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zel verboten. Da er dagegen einwandte: daß nicht der Rath, sondern nur die Kirchvåter zu dergleichen Verbot berechtigt waren; so ward es noch einmal, und auch von den Kirche våtern, wiederholt. Am folgenden 3. Oetob. ward ihm die Superintendentur abgenommen, und er mit Hausarrest belegt. Zugleich ward die Sache dem zusammen berufenen Ministerium vorgelegt, und demselben befohlen, nichts davon `am nächsten Sonntag den 4. Oct. auf der Kanzel zu erweh: nen. Am 5. Oct. ward Heßhusen auch das Pfarramt aufs gekündigt, und ihm angedeutet, sich nach einer andern Vers sorgung umzusehen. Er protestirte aber dawider, und er: klärte, daß er sich nicht anders, als mit Gewalt, aus seinem Pfarramte verdrången lassen werde.

Da nun Heßhusen die Kanzel nicht wieder besteigen, und die gedroheten Bannflüche nicht selbst aussprechen konn te; so trat endlich, nach mehrern Zusammenkünften und Berathschlagungen seiner Anhänger in seinem Hause, det Diakonus an der Jacobskirche, Bartholomäus Streh: le, ein geborner Magdeburger, am 8. Octob. in der Dons nerstagspredigt auf, und that den Magistrat, und alle ihm in dieser Sache beystimmende Bürger, nebst fünf Predigern, nåmlich die drey Diakonen au der Johanniskirche, den Pastor an der heil. Geistkirche, Johann Baumgarten oder Po: marius, und seinen eigenen Specialcollegen, den Pastor an der Jacobskirche, Otto Ohmes, förmlich, wie ein neuer Papst, in den Bann. In der von ihm selbst bekanntgemachten Bannformel sagt er von den namentlich aufgeführten Vers bannten:,,er schneide sie als faule stinkende Glieder ab von ,,der Gemeine Christi; er schliesse (ihnen den Himmel zu, „und die Hölle weit auf, und übergebe sie dem leidigen Teus

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fel, sie am Leibe zu martern, zu quålen und zu plagen ,,daß der Geist am Tage des Herrn Jesu Christi, wenn sie sich wiederum bekehren, selig werde; er schlage ihnen ,,auch hiemit ab, daß sie sich des Sacraments des Altars bis zur Besserung nicht gebrauchen; er gebiete auch Amtswe: ,,gen, daß andere Christen sich solcher verbannten Menschen gänzlich enthalten, mit ihnen nicht essen oder trinken, sie zur ,,Hochzeit oder ehrlicher Gesellschaft nicht laden, zu Gevat: ,,tern sie nicht bitten, oder sie doch nicht stehen lassen, sie ,,auf der Straße nicht grüßen, und in Summa für Heis ,,den und Unchristen halten sollten, mit allen, ihrer Sün ,,den theilhaftigen Anhängern, bis sie ihre Sünden erken: ,,nen und bekennen, sich bekehren und Kirchenbusse thun."

Mit Erstaunen und Schrecken hörte der in der Kirche anwesen: de Pastor Ohmes diese mit über ihn ergehenden Bannflüche. Bey der Aufzehlung der vermeinten Sünden der Verbanne ten, konnte er seinen heftigen Unwillen nicht mehr måssigen, trat vor die Kanzel, und rief den Banner zu:,,Du leugst,, ,,als ein ehrloser Schelm, Dieb, Verräther und Bösewicht; ,,Du sollst es auf dem Rathhause verantworten." Weil er gerade ein Messer in der Hand hatte, um nach seiner Aus: sage in seiner Schreibtafel damit etwas zu verrichten; so bes schuldigte ihm die Gegenparthey, er habe damit seinen Cols Legen zu erstechen gedrohet. Der hierbey in der Kirche ents standene Lårmen, das Hin: und Herlaufen und Weggehen der Zuhörer, unterbrach mehrmalen den Banner. Er ließ fich aber dadurch nicht irre machen, blieb auf der Kanzel, stimmte das Lied an:,,Erhalt uns Herr bey deinem Wort," und nach dessen Endigung vollendete er seine Bannsprüche. Es wäre aber darüber beynahe in der Kirche schon zu hefti gen Thatlichkeiten gekommen.

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Nun sah der Magistrat wohl, daß er zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit zu ernsten Mitteln greis fen müsse, um dem Unwesen ein Ende zu machen. Zu dem Ende ließ er noch denselben Tag dem unberufenen Banner durch die Kirchvåter seinen Dienst aufkündigen, ihm die Kans zel verbieten, und gegen Abend Hausarrest ansagen. Dieser erwiderte aber:,,daß er gehen müsse, wo er Amts halber und ,,sonst zu schaffen håtte. Der Magistrat sey im Bann; er ,,könne ihm nicht gehorchen.

Am folgenden Tag den 9. Octob. Morgens um 3 Uhr ließ der Magistrat den arretirten Peter Eggerde durch den Marktmeister und die Gerichtsdiener auf einem gewöhnlichen Rollwagen zum Brückthor hinaus bis ans Clushaus, und dann über die Grenze bringen, mit dem Bedeuten, sich nicht wies der in der Stadt betreten zu lassen. Ein Gleiches wider: fuhr am folgenden Morgen dem wilden Eiferer und Banner Strehle, nachdem man ihn Abends vorher auf dem Rath: hause verhört und arretirt hatte. An eben diesem Tage den 10. Octob. erhielt der vorhin gedachte Diakon an der Ulrichskirche, Wilhelm Eck, vom Magistrat Befehl, die Stadt zu räumen, oder man würde ihn auch fortbringen. Als er aber erklärte, daß ihn nur Gewalt dahin bringen könne, sein Amt und feine Kirche zu verlassen; so forderte man ihn am 13. Octob. zum Verhör aufs Rathhaus, arretirte ihn, und ließ ihn am 15. Octob. Morgens um drey Uhr ebenfalls zum Brückthor hinaus bis zum Clushause, und daselbst über die Grenze bringen.

Heßhusen wandte sich bey seinem Hausarrest ans Kirs chens Collegium, und bat: sich seiner anzunehmen, und seine Sache untersuchen zu lassen. Da einige Mitglieder auf seis ne Abseßung drangen, andere ihn aber erst gehört wissen

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wollten; so kam man zu feinem Schluß; ja der älteste Kirchs vater entwich am 19. Octob. sogar aus der Stadt, als er auf Befehl des Magistrats Heßhusen seine Absehung anküns digen sollte. Der Magistrat ließ nun, durch den Rathskäms merer und einige Rathspersonen, dem Heßhusen nochmals den Dienst auffagen, und ihm die ganze Besoldung fürs fünf tige Jahr anbieten, wenn er im Frieden ginge. Aber auch diesmal, wie gewöhnlich, fuhr er die Rathsdeputation mit uns geschliffenen troßigen Worten an, trat ihnen drohend unter die Augen und auf die Füße, sah sie greulich an, wie ein unsinniger Mensch, dußte und strafte sie unverschämt Lügen in ganz uns leugbaren Sachen, und schrie ihnen wüthend entgegen ;\,,ich ,,erkenne euch für keine Obrigkeit mehr. Ihr mit euren Lügent ,,predigern seyd im Bann, und des Teufels, wo ihr gehet und ,,stehet." Er nahm auch den ihm ertheilten Abschied so wes nig, als die ihm angebotenen 300 Gulden Pfarrbesoldung aufs nächste Jahr, an, und erklärte: daß er nicht weichen. würde. Da nun das Laufen seiner Anhänger auf den Pfarr hof immer zunahm, schon allerley aufrührerische Reden ges führt wurden, und der Rath innerliche Unruhen besorgte; so ließ er am 21. Oct. Abends die Johannispfarre mit 30 Bürgern beseßen, alle Gildehäuser mit Wache belegen, und 1000 Bürger die Nacht hindurch unter dem Gewehr bleiben. Um drey Uhr erschienen 500 bewaffnete Bürger vor der Pfars. re, Heßhusen ward mit Gewalt auf einem behangenen Was gen gefeßt, und in Begleitung zweyer Reuter beym Clushause ebenfalls über die Grenze gebracht. Er hatte zwar die Dreiz ftigkeit, wieder umzukehren, und sich über die Elbe in ote Neustadt holen zu lassen. Seine Anhänger getrauten sich aber doch nicht, ihn in die Stadt zurück zu bringen, und er ging nun nach Braunschweig. Als der Diakon der heil.

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Geistkirche, Jacob Bulderberg, es wagte, für die ausgeführ:

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ten Prediger auf der Kanzel zu bitten, und öffentlich zupres · digen: daß ihnen Gewalt und Unrecht geschehen sey; so ward

ihm am 26. Oct. die Kanzel auch verboten, er ward mit Hauss arrest belegt, und dann abgeseßt. Juder, der dreift genug war, einen bittern Brief voller Vorwürfe an den Magistrat über sein Verfahren gegen die ausgeführten Prediger zu schreiben, mußte am 30. Octob. die Stadt mit Weib und Kind räumen. Wigand erhielt um diese Zeit einen Ruf zum Superintendenten in Wißmar.

Die Ausgeführten, besonders Heßhusen, griffen zwar in heftigen Schmähschriften, den Magistrat, das Ministes rium, und die Schulkollegen in Magdeburg deswegen an. Diese vertheidigten sich aber nachdrücklich dagegen, schwies gen dann, und ließen die Ausgeführten fortschreiben und fortschreyen, bis sie es müde wurden.

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Dies ernste Verfahren des Magistrats stiftete wieder innere Ruhe und Frieden, ob es gleich von vielen Zuhörern und eifrigen Anhängern der Ausgeführten sehr gemißbilligt ward. Diese trieben zum Theil ihren Unwillen soweit, daß sie bey den zurückgebliebenen Predigern, bey Heßhusens Gegnern, weder zur Kirche noch zur Beichte und zum Abends mahl gingen, und mehrere Jahre hindurch sich vom öffent: lichen Gottesdienst ganz ausschlossen, oder auch von den Pres digern abgewiesen wurden. Man wandte mehrere Jahre vergebliche Mühe an, um unter den Partheyen völlige Eis nigkeit wiederherzustellen, und erbat sich unter andern dazu die Hülfe und Mitwirkung des Braunschweigischen Supers intendenten D. Chemniß. Noch in den Jahren 1568 und 1574 geschahen dergleichen Versuche, beyde Partheyen zu beruhigen und mit einander auszuföhnen. Die zurückges

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