Schlacht bei Königgräk.

Am 2. Juli standen die drei preußischen Armeen noch in einer Linie von vier Meilen auseinander, während Benedek seine Truppen in einer nur halb so langen Linie bei Königgräs concentrirt hatte. Es war ihm also noch möglich, die preußische Stellung in der Mitte zu durchbrechen und man glaubte im preußischen Lager, daß er es versuchen würde. In der Nacht auf den 3. Juli erhielt der König von Preußen zuverlässige Nachricht, daß sich ihm Benedek mit allen seinen Streitkräften entgegen stelle. Der König befahl also augenblicklich, noch in der Nacht sollten alle seine Corps concentrisch vorgehen, um einander in der Schlacht die Hände zu reichen und den Feind aufzuhalten, wo er auch vordringe. Wie bisher bildete die Elbarmee unter Herwarth von Bittenfeld den rechten Flügel und bewegte sich gegen Nechaniß. Die Armee des Prinzen Friedrich Karl, bei welcher der König weilte, bildete das Centrum und bewegte sich

gegen Sadowa. Die Armee des Kronprinzen bildete wie früher den linken Flügel und war, von Königinhof kommend, noch am weitesten entfernt, so daß sie erst Nachmittags ankommen und in die Schlacht eingreifen konnte.

Benedek ließ am Morgen des 3. Juli, che noch die Schlacht begonnen hatte, seinen Generalstabschef von Henikstein, den Grafen Clam-Gallas und General Krismanic verhaften, weil sie ihre Schuldigkeit nicht gethan, und machte den General Baumgarten zum Chef des Generalstabs, einen Mann, dessen Fähigkeit nicht hoch gerühmt wurde und der jedenfalls zu plötzlich und in dem kritischesten Moment unvorbereitet ins Amt eintrat.

Der österreichische Oberfeldherr dachte nicht an einen Offensivstoß, den Versuch, sich zwischen die preußische Armee zu werfen, wie man preußischerseits befürchtete. Er ahmte vielmehr das Verfahren des Feldmarschall Daun im siebenjährigen Kriege nach und nahm, wie dieser bei Collin, so er vor Königgräß, auf den waldigen Höhen von Chlum, denen die sumpfigen Thäler der beiden Flüßchen Bistriz (westlich) und Trotina (östlich) vorlagen, eine so starke Stellung ein, daß er hoffte, die Preußen würden sie eben so wenig einnehmen, als sie einst troß des Genies Friedrichs des Großen die Stellung von Collin zu forciren vermocht hatten. Die Desterreicher hatten hier ihre ganze Nordarmee beisammen, 600 gezogene Geschütze waren staffelförmig hinter und über einander aufgestellt und an allen wichtigen Punkten war die Waldung, die zwischen Feldern und Dörfern das ganze ansteigende Terrain bedeckte, der Art wegrasirt, daß sie den heranrückenden Preußen keinen Schuß gewähren konnte, sondern dieselben dem wohlgezielten Feuer bloßstellte. Die ganze Stellung Benedeks glich einem engen Halbkreise auf den Höhen rings um Chlum, dem höchsten Punkte, hinter welchem dann noch die Reserve aufgestellt war. In dieser vortrefflichen Verfassung konnte Benedek hoffen, den heranstürmenden Feind mit ungeheurem Verlust zum Rück

zuge zu nöthigen, indeß seine eignen Truppen in mehr gedeckter Stel= lung weniger zu leiden haben würden. Allein, wenn seine Hoffnung durch die Tapferkeit der Preußen und namentlich durch einen Angriff in Flanke und Rücken getäuscht werden sollte, wenn er geschlagen wurde, hatte er die Elbe auf nur wenigen Brücken zu überschreiten, der Rückzug mußte sich also stopfen nnd die Zerrüttung der geschlagnen Armee vergrößern. Auch wunderte man sich mit Recht, warum Benedek die Flußübergänge über die Bistriz, die vorliegenden Dörfer und das sumpfige Thal der Trotina nicht befestigt hatte, um den Preußen das Vordringen zu erschweren.

Die Nacht vor der Schlacht war dunkel und stark bewölkt. Am frühen Morgen fing es an zu regnen und regnete bis Nachmittag fort. Die Wege wurden dadurch erweicht. In den reifen Kornfeldern, durch die sich die Truppen nur mühsam hindurch arbeiteten, versanken die Räder der Kanonen bis an die Achse. Durch dieses Hinderniß wurde besonders die Armee des Kronprinzen, die den weitesten Weg von Königinhof her durchmessen mußte, aufgehalten und strengte sich unsäglich an, um noch zur rechten Zeit zur Schlacht zu kommen, mit demselben Feuereifer und mit derselben zähen Ausdauer, wie einst die Truppen Blüchers von Wavre aus durch den tiefsten Koth den bei Waterloo bedrängten Engländern zu Hülfe geeilt waren.

Die Hauptmomente der großen Schlacht waren folgende. Um 8 Uhr Morgens kam die Vorhut des preußischen Centrums nahe an der Bistritz vor dem Dorfe Sadowa ins erste Feuer. Die Preußen zogen je mehr und mehr Batterien vor und eine Zeit lang war blos von beiden Seiten die Artillerie mit ihren Kanonen thätig. Unter dem Schutz der Batterien gingen sodann vom preußischen Centrum aus zwei Divisionen Fußvolk, die eine unter General Horn gegen Sadowa, die andere unter General Fransecky weiter östlich gegen das Dorf Benatek vor. Die Oesterreicher vertheidigten die Dörfer, die wenigen Brücken und die dahinterliegenden Wälder mit der größten

Tapferkeit und ihre Batterien hatten den Vortheil der Stellung, so daß ihr Feuer den Preußen, je näher dieselben herankamen, um so furchtbarer wurde. Trotz allen Verlusten gewannen die Preußen Terrain, aber nach 4-5 Stunden langem Kampfe hatten sie doch erst nur das Thal und einige Waldungen besett, nur einige der nächsten österreichischen Batterien zum Schweigen gebracht. Während bei Sadowa die Schlacht noch stand, war Fransecky bereits über Benatek weiter vorgedrungen, gerieth aber in ein so entsehliches Feuer der österreichischen Kanonen, daß er trotz des ausdauernden Heldenmuthes seiner Truppen, als große österreichische Infanteriemassen sich no auf ihn warfen, in der ersten Nachmittagsstunde bis nach Benatek zurückweichen mußte. Die Truppen waren äußerst erschöpft, denn sie hatten ununterbrochen vier Stunden lang gekämpft, als aber Fransecky ihnen bei Benatek zurief: „Nicht weiter zurück, hier sterben wir!" hielten alle Stand und keiner wich mehr zurück, obgleich die Kugeln des Feindes noch unaufhörlich in ihre Reihen schlugen.

Unterdessen war die Elbarmee unter Herwarth von Bittenfeld von Westen her gegen den linken Flügel der österreichischen Stellung, welchen die Sachsen auf den Höhen von Prim und Problus einnahmen, vorgedrungen. Auch hier war der Kampf äußerst hartnäckig, bis um 1 Uhr Nachmittags der König von Preußen, der auf einer Anhöhe hinter Sadowa hielt und von hier aus die Schlacht leitete, einen energischen Sturmangriff gegen Problus befahl. Obgleich die Preußen hier über ein offenes Blachfeld vordringen und dabei das schrecklichste Feuer der Sachsen*) aushalten mußten, rückten sie doch mit klingendem Spiel muthig heran und schlugen die Sachsen, die sich hier aufs verzweifeltste wehrten, endlich aus dem brennenden Dorfe Problus hinaus.

*) Aus gezogenen Geschützen, die sie erst kurz vorher durch die Güte des Königs von Preußen aus preußischen Arsenalen bezogen hatten.

Im Centrum waren die Desterreicher in den ersten Mittagsstunden im Vortheil und es schien, als würden sie mit ihren Infanteriemassen, wie sie schon in der Richtung von Benatek gethan hatten, bald von allen Seiten vorgehen, um die ihnen gegenüberstehende Armee des Prinzen Karl und die Elbarmee zurückzuschlagen und dann über die zu spät heranrückende Armee des Kronprinzen herzufallen. Einen solchen Angriff hätte aber Benedek schon am Vormittag machen müssen, wenn er hätte gelingen sollen, und allerdings waren seine Streitkräfte denen, die ihm unmittelbar gegenüber standen, weit überlegen. Das Uebergewicht der Zahl erlangten die Preußen erst, als die Armee des Kronprinzen herbeigekommen war. Indeß machte Benedek von seiner Uebermacht keinen Gebrauch, oder vielmehr er konnte ihn nicht machen, weil die Preußen des Centrums durch Muth und Ausdauer erseßten, was ihnen an Anzahl ¡der Streiter fehlte.

Grabe zur rechten Zeit kam die Armee des Kronprinzen an, um in die Schlacht einzugreifen, ein weiteres Vordringen der Desterreicher zu verhindern, dem preußischen Centrum Luft zu machen und die Schlacht zu entscheiden. Von der Armee des Kronprinzen rückte zuerst die Garde heran und schlug die Desterreicher bei Horenowes zurück, so daß sie der Division Fransecky bei dem ganz naheliegenden Benatek die Hand reichte. Unaushaltsam drang die preußische Garde dann nach Maslowed und gegen Chlum, den Schlüssel der österreichischen Stellung selber vor. Hier hielten sich die Oesterreicher noch lange, weil hier ihre größten Massen standen, mit denen sie noch einmal vordrangen. Die preußische Garde hielt sich stundenlang mit unvergleichlicher Bravour. General Hiller von Gärtringen starb an ihrer Spize den Heldentod. Aber in diesem Augenblick rückte auch die bisher durch die österreichische Uebermacht in Schach gehaltene Armee des preußischen Centrums unter Prinz Friedrich Karl wieder vor, während die unterdeß heran gekommenen weitern Divisionen des

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